Boiling Point: Road to Hell im Gamezone-Test

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Test GreenAcid

Die traurige Geschichte von einem ambitionierten Projekt, das einfach viel zu früh auf den Markt gebracht wurde.

Ein martialischer Typ auf dem Cover, Dschungel-Look auf den Screenshots und jede Menge Waffen und Fahrzeuge sollen auch noch eine wichtige Rolle spielen - wenn sich das mal nicht nach einem Standard-Shooter im Stil von "Far Cry" anhört! Doch weit gefehlt: Boiling Point ist alles andere als ein Shooter, es ist vielmehr ein großkalibriges Action-Adventure in der wohl größten und realistischsten Spielwelt die wir seit langem auf unserem Monitor gesehen haben. Was uns an dem ambitionierten Mammut-Projekt letztendlich doch nicht gefallen hat, lest ihr im folgenden Test.

Boiling Point: Road to Hell Boiling Point: Road to Hell Lisa Myers hat eigentlich den absoluten Traumjob: In einem kleinen südamerikanischen Staat namens Realia arbeitet sie entspannt als Redakteurin bei einer lokalen Zeitung. Wunderschöne Strände, Korallenriffs und größtenteils freundliche Einwohner versüßen zudem die Freizeit in der verträumten Dschungelwelt. Dumm nur, dass sie es sich mit dem lokalen Mafiaboss aufgrund eines kritischen Artikels verscherzt hat und deshalb über Nacht vom Erdboden verschwunden ist. Glücklicherweise ist ihr Vater, Saul Myers, nicht nur ein erfahrener Einzelkämpfer, sondern auch sofort zur Stelle wenn die geliebte Tochter mal in Schwierigkeiten gerät. Saul fliegt sofort nach Realia und macht sich auf die Suche nach seiner Tochter und ihren hinterlistigen Entführern.

Eine gigantische Spielwelt

Boiling Point: Road to Hell Boiling Point: Road to Hell Stattliche 25 dicht bewachsene Quadratkilometer warten in Boiling Point darauf, von euch zu Fuß oder mittels vieler verschiedenster Fahrzeuge erkundet zu werden. Überall trefft ihr auf die verschiedensten Charaktere, vom Gemüsehändler bis hin zum Drogenbaron ist wirklich alles mit dabei. Diese Bewohner Realias gehören insgesamt sieben verschiedenen Fraktionen an, welche ihr euch durch Gespräche und erledigte Aufgaben zum Freund oder Feind machen könnt. Somit hat jede eurer Aktionen auch Einfluss auf das weitere Spielgeschehen und die simulierte Umwelt erreicht schon nach kürzester Zeit eine ungeahnte Dynamik. Von den zahlreichen NPCs erhaltet ihr selbstverständlich auch Aufträge, welche ganz automatisch im ausführlichen Questlog vermerkt werden, zudem wird das Ziel der jeweiligen Aufgabe in der ständig sichtbaren Minimap markiert. Dank zusätzlicher Übersichtskarte im ansonsten spartanisch ausgefallenen Menüsystem kann man sich trotz der enormen Größe Realias eigentlich kaum verlaufen. Wer jetzt glaubt, dass man sich in Boiling Point nach altbekannter Rambo-Manier durch den Dschungel ballert, irrt gewaltig. Saul Myers muss äußerst vorsichtig mit seinen Mitmenschen umgehen, sonst landet er in Windeseile für längere Zeit im Krankenhaus. Dabei spielen selbstverständlich die Dialoge eine wichtige Rolle, denn selbst beim Gespräch mit dem unwichtigsten Bettler am Straßenrand bekommt man mehrere verschiedene Antwortmöglichkeiten präsentiert. Kommt es schließlich doch einmal zur gewalttätigen Auseinandersetzung, wirken sich Verletzungen realistisch auf verschiedene Trefferzonen aus und wer sich nicht mit einer kugelsicheren Weste ausreichend schützt, geht wie im echten Leben bereits nach ein paar Treffern zu Boden. Mancher wird deshalb schon eher etwas ungefährlichere Alternativen nutzen und sich im Schleichgang mit Richtmikrofon und Kamera auf Spurensuche nach der verschollenen Tochter begeben.

Realia steht für Realismus

Boiling Point: Road to Hell Boiling Point: Road to Hell Obwohl das Spielprinzip ein wenig an GTA erinnert, ist der Grad an Realismus um einiges höher ausgefallen: Fahrzeuge können ohne Fahrzeugschlüssel nicht einfach geklaut werden und verbrauchen selbstverständlich auch Benzin, welches an mehreren Tankstellen am Straßenrand für bare Münze erstanden werden muss. Auch gibt es zahlreiche Gegenstände zu entdecken, welche in einem begrenzt großen Inventar verwaltet werden müssen. Manche davon können sogar miteinander kombiniert oder zur späteren Verwendung im Kofferraum eures Fahrzeugs abgelegt werden. Wer mit einem Boot oder Flugzeug größere Distanzen überwinden möchte, muss das dazu nötige Können natürlich erst erwerben und kann es durch weiteres Training auch verbessern. Auch an die aus Rollenspielen bekannten Charakterwerte hat man gedacht und dem Protagonisten durch Anwendung verbesserbare Eigenschaften wie "Handelsgeschick" oder "Müdigkeit" mit auf den Weg gegeben. Wer sich übrigens zu lange mit illegalen Drogen wach hält, wird irgendwann sogar davon abhängig und muss ins örtliche Krankenhaus zur Therapie. Was die Macher von Deep Shadows hier alles versucht haben zu integrieren, muss man ihnen sehr hoch anrechnen, denn eine derart große und detailverliebt ausgestaltete Spielwelt hat man in dieser Form nur ganz selten gesehen.

Die traurige Kehrseite der Medaille

Boiling Point: Road to Hell Boiling Point: Road to Hell Dies alles hört sich nun wohl ziemlich beeindruckend an und lädt fast schon zu einen längerfristigen Abstecher ins fantastische Realia ein. Doch wie so oft, hat leider auch dieses hochinteressante und ambitionierte Spielkonzept einen Haken, oder besser gesagt eine ganze Hakensammlung. Die riesige und eigentlich ohne Ladezeiten auskommende Spielwelt von Realia verlangt nämlich in erster Line nach Speicher, sogar sehr viel Speicher. Selbst auf unserem Testsystem mit einem Gigabyte Hauptspeicher meldete uns Windows während des Spielens, dass dem Betriebsystem so langsam die Bytes ausgehen würden. Außerdem benötigt Boiling Point bei jedem Start eine unverschämt lange Zeit von mehreren Minuten um die enorme Datenmenge in den Arbeitsspeicher zu schaufeln. Auch wenn man während der Reise durch die Dschungelwelt keine Ladepause in Kauf nehmen muss, ruckelt und zuckelt das Spiel trotzdem ganz gerne mal vor sich hin, spätestens dann, wenn im Hintergrund ein paar Daten nachgeladen werden müssen. Dabei fragt man sich beim Betrachten der Spielwelt hin und wieder schon, wofür Boiling Point überhaupt so viel Speicher braucht, sehen viele Charaktere und Orte doch mehr als schlicht und einfach gestrickt aus. Langweilige Texturtapeten in größtenteils leeren und falsch beleuchteten Räumen und sehr grobmotorische Animationen sind alles andere als vorbildlich, genauso wie die vielen unpassend proportionierten Charaktermodelle. Hin und wieder überrascht das Spiel dann aber doch mit schmucken Pflanzen oder Licht- und Wettereffekten und einer dadurch recht realistischen Dschungelatmosphäre.

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