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Stenographisches Protokoll - Andrea Gessl-Ranftl

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<strong>Stenographisches</strong> <strong>Protokoll</strong><br />

17. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich<br />

XXIV. Gesetzgebungsperiode<br />

Donnerstag, 12. März 2009


<strong>Stenographisches</strong> <strong>Protokoll</strong><br />

17. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich<br />

XXIV. Gesetzgebungsperiode Donnerstag, 12. März 2009<br />

Dauer der Sitzung<br />

Donnerstag, 12. März 2009: 9.06 – 20.35 Uhr<br />

*****<br />

Tagesordnung<br />

Ergänzung der Tagesordnung ................................................................................ 49<br />

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz<br />

2005 und das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert werden<br />

2. Punkt: Bericht über den Antrag 32/A der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen<br />

und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Niederlassungs- und<br />

Aufenthaltsgesetz, das Asylgesetz 2005 und das Fremdenpolizeigesetz 2005 geändert<br />

werden (Bleiberechtsgesetz – 2008)<br />

3. Punkt: Bericht über den Antrag 249/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian<br />

Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend die sofortige Arretierung und umgehende<br />

Ausweisung von straffälligen Asylwerbern<br />

4. Punkt: Bericht über den Antrag 251/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian<br />

Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend notwendige Verschärfungen des<br />

Asylwesens<br />

5. Punkt: Bericht über den Antrag 254/A der Abgeordneten Heinz-Christian Strache,<br />

Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz<br />

über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 – AsylG 2005), BGBl. I Nr. 4/2008,<br />

geändert wird<br />

6. Punkt: Bericht über den Antrag 506/A der Abgeordneten Karlheinz Kopf, Dr. Josef<br />

Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem<br />

besondere Bestimmungen für die Neuermittlung der Verteilung von nach der Wahl der<br />

Mitglieder des Europäischen Parlaments 2009 zu vergebenden Mandaten durch die<br />

Bundeswahlbehörde erlassen werden<br />

7. Punkt: Bericht über den Antrag 159/A der Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser,<br />

Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem<br />

das Gesundheitstelematikgesetz geändert wird<br />

8. Punkt: Bericht über den Antrag 160/A der Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser,<br />

Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem<br />

das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz<br />

und das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert werden (SRÄG 2008)<br />

1


2 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

9. Punkt: Bericht über den Antrag 161/A(E) der Abgeordneten Silvia Fuhrmann,<br />

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend SPICE und andere biogene<br />

Suchtmittel<br />

10. Punkt: Bericht über den Antrag 285/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer,<br />

Kolleginnen und Kollegen betreffend Kennzeichnung von Raucher- und Nichtraucherlokalen<br />

11. Punkt: Bericht über den Antrag 397/A(E) der Abgeordneten Stefan Petzner,<br />

Kolleginnen und Kollegen betreffend notwendige Änderungen beim Rauchverbot in der<br />

Gastronomie<br />

12. Punkt: Bericht über den Antrag 284/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer,<br />

Kolleginnen und Kollegen betreffend elektronische Gesundheitskarte („e-card“) mit Aufdruck<br />

in Brailleschrift<br />

13. Punkt: Bericht über den Antrag 187/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar<br />

Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umstellung auf e-card<br />

mit Foto und Ausweispflicht für noch nicht umgestellte Karten<br />

14. Punkt: Bericht über den Antrag 400/A(E) der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen<br />

und Kollegen betreffend Einführung einer bundesweiten Skihelmpflicht bis<br />

zum 14. Lebensjahr<br />

15. Punkt: Bericht über den Antrag 139/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang<br />

Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kennzeichnungspflicht für verarbeitete<br />

Eier<br />

16. Punkt: Bericht über den Antrag 141/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang<br />

Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung eines gesetzlichen Grenzwertes<br />

für trans-Fettsäuren in Lebensmitteln<br />

17. Punkt: Übereinkommen über Streumunition<br />

18. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Verbot von Streumunition<br />

geändert wird<br />

19. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der<br />

Regierung der Tschechischen Republik über die Zusammenarbeit auf den Gebieten<br />

der Kultur, Bildung, Wissenschaft, Jugend und des Sports<br />

20. Punkt: Übereinkommen zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes<br />

21. Punkt: Erklärung europäischer Regierungen über die Phase des Einsatzes der<br />

Träger Ariane, Vega und Sojus vom Raumfahrtzentrum Guayana aus<br />

22. Punkt: Bericht betreffend den Jahrestätigkeitsbericht 2007/2008 des Rechnungshofes,<br />

Reihe Bund 2008/13<br />

23. Punkt: Bericht betreffend den Bericht des Rechnungshofes, Reihe Bund 2009/1;<br />

Band 1 – WIEDERVORLAGE<br />

24. Punkt: Bericht betreffend den Bericht des Rechnungshofes gemäß Art. 1 § 8<br />

Bezügebegrenzungsgesetz für die Jahre 2006 und 2007, Reihe Bund 2008/1<br />

25. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen<br />

und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem NS-Unrechtsurteile<br />

aufgehoben werden (NS-Aufhebungsgesetz) (374/A)<br />

26. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Gerhard Kurzmann, Kolleginnen<br />

und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zum<br />

Schutz und Erhalt der deutschen Sprache geschaffen wird (404/A)


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 3<br />

27. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen<br />

und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die<br />

Ordnung von Unterricht und Erziehung in den im Schulorganisationsgesetz geregelten<br />

Schulen (Schulunterrichtsgesetz – SchUG) geändert wird (432/A)<br />

28. Punkt: Bericht über den Antrag 487/A der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer,<br />

Fritz Neugebauer, Mag. Dr. Martin Graf, Herbert Scheibner, Dr. Eva Glawischnig-<br />

Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem<br />

das Bundes-Verfassungsgesetz geändert, und ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz<br />

über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz<br />

1975) geändert wird (Dritte Lesung)<br />

Personalien<br />

*****<br />

Inhalt<br />

Verhinderungen ...................................................................................................... 20<br />

Ordnungsruf ............................................................................................................ 26<br />

Geschäftsbehandlung<br />

Antrag, gemäß § 49 Abs. 5 der Geschäftsordnung den Bericht des Geschäftsordnungsausschusses<br />

über den Antrag 487/A der Abgeordneten Mag. Barbara<br />

Prammer, Fritz Neugebauer, Mag. Dr. Martin Graf, Herbert Scheibner, Dr. Eva<br />

Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz,<br />

mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert, und ein<br />

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des<br />

Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (94 d.B.), auf die<br />

Tagesordnung zu setzen – Annahme ................................................................... 49, 49<br />

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57<br />

Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................... 49<br />

Unterbrechung der Sitzung ............................................................................... 66, 105<br />

Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung im Zusammenhang mit stattgefundenen<br />

Kundgebungen von der Zuschauergalerie sowie der Vorgehensweise bei<br />

der Berichterstattung seitens des ORF:<br />

Mag. Ewald Stadler ............................................................................................... 70<br />

Mag. Dr. Martin Graf ............................................................................................. 70<br />

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek ............................................................................. 71<br />

Werner Amon, MBA .............................................................................................. 71<br />

Verlangen auf Durchführung einer namentlichen Abstimmung ............................. 104<br />

Dankesworte der Präsidentin Mag. Barbara Prammer an aus seinem Amt als<br />

ÖVP-Klubdirektor ausscheidenden Professor Dkfm. Dr. Werner Zögernitz ........... 227<br />

Wortmeldung des Abgeordneten Karlheinz Kopf in diesem Zusammenhang .... 227<br />

Fragestunde (2.)<br />

Frauen und öffentlicher Dienst ............................................................................ 20


4 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Mag. Gisela Wurm (10/M); Anna Höllerer, Ursula Haubner, Mag. Ulrike Lunacek,<br />

Carmen Gartelgruber<br />

Dorothea Schittenhelm (8/M); Gerald Grosz, Mag. Judith Schwentner, Edith<br />

Mühlberghuber, Heidrun Silhavy<br />

Werner Herbert (12/M); Dr. Peter Wittmann, Dr. Peter Sonnberger, Ernest<br />

Windholz, Mag. Albert Steinhauser<br />

Martina Schenk (13/M); Mag. Judith Schwentner, Anneliese Kitzmüller, <strong>Andrea</strong><br />

<strong>Gessl</strong>-<strong>Ranftl</strong>, Gabriele Tamandl<br />

Mag. Judith Schwentner (14/M); Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Hermann<br />

Krist, Mag. Katharina Cortolezis-Schlager, Sigisbert Dolinschek<br />

Otto Pendl (11/M); Silvia Fuhrmann, Stefan Markowitz, Tanja Windbüchler-<br />

Souschill, Ing. Christian Höbart<br />

Mag. Gertrude Aubauer (9/M); Martina Schenk, Mag. Judith Schwentner,<br />

Dr. Susanne Winter, Sonja Ablinger<br />

Ausschüsse<br />

Zuweisungen .............................................................................. 47, 157, 216, 222, 226<br />

Verhandlungen<br />

Gemeinsame Beratung über<br />

1. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage<br />

(88 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Asylgesetz 2005, das<br />

Fremdenpolizeigesetz 2005 und das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz<br />

geändert werden (116 d.B.) .................................................................................... 50<br />

2. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den<br />

Antrag 32/A der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen<br />

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz,<br />

das Asylgesetz 2005 und das Fremdenpolizeigesetz 2005 geändert<br />

werden (Bleiberechtsgesetz – 2008) (117 d.B.) ..................................................... 50<br />

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den<br />

Antrag 249/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und<br />

Kollegen betreffend die sofortige Arretierung und umgehende Ausweisung von<br />

straffälligen Asylwerbern (118 d.B.) ........................................................................ 50<br />

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den<br />

Antrag 251/A(E) der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und<br />

Kollegen betreffend notwendige Verschärfungen des Asylwesens (119 d.B.) ....... 50<br />

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag<br />

254/A der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen<br />

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gewährung<br />

von Asyl (Asylgesetz 2005 – AsylG 2005), BGBl. I Nr. 4/2008, geändert wird<br />

(120 d.B.) ................................................................................................................ 50<br />

Redner/Rednerinnen:<br />

Heinz-Christian Strache ....................................................................................... 51<br />

Günter Kößl ........................................................................................................... 53<br />

Ing. Peter Westenthaler ........................................................................................ 56


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 5<br />

Otto Pendl .............................................................................................................. 59<br />

Mag. Alev Korun ................................................................................................... 62<br />

Bundesministerin Mag. Dr. Maria Theresia Fekter ............................................ 66<br />

Dr. Walter Rosenkranz ......................................................................................... 72<br />

Ing. Norbert Kapeller ............................................................................................ 73<br />

Herbert Scheibner ................................................................................................. 75<br />

Angela Lueger ....................................................................................................... 76<br />

Mag. Albert Steinhauser ....................................................................................... 78<br />

Harald Vilimsky ..................................................................................................... 79<br />

Adelheid Irina Fürntrath-Moretti .......................................................................... 81<br />

Christoph Hagen ................................................................................................... 82<br />

Mag. Gisela Wurm ................................................................................................. 83<br />

Mag. Daniela Musiol ............................................................................................. 84<br />

Dr. Gerhard Kurzmann ......................................................................................... 85<br />

Erwin Hornek ......................................................................................................... 87<br />

Gerald Grosz ......................................................................................................... 89<br />

Hannes Fazekas .................................................................................................... 91<br />

Karl Öllinger .......................................................................................................... 93<br />

Hermann Gahr ....................................................................................................... 94<br />

Dr. Gerhard Kurzmann (tatsächliche Berichtigung) .............................................. 95<br />

Bernhard Vock (tatsächliche Berichtigung) ........................................................... 96<br />

Werner Herbert ...................................................................................................... 96<br />

Anton Heinzl .......................................................................................................... 97<br />

Stefan Petzner ....................................................................................................... 98<br />

Nikolaus Prinz ....................................................................................................... 99<br />

Gerald Grosz (tatsächliche Berichtigung) .............................................................. 99<br />

Wolfgang Zanger .................................................................................................. 100<br />

Rudolf Plessl ......................................................................................................... 101<br />

Johann Singer ....................................................................................................... 102<br />

Leopold Mayerhofer ............................................................................................. 102<br />

Entschließungsantrag der Abgeordneten Günter Kößl, Otto Pendl, Kolleginnen<br />

und Kollegen betreffend Standortentscheidung für eine Erstaufnahmestelle<br />

Süd sowie ein Kompetenzzentrum für aufenthaltsbeendende Maßnahmen –<br />

Annahme (E 16) .................................................................................................. 88, 104<br />

Entschließungsantrag der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen<br />

betreffend die sofortige Abstandnahme vom Projekt eines „Schubhaftzentrums“<br />

in Leoben – Ablehnung (namentliche Abstimmung) ................................ 90, 104<br />

Annahme des Gesetzentwurfes in 116 d.B. ........................................................... 103<br />

Kenntnisnahme der vier Ausschussberichte 117, 118, 119 und 120 d.B. .............. 106<br />

6. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 506/A der<br />

Abgeordneten Karlheinz Kopf, Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen<br />

betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem besondere Bestimmungen für<br />

die Neuermittlung der Verteilung von nach der Wahl der Mitglieder des Europäischen<br />

Parlaments 2009 zu vergebenden Mandaten durch die Bundeswahlbehörde<br />

erlassen werden (121 d.B.) ...................................................................... 107<br />

Redner/Rednerinnen:<br />

Mag. Harald Stefan ............................................................................................... 107<br />

Dr. Peter Wittmann ............................................................................................... 108<br />

Mag. Dr. Beatrix Karl ............................................................................................ 109<br />

Herbert Scheibner ................................................................................................. 110


6 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Mag. Ulrike Lunacek ............................................................................................. 111<br />

Mag. Elisabeth Grossmann .................................................................................. 112<br />

Annahme des Gesetzentwurfes .............................................................................. 112<br />

7. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 159/A der<br />

Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und<br />

Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheitstelematikgesetz<br />

geändert wird (138 d.B.) ......................................................................................... 113<br />

Redner/Rednerinnen:<br />

Erwin Spindelberger ............................................................................................. 113<br />

Dr. Erwin Rasinger ................................................................................................ 114<br />

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein ................................................................... 115<br />

Ursula Haubner ..................................................................................................... 117<br />

Dr. Kurt Grünewald ............................................................................................... 117<br />

Dr. <strong>Andrea</strong>s Karlsböck ......................................................................................... 118<br />

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-<br />

Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung der Daten und<br />

Vorwürfe betreffend Behandlungsfehler in Österreichs Krankenhäusern – Ablehnung<br />

.................................................................................................................. 116, 119<br />

Annahme des Gesetzentwurfes .............................................................................. 119<br />

8. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 160/A der<br />

Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und<br />

Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz,<br />

das Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Familienlastenausgleichsgesetz<br />

1967 geändert werden (SRÄG 2008) (139 d.B.) ................... 119<br />

Redner/Rednerinnen:<br />

Dr. Sabine Oberhauser, MAS ............................................................................... 119<br />

Oswald Klikovits ................................................................................................... 120<br />

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein ................................................................... 121<br />

Gerhard Huber ...................................................................................................... 121<br />

Dr. Kurt Grünewald ............................................................................................... 122<br />

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ............................................................... 123<br />

Johannes Schmuckenschlager ........................................................................... 124<br />

Annahme des Gesetzentwurfes .............................................................................. 124<br />

9. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 161/A(E) der<br />

Abgeordneten Silvia Fuhrmann, Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen<br />

betreffend SPICE und andere biogene Suchtmittel (140 d.B.) ............................... 125<br />

Redner/Rednerinnen:<br />

Erwin Spindelberger ............................................................................................. 125<br />

Silvia Fuhrmann .................................................................................................... 126<br />

Dr. <strong>Andrea</strong>s Karlsböck ......................................................................................... 126<br />

Dr. Wolfgang Spadiut ........................................................................................... 127<br />

Dr. Kurt Grünewald ............................................................................................... 128<br />

Oswald Klikovits ................................................................................................... 129<br />

Tanja Windbüchler-Souschill .............................................................................. 129<br />

Günter Kößl ........................................................................................................... 130<br />

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein ................................................................... 130<br />

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 140 d.B. beigedruckten Entschließung<br />

betreffend SPICE und andere biogene Suchtmittel (E 17) ................... 131


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 7<br />

Gemeinsame Beratung über<br />

10. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 285/A(E) der<br />

Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kennzeichnung<br />

von Raucher- und Nichtraucherlokalen (141 d.B.) ................................ 131<br />

11. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 397/A(E) der<br />

Abgeordneten Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen betreffend notwendige<br />

Änderungen beim Rauchverbot in der Gastronomie (142 d.B.) .............................. 131<br />

Redner/Rednerinnen:<br />

Ing. Norbert Hofer ................................................................................................. 131<br />

Johann Hechtl ....................................................................................................... 132<br />

Stefan Petzner ....................................................................................................... 132<br />

Johannes Schmuckenschlager ........................................................................... 133<br />

Dr. Kurt Grünewald ............................................................................................... 134<br />

Ewald Sacher ........................................................................................................ 135<br />

Maximilian Linder ................................................................................................. 135<br />

Dr. Erwin Rasinger ................................................................................................ 136<br />

Ernest Windholz .................................................................................................... 137<br />

Heidrun Silhavy ..................................................................................................... 137<br />

Lutz Weinzinger .................................................................................................... 138<br />

Gabriel Obernosterer ............................................................................................ 139<br />

Dietmar Keck ......................................................................................................... 140<br />

Kenntnisnahme der beiden Ausschussberichte 141 und 142 d.B. ......................... 141<br />

Gemeinsame Beratung über<br />

12. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 284/A(E) der<br />

Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend elektronische<br />

Gesundheitskarte („e-card“) mit Aufdruck in Brailleschrift (143 d.B.) .......... 142<br />

13. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 187/A(E) der<br />

Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen<br />

betreffend Umstellung auf e-card mit Foto und Ausweispflicht für noch nicht<br />

umgestellte Karten (144 d.B.) ................................................................................. 142<br />

Redner/Rednerinnen:<br />

Ing. Norbert Hofer ................................................................................................. 142<br />

Dr. Sabine Oberhauser, MAS................................................................................ 144<br />

Dr. Wolfgang Spadiut ........................................................................................... 145<br />

Mag. Gertrude Aubauer ........................................................................................ 148<br />

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein ................................................................... 148<br />

Karl Öllinger .......................................................................................................... 149<br />

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ............................................................... 150<br />

Dr. <strong>Andrea</strong>s Karlsböck ......................................................................................... 150<br />

Dr. Erwin Rasinger ................................................................................................ 151<br />

Werner Neubauer .................................................................................................. 152<br />

Ing. Robert Lugar .................................................................................................. 153<br />

Mag. Johann Maier (tatsächliche Berichtigung) .................................................... 154<br />

Entschließungsantrag der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und<br />

Kollegen betreffend Mindesthöhe von Verkehrszeichen zum Schutze blinder und<br />

stark sehbehinderter Personen – Zurückziehung ............................................. 143, 154<br />

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen<br />

und Kollegen betreffend Aufwertung der e-card durch zusätzliche Funktionen –<br />

Ablehnung ......................................................................................................... 146, 155


8 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 143 d.B. beigedruckten Entschließung<br />

betreffend elektronische Gesundheitskarte („e-card“) mit Aufdruck in<br />

Brailleschrift (E 18) ................................................................................................. 154<br />

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 144 d.B. beigedruckten Entschließung<br />

betreffend Umstellung auf e-card mit Foto und Ausweispflicht für noch<br />

nicht umgestellte Karten (E 19) .............................................................................. 154<br />

14. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 400/A(E) der<br />

Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung<br />

einer bundesweiten Skihelmpflicht bis zum 14. Lebensjahr (145 d.B.) .................. 155<br />

Redner/Rednerinnen:<br />

Gerald Grosz ......................................................................................................... 155<br />

Ing. Erwin Kaipel ................................................................................................... 156<br />

Dr. Harald Walser .................................................................................................. 156<br />

Mag. Roman Haider .............................................................................................. 157<br />

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes ............................................................... 157<br />

Zuweisung des Antrages 400/A(E) an den Ausschuss für Sportangelegenheiten ...... 157<br />

15. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 139/A(E) der<br />

Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen<br />

betreffend Kennzeichnungspflicht für verarbeitete Eier (146 d.B.) ......................... 158<br />

Redner/Rednerinnen:<br />

Gerhard Huber ...................................................................................................... 158<br />

Dietmar Keck ......................................................................................................... 158<br />

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ...................................................................... 159<br />

Anna Höllerer ........................................................................................................ 160<br />

Bernhard Vock ...................................................................................................... 161<br />

Franz Eßl ................................................................................................................ 161<br />

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 146 d.B. beigedruckten Entschließung<br />

betreffend Kennzeichnungspflicht für verarbeitete Eier (E 20) ............. 162<br />

16. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 141/A(E) der<br />

Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen<br />

betreffend Einführung eines gesetzlichen Grenzwertes für trans-Fettsäuren in<br />

Lebensmitteln (147 d.B.) ......................................................................................... 162<br />

Redner/Rednerinnen:<br />

Mag. Johann Maier ............................................................................................... 162<br />

Anna Höllerer ........................................................................................................ 163<br />

Dr. <strong>Andrea</strong>s Karlsböck ......................................................................................... 164<br />

Dr. Wolfgang Spadiut ........................................................................................... 165<br />

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ...................................................................... 167<br />

Bundesminister Alois Stöger, diplômé ............................................................... 168<br />

Ewald Sacher ........................................................................................................ 169<br />

Mag. Gertrude Aubauer ........................................................................................ 170<br />

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein ................................................................... 170<br />

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen<br />

und Kollegen betreffend Verbot von trans-Fettsäuren in Lebensmitteln – Ablehnung<br />

............................................................................................................. 166, 171


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 9<br />

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 147 d.B. beigedruckten Entschließung<br />

betreffend Einführung eines gesetzlichen Grenzwertes für trans-<br />

Fettsäuren in Lebensmitteln (E 21) ......................................................................... 171<br />

Gemeinsame Beratung über<br />

17. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage<br />

(77 d.B.): Übereinkommen über Streumunition (100 d.B.) ......................... 171<br />

18. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage<br />

(75 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Verbot<br />

von Streumunition geändert wird (101 d.B.) ........................................................... 171<br />

Redner/Rednerinnen:<br />

Dr. Ursula Plassnik ............................................................................................... 171<br />

Mag. Elisabeth Grossmann .................................................................................. 172<br />

Dr. Johannes Hübner ........................................................................................... 173<br />

Herbert Scheibner ................................................................................................. 173<br />

Mag. Ulrike Lunacek ............................................................................................. 174<br />

Bundesminister Dr. Michael Spindelegger ......................................................... 175<br />

Wolfgang Großruck .............................................................................................. 176<br />

Petra Bayr .............................................................................................................. 177<br />

Anton Heinzl .......................................................................................................... 178<br />

Marianne Hagenhofer ........................................................................................... 179<br />

Genehmigung des Staatsvertrages in 100 d.B. ...................................................... 180<br />

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 100 d.B. ..... 180<br />

Annahme des Gesetzentwurfes in 101 d.B. ........................................................... 180<br />

Gemeinsame Beratung über<br />

19. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage<br />

(23 d.B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich<br />

und der Regierung der Tschechischen Republik über die Zusammenarbeit auf<br />

den Gebieten der Kultur, Bildung, Wissenschaft, Jugend und des Sports<br />

(102 d.B.) ................................................................................................................ 180<br />

20. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage<br />

(24 d.B.): Übereinkommen zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes<br />

(103 d.B.) ................................................................................................................ 180<br />

21. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage<br />

(26 d.B.): Erklärung europäischer Regierungen über die Phase des<br />

Einsatzes der Träger Ariane, Vega und Sojus vom Raumfahrtzentrum Guayana<br />

aus (104 d.B.) ......................................................................................................... 180<br />

Redner/Rednerinnen:<br />

Mag. Katharina Cortolezis-Schlager ................................................................... 180<br />

Mag. Christine Muttonen ...................................................................................... 182<br />

Mag. Heidemarie Unterreiner ............................................................................... 182<br />

Herbert Scheibner ................................................................................................. 183<br />

Dr. Alexander Van der Bellen .............................................................................. 184<br />

Franz Glaser .......................................................................................................... 185<br />

Dr. Gerhard Kurzmann ......................................................................................... 186<br />

Mag. Gernot Darmann .......................................................................................... 186<br />

Mag. Karin Hakl ..................................................................................................... 187<br />

Ing. Norbert Kapeller ............................................................................................ 188


10 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Genehmigung der drei Staatsverträge in 102, 103 und 104 d.B. ........................... 189<br />

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 50 Abs. 2 Z. 3 B-VG hinsichtlich 103 d.B.<br />

................................................................................................................................. 189<br />

Beschlussfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG hinsichtlich 103 d.B. ..... 189<br />

Gemeinsame Beratung über<br />

22. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Jahrestätigkeitsbericht<br />

2007/2008 des Rechnungshofes, Reihe Bund 2008/13 (III-<br />

12/85 d.B.) .............................................................................................................. 189<br />

23. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des<br />

Rechnungshofes, Reihe Bund 2009/1; Band 1 – WIEDERVORLAGE (III-<br />

16/87 d.B.) .............................................................................................................. 189<br />

Redner/Rednerinnen:<br />

Mag. Christine Lapp ............................................................................................. 190<br />

Hermann Gahr ....................................................................................................... 191<br />

Wolfgang Zanger .................................................................................................. 192<br />

Gerald Grosz ......................................................................................................... 192<br />

Mag. Werner Kogler .............................................................................................. 193<br />

Mag. Kurt Gaßner .................................................................................................. 195<br />

Johann Singer ....................................................................................................... 196<br />

Alois Gradauer ...................................................................................................... 197<br />

Ernest Windholz .................................................................................................... 197<br />

Christian Faul ........................................................................................................ 198<br />

Johann Höfinger ................................................................................................... 199<br />

Stefan Prähauser .................................................................................................. 200<br />

Ing. Erwin Kaipel ................................................................................................... 200<br />

Ewald Sacher ........................................................................................................ 201<br />

Rechnungshofpräsident Dr. Josef Moser .......................................................... 202<br />

Kenntnisnahme der beiden Berichte III-12 und III-16 d.B. ...................................... 204<br />

24. Punkt: Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des<br />

Rechnungshofes gemäß Art. 1 § 8 Bezügebegrenzungsgesetz für die Jahre 2006<br />

und 2007, Reihe Bund 2008/1 (III-13 und Zu III-13/86 d.B.) ................................... 204<br />

Redner/Rednerinnen:<br />

Mag. Ruth Becher ................................................................................................. 204<br />

Dorothea Schittenhelm ........................................................................................ 205<br />

Alois Gradauer ...................................................................................................... 206<br />

Martina Schenk ..................................................................................................... 207<br />

Mag. Judith Schwentner ...................................................................................... 208<br />

Rosemarie Schönpass ......................................................................................... 209<br />

Mag. Josef Lettenbichler ...................................................................................... 209<br />

Mag. Werner Kogler .............................................................................................. 210<br />

Rechnungshofpräsident Dr. Josef Moser .......................................................... 212<br />

Kenntnisnahme des Berichtes III-13 und Zu III-13 d.B. .......................................... 212<br />

25. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser,<br />

Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem NS-Unrechtsurteile<br />

aufgehoben werden (NS-Aufhebungsgesetz) (374/A) ................................. 212<br />

Redner/Rednerinnen:<br />

Mag. Albert Steinhauser ....................................................................................... 212<br />

Otto Pendl .............................................................................................................. 213


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 11<br />

Mag. Harald Stefan ............................................................................................... 214<br />

Stefan Petzner ....................................................................................................... 215<br />

Zuweisung des Antrages 374/A an den Justizausschuss ....................................... 216<br />

26. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Gerhard Kurzmann,<br />

Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz<br />

zum Schutz und Erhalt der deutschen Sprache geschaffen wird<br />

(404/A) .................................................................................................................... 216<br />

Redner/Rednerinnen:<br />

Dr. Gerhard Kurzmann ......................................................................................... 216<br />

Mag. Christine Muttonen ...................................................................................... 217<br />

Mag. Heidemarie Unterreiner ............................................................................... 218<br />

Mag. Ewald Stadler ............................................................................................... 219<br />

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl .................................................................................... 221<br />

Zuweisung des Antrages 404/A an den Kulturausschuss ...................................... 222<br />

27. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz,<br />

Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz<br />

über die Ordnung von Unterricht und Erziehung in den im Schulorganisationsgesetz<br />

geregelten Schulen (Schulunterrichtsgesetz – SchUG) geändert<br />

wird (432/A) ............................................................................................................ 222<br />

Redner/Rednerinnen:<br />

Dr. Walter Rosenkranz ......................................................................................... 222<br />

Mag. Rosa Lohfeyer .............................................................................................. 223<br />

Werner Amon, MBA .............................................................................................. 223<br />

Mag. Heidemarie Unterreiner ............................................................................... 224<br />

Dr. Harald Walser .................................................................................................. 224<br />

Mag. Dr. Martin Graf ............................................................................................. 225<br />

Zuweisung des Antrages 432/A an den Unterrichtsausschuss .............................. 226<br />

28. Punkt: Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 487/A<br />

der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer, Fritz Neugebauer, Mag. Dr. Martin<br />

Graf, Herbert Scheibner, Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen<br />

betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz<br />

geändert, und ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die<br />

Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert<br />

wird (94 d.B.) (Dritte Lesung) .................................................................................. 226<br />

Annahme des Gesetzentwurfes .............................................................................. 226<br />

Eingebracht wurden<br />

Bericht ................................................................................................................... 49<br />

III-48: Bericht betreffend Fortschreibung des Dreijahresprogramms der<br />

Österreichischen Entwicklungspolitik 2008 bis 2010; BM f. europäische und<br />

internationale Angelegenheiten<br />

Anträge der Abgeordneten<br />

Lutz Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung einer Medizin-<br />

Universität in Linz (531/A)(E)


12 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verleihung der österreichischen<br />

Staatsbürgerschaft an Altösterreicher mit einer fremden Staatsangehörigkeit, die<br />

vor den Pariser Vororteverträgen auf dem Gebiet Südtirols und Trentino samt Cortina<br />

D’Ampezzo gelebt haben, sowie an deren Nachfahren (532/A)(E)<br />

Bernhard Themessl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung der Normverbrauchsabgabe<br />

(533/A)(E)<br />

Lutz Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufrechterhaltung des Bankgeheimnisses<br />

(534/A)(E)<br />

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Arbeitspflicht gemäß § 44<br />

StVG (535/A)(E)<br />

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das<br />

Bundesgesetz über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch<br />

– StGB), BGBl. Nr. 60/1974, geändert wird (536/A)<br />

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend nachvollziehbare<br />

betriebliche Einkommensstatistiken (537/A)(E)<br />

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend österreichweite Arzneimittel-<br />

Hotline für Blinde (538/A)(E)<br />

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das<br />

Bundesgesetz über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch<br />

– StGB), BGBl. Nr. 60/1974, geändert wird (539/A)<br />

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verlegung des in Leoben<br />

geplanten Schubhaftzentrums (540/A)(E)<br />

Christian Lausch, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhaltung der Grenzraumsicherheit<br />

in Niederösterreich (541/A)(E)<br />

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend restriktivere Maßnahmen<br />

gegen Kindesmissbrauch und Kinderpornographie (542/A)(E)<br />

Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Reduzierung der<br />

Politikerbezüge sowie der Bezüge der leitenden Beamten um 4 % (543/A)(E)<br />

Carmen Gartelgruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Ergreifung von<br />

Maßnahmen zur Verbesserung der Ausbildungssituation islamischer Mädchen und<br />

Frauen (544/A)(E)<br />

Mario Kunasek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhalt des Truppenübungsplatzes<br />

Aualm (545/A)(E)<br />

Mag. Harald Stefan, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verfahrensbeschleunigung<br />

und Verbesserung des Rechtsschutzes durch einen ständig tagenden Verfassungsgerichtshof,<br />

durch eine Verkürzung der Verfahrensdauer auf generell längstens sechs<br />

Monate und durch eine Aufstockung der dafür erforderlichen Planstellen für die<br />

ständigen Referenten, weiters die Möglichkeit einer Absetzbarkeit des Präsidenten des<br />

Verfassungsgerichtshofes (546/A)(E)<br />

Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Nein zum Gigaliner (25-<br />

Meter-Monster-Lkw mit bis zu 60 Tonnen) (547/A)(E)<br />

Martina Schenk, Kolleginnen und Kollegen betreffend Maßnahmen zur Steigerung des<br />

Männeranteils in pädagogischen Berufen (548/A)(E)


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 13<br />

Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Erhalt der Rainer-<br />

Kaserne (549/A)(E)<br />

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Vorschläge des<br />

Rechnungshofes zur Verwaltungsreform und zum Bürokratieabbau (550/A)(E)<br />

Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Vorschläge des<br />

Rechnungshofes zur Verwaltungsreform und zum Bürokratieabbau (551/A)(E)<br />

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Vorschläge des<br />

Rechnungshofes zur Verwaltungsreform und zum Bürokratieabbau (552/A)(E)<br />

Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der<br />

Vorschläge des Rechnungshofes zur Verwaltungsreform und zum Bürokratieabbau<br />

(553/A)(E)<br />

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Umsetzung der Vorschläge des<br />

Rechnungshofes zur Verwaltungsreform und zum Bürokratieabbau (554/A)(E)<br />

Erich Tadler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Vorschläge des<br />

Rechnungshofes zur Verwaltungsreform und zum Bürokratieabbau (555/A)(E)<br />

Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Vorschläge<br />

des Rechnungshofes zur Verwaltungsreform und zum Bürokratieabbau<br />

(556/A)(E)<br />

Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Vorschläge<br />

des Rechnungshofes zur Verwaltungsreform und zum Bürokratieabbau (557/A)(E)<br />

Ing. Robert Lugar, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der Vorschläge<br />

des Rechnungshofes zur Verwaltungsreform und zum Bürokratieabbau (558/A)(E)<br />

Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Umsetzung der<br />

Vorschläge des Rechnungshofes zur Verwaltungsreform und zum Bürokratieabbau<br />

(559/A)(E)<br />

Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Wohnungssicherheit und<br />

Prävention (560/A)(E)<br />

Christoph Hagen, Kolleginnen und Kollegen betreffend wirksame Maßnahmen zum<br />

Schutz gegen Kinderschänder und Sexualstraftäter (561/A)(E)<br />

Harald Vilimsky, Kolleginnen und Kollegen betreffend gesetzliche Regelung für<br />

Straßenaufsichtsorgane (562/A)(E)<br />

Werner Herbert, Kolleginnen und Kollegen betreffend zusätzliche Planstellen zur<br />

Bekämpfung der Suchtgiftkriminalität (563/A)(E)<br />

Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend systematische Evaluierung<br />

der Verkehrssicherheitsmaßnahmen (564/A)(E)<br />

Dr. Wolfgang Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufwertung der e-card<br />

durch zusätzliche Funktionen (565/A)(E)<br />

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend rasche Evaluierung der Leistungsinformation<br />

(566/A)(E)<br />

Mag. Gernot Darmann, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufstockung des wissenschaftlichen<br />

Personals für die Alpen Adria Universität Klagenfurt (567/A)(E)


14 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend Weiterversicherung für die Pflege<br />

naher Angehöriger (568/A)(E)<br />

Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das<br />

Einkommensteuergesetz geändert wird (569/A)<br />

Anfragen der Abgeordneten<br />

Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres<br />

betreffend Causa Mensdorff-Pouilly (1287/J)<br />

Hermann Lipitsch, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr,<br />

Innovation und Technologie betreffend die Neuaufnahme von TriebfahrzeugführerInnen<br />

(1288/J)<br />

Ing. Norbert Kapeller, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen<br />

und öffentlichen Dienst betreffend dringend nötige Verlängerung des Sozialpakets im<br />

Bereich der Landesverteidigung (1289/J)<br />

Adelheid Irina Fürntrath-Moretti, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister<br />

für Landesverteidigung und Sport betreffend Sexismus und Diskriminierungen in der<br />

Redaktion der Heereszeitschrift „Truppendienst“ (1290/J)<br />

Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen<br />

betreffend mögliche Verwendung von Mitteln aus dem Bankenrettungspaket für die<br />

Post (1291/J)<br />

Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen<br />

betreffend den Solidaritätsfonds zur Erbringung von Leistungen an in wirtschaftliche<br />

Schwierigkeiten geratene Tabaktrafikanten (1292/J)<br />

Mag. Rainer Widmann, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für<br />

Verkehr, Innovation und Technologie betreffend mögliche Verwendung von Mitteln aus<br />

dem Bankenrettungspaket für die Post (1293/J)<br />

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen und<br />

öffentlichen Dienst betreffend Kosten für Werbung in den Ministerien (1294/J)<br />

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für europäische<br />

und internationale Angelegenheiten betreffend Kosten für Werbung in den Ministerien<br />

(1295/J)<br />

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit,<br />

Soziales und Konsumentenschutz betreffend Kosten für Werbung in den Ministerien<br />

(1296/J)<br />

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen<br />

betreffend Kosten für Werbung in den Ministerien (1297/J)<br />

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit<br />

betreffend Kosten für Werbung in den Ministerien (1298/J)<br />

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres<br />

betreffend Kosten für Werbung in den Ministerien (1299/J)<br />

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz<br />

betreffend Kosten für Werbung in den Ministerien (1300/J)


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 15<br />

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung<br />

und Sport betreffend Kosten für Werbung in den Ministerien (1301/J)<br />

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und<br />

Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Kosten für Werbung in den<br />

Ministerien (1302/J)<br />

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unterricht,<br />

Kunst und Kultur betreffend Kosten für Werbung in den Ministerien (1303/J)<br />

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr,<br />

Innovation und Technologie betreffend Kosten für Werbung in den Ministerien (1304/J)<br />

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft,<br />

Familie und Jugend betreffend Kosten für Werbung in den Ministerien (1305/J)<br />

Wolfgang Zanger, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wissenschaft<br />

und Forschung betreffend Kosten für Werbung in den Ministerien (1306/J)<br />

Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend<br />

Erfüllung der Beschäftigungspflicht gemäß Behinderteneinstellungsgesetz im Jahr<br />

2008 (1307/J)<br />

Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Frauen<br />

und öffentlichen Dienst betreffend Erfüllung der Beschäftigungspflicht gemäß Behinderteneinstellungsgesetz<br />

im Jahr 2008 (1308/J)<br />

Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für<br />

europäische und internationale Angelegenheiten betreffend Erfüllung der Beschäftigungspflicht<br />

gemäß Behinderteneinstellungsgesetz im Jahr 2008 (1309/J)<br />

Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Arbeit,<br />

Soziales und Konsumentenschutz betreffend Erfüllung der Beschäftigungspflicht gemäß<br />

Behinderteneinstellungsgesetz im Jahr 2008 (1310/J)<br />

Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen<br />

betreffend Erfüllung der Beschäftigungspflicht gemäß Behinderteneinstellungsgesetz<br />

im Jahr 2008 (1311/J)<br />

Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Gesundheit<br />

betreffend Erfüllung der Beschäftigungspflicht gemäß Behinderteneinstellungsgesetz<br />

im Jahr 2008 (1312/J)<br />

Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres<br />

betreffend Erfüllung der Beschäftigungspflicht gemäß Behinderteneinstellungsgesetz<br />

im Jahr 2008 (1313/J)<br />

Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz<br />

betreffend Erfüllung der Beschäftigungspflicht gemäß Behinderteneinstellungsgesetz<br />

im Jahr 2008 (1314/J)<br />

Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung<br />

und Sport betreffend Erfüllung der Beschäftigungspflicht gemäß Behinderteneinstellungsgesetz<br />

im Jahr 2008 (1315/J)<br />

Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und<br />

Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Erfüllung der Beschäftigungspflicht<br />

gemäß Behinderteneinstellungsgesetz im Jahr 2008 (1316/J)


16 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für<br />

Unterricht, Kunst und Kultur betreffend Erfüllung der Beschäftigungspflicht gemäß<br />

Behinderteneinstellungsgesetz im Jahr 2008 (1317/J)<br />

Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Verkehr,<br />

Innovation und Technologie betreffend Erfüllung der Beschäftigungspflicht gemäß<br />

Behinderteneinstellungsgesetz im Jahr 2008 (1318/J)<br />

Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft,<br />

Familie und Jugend betreffend Erfüllung der Beschäftigungspflicht gemäß<br />

Behinderteneinstellungsgesetz im Jahr 2008 (1319/J)<br />

Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für<br />

Wissenschaft und Forschung betreffend Erfüllung der Beschäftigungspflicht gemäß<br />

Behinderteneinstellungsgesetz im Jahr 2008 (1320/J)<br />

Gerhard Huber, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend<br />

die Aufstockung des Exekutivapparates in Tirol (1321/J)<br />

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend<br />

die Exekutivkräfte in Tirol (1322/J)<br />

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend<br />

die Exekutivkräfte in Vorarlberg (1323/J)<br />

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend<br />

die Exekutivkräfte in Wien (1324/J)<br />

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend<br />

die Exekutivkräfte in der Steiermark (1325/J)<br />

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend<br />

die Exekutivkräfte in Salzburg (1326/J)<br />

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend<br />

die Exekutivkräfte in Oberösterreich (1327/J)<br />

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend<br />

die Exekutivkräfte in Niederösterreich (1328/J)<br />

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für betreffend die<br />

Exekutivkräfte in Kärnten (1329/J)<br />

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend<br />

die Exekutivkräfte im Burgenland (1330/J)<br />

Edith Mühlberghuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft,<br />

Familie und Jugend betreffend die kulturell bedingten Probleme muslimischer<br />

Frauen und Mädchen (1331/J)<br />

Peter Stauber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen<br />

betreffend Ankündigung der Schließung der Postämter 9375 Hüttenberg, 9373 Klein<br />

St. Paul, 9314 Launsdorf, 9363 Metnitz und 9341 Straßburg (1332/J)<br />

Peter Stauber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen<br />

betreffend Ankündigung der Schließung der Postämter 9103 Diex, 9142 Globasnitz,<br />

9113 Ruden und 9121 Tainach (1333/J)


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 17<br />

Peter Stauber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen<br />

betreffend Schließung der Postämter 9421 Eitweg und 9473 Lavamünd (1334/J)<br />

Zurückgezogen wurden die Anfragen der Abgeordneten<br />

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres<br />

betreffend die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Bruck an der Mur (1204/J)<br />

(Zu 1204/J)<br />

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend<br />

die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Deutschlandsberg (1205/J) (Zu 1205/J)<br />

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend<br />

die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Feldbach (1206/J) (Zu 1206/J)<br />

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend<br />

die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Fürstenfeld (1207/J) (Zu 1207/J)<br />

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend<br />

die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Graz Umgebung (1208/J) (Zu 1208/J)<br />

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend<br />

die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Hartberg (1209/J) (Zu 1209/J)<br />

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend<br />

die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Judenburg (1210/J) (Zu 1210/J)<br />

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend<br />

die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Knittelfeld (1211/J) (Zu 1211/J)<br />

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend<br />

die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Leibnitz (1212/J) (Zu 1212/J)<br />

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend<br />

die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Leoben (1213/J) (Zu 1213/J)<br />

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend<br />

die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Liezen (1214/J) (Zu 1214/J)<br />

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend<br />

die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Murau (1215/J) (Zu 1215/J)<br />

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend<br />

die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Mürzzuschlag (1216/J) (Zu 1216/J)<br />

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend<br />

die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Radkersburg (1217/J) (Zu 1217/J)<br />

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend<br />

die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Voitsberg (1218/J) (Zu 1218/J)<br />

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend<br />

die Kriminalitätsentwicklung im Bezirk Weiz (1219/J) (Zu 1219/J)<br />

Anfragebeantwortungen<br />

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten<br />

Mag. Dr. Manfred Haimbuchner, Kolleginnen und Kollegen (624/AB zu 590/J)


18 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten<br />

Mag. Dr. Manfred Haimbuchner, Kolleginnen und Kollegen (625/AB<br />

zu 591/J)<br />

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten<br />

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen (626/AB zu 604/J)<br />

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten<br />

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen (627/AB zu 617/J)<br />

des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport auf die Anfrage der Abgeordneten<br />

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (628/AB zu 636/J)<br />

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf<br />

die Anfrage der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen<br />

(629/AB zu 543/J)<br />

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf<br />

die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (630/AB<br />

zu 565/J)<br />

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf<br />

die Anfrage der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen<br />

(631/AB zu 592/J)<br />

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf<br />

die Anfrage der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen (632/AB<br />

zu 605/J)<br />

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf<br />

die Anfrage der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen (633/AB<br />

zu 618/J)<br />

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf<br />

die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen (634/AB<br />

zu 637/J)<br />

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing.<br />

Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (635/AB zu 653/J)<br />

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing.<br />

Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen (636/AB zu 663J)<br />

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf<br />

die Anfrage der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen (637/AB<br />

zu 692/J)<br />

des Bundesministers für Gesundheit auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Dagmar<br />

Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen (638/AB zu 797/J)<br />

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten<br />

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen (639/AB zu 645/J)<br />

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten<br />

Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen (640/AB zu 646/J)<br />

der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur auf die Anfrage der Abgeordneten<br />

Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen (641/AB zu 680/J)


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 19<br />

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die<br />

Anfrage der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen (642/AB zu 686/J)<br />

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die Anfrage<br />

der Abgeordneten Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen (643/AB zu 700/J)<br />

des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten auf die<br />

Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen (644/AB<br />

zu 734/J)


20 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Beginn der Sitzung: 9.06 Uhr<br />

Vorsitzende: Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Fritz<br />

Neugebauer, Dritter Präsident Mag. Dr. Martin Graf.<br />

*****<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Guten Morgen, meine Damen und Herren! Die<br />

Sitzung ist eröffnet.<br />

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Binder-Maier, Praßl, Dr. Schüssel und<br />

Dr. Pilz.<br />

Fragestunde<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zur Fragestunde.<br />

Die Fragestellungen durch die Damen und Herren Abgeordneten werden von den<br />

beiden Redner- und Rednerinnenpulten im Halbrund vorgenommen, die Beantwortung<br />

durch die Frau Bundesministerin vom Rednerpult der Abgeordneten.<br />

Für die Haupt- und Zusatzfragesteller und -stellerinnen jeder Fraktion ist jeweils<br />

1 Minute Redezeit vorgesehen. Die Beantwortung der Hauptfrage durch die Frau<br />

Bundesministerin soll 2 Minuten und jene der Zusatzfragen jeweils 1 Minute betragen.<br />

Ich werde 20 bis 15 Sekunden vor Ablauf der jeweiligen Zeit mit einem Glockenzeichen<br />

darauf aufmerksam machen, dass die Redezeit zu Ende ist, und müsste gegebenenfalls,<br />

falls sich jemand nicht an diese Zeitvorgaben hält, auch ins Wort fallen. Ich<br />

hoffe, dass das wie auch in der Vergangenheit bei den letzten Fragestunden nicht<br />

notwendig sein wird.<br />

Ich beginne daher jetzt – um 9.07 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen.<br />

Ich darf die Frau Bundesministerin zum Rednerpult bitten.<br />

Bundesministerium für Frauen und öffentlichen Dienst<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen zur 1. Anfrage, 10/M, das ist die<br />

der Frau Abgeordneten Mag. Wurm an die Frau Bundesministerin. Ich ersuche um die<br />

Frage. – Bitte.<br />

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin!<br />

Von der Europäischen Kommission wurde in der vergangenen Woche ein Bericht<br />

erstellt und uns präsentiert. Dabei liegt Österreich in Bezug auf die Einkommensunterschiede<br />

zwischen den Geschlechtern, also zwischen Männern und Frauen, an<br />

vorletzter Stelle.<br />

10/M<br />

„Warum verdienen Frauen in Österreich um mehr als ein Viertel (25%) weniger als ihre<br />

männlichen Kollegen?“<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 21<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Hohes Haus! Sie sehen es hier an dem Sticker, den<br />

ich trage: Das (die Rednerin zeigt auf eine Plakette an ihrem Revers, die eine Euro-<br />

Münze darstellt, der ein Teil fehlt) stellt einen Euro dar, und genau dieser Ausschnitt<br />

fehlt uns. Das ist nur der Durchschnitt. Es ist tatsächlich so, dass bei Arbeiterinnen/Arbeitern<br />

die Einkommensunterschiede noch größer sind als bei Angestellten,<br />

obwohl Frauen in Österreich sehr stark aufgeholt haben, was die Bildung anlangt.<br />

Es ist tatsächlich so, dass einige Prozente erklärbar sind, aber einige Prozente übrig<br />

bleiben, die nicht erklärbar sind. Zu den erklärbaren Prozenten ist zu sagen, dass es<br />

wichtig ist, welche Berufswahl Mädchen und Frauen treffen. Es ist noch immer so, dass<br />

die schlecht bezahlten Bereiche und schlecht bezahlten Branchen von Mädchen ausgewählt<br />

werden. Das hat historische Bedeutung, weil früher körperlich schwere<br />

Arbeiten anders bewertet wurden als haushaltsnahe Dienstleistungen. – Das ist eine<br />

Erklärung.<br />

Wenn während des Berufs ein Ausstieg von Frauen für eine Babypause stattfindet und<br />

der Wiedereinstieg nicht so gut gelingt – damit erklären sich auch einige Prozente<br />

Gehaltsunterschied.<br />

Tatsache in Österreich ist auch, dass vier von zehn Frauen Teilzeit arbeiten. Es ist<br />

daher so, dass sogar die Stundenlöhne bei Vollzeit und Teilzeit für die gleiche Arbeit,<br />

wenn sie von Frauen verrichtet wird, bei Teilzeit um bis zu 22 Prozent niedriger sind.<br />

Dazu kommt noch die Tatsache, dass sich Gehaltsscheren umso größer auszeichnen,<br />

je mehr Erwerbsbeteiligung in einem Land da ist. In Malta oder Italien zum Beispiel, wo<br />

die Erwerbsbeteiligung der Frauen geringer ist, ist auch die Gehaltsschere geringer.<br />

(Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)<br />

Ich werde später berichten, welche Maßnahmen in diesem Zusammenhang getroffen<br />

werden sollten.<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete.<br />

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin!<br />

Besonderes Augenmerk der Europäischen Kommission wird in diesem Bezug auch<br />

immer wieder der Kinderbetreuung geschenkt. Die Kinderbetreuung ist der Schlüssel<br />

zum Schloss, wenn Frauen auch nach der Kinderphase oder Familienphase weiter<br />

berufstätig sein wollen.<br />

Was planen Sie in diesem Bereich in der Zukunft?<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek: In<br />

der Tat gibt es von der EU-Kommission einen Gleichstellungsplan bis 2013, die Roadmap,<br />

wo unter anderem auch Verbesserungen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie<br />

festgeschrieben sind.<br />

Ich denke, Sie alle werden mir zustimmen, dass wir in den letzten Jahren hier viele<br />

wichtige Schritte gesetzt haben. Seit Einführung des Kinderbetreuungsgeldes ist<br />

dieses Kinderbetreuungsgeld flexibler gemacht worden. Das heißt, die Eltern können<br />

jetzt in drei Varianten Kindergeld beziehen, nicht mehr nur in einer Variante, nämlich<br />

30 und 6 Monate, auch 20 und 4 Monate, aber auch 15 und 3 Monate sind möglich.<br />

Ein weiterer Schritt, diese Vereinbarkeit zu verbessern, wird es sein – ich freue mich<br />

sehr, dass diese Bundesregierung dieses Thema aufgenommen hat –, ein einkommensabhängiges<br />

Kinderbetreuungsgeld einzuführen. (Beifall bei der SPÖ.)


22 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete<br />

Höllerer.<br />

Ich darf die jeweilig nachfolgenden ZusatzfragestellerInnen bitten, sich jeweils gleich zu<br />

den Rednerpulten zu begeben. – Bitte, Frau Abgeordnete.<br />

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Betreffend<br />

Ihr Anliegen, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen, schlagen Sie eine<br />

Quotenregelung vor.<br />

In der „Pressestunde“ haben Sie zum Thema Quote in Aufsichtsräten gesagt, dass Sie<br />

sich an Norwegen ein Beispiel nehmen wollen. Dort gibt es eine Quotenregelung bei<br />

Aufsichtsräten, und mittlerweile sind dort 44 Prozent der Aufsichtsräte weiblich.<br />

Wenn ich das Beispiel ÖBB hernehme, finde ich kaum Frauen in Führungspositionen,<br />

aber auch im gesamten Konzern sind insgesamt wenige Frauen beschäftigt. Im gesamten<br />

ÖBB-Konzern sind lediglich 6,9 Prozent der 43 000 Beschäftigten Frauen; nur<br />

17 Prozent der ÖBB-Lehrlinge sind Frauen; von 25 Vorstandsposten sind lediglich<br />

2 mit Frauen besetzt; und von 83 Aufsichtsräten sind nur 8 Frauen.<br />

Ich möchte Sie gerne fragen, wie Sie diese angekündigte Quotenregelung umsetzen<br />

wollen. Wenn es in staatsnahen Betrieben nicht gelingt, die Frauen in Position zu<br />

bringen, wie wollen Sie es dann im privatwirtschaftlichen Bereich schaffen?<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Um auf den Kern Ihrer Frage zurückzukommen, Frau Kollegin Höllerer: Ich habe mir<br />

Norwegen deswegen als Vorbild genommen, weil in Norwegen erkannt wurde – und<br />

eine gesetzliche Regelung dann die Folge war –, dass man auf das Potenzial von<br />

Frauen in der Wirtschaft nicht verzichten kann. Ich darf den Wirtschaftsminister<br />

heranziehen, der ein konservativer Wirtschaftsminister war und seinerzeit erkannt hat,<br />

dass dieses Potenzial nur mit einer gesetzlichen Quote auch in die Führungspositionen<br />

gehoben werden kann. Übergangsfristen waren gegeben.<br />

Mein Ziel ist es, das, was im Regierungsübereinkommen festgeschrieben ist, nämlich<br />

mehr Frauen in Führungspositionen zu bekommen, sukzessive zu verwirklichen. Norwegen<br />

als Vorbild heranzuziehen war der erste Schritt. Ich denke, man könnte auch<br />

Sofortmaßnahmen setzen, beispielsweise in den Selbstbeschränkungsverpflichtungen<br />

der börsenotierten Unternehmen.<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete<br />

Haubner.<br />

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Sie<br />

haben zuerst richtigerweise gesagt, dass die Einkommensschere zwischen Frauen und<br />

Männern leider noch sehr, sehr groß ist und was Sie denken, allgemein daran zu<br />

ändern, und was Sie dazu beitragen wollen, damit das nicht mehr so ist. Zu den<br />

Angelegenheiten in Ihrem Wirkungsbereich gehört auch die Gleichstellung der Frauen<br />

am Arbeitsmarkt.<br />

Daher meine Frage: Wie werden Sie sich dafür einsetzen, dass gerade in Berufen, die<br />

traditionell stärker von Frauen ausgeübt werden – ganz konkret: im Pflegebereich der<br />

Beruf der Pflegehelferin, der Altenfachbetreuerin –, die Gehälter, die dort wesentlich<br />

niedriger sind, in Zukunft für qualifizierte Vollzeitarbeit entsprechend angehoben<br />

werden?<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 23<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Sie sprechen einen sehr wichtigen Bereich an. Ich bin auch der Meinung, dass in Zukunft<br />

der Bereich der Gesundheits- und der Pflegeberufe enorme Bedeutung bekommen<br />

wird. Ich verweise auf das Sozialkapitel im Regierungsübereinkommen, in dem<br />

sich die Bundesregierung dazu bekennt, bis zu 2 000 Kräfte in diesem Bereich zu<br />

etablieren, wenn die Länder Bedarf anmelden. Das heißt, ich komme Anfang April auch<br />

mit den LändervertreterInnen des AMS zusammen und werde nachfragen, ob schon<br />

Anfragen da sind, weil ich glaube, dass die Bewertung dieser Arbeit – und da bin ich<br />

bei Ihnen – eine andere Bedeutung bekommen muss.<br />

Was kann ich dazu tun? – Es ist, wie ich meine, wichtig darzulegen, wie Arbeit prinzipiell<br />

bewertet wird. Ich habe vorhin schon auf körperlich schwere Tätigkeiten<br />

hingewiesen. Ich möchte jetzt keinem Kfz-Mechaniker nahetreten, aber wenn man die<br />

heutige Tätigkeit eines Kfz-Mechanikers und einer Altenbetreuerin vergleicht, so muss<br />

man schon gewichten, ob hier nicht vielleicht gleich schwere Tätigkeiten vorliegen und<br />

daher auch gleiche Bezahlung sein könnte.<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete<br />

Mag. Lunacek.<br />

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Frau Präsidentin! Guten Morgen, Frau<br />

Frauenministerin! Einer der Gründe für die große Einkommensschere zwischen Frauen<br />

und Männern ist ja auch, dass es in den Betrieben hinsichtlich Gehaltshöhe und auch<br />

etwaiger Zusatzvereinbarungen keine Transparenz gibt und dass sich Männer sehr oft<br />

sehr viel mehr ausverhandeln. Da wäre zum Beispiel durchaus Abhilfe zu schaffen,<br />

wenn es Frauenförderpläne in allen Betrieben gäbe.<br />

Sie haben vor Weihnachten einmal gesagt, Sie wären durchaus dafür, dass nur<br />

Unternehmen, die Frauenförderpläne haben, auch staatliche Förderungen bekommen.<br />

Daraufhin hat Wirtschaftsminister Mitterlehner gesagt: Das spielt es nicht! Sie haben<br />

zum Frauentag diese Forderung noch einmal gestellt. Wann werden Sie diese Forderung<br />

endlich umsetzen?<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Um diese Forderung umzusetzen, bedarf es einer gemeinsamen Aktion der Wirtschaft,<br />

des Wirtschaftsministers, wenn Sie so wollen, und der Frauenministerin. Das heißt, die<br />

Gespräche, die ich begonnen habe, werde ich weiterführen.<br />

Es ist tatsächlich richtig, dass ich mir ein Land, das das schon lange macht, als Beispiel<br />

genommen habe: Schweden. Dort gibt es Gleichstellungspläne, dort gibt es<br />

Gleichstellungsbilanzen, die Betriebe ab zehn MitarbeiterInnen jedes Jahr legen<br />

müssen. Das ist dort im Gleichbehandlungsgesetz festgeschrieben.<br />

Ich denke, schon beim Einstieg sieht man Differenzen, nicht im Kollektivvertrag direkt,<br />

aber es gibt mittelbare Diskriminierung, die man herauslesen könnte. Da anzusetzen,<br />

Einstiegsgehälter schon transparent zu machen, zu schauen, was ist eine Frau und<br />

was ist ein Mann für die gleiche Arbeit wert, das bleibt mein Ziel.<br />

Die Gespräche mit dem Herrn Wirtschaftsminister werde ich fortführen. Es kann nur<br />

gemeinsam gehen. (Unruhe im Saal.)<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bevor ich die nächste Zusatzfrage stellen lasse,<br />

bitte ich die Damen und Herren Abgeordneten, ein wenig mehr Aufmerksamkeit walten<br />

zu lassen.<br />

Frau Abgeordnete Gartelgruber ist die nächste Fragestellerin. – Bitte.


24 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordnete Carmen Gartelgruber<br />

Abgeordnete Carmen Gartelgruber (FPÖ): Frau Präsidentin! Guten Morgen, Frau<br />

Minister! Dem Einkommensbericht des Rechnungshofes, der letztes Mal im Ausschuss<br />

diskutiert wurde, ist zu entnehmen, dass der Einkommensnachteil der Frauen gegenüber<br />

den Männern zwar geringer geworden ist, jedoch noch deutlich ersichtlich ist.<br />

Meine Frage daher an Sie: Welche Maßnahmen sind hinsichtlich der Beanstandung im<br />

veröffentlichten kritischen Rechnungshofbericht bezüglich Frauenförderungsprogramme<br />

geplant?<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Ich bin sehr dankbar für diese Frage, weil ich sie selbstverständlich auch schon<br />

persönlich mit dem Herrn Rechnungshofpräsidenten erörtert habe und wir gemeinsam<br />

an die Öffentlichkeit treten wollen, um Vorschläge meinerseits zu präsentieren.<br />

Ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir schauen, dass wir mehr Frauen von der<br />

Teilzeit- in die Vollzeiterwerbstätigkeit bekommen, weil das einer der Gründe dafür ist,<br />

dass sich diese Einkommensschere insgesamt so darstellt.<br />

Wie können wir Frauen von der Teilzeit- in die Vollzeiterwerbstätigkeit bekommen? –<br />

Dann, wenn sich auch das Kinderbetreuungsangebot in Österreich von Vorarlberg bis<br />

ins Burgenland ähnlich gestaltet.<br />

Sie alle wissen: Wir haben neun verschiedene Kindergartengesetze. Die Schließzeiten<br />

und Öffnungszeiten der Kindergärten stellen sich halt recht unterschiedlich dar. Da<br />

wäre zum Beispiel ein Ansatz, zu sagen: Bitte den Kindergarten nicht 10 bis<br />

13 Wochen im Jahr geschlossen zu halten – man hat nur 5 Wochen Urlaub, jeder<br />

Arbeitnehmer, Arbeitnehmerin –, sondern weniger Schließtage pro Kindergarten! Somit<br />

könnten wir einen Teil des Problems lösen.<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen nun zur Frage 8/M der Frau<br />

Abgeordneten Schittenhelm. – Frau Abgeordnete, bitte die Frage.<br />

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin!<br />

Geschätzte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Im Regierungsprogramm wurde eine<br />

Vielzahl von frauenpolitischen Zielvorgaben wie Chancengleichheit, Gleichstellung von<br />

Frauen auf dem Arbeitsmarkt, Einkommensgerechtigkeit und Förderung von Frauen in<br />

Wissenschaft und Forschung und noch vieles mehr festgeschrieben.<br />

Wir alle hier im Haus, vor allem auch die Frauen, wissen natürlich, dass Frauenpolitik<br />

eine Querschnittsmaterie ist und sich nicht nur in verschiedenen Kapiteln des<br />

Regierungsprogramms wiederfindet, sondern die Zuständigkeit dafür auch in mehreren<br />

Ressorts liegt.<br />

Meine konkrete Frage daher:<br />

8/M<br />

„Wie gedenken Sie die frauenpolitischen Zielvorgaben aus dem Regierungsprogramm<br />

umzusetzen?“<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Sehr geehrte Frau Kollegin! Ich bin wirklich sehr froh darüber, dass in diesem Regierungsübereinkommen<br />

so viele Bereiche, die Frauen betreffen, explizit angeführt sind.<br />

Das heißt, es finden sich tatsächlich in jedem Budgetkapitel – dort muss es sich finden,<br />

nämlich in Bezug auf ein Gender-Budgeting-Projekt –, aber auch in jedem Kapitel des


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 25<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek<br />

Regierungsübereinkommens frauenrelevante Zielvorgaben. Speziell im Frauenkapitel<br />

ist es zum ersten Mal so, dass sich die gesamte Bundesregierung zu einem Nationalen<br />

Aktionsplan zur Gleichstellung von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt bekennt.<br />

Zu den anderen Bereichen habe ich bereits mit fast allen Ressortkolleginnen und Ressortkollegen<br />

Gespräche geführt, wie wir das, was im jeweiligen Kapitel frauenrelevant<br />

ist, sukzessive umsetzen können. Und eine Frauenministerin ist dazu da, dass sie das<br />

auch einfordert, dass sie das einmahnt und dass sie versucht zu erreichen, dass diese<br />

Übereinkommen, zum Beispiel mehr Polizistinnen oder die Forcierung von Karrieremöglichkeiten<br />

von Soldatinnen im Landesverteidigungsbereich, sukzessive gemeinsam<br />

umgesetzt werden.<br />

Was aber das eigene Kapitel anlangt, so bin ich sehr froh darüber, dass darin das<br />

Schließen der Einkommensschere explizit festgehalten ist, dass als Ziel mehr Frauen<br />

in Vollzeiterwerbstätigkeit festgelegt ist, dass mehr Frauen in Führungspositionen festgelegt<br />

ist, sodass wir es gemeinsam in fünf Jahren schaffen können – ich muss ja<br />

jedes Jahr Bericht legen –, mit diesem Nationalen Aktionsplan diese Einkommensschere<br />

bis zum Jahr 2013 etwas zu verkleinern, mehr Väter in Karenz zu bekommen,<br />

weil wir bessere Kinderbetreuungsangebote legen können, mit dem einkommensabhängigen<br />

Kindergeld zum Beispiel, weil wir, vielleicht noch nicht durch eine verpflichtende<br />

Quote, vielleicht ist aber auch ein Umschwenken da, mehr Frauen in Führungspositionen<br />

bekommen, denn es sind in Österreich nur 8,7 Prozent Frauen in Aufsichtsräten<br />

– wir sind, wie aus dem letzten Bericht hervorgeht, leider auch da<br />

schlechter geworden – und nur 4,6 Prozent Frauen in Geschäftsführungen.<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete<br />

Schittenhelm.<br />

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! In<br />

der Tageszeitung „Die Presse“ findet sich im März dieses Jahres folgende Headline:<br />

„Ministerin fordert ,empfindliche Strafen‘ für frauenlose Firmen“. Sie fordern in diesem<br />

Interview, dass 40 Prozent der Führungspositionen in Unternehmen von Frauen besetzt<br />

werden sollten. Zurzeit sind es knapp 5 Prozent. Ich habe gedacht, es würde<br />

halbe-halbe verlangt werden. Und bei Nichteinhaltung sollte es empfindliche Strafen für<br />

Firmen und Betriebe geben.<br />

Meine konkrete Frage: Wie wollen Sie die Unternehmen zwangsverpflichten, beziehungsweise<br />

an welche empfindlichen Strafen haben Sie dabei gedacht?<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Da es in den Medien manches Mal zu Missverständnissen kommen kann, möchte ich<br />

aufklären, was gemeint war. Bei den Strafen habe ich mich natürlich auf die Quotenregelungen<br />

in Aufsichtsräten bezogen und Norwegen wieder einmal als Beispiel<br />

hergenommen, wo den Firmen sehr hohe Strafen dafür auferlegt werden, wenn sie<br />

diese Quote nicht erreichen, bis hin zum Verlust der Börsenotierung.<br />

In Norwegen sind es, glaube ich, sieben Unternehmen, die eine Fristerstreckung<br />

bekommen haben, weil sie diese Quote noch nicht erreicht haben. Also es wurde dort<br />

definitiv noch niemand von der Börse genommen. So hoch waren die Strafen noch<br />

nicht. Aber es gibt empfindliche Geldstrafen. Und in diesem Zusammenhang war das<br />

gemeint.<br />

Da wir noch keine Quote in Aufsichtsräten in Österreich haben, ist die Frage der Strafe<br />

etwas, was nachfolgen muss. Und in diesem Zusammenhang war das von mir in der<br />

„Presse“ gemeint.


26 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Grosz.<br />

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin!<br />

100 Tage Bundesregierung, 100 Tage Rekordarbeitslosigkeit, Anstieg der<br />

Armut, dauerhafte Kurzarbeit und Verschleuderung von Steuergeld für Bankenspekulationen<br />

im Osten, 100 Tage hämisches Grinsen des Bundeskanzlers, 100 verlorene<br />

Tage für Österreich in einer Zeit (Zwischenrufe bei der SPÖ), in der Österreich in der<br />

größten Wirtschaftskrise der letzten 100 Jahre steckt.<br />

Frau Bundesministerin, gibt es Ihrer Meinung nach auch nur irgendeine Leistung der<br />

Bundesregierung der letzten 100 Tage, die diese große Koalition und diese Bundesregierung<br />

rechtfertigt und nur einem Bürger/einer Bürgerin unseres Landes tatsächlich<br />

geholfen hat?<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Grosz, für den Ausdruck<br />

„hämisches Grinsen“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.<br />

Nun ist die Frau Bundesministerin zur Beantwortung der Frage am Wort.<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Vielleicht zum Kern Ihrer Frage, weil Sie ja wissen wollten, was diese Bundesregierung<br />

in den letzten 100 Tagen zustande gebracht hat. Den Rest vergesse ich jetzt und<br />

bewerte ihn nicht.<br />

Erstens: Es ist immerhin gelungen, eine Steuerreform vorzuziehen, rückwirkend mit<br />

1. Jänner 2009, die bald wirklich in den Börseln der Österreicherinnen und Österreicher<br />

spürbar sein wird.<br />

Zweitens ist es gelungen, im Vergleich – europaweit gesehen – zwei wirklich gute Konjunkturpakete,<br />

was das Ausmaß im Verhältnis zur Größe und zur Wirtschaftsleistung<br />

unseres Landes anlangt, zustande zu bringen, nämlich Konjunkturpakete, durch die,<br />

wenn die Wirtschaft jetzt dadurch angekurbelt werden kann, sicherlich sehr, sehr viele<br />

Arbeitsplätze geschaffen werden können.<br />

Letztendlich ist es gelungen, in relativ kurzer Zeit auch ein Budget zustande zu<br />

bringen. Es wird ja im April die Budgetrede gehalten werden, wo dann das Sparbudget<br />

vorgestellt werden wird, das deswegen so gestaltet ist, weil wir in der Konjunkturkrise<br />

schauen wollen, dass jeder Cent, jeder Euro auch für Menschen, die arbeitslos<br />

geworden sind, verwendet werden kann. Dieses Budget wird sich somit in Zeiten wie<br />

diesen sicherlich vom Sparen her sehen lassen können. (Beifall bei der SPÖ und bei<br />

Abgeordneten der ÖVP.)<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete<br />

Mag. Schwentner.<br />

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Frau Ministerin, Sie haben den Nationalen<br />

Aktionsplan, der im Regierungsübereinkommen festgeschrieben ist, schon<br />

erwähnt. Meine Frage diesbezüglich ist: Wann wird sich der Nationale Aktionsplan<br />

konkrete Ziele setzen?<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Ich hatte schon Einzelgespräche mit den Sozialpartnern. Ich bin sehr dankbar dafür,<br />

dass die Sozialpartner und die Industriellenvereinigung schon im Oktober des vergangenen<br />

Jahres ein wirklich innovatives Papier erstellt und ein Bekenntnis dazu abgelegt<br />

haben, dass ökonomische Gleichstellung von Frauen in der Wirtschaft etwas sehr<br />

Wichtiges ist.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 27<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek<br />

Ich werde am 4. Mai ein erstes Gespräch mit den Spitzen der Sozialpartner und der<br />

Industriellenvereinigung führen, um einen Zeitplan für dieses erste Jahr den Nationalen<br />

Aktionsplan betreffend festzulegen. Gleichzeitig werden auch alle Ministerien eingeladen,<br />

daran mitzuarbeiten, es kann nur gemeinsam gehen, diesen Aktionsplan umzusetzen.<br />

Dann werden wir schauen, was wir im ersten Jahr schaffen können und was<br />

die Ziele für die weiteren Jahre sind.<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete<br />

Mühlberghuber.<br />

Abgeordnete Edith Mühlberghuber (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin!<br />

Sehr wichtig ist die Frau im Beruf, Förderung von Frauen in Spitzenpositionen, Gleichstellung<br />

von Frauen in der Arbeitswelt, Sicherung der Chancen auf dem Arbeitsmarkt.<br />

Im Regierungsprogramm kann man aber nichts über Hausfrauen lesen.<br />

Meine Frage an Sie, Frau Bundesminister: Welche Maßnahmen sind geplant, um die<br />

gesellschaftlich und familiär wichtige, aber unbezahlte Haushaltsarbeit finanziell und im<br />

Hinblick auf deren öffentliches Ansehen aufzuwerten?<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Ich bin auch für diese Frage sehr dankbar, weil ich glaube, dass es wichtig und an der<br />

Zeit ist, wieder einmal zu sagen, wer bezahlte und unbezahlte Arbeit leistet. Ob jetzt<br />

die Frau berufstätig ist oder nicht, Tatsache ist, dass der Großteil der Familienarbeit<br />

und somit der unbezahlten Arbeit von Frauen geleistet wird.<br />

Wenn aber eine Frau nicht berufstätig ist, so liegt das in der Wahl, ich hoffe, in der<br />

freien Wahl jeder Frau, das zu tun. Die Politik soll Rahmenbedingungen dafür schaffen,<br />

dass, wenn die Frau berufstätig sein möchte, sie auch Bedingungen vorfindet, dass sie<br />

berufstätig sein kann und dass sie einen Lohn, ein Entgelt erhält, von dem sie leben<br />

kann.<br />

Ich weiß nicht, ob das alle wissen, aber wenn sich ein Paar im freien Einvernehmen<br />

miteinander ausmacht, dass die Frau zu Hause ist und nur der Mann arbeitet, dann<br />

könnte die Frau auch Unterhalt vom Mann beanspruchen. Das ist im Gesetz so<br />

geregelt. Das heißt, wenn Sie darauf anspielen, ob man diese Arbeit, diese Tätigkeit<br />

auch finanziell bewerten könnte, dann muss ich sagen: Ja, man könnte es.<br />

Aber es ist, wie ich meine, wichtig, grundsätzlich hervorzuheben, dass ein Großteil der<br />

Frauen unbezahlte Arbeit leistet. Da bin ich ganz bei Ihnen.<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete<br />

Silhavy.<br />

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Guten Morgen, Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin!<br />

Sie haben heute ja schon öfters den im Regierungsprogramm vorgesehenen<br />

Nationalen Aktionsplan für Gleichstellung angesprochen. Und dieser sieht ja<br />

unter anderem auch vor, erfolgreiche Modelle der Bundesländer zu berücksichtigen.<br />

Unter anderem haben Sie vorhin auch ausgeführt, wie wichtig für die Vereinbarkeit ein<br />

entsprechendes Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen ist.<br />

Jetzt meine konkrete Frage an Sie, Frau Bundesministerin: Wie sehen Sie aus diesem<br />

Blickwinkel die Tatsache, dass in der Steiermark seit Herbst des vergangenen Jahres<br />

Landesrätin Bettina Vollath und Landeshauptmann Franz Voves einen Gratiskindergarten<br />

für Drei- bis Sechsjährige ganztags und flächendeckend anbieten und Wien<br />

unter Bürgermeister Häupl nunmehr angekündigt hat, dass auch Wien dieses Angebot<br />

unterbreiten wird, und zwar noch ergänzt um die Gruppe der Null- bis Dreijährigen? Es


28 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordnete Heidrun Silhavy<br />

werden also null- bis sechsjährige Kinder diese Einrichtungen ganztägig gratis besuchen<br />

können.<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Diese Beispiele, die Sie erwähnt haben, Frau Kollegin, zeigen mir, dass von den Bundesländern<br />

Kindergärten, Kinderbetreuungseinrichtungen immer mehr als Bildungseinrichtungen<br />

gesehen werden.<br />

Ich halte es für außerordentlich wichtig, dass der Zugang zu Bildung in Österreich<br />

gratis sein soll. Wenn jetzt Wien die Null- bis Sechsjährigen in Gratiskinderbetreuungseinrichtungen<br />

ganztägig versorgt und zu den privaten Einrichtungen einen Differenzbetrag<br />

dazuzahlen möchte, dann finde ich das wirklich bahnbrechend. In der<br />

Steiermark ist das schon voriges Jahr so gewesen.<br />

Es sind mittlerweile auch andere Bundesländer diesem Beispiel gefolgt. Wenn es<br />

gelingen könnte, dass in allen Bundesländern den Kleinsten ein Gratiszugang zu<br />

Bildung offensteht – der Kindergarten ist eine Bildungseinrichtung, wo altersadäquat<br />

spielerisch gelernt wird, ohne Kinder zu überfordern; man möge sich davon überzeugen,<br />

wenn man solche Einrichtungen besucht –, dann ist das meiner Meinung nach<br />

ein Beitrag und ein nächster Schritt im Hinblick auf bessere Vereinbarkeit von Beruf<br />

und Familie.<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen zur Anfrage 12/M des Herrn Abgeordneten<br />

Herbert. Ich ersuche um die Fragestellung. – Bitte.<br />

Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Geschätzte Frau Bundesminister! Die Verwaltungsreform<br />

war ja auch schon in der letzten Legislaturperiode eine aktuelle Zielsetzung,<br />

Aufgabenstellung, wie immer man das bezeichnen möchte. Allerdings kam<br />

dabei – ich möchte das ein bisschen salopp formulieren – wenig Griffiges zustande.<br />

Daher meine Frage:<br />

12/M<br />

„Wie ist der Stand der Verwaltungsreform in Bezug auf das angekündigte einheitliche<br />

Dienstrecht und welche Auswirkungen wird diese Reform auf die Sicherheitsverwaltung<br />

haben, zumal die Bereiche Polizei, Justiz und Bundesheer personell unzureichend<br />

ausgestattet sind?“<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Zu Beginn meiner Antwort: Es ist zu trennen zwischen Staatsreform – ich glaube, Sie<br />

meinen Staatsreform – und Verwaltungsreform. Damit wird sich eine Koordinierungsgruppe<br />

beschäftigen. Da geht es ja unter anderem um ein Einsparungspotenzial von<br />

Verwaltungsebenen und Verwaltungsinnovation, dienstrechtliche Veränderungen, für<br />

die ich verantwortlich zeichne. Das ist die zweite Geschichte.<br />

Es hat bereits ein erstes Treffen mit der Gewerkschaft öffentlicher Dienst gegeben, bei<br />

dem wir einen Fahrplan festgelegt haben, was wir im ersten Jahr, was wir heuer<br />

dienstrechtlich an kleineren Dingen umsetzen wollen. Wenn wir über eine große<br />

Dienstrechtsreform sprechen, dann ist das für mich untrennbar verbunden – da möchte<br />

ich seriös bleiben – mit einer Besoldungsreform. Wir alle wissen, wie angespannt die<br />

finanzielle Situation im Moment ist. Wenn man über eine Besoldungsreform im<br />

Zusammenhang mit einer Dienstrechtsreform seriös reden möchte, dann muss man<br />

wissen, ob man auch das Geld dafür hat.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 29<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek<br />

Daher werden wir in den ersten Gesprächen schauen, was wir an Verwaltungsinnovation<br />

dienstrechtlich weiterbringen können. Aber Tatsache ist schon, dass im<br />

Bereich der Sicherheit – und das wissen Sie – nicht gespart werden wird, es wird<br />

1 000 Ausbildungsplätze mehr geben, im Bereich der Bildung nicht gespart werden<br />

wird, es wird bei den Lehrerinnen und Lehrern nichts weggekürzt werden. Dahin<br />

gehend ist es wichtig, wie ich meine, sich das Schritt für Schritt anzuschauen. Dienstrechtliche<br />

Fragen sind ja nicht welche, mit denen ich mich erst beschäftige; das hat ja<br />

eine relativ lange Geschichte. Wäre es so einfach, hätten wir schon ein einheitliches<br />

oder anderes Dienstrecht.<br />

Ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir hervorheben, dass Menschen, die im öffentlichen<br />

Dienst arbeiten, sehr, sehr effiziente, gute Arbeit leisten, der Bund aber trotzdem<br />

jetzt auch einen Beitrag leistet und auch spart. Wir werden im Rahmen der Budgetrede<br />

hören, dass auch beim Personal eingespart worden ist, so wie es der Budgetplan<br />

vorgesehen hat. Trotzdem werden wir mit Hilfe der Jobbörse und anderer Maßnahmen<br />

danach trachten, dass sich Menschen im Bund weiterqualifizieren können und trotz<br />

weniger Menschen genauso gute Arbeit wie bisher geleistet werden kann.<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter<br />

Herbert.<br />

Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Frau Bundesministerin, Sie haben in Ihrer<br />

Anfragebeantwortung soeben das Thema Sicherheit indirekt mit der Frage Einsparungsmöglichkeiten<br />

oder Einsparungsaussichten verknüpft. In der Praxis sind es<br />

aber vor allem die Frauen, die die Leidtragenden jenes Missstandes oder Umstandes<br />

sind, dass es zu wenig Polizei auf Österreichs Straßen gibt. Ich darf hier als jüngstes<br />

Beispiel anführen: die Vergewaltigung eines 17-jährigen Mädchens durch vier Nordafrikaner<br />

in Innsbruck im Jänner dieses Jahres oder auch, wie den heutigen Tageszeitungen<br />

zu entnehmen ist, eine Gerichtsverhandlung gegen einen Usman M., der im<br />

Verdacht der mehrfachen Vergewaltigung von Frauen in Wien steht.<br />

Daher meine Frage: Sind Ihrer Meinung nach die Bemühungen Ihrer Amtskollegin vom<br />

Innenressort ausreichend, um die Sicherheit und das subjektive Sicherheitsgefühl der<br />

Frauen zu stärken, und, wenn nein, was werden Sie dagegen unternehmen?<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Noch einmal: Diese 1 000 Ausbildungsplätze mehr bis 2013 sind, glaube ich, ein<br />

wichtiger Schritt, wobei wir natürlich auch mehr Frauen in den Polizeidienst bringen<br />

wollen, weil bei Einvernahmen und bei anderen Maßnahmen, die gesetzt werden,<br />

diese Sicherheit, wenn Frauen von Gewalt betroffen sind, vielleicht auch gegeben ist,<br />

wenn Polizistinnen, Beamtinnen diese Einvernahmen durchführen. – Das ist die eine<br />

Geschichte.<br />

Ich bin ja mit Kollegin Fekter sowieso im Dialog darüber, wie wir den Gewaltschutz<br />

gemeinsam auch weiter finanziert haben können. Es ist so, dass die neun – ich weiß<br />

nicht, ob Sie es wissen – Interventionsstellen für Gewalt vom Gesetz her ja vorgegeben<br />

sind. Es gibt eine zehnte für Frauen, die von Zwangsheirat und Menschenhandel<br />

betroffen sind, die auch betrieben wird. Wir müssen uns budgetär anschauen,<br />

ob wir auf Basis dessen jetzt diese Interventionsstellen ausbauen können, um den<br />

Gewaltschutz voranzutreiben. Das ist uns sehr wichtig.<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Wittmann,<br />

bitte.<br />

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Frau Bundesministerin, Ihre Erfolge in der<br />

Frauenpolitik und die Ihrer Vorgängerin sind ja wirklich herzeigbar. Wir haben ein Ge-


30 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann<br />

waltschutzgesetz etabliert, das weltweit für Aufsehen sorgt. Wir haben das Kindergeld<br />

flexibilisiert, wir haben eine Novellierung des Gleichbehandlungsgesetzes in der<br />

Privatwirtschaft und auch im öffentlichen Dienst vorgenommen. Wir haben aber auch in<br />

der Verwaltungsreform einige Dinge weitergebracht. Ich denke da insbesondere an e-<br />

Government und anderes.<br />

Die Frage nun an Sie: Welche weiteren Maßnahmen sind in Bezug auf die Verwaltungsreform<br />

geplant?<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Ich bin auch sehr dankbar für diese Frage, weil ich glaube, dass vielleicht nicht so<br />

bekannt ist, was jetzt schon im Bereich der öffentlichen Verwaltung an innovativen<br />

Projekten umgesetzt wird. Ich nenne nur ein Beispiel für den Justizbereich: Service<br />

Centers. Es gibt sie bereits in Linz und Leoben, in Wien ist eines in Fertigstellung, wo<br />

die Bürgerinnen und Bürger im One-Stop-Shop-Verfahren, das heißt an einer Stelle,<br />

mehrere Dinge erledigen können: Beglaubigungen, Grundbuchauszüge, Termine mit<br />

Richtern, Richterinnen beispielsweise. Ich weise auf ein Projekt rund um den Minoritenplatz<br />

hin, wo man in Shared Services, das heißt geteilten Aufgaben, den Kopierservice<br />

gemeinsam regelt, das Drucken gemeinsam regelt.<br />

Ich denke, all das sind Bereiche, wo Vernetzungen stattfinden und die öffentliche Verwaltung<br />

innovativer und effizienter werden kann.<br />

Ein weiteres Beispiel: Bezirksverwaltungsbehörden. 70 Prozent aller Bundesangelegenheiten<br />

werden in den Bezirksverwaltungsbehörden erledigt. Und da wollen wir<br />

gerade Best-Practice-Beispiele zusammenführen, um die Bezirksverwaltungsbehörden<br />

in ganz Österreich auf einen Stand zu bringen.<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Dr. Sonnberger,<br />

bitte.<br />

Abgeordneter Dr. Peter Sonnberger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Es<br />

wird im Zuge der Verwaltungsreform auch ein einheitliches Dienstrecht verhandelt. Im<br />

Bereich des Dienstrechtes der Lehrerinnen und Lehrer hat es ja offensichtlich größere<br />

Kommunikationsprobleme gegeben, und zwar insoweit, als zunächst die betroffene<br />

Berufsgruppe in diese Gespräche nicht wirklich einbezogen wurde, sondern nur über<br />

die Medien Maßnahmen mitgeteilt wurden.<br />

Wird von Ihnen die überberufliche Interessenvertretung auch im Bereich des Dienstrechtes<br />

und einer damit verbundenen Besoldungsreform rechtzeitig und entsprechend<br />

eingebunden, und, wenn ja, was ich ja annehme, können Sie uns sagen, wie weit diese<br />

Verhandlungen gediehen sind?<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Wissen Sie, Herr Kollege, Stilnoten vergebe ich jetzt keine, wer was zuerst wo gelesen<br />

hat. Ich glaube, jetzt sollten wir wirklich gemeinsam darauf schauen. Es finden ja heute<br />

Gespräche zwischen der Bildungsministerin und der Gewerkschaft statt. (Abg.<br />

Dr. Sonnberger: Gott sei Dank!) Es finden heute, jetzt gerade, Dienststellenversammlungen<br />

statt. Ich hoffe, dass die Kinder gut betreut sind, das ist mir persönlich wichtig,<br />

weil es dabei auch um Dienstpflichten der Lehrerinnen und Lehrer geht. (Abg.<br />

Dr. Sonnberger: Das ist ganz wichtig!)<br />

Ich denke, dass jetzt mehrere Modelle auf dem Tisch liegen, wie wir versuchen<br />

können, das Weniger an Geld, das das Bildungsressort zur Verfügung hat, mit<br />

Umschichten vielleicht von Lehrerarbeitszeiten so zu gestalten, dass es nicht zum


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 31<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek<br />

Schaden der Kinder ist. Ich will mich jetzt überhaupt nicht festlegen, ob man zeitlich<br />

begrenzt die Unterrichtszeit erhöhen soll, ohne die Gesamtarbeitszeit zu erhöhen. Ich<br />

will mich auch nicht festlegen, ob man darum kämpft, mehr Geld zu bekommen, ich<br />

mag schon gar nicht daran denken, dass wir das, was wir an Bildung den Kindern jetzt<br />

bieten, zurückschrauben müssten. Das ist das Allerwichtigste. Daher vertraue ich<br />

darauf, dass in diesen Gesprächen eine Lösung und ein Kompromiss gefunden<br />

werden.<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter<br />

Windholz, bitte.<br />

Abgeordneter Ernest Windholz (BZÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesminister!<br />

Im öffentlichen Dienst gibt es vermehrt den Vorwurf der öffentlich Bediensteten,<br />

dass bisherige Reformen in aller Regel zu mehr Unflexibilität führen und dass die<br />

Identifikation mit dem Arbeitgeber rapide sinkt. Ich verweise dabei zum Beispiel auf<br />

eine Mitarbeiterbefragung im Bereich des Bundesministeriums für Finanzen mit einem<br />

niederschmetternden Ergebnis. Die Verantwortlichen haben sich dann eher die Frage<br />

gestellt, ob man sich das nicht hätte ersparen sollen, dass man solch ein Zeugnis von<br />

den eigenen Bediensteten ausgestellt bekommt.<br />

Daher meine Frage: Wie erklären Sie sich dieses Phänomen, und welche Maßnahmen<br />

gedenken Sie zu ergreifen, um bei der geplanten großen Dienst- und Besoldungsreform,<br />

die ja schon seit zwei Jahren zumindest angekündigt wird, diesem Trend<br />

entgegenzuwirken?<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Die Einzelergebnisse der Befragung des Finanzministeriums kenne ich nicht. Ich kenne<br />

nur eine allgemeine Mitarbeiter- und Mitarbeiterinnenbefragung, die vor einigen Jahren<br />

durchgeführt wurde, wo sich sehr, sehr viele, Zigtausende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

beteiligt haben und durchwegs Zufriedenheit das Ergebnis war. Dort, wo man<br />

das eine oder andere Mal signifikant gesehen hat, dass Unzufriedenheit herrscht, muss<br />

man natürlich ansetzen und schauen, dass sich die Situation verändert. Aber prinzipiell<br />

sind alle im öffentlichen Bereich motiviert zu arbeiten.<br />

Wir müssen Angebote legen. Stichwort Jobbörse: Es ist zum ersten Mal so in der<br />

Jobbörse des Bundes, dass man dort nicht nur Stellen angeboten bekommt, die<br />

woanders frei geworden sind, sondern dass man sich auch aktiv in diese Jobbörse<br />

einbringen und bekanntgeben kann, ich möchte gerne wechseln.<br />

Also ich denke, dass wir hier laufend Angebote machen. Eine Dienst- und Besoldungsreform<br />

kann ja ohnehin nur mit den Sozialpartnern stattfinden, und diese Gespräche<br />

werden demnächst aufgenommen.<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser,<br />

bitte.<br />

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Frau Bundesminister!<br />

Ersten Informationen nach, die wir den Medien entnehmen konnten, die aber auch von<br />

der Justizministerin bestätigt wurden, sollen im Justizbereich weitere Stellen eingespart<br />

werden. Das ist insofern bemerkenswert, als schon in den letzten Jahren im<br />

Justizbereich drastisch gespart wurde, was an die Substanz des Rechtsstaats geht.<br />

Jetzt weiß ich, es ist offensichtlich das allgemeine Ziel der Bundesregierung, Stellen<br />

einzusparen. Sie differenzieren aber genau. Sie haben vorhin gesagt, dass beispielsweise<br />

im Polizeibereich mehr Stellen geschaffen werden.


32 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser<br />

Meine konkrete Frage: Warum ist Ihnen der heikle Bereich des Rechtsstaats und der<br />

Justiz so wenig wert, dass Sie in diesem Bereich keine Priorität setzen? Was sind die<br />

Gründe dafür?<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Herr Kollege, ich weise zurück, dass mir der Rechtsstaat wenig wert ist. Mir ist der<br />

Rechtsstaat sehr, sehr viel wert – wie, glaube ich, jeder und jedem, die hier herinnen<br />

tätig sind und für diesen Rechtsstaat arbeiten.<br />

Tatsache ist, dass im Regierungsübereinkommen festgehalten ist, dass wir im Bereich<br />

der Sicherheit in Bezug auf Polizeiausbildungsplätze aufstocken werden und im<br />

Bereich der Bildung jede Pensionierung nachbesetzen werden. Das heißt, die Zahl der<br />

Lehrerinnen und Lehrer wird gleich bleiben.<br />

Der Bereich der Justiz setzt sich von den Bediensteten her so zusammen: Richter/Richterinnen,<br />

Staatsanwälte/Staatsanwältinnen und Justizwachebeamte/Justizwachebeamtinnen,<br />

und alle sind mir gleich viel wert, weil ich glaube, dass jeder auf<br />

seine Art wirklich gute und hervorragende Arbeit leistet. Aber wenn ich eine<br />

Budgetvorgabe habe, muss ich auch die Stellen danach bewerten, und wir haben im<br />

Justizbereich – so wie in jedem Ressort – Einsparungen vorgenommen. Und glauben<br />

Sie mir, sie sind verträglich! Ich habe lange und hart mit der Justizministerin<br />

verhandelt, und wir sind beide, glaube ich, einander maximal entgegengekommen. Es<br />

liegt nun an ihr, festzulegen, wo sie diese Einsparungen vornehmen möchte.<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Anfrage 13/M, das ist die<br />

der Frau Abgeordneten Schenk. – Bitte um die Frage, Frau Abgeordnete.<br />

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte<br />

Frau Bundesministerin! Wir haben ja gestern hier im Hohen Haus sehr ausführlich über<br />

die Steuerreform diskutiert.<br />

Meine konkrete Frage ist nun:<br />

13/M<br />

„Wie erklären Sie Ihre Zustimmung zur Steuerreform im Ministerrat, obwohl sogar die<br />

Regierungsvorlage offen zugibt, dass die aufgrund der Einkommensschere weniger<br />

verdienenden Frauen steuerlich benachteiligt werden?“<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Zunächst einmal, ich habe es heute schon gesagt, freue ich mich sehr, dass diese<br />

Steuerreform vorgezogen wurde, das heißt, dass die Bürgerinnen und Bürger schneller<br />

etwas von dieser Steuerentlastung haben.<br />

Zum Zweiten denke ich, es ist wichtig anzumerken, dass zum ersten Mal auch in<br />

diesen Gesetzestexten der Genderaspekt so aufgelistet ist, dass er richtig darlegt,<br />

dass höhere Einkommen – und höhere Einkommen sind in diesem Land nun einmal<br />

Männereinkommen – absolut stärker entlastet werden als niedrigere Einkommen. Die<br />

niedrigeren Einkommen, das mag jetzt kein Trost sein, sind relativ, nämlich vom<br />

Verhältnis her, besser entlastet.<br />

Ich möchte aber schon anmerken, dass ein Teil der Steuerreform bereits letztes Jahr<br />

vorgezogen wurde und Einkommen bis 1 350 € dermaßen entlastet wurden, dass die<br />

Arbeitslosenversicherungsbeiträge zum Teil oder ganz gestrichen werden konnten.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 33<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek<br />

Und das ist wichtig für Frauen, denn hätten wir zum Beispiel die Negativsteuer<br />

verdoppelt von 110 € auf 220 €, wäre das immer noch nicht so viel gewesen, wie jetzt<br />

daraus lukriert werden kann, nämlich bis zu 420 € im Jahr, und das automatisch. Wir<br />

wissen, dass die Negativsteuer nicht automatisch ausbezahlt wird, die muss beantragt<br />

werden.<br />

Auch wenn höhere Einkommen stärker entlastet werden – aber das ist noch das<br />

Lohngefälle, das wir in Österreich haben, das wir ja in den nächsten fünf Jahren<br />

ausgleichen wollen, wir wollen ja die Lohnschere verkleinern –, glaube ich, dass es bei<br />

einer nächsten Entlastung gelingen kann, dass die Frauen in absoluten Zahlen nämlich<br />

besser entlastet werden.<br />

Nicht vergessen darf man auch, dass das Riesenfamilienpaket bei dieser Steuerreform<br />

sicherlich auch den Alleinerzieherinnen zum Teil zugutekommen wird, sind doch der<br />

Kinderabsetzbetrag und der AlleinverdienerInnen- und AlleinerzieherInnenabsetzbetrag<br />

erhöht worden. Auch das wird hoffentlich den Frauen zugutekommen.<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete<br />

Schenk.<br />

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Im Regierungsprogramm ist die Rede von der<br />

Weiterführung und dem Ausbau von Mentoringprogrammen. Wurden diesbezüglich<br />

bereits Maßnahmen gesetzt, und wenn ja, welche?<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Nachdem ich auch erst seit einigen Tagen weiß, welches Budget ich zur Verfügung<br />

habe, kann ich sagen, dass ich mich diesem Thema auf jeden Fall weiter widmen<br />

möchte. Ich muss es nur sehr sparsam tun und vielleicht neue Mittel und Wege und<br />

auch andere Partner und Partnerinnen finden, um dieses Mentoring weiter zu fördern.<br />

Ich denke, auch Männer als Mentoren sind sehr, sehr wichtig, um Frauen oder auch<br />

Männer weiterbringen zu können.<br />

Mentoring im Bundesdienst gibt es ja bereits, das wird fortgeführt, sehr erfolgreich<br />

fortgeführt. Da gibt es immer wieder jährlich viele Teilnehmer und Teilnehmerinnen.<br />

Auch das Mentoring, das Füreinander-da-Sein und das Weiterbringen über die Ressortgrenzen<br />

hinweg, Cross-Mentoring, wird weitergeführt werden.<br />

Ich denke, Mentoring vor allem für Menschen mit Migrationshintergrund, Frauen mit<br />

Migrationshintergrund wird sehr wichtig sein. Aber es ist auch wichtig, in der Wirtschaft<br />

Partnerinnen und Partner zu finden, wo man neue Mentoringprogramme initiieren<br />

kann.<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete<br />

Mag. Schwentner.<br />

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Frau Ministerin, die Steuerreform<br />

wurde erwähnt. Bei der gestern beschlossenen Reform sieht es aber dennoch so aus,<br />

dass ein Großteil, nämlich mehr als die Hälfte der Frauen, die jetzt schon keine<br />

Lohnsteuer zahlen, nicht davon profitieren wird. Das sind von den 3 Millionen lohnsteuerpflichtigen<br />

Frauen immerhin 1,7 Millionen Frauen.<br />

Sie haben erwähnt, dass es im letzten Jahr bereits Entlastungsmaßnahmen gab. Ich<br />

glaube nicht, dass die geplanten Absetzbeträge den Frauen wirklich so sehr zugute-


34 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner<br />

kommen werden, denn wir wissen, dass Frauen da immer schlechter aussteigen als<br />

Männer.<br />

Planen Sie weitere Entlastungsmaßnahmen in Richtung Senkung der Sozialversicherungsbeiträge<br />

beziehungsweise eventuell eine Verdoppelung der Negativsteuer?<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Ich habe die Negativsteuer erwähnt – die ist im Moment kein Thema, weil ich mir<br />

denke, dass diese Entlastung bei den Arbeitslosenversicherungsbeiträgen im Moment<br />

Maßnahme genug ist. Ich weise nur darauf hin, dass Frauen in diesem Land zum<br />

Glück, weil wir ein Sozialstaat sind, Möglichkeiten haben, dass ihnen auch Hilfen in<br />

den Ländern zukommen. Es gibt Familienhilfen der Länder, es gibt zusätzliche<br />

Sozialhilfemaßnahmen der einzelnen Länder. Das geht bis hin zur Rundfunkgebührenbefreiung,<br />

bis hin zu Wohnkostenzuschüssen, bis hin zu Heizkostenzuschüssen.<br />

Ich denke, dass Frauen mit sehr niedrigen Einkommen, bis wir einen Ausgleich erreicht<br />

haben, was die Einkommen an sich betrifft, all diese Maßnahmen in Anspruch nehmen<br />

müssen und sollen, und wir müssen ihnen das auch sagen. Trotzdem glaube ich, dass<br />

1 000 € Mindestlohn – bis Juni werden alle Branchen das annehmen – auch ein Beitrag<br />

sein kann, dass Frauen nicht mehr so von Armut betroffen sind.<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Kitzmüller,<br />

bitte.<br />

Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (FPÖ): Sehr geehrte Frau Minister! Frauen und<br />

Mütter, die ihre Kinder selbst betreuen, haben keine Möglichkeit, die Absetzbeträge als<br />

Kinderabsetzbeträge geltend zu machen. Wenn sie sie hingegen einer Fremdbetreuung<br />

übergeben, ist es möglich, Absetzbeträge in der Höhe von rund 2 300 € geltend zu<br />

machen.<br />

Wir sehen, dass Frauen und Mütter mit ihrem Einkommen oft kein rechtes Auskommen<br />

haben. Meine Frage daher: Frau Minister, wie können Sie Ihre Zustimmung zur Steuerreform<br />

rechtfertigen, wenn Sie wissen, dass durch die sogenannte Familienentlastung<br />

mit Kinderabsetzbeträgen, Kinderfreibeträgen und absetzbaren Fremdbetreuungskosten<br />

Mütter, die ihre Kinder selbst betreuen, stark diskriminiert werden?<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass es insgesamt 750 Millionen € sind, die<br />

den Familien mit dieser Steuerreform zugutekommen. Ich habe die 13. Familienbeihilfe,<br />

die wir auch nicht vergessen dürfen, die ja schon wirksam ist, dazugerechnet.<br />

Die drei Varianten Kindergeld, die junge Mütter in Anspruch nehmen können, sind drei<br />

Möglichkeiten, unterschiedlich lange daheim zu bleiben. Ich glaube, dass es wichtig ist,<br />

dass wir Frauen fördern, dass sie, wenn es notwendig ist, schnell wieder in ihren Beruf<br />

zurückkehren können, weil sie sonst vielleicht den Anschluss verpassen, und dass es<br />

wichtig ist, dass wir zu den Maßnahmen Kinderabsetzbetrag, Kinderfreibetrag auch –<br />

dazu bekenne ich mich ausdrücklich – die Absetzbarkeit von Kinderbetreuung dazugenommen<br />

haben, weil wir auch pädagogische Qualität bei der Ausübung dieser Tätigkeit<br />

eingefordert haben, die wir mit dieser Steuerreform einbringen konnten.<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete <strong>Gessl</strong>-<br />

<strong>Ranftl</strong>.<br />

Abgeordnete <strong>Andrea</strong> <strong>Gessl</strong>-<strong>Ranftl</strong> (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin!<br />

Die Steuerreform schafft eine Reihe von Anreizen zur Frauenerwerbstätigkeit. Hervor-


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 35<br />

Abgeordnete <strong>Andrea</strong> <strong>Gessl</strong>-<strong>Ranftl</strong><br />

zuheben sind die Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten sowie die Erhöhung der<br />

Zuverdienstgrenzen bei Ehefrauen mit Kindern. Diese Steuerreform soll unter anderem<br />

die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtern und eine Steigerung der Chancen<br />

für Frauen bringen.<br />

Daher meine Frage an Sie, Frau Ministerin: Welche zusätzlichen Maßnahmen sind<br />

neben der Steuerentlastung notwendig, um eine weitere Erhöhung der Frauenerwerbstätigkeit<br />

zu ermöglichen?<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Vielleicht nur zum EU-Durchschnitt: Im EU-Schnitt wäre das Ziel 60 Prozent Frauenerwerbsbeteiligung<br />

– er liegt jetzt bei 58,4 Prozent, glaube ich. In Österreich sind wir<br />

bei über 64 Prozent. Das ist aber nur quantitativ zu sehen und nicht allein qualitativ,<br />

und mir ist Qualität auch sehr wichtig.<br />

Das heißt, wenn die Frauenerwerbsbeteiligung jetzt schon über dem EU-Durchschnitt<br />

ist, ist das deswegen so, weil sehr viele Frauen teilzeitbeschäftigt sind. Das heißt, das<br />

Ziel von der Teilzeit in die Vollzeit ist eines der wichtigsten.<br />

Aber die Frauenerwerbstätigkeit zu erhöhen ist am besten möglich, wenn wir schon bei<br />

den Mädchen beginnen. Ich möchte einladen und hinweisen – es machen ja sehr, sehr<br />

viele in ganz Österreich mit – auf den 23. April, auf den Girls’ Day, bei dem Mädchen<br />

dazu motiviert werden sollen, auch in technische Berufe zu schnuppern und sich die<br />

Gehaltsunterschiede dort schon anzuschauen: Ein Friseur-Lehrling bekommt so viel,<br />

ein Mechaniker-Lehrling bekommt um 500 € mehr zum Beispiel. Dazu motivieren und<br />

hier zu beginnen ist ein erster Schritt. – Mehr Zeit habe ich jetzt nicht.<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete<br />

Tamandl.<br />

Abgeordnete Gabriele Tamandl (ÖVP): Frau Bundesministerin, wir haben es heute<br />

schon ein paar Mal angesprochen, wir haben gestern die Steuerreform beschlossen,<br />

mit einem Familienpaket, aber auch mit einer kräftigen Tarifentlastung in der Höhe von<br />

2,3 Milliarden €.<br />

Meine Frage geht auch in die Richtung meiner Vorrednerin, und zwar: Glauben Sie,<br />

dass wir mit dieser Steuerreform einen Steuerungsmechanismus eingezogen haben,<br />

der gerade die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglicht, beziehungsweise<br />

glauben Sie, dass junge Frauen jetzt doch mehr Mut zum Kind haben, wenn sie<br />

merken, dass wir diese Maßnahmen mit der Steuerreform eingeführt haben?<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Tatsache ist – da erzähle ich auch nichts Neues –, dass es in den Ländern, in denen<br />

die Frauenerwerbsbeteiligung sehr hoch ist und es auch eine gute Kinderbetreuung<br />

gibt, auch eine höhere Zahl an Kindern gibt, die Frauen haben. Das heißt, wo all diese<br />

Faktoren zusammentreffen, ist der Mut zum Kind da, sagt man Ja zum Kind.<br />

Ich glaube sehr wohl, dass, wenn wir das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld<br />

durchgesetzt haben werden, mehr Frauen, aber auch mehr Männer die<br />

Gelegenheit ergreifen werden, in Karenz zu gehen. Was heißt das? Wenn mehr<br />

Männer in Karenz gehen, können Frauen früher wieder in den Beruf einsteigen. Das<br />

Argument, das wir alle kennen, dass es ja das Geld ist, und weil er mehr verdient, kann<br />

man es sich als Familie nicht leisten, dass er zu Hause bleibt, dieses Argument kann<br />

damit entkräftet werden.


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Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek<br />

Es muss ein unterer und ein oberer Deckel eingezogen werden, und wir müssen auch<br />

schauen, ob man nicht vielleicht die Zuverdienstgrenze dann überhaupt entfallen<br />

lassen kann, wenn die Arbeitszeit auch verkürzt wird, denn ich würde mir schon<br />

wünschen, bei jeder Form des Kinderbetreuungsgeldes, dass die Eltern eine gewisse<br />

Zeit beim Kind verbringen.<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Anfrage 14/M, das ist die<br />

der Frau Abgeordneten Mag. Schwentner. – Bitte.<br />

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Frau Ministerin, es wurde erwähnt,<br />

Österreich liegt mit der Einkommensdifferenz im internationalen Vergleich sehr weit<br />

hinten, nämlich auf Platz 121 von 130. Wir sind im EU-27-Vergleich nach neuesten<br />

Zahlen an der vorletzten Stelle vor Estland.<br />

Ich frage Sie daher:<br />

14/M<br />

„Welche jährliche Reduktion der Einkommensunterschiede zwischen Frauen und<br />

Männern bezogen auf die Bruttostundenlöhne möchten Sie mit welchen konkreten<br />

Maßnahmen erreichen?“<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir über Transparenz reden. Da ist mit den<br />

Sozialpartnern zu sprechen, keine Frage, das ist wichtig. Ich habe heute schon über<br />

diese mittelbare Diskriminierung in Kollektivverträgen gesprochen, aber es geht ja auch<br />

darum: Würden Gehälter transparent sein – Kollektivverträge sind ja gleich –, könnte<br />

man sehen, was jemand noch draufbekommt sozusagen, welche Prämiensysteme<br />

vorhanden sind, wie die Überstunden ausbezahlt werden.<br />

Ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir bei den Einstiegsgehältern beginnen. Auch da<br />

gibt es schon Unterschiede, die nicht erklärbar sind. Vielleicht nur deswegen, weil eine<br />

Frau eine Frau ist, bekommt sie weniger. Das ist nicht zu tolerieren von meiner Seite.<br />

Das ist ein erster Schritt, diese Einkommensunterschiede auch in den Stundenlöhnen<br />

zu verringern und sich noch einmal anzuschauen, warum unter Frauen eine Teilzeitstunde<br />

weniger wert ist als eine Vollzeitstunde für die gleiche Arbeit. Aber natürlich<br />

sind auch Frauen- und Männer-Stundenlöhne für die gleiche Arbeit sehr unterschiedlich.<br />

In den Gesprächen, die den Nationalen Aktionsplan betreffen, weil wir ja hier auch<br />

einen Punkt haben, Einkommensunterschiede zu verringern, werde ich genau das<br />

ansprechen, wie wir diese Transparenz gewährleisten können.<br />

Es gibt eine Kärntner Firma – die war damit in allen Zeitungen und auch in einer<br />

Fernsehsendung –, die die Gehaltspyramide im Betrieb öffentlich dargelegt hat. Es gibt<br />

aber sicher auch andere Best-Practice-Beispiele, etwa beim AMS, wie ich weiß. Es gibt<br />

auch bei der Telekom Beispiele, wo Gehaltsbänder für Führungskräfte sozusagen<br />

einsichtig sind, wo man ungefähr weiß, wer was verdient. Im öffentlichen Dienst kann<br />

man es im Internet nachlesen, da ist es eh klar.<br />

Diese Transparenz zu forcieren würde, glaube ich, sehr helfen, die Einkommensunterschiede<br />

zu beseitigen oder, sagen wir einmal, in den nächsten Jahren zu verringern.<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete<br />

Mag. Schwentner.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 37<br />

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner<br />

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Die Transparenz ist sicher ein Mittel,<br />

vor allem die Transparenz bei allen Gehältern, nicht nur bei den Einstiegsgehältern,<br />

denn die Schere tut sich dann oft im späteren Berufsleben auf, denke ich. Es bedarf<br />

aber sicher mehr Maßnahmen als nur der Transparenz und Offenlegung der Gehälter.<br />

Ich frage Sie aber trotzdem: Welche Sanktionen haben Sie vorgesehen für Unternehmen,<br />

wenn sie diese Transparenzverpflichtung nicht erfüllen?<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Jetzt würde ich es gerne einmal schaffen, zu dieser Transparenzverpflichtung zu<br />

kommen, und dann können wir darüber reden, welche Anreize oder Sanktionen es<br />

geben kann, wenn diese nicht eingehalten wird.<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete<br />

Dr. Belakowitsch-Jenewein.<br />

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Bundesminister, Sie<br />

haben jetzt gerade ausgeführt, wie Sie sich vorstellen, dass Sie die Einkommensschere<br />

schließen können. Wir sind in der Situation, dass wir in Österreich 500 000<br />

Muslime haben, deren Frauenbild ja nicht unbedingt mit unserem Bild der Chancengleichheit<br />

übereinstimmt. Wir haben in diesem Bereich einen Einkommensunterschied,<br />

der gegen 100 Prozent geht.<br />

Mich würde jetzt interessieren: Mit welchen konkreten Projekten wollen Sie die Unterdrückung<br />

der Frauen vor allem im Islam bekämpfen oder dieser begegnen?<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Ich bin sowohl im Dialog mit der muslimischen Jugend als auch mit muslimischen<br />

Frauen, und ich glaube, dass es sehr wichtig ist, dass man sich hier austauscht und<br />

sich die Situation der Frauen mit migrantischem Hintergrund – Sie sprechen jetzt<br />

muslimische Frauen an, es gibt ja auch andere Frauen mit migrantischem Hintergrund<br />

in unserem Land – und die Lohnunterschiede anschaut.<br />

Ich habe eine eigene Abteilung in der Frauen-Sektion, die sich mit diesen Fragen<br />

beschäftigt, die sehr serviceorientiert Meinungen, Anregungen entgegennimmt und<br />

versucht, hier Hilfestellungen und Antworten zu geben, wenn beispielsweise Deutschkurse<br />

oder andere Dinge gefragt sind.<br />

Ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir Frauen mit migrantischem Hintergrund fördern<br />

und stützen, weil sie oft diejenigen sind, die entweder gar keine Arbeit haben oder auf<br />

dem Arbeitsmarkt sehr, sehr schlecht bezahlte Tätigkeiten haben.<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Krist.<br />

Abgeordneter Hermann Krist (SPÖ): Geschätzte Frau Bundesministerin, ich gratuliere<br />

Ihnen persönlich, aber auch der ganzen Bundesregierung, zu 100 Tagen aufrichtigen<br />

Bemühens, die herrschende Krise und die allgemeinen Herausforderungen zu<br />

meistern, vor allem aber auch zur souveränen Art, das hysterische Krankjammern<br />

einzelner BZÖ-Kollegen ins Leere laufen zu lassen.<br />

Zur Frage: Die Bundesregierung bekennt sich im Regierungsübereinkommen zu einem<br />

Nationalen Aktionsplan für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf dem<br />

Arbeitsmarkt. Ich würde Sie noch einmal ersuchen, ganz kurz die Ziele des Nationalen<br />

Aktionsplanes zu erläutern beziehungsweise die nächsten Schritte, welche noch in<br />

Planung sind.


38 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Herr Kollege, es sind vier Schwerpunkte, die in diesem Nationalen Aktionsplan festgeschrieben<br />

sind.<br />

Zum einen geht es darum – ich habe schon gesagt, wir sind zwar ganz gut unterwegs,<br />

aber Quantität und Qualität gehen nicht einher –, grundsätzlich mehr Frauen auf den<br />

Arbeitsmarkt zu bekommen. Das ist in Zeiten wie diesen allerdings besonders schwierig.<br />

Trotzdem ist es unser Ziel, in den nächsten fünf Jahren die Erwerbsbeteiligung von<br />

Frauen zu erhöhen.<br />

Zum anderen geht es darum, mehr Vollzeiterwerbstätigkeit für Frauen zu erreichen und<br />

die Teilzeit bei Frauen zurückzuschrauben.<br />

Teilzeit kann für einige Zeit ein Instrument sein, welches nach der Babypause zum<br />

Einsatz kommt, aber es soll nicht so sein, dass Frauen in der Teilzeitfalle hängen<br />

bleiben, und zwar oft 10, 12, 13 Jahre, und dass sie aufgrund dessen keine Pensionszeiten<br />

sammeln können.<br />

Nächster Punkt, über den wir heute schon viel gesprochen haben und der mir ein ganz,<br />

ganz wichtiges Anliegen ist, ist die Verringerung der Einkommensschere, damit ein<br />

selbständiges, ein finanziell unabhängiges Leben für Frauen möglich wird. Frauen sind<br />

häufiger von Armut betroffen als Männer, weil sie ein geringeres Einkommen haben.<br />

Wenn sie noch dazu mit Kindern allein leben, sind sie noch mehr armutsgefährdet. Wir<br />

müssen daher schauen, da die Einkommensschere zu schließen.<br />

Darüber hinaus müssen wir das Ziel verfolgen, mehr Frauen in Führungspositionen zu<br />

bekommen.<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete<br />

Mag. Cortolezis-Schlager, bitte.<br />

Abgeordnete Mag. Katharina Cortolezis-Schlager (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau<br />

Bundesministerin! Die Bildung ist weiblich. Überdurchschnittlich viele Frauen wählen<br />

gerne den Beruf sowohl in der Schulverwaltung als auch als Lehrerin. Trotzdem gibt es<br />

da große Einkommensunterschiede aufgrund von unterschiedlichen Stellenbeschreibungen<br />

und unterschiedlichen Aufstiegschancen. So warten beispielsweise die AHS-<br />

Schulsekretärinnen schon seit Jahren auf eine faire Arbeitsplatzbeschreibung, die<br />

ihnen die Gleichstellung und eine bessere Einkommenssituation ermöglichen würde.<br />

Wir haben in den Führungspositionen nun den Umstand, dass der Dienstvertrag der<br />

einzigen weiblichen Sektionsleiterin im Ministerium nicht mehr verlängert wurde, als<br />

einziger Vertrag nicht verlängert wurde. Frau Bundesministerin Schmied hat für die<br />

nächsten fünf Jahre eine Milliarde mehr Budget versprochen bekommen. Was werden<br />

Sie tun, damit dieses Budget künftig für die Frauen und zum Abbau der Diskriminierung<br />

von Frauen eingesetzt wird?<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Das ist eine sehr, sehr komplexe Frage, wo ich nicht weiß, ob ich sie jetzt in 2 Minuten<br />

beantworten kann.<br />

Grundsätzlich sind Frauen im Bildungsbereich auf der Überholspur. Wir haben aber<br />

weniger davon, weil wir dann in Bereichen, wo wir Karriere machen wollen, die<br />

gläserne Decke oft nicht durchbrechen können. Ich denke da nur an die Universitäten,<br />

wo wir 15 Prozent Professorinnen haben, aber leider sehr, sehr viele Absolventinnen


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 39<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek<br />

von Studien, die auf diesem Weg nicht so weiterkommen, wie wir uns das vorstellen<br />

würden.<br />

Ich begrüße die Initiative von Wissenschaftsminister Hahn sehr. Diese wurde schon im<br />

Vorjahr vorbesprochen und beschlussfähig gemacht, wurde dann aber nicht mehr<br />

umgesetzt. Die 40-Prozent-Quote ist nicht nur im Bundesgleichbehandlungsgesetz für<br />

alle Bediensteten im öffentlichen Dienst verankert, sondern sie ist auch in allen<br />

Gremien der Universitäten verpflichtend einzuführen – es ist dann darüber nachzudenken<br />

und zu berichten, warum man dieses Ziel nicht erreicht hat.<br />

Zur Frage betreffend Sektionschefinnen: Ich glaube, es wird noch eine Frage kommen,<br />

bei welcher ich dann dazu Stellung nehmen kann.<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter<br />

Dolinschek, bitte.<br />

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Frau Bundesminister, dass die Einkommensunterschiede<br />

zwischen Männern und Frauen nicht mehr zeitgemäß sind,<br />

diesbezüglich sind wir wohl einer Meinung. Die Zahlen aus den aktuellen Kollektivverträgen<br />

zeigen uns, dass in traditionellen Frauenberufen schlechter entlohnt wird als<br />

in traditionellen Männerberufen. Auch bei den Lehrverträgen ist das schon so.<br />

Die Löhne werden in Österreich über Kollektivverträge geregelt. Die Sozialpartner<br />

verhandeln das aus und legen das fest. Es gibt aber Branchen, wo es qualifizierte<br />

Arbeit zu Dumpinglöhnen gibt und wo keine Kollektivverträge vorhanden sind. Das ist<br />

im Speziellen bei Rechtsanwälten, bei Notaren und in Arztpraxen der Fall. In diesen<br />

Berufsbereichen gibt es in vielen Bundesländern keinen Kollektivvertrag.<br />

Meine Frage daher: Sind Sie dafür, dass es auch für diese Bereiche einen gesetzlichen<br />

Mindestlohn gibt, dass es eine gesetzliche Regelung für alle Dienstnehmer in<br />

Österreich gibt, und zwar mit einer jährlichen Indexanpassung, dass diese Regelung<br />

hier in diesem Haus gemacht wird und nicht über die Kollektivvertragspartner, wenn<br />

diese zu schwach sind, so etwas durchzusetzen?<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Wissen Sie, ob mit Kollektivvertrag oder ohne, ich glaube, dass es wichtig ist, darauf zu<br />

schauen, dass niemand mehr unter 1 000 € Mindestlohn in diesem Land zu liegen<br />

kommt. Wie mir versichert wurde und wie wir auch in Gesprächen beziehungsweise im<br />

Dialog mit den Branchen, die Sie soeben angesprochen haben, erfahren haben, ist es<br />

so, dass wir bis Juni auch in jenen Bereichen, wo es keine Kollektivverträge gibt,<br />

erreicht haben werden, dass niemand unter 1 000 € Mindestlohn zu liegen kommt. Ich<br />

glaube, das ist ein erster wichtiger Schritt. Weitere können natürlich folgen.<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Anfrage 11/M, das ist die<br />

des Herrn Abgeordneten Pendl. – Bitte.<br />

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Die<br />

weltweite Wirtschaftskrise hat eine riesige Anstrengung notwendig gemacht. Ich gratuliere<br />

in diesem Zusammenhang der Bundesregierung für die Konjunkturpakete.<br />

Gestern haben wir hier im Hohen Haus auch die Steuerreform beschlossen. Die Frage<br />

der Arbeitslosigkeit ist eine zentrale, vor allem, was die Jugendarbeitslosigkeit betrifft.<br />

Daher meine Frage:


40 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Otto Pendl<br />

11/M<br />

„Was unternimmt der Bund als Dienstgeber konkret zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit<br />

– einem zentralen Punkt des Regierungsprogramms?“<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte. (Abg.<br />

Mag. Stadler – in Richtung des Abg. Pendl –: Sie haben sich zu bedanken vergessen!)<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Ich bin jetzt sehr dankbar für diese Frage, lieber Kollege (demonstrativer Beifall und<br />

Bravoruf des Abg. Mag. Stadler), weil ich wirklich mit großem Stolz sagen kann, dass<br />

der Bund einer der größten Arbeitgeber überhaupt in unserem Land ist und wir auch<br />

über 1 000 Lehrlinge beschäftigen. Diese Zahl hat sich in den letzten Jahren ... (Abg.<br />

Grosz – in Richtung des Abg. Pendl –: Einen Strauss Rosen für die Ministerin!) –<br />

Wenn Sie mir jetzt zuhören würden, würden Sie wissen, warum ich für diese Frage so<br />

dankbar bin.<br />

Wir konnten in den letzten Jahren die Zahl der Lehrlinge im Bund verdreifachen. Aber<br />

auch jetzt, in Zeiten der Krise – wir haben erst vor Kurzem einen Ministerratsvortrag<br />

gehabt –, gibt es das Bekenntnis seitens des Bundes, wieder Lehrlinge aufzunehmen.<br />

Wir können auch heuer wieder bis zu 300 Lehrlinge aufnehmen, denn es gehen welche<br />

weg, sodass wir neue aufnehmen können. Das heißt, wir werden die Zahl der Lehrlinge<br />

halten können.<br />

Erfreulich ist auch, dass im Moment 100 Lehrstellen ausgeschrieben sind. Man kann<br />

sich das im Internet anschauen und kann sich bewerben, und zwar in den verschiedensten<br />

Bereichen. Zu den größten Bereichen gehört die Landesverteidigung.<br />

Zum Beispiel im Verwaltungsassistenzbereich haben wir sehr viele Lehrlinge. Allgemein<br />

haben wir 60 Prozent Mädchen und 40 Prozent Burschen im Bund beschäftigt. In<br />

meinem Bereich, dem Bundeskanzleramt, behalten wir nach der Lehrzeit vier von fünf<br />

Lehrlingen.<br />

Darüber hinaus möchte ich anmerken, dass der Bund auch bisher schon in Projekten<br />

das System „Lehre mit Matura“ gefördert hat. Es wurden da zwei Teilbereiche gefördert.<br />

Den jungen Menschen wurden zwei Prüfungen bezahlt. Es wird in Zukunft so<br />

sein, dass das für alle leistbar beziehungsweise kostenlos sein soll.<br />

Dazu wurden schon Vorarbeiten geleistet, die sehr gut angekommen sind. Die<br />

Zufriedenheit unter den jungen Menschen im Bund ist eine sehr hohe. Und ich bin sehr<br />

froh darüber, dass einzelne Ressorts – ich habe in dieser Frage Gespräche geführt –<br />

auch in wirtschaftlich sehr schlechten Zeiten wieder bereit sind, Lehrlinge aufzunehmen.<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Pendl, bitte.<br />

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Frau Bundesministerin, es ist sehr erfreulich, solch<br />

eine Erfolgsmeldung zu hören.<br />

Meine Frage: Wie gewährleistet der Bund die Wettbewerbsfähigkeit mit der Privatwirtschaft?<br />

Das ist ja auch ein wichtiger Punkt.<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Das ist eine wesentliche Frage. – Wir haben auch da schon Projekte gestartet, die sehr<br />

innovativ sind. Es gibt zum Beispiel mit einer Autofirma eine Kooperation, im Rahmen<br />

welcher Lehrlinge des Bundes dort eine Zeit lang nicht nur schnuppern, sondern auch<br />

ausgebildet werden können. Wir würden uns aber wünschen, dass auch Lehrlinge aus<br />

der Privatwirtschaft in den Bundesdienst kämen.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 41<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek<br />

Es kommt aber darauf an, welche Lehrberufe das sind. Mit der OMV sind Projekte<br />

angedacht. Es hat schon Gespräche mit der Wirtschaftskammer gegeben, diese Art<br />

von Austausch zwischen Privatwirtschaft und Bund die Lehrberufe betreffend zu<br />

forcieren. – Das ist die eine Sache.<br />

Die zweite Sache ist, auch während der Lehrzeit Fort- und Weiterbildung zu forcieren.<br />

Das wird auch weiterhin Ziel des Bundes als Arbeitgeber bleiben.<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete<br />

Fuhrmann, bitte.<br />

Abgeordnete Silvia Fuhrmann (ÖVP): Frau Bundesministerin! Die Regierung hat, wie<br />

ich meine, auch diese wirtschaftlich schwierige Situation bis dato sehr gut gemeistert.<br />

Es werden wahrscheinlich noch weitere Herausforderungen kommen, die zu bewältigen<br />

sein werden.<br />

Eine Zielgruppe, die mir besonders am Herzen liegt und wo ich meine, dass durchaus<br />

Schwierigkeiten in punkto Arbeitslosigkeit, in punkto Arbeitsplatzfindung bestehen, sind<br />

junge Frauen.<br />

Meine Frage: Was gedenken Sie, Frau Ministerin, zu tun, gerade junge Frauen dabei<br />

zu unterstützen, erstens einen Arbeitsplatz zu finden und zweitens diesen auch in<br />

Anbetracht der schwierigen Situation wirtschaftlicher Natur behalten zu können?<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Ich glaube, dass wir bisher noch zu wenig unser Augenmerk darauf gerichtet haben,<br />

was Mädchen in den drei bis fünf Lehrberufen, die sie leider immer noch wählen,<br />

verdienen im Vergleich zu anderen Lehrberufen, zum Bespiel im technischen oder im<br />

Metallbereich. Ihnen das einmal vor Augen zu führen ist wichtig, indem man ihnen<br />

sagt: Als Friseurlehrling kriegst du 390 €, als Mechanikerlehrling kriegst du jedoch<br />

560 €! – Ich weiß nicht, ob diese Zahlen jetzt stimmen, aber ich weiß, dass ein<br />

wesentlicher Unterschied zwischen diesen beiden Lehrlingsentschädigungen besteht.<br />

Es ist wichtig, bei den Mädchen das Interesse für diese Bereiche zu wecken. Und da<br />

bin ich sehr dankbar dafür, dass Ministerin Claudia Schmied begonnen hat, Projekte zu<br />

initiieren, in Rahmen welcher die Berufsorientierung in der Schule schon früher ansetzt<br />

und auch Partnerinnen und Partner von außen in die Schulen geholt werden. Es ist<br />

wichtig, dass nicht immer nur Lehrer und Lehrerinnen Berufsorientierung machen,<br />

sondern auch die Sozialpartner oder Vertreterinnen und Vertreter aus der Privatwirtschaft<br />

in die Schulen kommen und ihre Produkte und ihr Unternehmen präsentieren<br />

und darstellen.<br />

Am Girls’ Day erhoffe ich mir einen regen Zuspruch, wo wir diesbezüglich auch Werbung<br />

machen können.<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Markowitz.<br />

Abgeordneter Stefan Markowitz (BZÖ): Sehr geehrte Frau Ministerin! Es gibt ja<br />

schon einen „Schnuppertag“, wo Mädchen betreut durch Fachkräfte in traditionellen<br />

Männerberufen tätig sind. Uns geht das aber zu wenig weit, daher meine Frage:<br />

Welche Maßnahmen neben dem Girls’ Day und dem Boys’ Day werden Sie setzen, um<br />

Jugendlichen eine Berufswahl in Bereichen jenseits der traditionellen geschlechtsspezifischen<br />

Berufssparten näherzubringen?<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.


42 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Ich glaube, das Beste ist, sich das anhand von Best-Practice-Beispielen anzusehen.<br />

Ich weiß jetzt nur vom Bund, dass voriges Jahr an die 1 000 Mädchen in den einzelnen<br />

Ressorts waren und sich verschiedene Berufe angesehen haben. Wenn es heuer mehr<br />

als 1 000 sind, wäre ich froh darüber. Wir beginnen gerade, das zu bewerben.<br />

Und: Vor Ort sind ja die Ausbildner und Ausbildnerinnen da, die die Berufe darstellen<br />

und die darlegen und erzählen, wie die Arbeit dort aussieht. Aber auch ausgelernte<br />

Lehrlinge können das tun. Ich habe beispielsweise im Arsenal eine ausgebildete<br />

Sattlerin kennengelernt, die erzählt hat, wie sie zu diesem Beruf gekommen ist. Diese<br />

soll auch den Mädchen schmackhaft machen, wie auch nicht typische Mädchenberufe<br />

attraktiv sein können.<br />

Ich glaube, durch das Vorzeigen auf der einen Seite und durch schon in den Schulen<br />

durchgeführte Projekte auf der anderen Seite, aber auch durch ständige Kontakte mit<br />

der Wirtschaft und durch Einzelmaßnahmen, wo wir gemeinsam versuchen, Mädchen<br />

von neuen Berufen zu überzeugen, könnten wir da viel erreichen.<br />

Auch der Talente-Check im Internet ist eine gute Möglichkeit, zu erfahren: Was kann<br />

ich denn wirklich?, oder die Kompetenzanalyse, wo man sich die Frage stellt: Kann ich<br />

vielleicht etwas ganz anderes als das, von dem ich glaube, dass es mich interessiert?<br />

Diese Formen der Berufsfindung müssen wir forcieren.<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete<br />

Windbüchler-Souschill.<br />

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte<br />

Frau Ministerin! Knapp 47 500 junge Menschen unter 25 Jahren waren im Februar<br />

arbeitslos. Davon waren 16 350 junge Frauen. Sie haben uns gerade von Maßnahmen<br />

erzählt, die Sie in Bezug darauf gerne setzen würden.<br />

Meine konkrete Frage ist: Wie und vor allem wann werden Sie diese Maßnahmen<br />

evaluieren? Und was ist ein Erfolg für Sie?<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesminister, bitte.<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, an dieser Stelle zu sagen, dass die Jugendarbeitslosigkeit<br />

nicht vor allem die 16-, 17-, 18-Jährigen – schon auch – betrifft,<br />

sondern mehr die 20- bis 24-Jährigen. Das konnten wir in den letzten Tagen auch den<br />

Medien entnehmen, und auch der Sozial- und Arbeitsminister hat dahin gehende<br />

Äußerungen gemacht und hat dazu Stellung genommen. Und die Wirtschaftskammer<br />

macht gerade wieder Vorschläge, wie man dieser Entwicklung entgegentreten kann.<br />

Eine Möglichkeit dabei wäre zum Beispiel, jene Betriebe, die Jugendliche aufnehmen,<br />

zu entlasten. Auf der anderen Seite ist es, glaube ich, auch wichtig, dass wir die<br />

Jugendlichen motivieren, selbst initiativ zu werden. Solche Maßnahmen müssen wir<br />

setzen. Der Arbeitsminister ist gerade dabei, Maßnahmen für Lehrlinge zu erarbeiten,<br />

und ich als Frauenministerin muss dabei darauf schauen, dass da die Mädchen nicht<br />

zu kurz kommen.<br />

Ich glaube, es ist wichtig, jetzt das zusammenzuführen, was die Wirtschaftskammer<br />

und die Sozialpartner vorschlagen, und das, was der Arbeitsminister vorschlägt, um im<br />

Herbst das Ziel erreicht zu haben, dass etliche tausend Jugendliche weniger eine<br />

Arbeit suchen müssen. Bis dahin sollten wir das geschafft haben. Meine Aufgabe ist es<br />

jetzt, bei diesen Maßnahmen die Mädchen zu bedenken.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 43<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter<br />

Ing. Höbart.<br />

Abgeordneter Ing. Christian Höbart (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau<br />

Bundesminister! Da es die Regierung jahrlang verabsäumt hat, aktive Jugendpolitik zu<br />

entwickeln und umzusetzen, wird unsere heimische Jugend von der derzeitigen<br />

Wirtschaftskrise mit aller Wucht überrollt. Ich möchte Ihnen etwas zeigen (eine Zeitung<br />

in die Höhe haltend): 100 Tage Regierung. Wir haben eine sehr, sehr ernste Lage in<br />

unserem Land. Wir haben in Österreich 50 000 arbeitslose Jugendliche, wie Sie<br />

wissen; Tendenz steigend. Sehr oft enden diese furchtbaren Tatsachen in völliger<br />

Orientierungslosigkeit, im Drogenmissbrauch, in Gewaltausbrüchen, wie wir gestern<br />

aus Deutschland leidvoll erfahren mussten. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das<br />

Glockenzeichen.)<br />

Da sind gerade der Bund, aber auch die Länder und die Gemeinden mehr denn je<br />

gefragt, mit gutem Beispiel voranzugehen und Arbeitsplätze und Ausbildungsstätten für<br />

Jugendliche zu schaffen.<br />

In diesem Zusammenhang möchte ich eine ...<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist bereits<br />

abgelaufen, aber Sie haben noch keine Frage gestellt! Ich bitte um die Frage!<br />

Abgeordneter Ing. Christian Höbart (fortsetzend): Welches Konzept haben Sie<br />

beziehungsweise welche konkreten Schritte planen Sie, um ein Zusammenspiel von<br />

Bund, Ländern und Gemeinden, aber auch der privaten Wirtschaft zur Schaffung von<br />

Ausbildungs- und Arbeitsplätzen für unsere österreichische Jugend sicherzustellen?<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Mir liegt die Jugend sehr am Herzen. Ich habe gerade der Kollegin zu beantworten<br />

versucht, wie wir das zustande bringen wollen. Es gibt dazu Partnerschaften, und es<br />

gibt da Modelle, die schon in der Vergangenheit sehr erfolgreich waren. So hat zum<br />

Beispiel der Regierungsbeauftragte Egon Blum vieles eingeleitet, was zur Senkung der<br />

Jugendarbeitslosigkeit beigetragen hat.<br />

Sie sagen es richtig, diese Krise hat jetzt auch die jungen Menschen voll erfasst. Das<br />

ist keine Frage! Wir müssen daher schauen, dass wir gerade in den Lehrberufen die<br />

Jugendlichen verankern. Und da sind alle gefragt: Bund, Länder und Gemeinden. Wir<br />

müssen Ausbildungsverbünde und überbetriebliche Lehrwerkstätten in den einzelnen<br />

Bundesländern schaffen. Ich glaube, in Niederösterreich haben wir immer noch keine.<br />

Diese Dinge müssen wir forcieren, auch mit Geld, damit Jugendliche dort eine Heimat<br />

für die Lehrzeit finden. Ob sie dann im Berufsleben Fuß fassen können, ist eine zweite<br />

Frage, aber ich will nicht, dass Jugendliche auf der Straße stehen müssen – genauso<br />

wenig wie Sie!<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur Anfrage 9/M, das ist die<br />

der Frau Abgeordneten Mag. Aubauer. – Bitte.<br />

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte<br />

Frau Bundesminister! Schön, dass heute am Präsidium drei Frauen sitzen:<br />

Präsidentin Dr. Prammer wird unterstützt durch zwei Beamtinnen. Das ist höchst<br />

erfreulich; das möchte ich auch bemerken. (Beifall bei der SPÖ.) Danke.<br />

Höchst erfreulich ist auch, dass immer mehr Frauen im Bundesdienst beschäftigt sind.<br />

Der Anteil der Frauen beträgt dort bereits knapp mehr als 40 Prozent. Das sind oft<br />

hochqualifizierte Frauen, die sich in der Praxis sehr bewähren.


44 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer<br />

Das Problem dabei ist allerdings (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen):<br />

Diese Frauen können trotz ihrer Qualifikation die Karriereleiter nicht hinaufkommen.<br />

Warum nicht? – In den gut dotierten Chefsesseln sitzen meist Männer.<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete, die Frage bitte!<br />

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (fortsetzend): Faktum ist, nur 11 von 69 Sektionen<br />

sind mit Frauen besetzt.<br />

Daher meine Frage an Sie, Frau Bundesministerin:<br />

9/M<br />

„Da der Frauenanteil bei Spitzenfunktionen (Sektionschefinnen) im Bund – trotz leichter<br />

Steigerung des Frauenanteils der Voll- und Teilzeitbeschäftigten insgesamt – immer<br />

noch nicht zufriedenstellend ist, frage ich Sie, wie Sie dem entgegentreten wollen.“<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Ja, es ist wichtig, Frauenförderung im Bund weiter zu forcieren. Aber ich möchte schon<br />

positiv erwähnen, dass es gelungen ist, dass die Zahl der Frauen in Führungspositionen<br />

in den letzten zehn Jahren von 17 auf 28 Prozent gesteigert werden konnte,<br />

wenngleich ich zugebe, dass das noch nicht 40 Prozent sind.<br />

Jetzt gibt es eine Sektionschefin weniger. Es sind meines Wissens jetzt noch 12, es<br />

waren 13 von 69; das bedauere ich sehr, das habe ich auch öffentlich schon gesagt.<br />

Daher ist es wichtig, dass wir darauf schauen, dass, wenn Positionen nachbesetzt<br />

werden, auch Frauen dabei zum Zug kommen.<br />

Ich kann jetzt keine Männer früher in Pension schicken, damit wir mehr Sektionschefinnen<br />

haben, aber wichtig ist, dass ich auf den unteren Ebenen, nämlich auf den<br />

Ebenen der Gruppenleiterinnen und der Abteilungsleiterinnen, Frauen zu fördern<br />

versuche. Es gibt ja Frauenförderprogramme im Bund.<br />

Ich habe hier das Frauenförderprogramm der Verwaltungsakademie mit, wo es darum<br />

geht, dass Frauen Fuß fassen können, dass sie sich weiterbilden, um dann fit dafür zu<br />

sein, sich auch für diese Positionen zu bewerben. Das noch zu verbessern ist sicher<br />

mein Ziel. Das ist keine Frage.<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete<br />

Mag. Aubauer.<br />

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Frau Minister, Sie haben schon sehr<br />

positiv angekündigt, dass Sie Mentoringprogramme auch im öffentlichen Dienst<br />

forcieren werden, dass Frauen begleitet, beraten werden durch erfahrene Frauen. Sie<br />

wollen auch im schulischen Bereich wesentlich mehr Förderung in diese Richtung<br />

machen.<br />

Könnte man nicht schon in ganz frühen Jahren beginnen und schon Mädchen in<br />

Richtung mehr Selbstbewusstsein, mehr Selbstvertrauen coachen?<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Ich glaube, dass es sehr wichtig ist, dass wir uns in Erinnerung rufen, dass es oft so ist,<br />

dass sich Mädchen bis zur Pubertät durchaus in der, sagen wir es einmal so, von<br />

Buben dominierten Welt, wenn es die gibt – ich weiß nicht, ob es sie gibt –, behaupten<br />

können, dass es dann in der Pubertät oft zu einem Knick kommt. Ich glaube, dass wir<br />

die Mädchen gerade in der Zeit von 10, 12 bis 14, 16 Jahren besonders fördern und


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 45<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek<br />

empowern sollten, damit sie selbstbewusst sind und sich nicht, was ich bei jungen<br />

Mädchen oft beobachte, dem Schönheitswahn oder Sonstigem unterwerfen, sondern in<br />

dieser Zeit selbstbewusst durchs Leben gehen.<br />

Da geht es auch darum, dass man den Unterricht in dieser Zeit so gestaltet, dass<br />

Buben und Mädchen gleichermaßen gefördert werden; dass bei den Mädchen<br />

Interesse für die Technik geweckt wird und den Buben vielleicht deren Soft Skills<br />

besser bekannt gemacht werden, die sie gern vergessen, wenn sie in dieser Zeit so<br />

halbstark herumlaufen.<br />

In der Schule kann man also viel machen, und da baue ich auf die Lehrerinnen und<br />

Lehrer, die das bis jetzt auch schon sehr gut machen.<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete<br />

Schenk.<br />

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Frau Präsidentin! Frau Ministerin, sehen Sie<br />

Bedarf an einer Weiterentwicklung der Gleichbehandlungsgesetzgebung, und wie sieht<br />

diese aus?<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Wir haben erst Mitte des letzten Jahres eine weitere Novelle zum Gleichbehandlungsgesetz<br />

verabschiedet, nämlich betreffend Zugang zu und Versorgung mit Gütern und<br />

Dienstleistungen, aber natürlich ist es so, dass wir schauen müssen, dass wir unsere<br />

Gleichbehandlungsgesetze dann, wenn von der Europäischen Union – und da ist eine<br />

weitere Richtlinie in Ausarbeitung – rechtliche Vorgaben kommen, anpassen, sie<br />

immer weiterentwickeln, sowohl für die Privatwirtschaft als auch für den Bundesdienst.<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete<br />

Mag. Schwentner, bitte.<br />

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Frau Ministerin, nur eine kleine<br />

Anmerkung zur Kollegin Aubauer: Frau Kollegin Aubauer, Sie hätten auch die Chance<br />

gehabt, eine Frau zur Präsidentin zu wählen. Ich finde es auch schön, dass wir eine<br />

Präsidentin haben. Und Sie hätten auch gestern Ihre Männerquote nicht erhöhen<br />

müssen durch einen weiteren Austausch einer Frau – leider. (Zwischenrufe bei ÖVP,<br />

BZÖ und SPÖ.) – Ja, das ist etwas anderes.<br />

Zur derzeit vorgegebenen Quote im öffentlichen Dienst, die gibt es ja schon, sie wird<br />

aber offensichtlich mit allen Mitteln umgangen.<br />

Meine Frage ist daher: Sehen Sie irgendwelche Maßnahmen oder Mittel, um dieser<br />

entgegenzutreten beziehungsweise um Berufungsverfahren transparenter zu machen,<br />

um wirklich zu gewährleisten, dass Frauen in den höheren Ebenen im öffentlichen<br />

Dienst auch zum Zug kommen?<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Ich glaube, dass es wichtig ist, dass es meiner Vorvorgängerin Doris Bures gelungen<br />

ist beziehungsweise dass sie eingeführt hat, dass jetzt in allen Begutachtungskommissionen<br />

auch Frauen vertreten sind. Ich glaube, das allein gewährleistet schon,<br />

dass hier mehr Transparenz gegeben ist – das auf der einen Seite. Auf der anderen<br />

Seite haben wir jetzt zum Beispiel zum ersten Mal im Personalplan des Bundes Ziele<br />

zur Frauenförderung festgelegt. Das heißt, 2013 muss dann in der Wirkungsorientierung<br />

dargelegt sein, wie Frauen beim Bund gefördert wurden, und wenn sie nicht<br />

gefördert wurden, warum nicht.


46 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek<br />

Ich glaube, auch das ist ein Novum, dass wir schauen können, dass Frauen, wenn sie<br />

sich für Stellen bewerben, in den nächsten Jahren auch an die Stellen kommen,<br />

sodass mehr Frauen im Bundesdienst im Allgemeinen sind, aber vor allem mehr<br />

Frauen in Führungspositionen – mit diesen Zielen, die wir festgeschrieben haben.<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Dr. Winter,<br />

bitte.<br />

Abgeordnete Dr. Susanne Winter (FPÖ): Frau Präsident! Frau Minister! Zuerst<br />

möchte ich mich unbedingt für den steirischen Nationalratsabgeordneten Gerald Grosz<br />

entschuldigen, für seine unhöfliche und polemische Art, wie er mit dieser Fragestunde<br />

und mit Frauenfragen umgeht. So sind steirische Männer nicht! (Beifall bei FPÖ, SPÖ<br />

und ÖVP.)<br />

Frau Minister, Ihr Frauenbild ist geprägt – auch entsprechend Ihrer Positionierung in<br />

der Partei – von Quotenregelung, Sanktionierung und Gender-Maßnahmen. (Abg.<br />

Mag. Stadler: Sind wir froh, dass wir andere steirische Frauen haben, die haben<br />

keine ...!) Unser Parteibild, das Parteibild der FPÖ ist geprägt von Gleichstellung,<br />

Gleichberechtigung im Alltag, in der Gesellschaft, in der Familie. Gleicher Lohn für<br />

gleiche Arbeit und Leistung ist gefragt.<br />

Meine Frage: Wie wollen Sie der österreichischen Bevölkerung glaubwürdig erklären,<br />

dass Quoten ein brauchbares Instrumentarium darstellen, den Frauenanteil in Führungspositionen<br />

zu heben, wenn Sie es nicht einmal in Ihrer eigenen Partei im<br />

Nationalrat schaffen, gleich viele Frauen wie Männer als Abgeordnete zu stellen?<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Zu meinem Frauenbild zu Beginn: Ich habe wenig Redezeit, aber ich möchte schon<br />

erwähnen, dass ich keiner Frau in diesem Land vorschreiben möchte, wie sie zu leben<br />

hat.<br />

Sie haben diese drei Schwerpunkte erwähnt, das sind drei Schwerpunkte von vielen,<br />

die ich habe – alle anderen, die Sie angesprochen haben, Gleichberechtigung,<br />

Gleichstellung, gleiche Chancen im Arbeitsleben, sind mir genauso wichtig.<br />

Ich denke, es ist erwähnenswert, dass der Anteil der Frauen hier im Hohen Haus mit<br />

der Zahl der Rechtsparteien, die sich hier befinden, leider insgesamt gesunken ist.<br />

(Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.)<br />

Ja, ich bin nicht glücklich, dass wir keine 40 Prozent haben – wir haben 37 Prozent –,<br />

aber ich frage Sie: Wie viel haben Sie? Wie viel haben die anderen Parteien? (Abg.<br />

Mag. Stadler: Frau Doktor, wie viele Kinder haben Sie?) Ich glaube, dass wir alle<br />

danach trachten sollten – Quoten sind nie elegant, aber immer wirksam gewesen; ich<br />

sollte das in meiner Partei und ihr solltet das in eurer Partei versuchen –, das Potenzial<br />

der Frauen zu heben, indem wir den Anteil von Frauen hier erhöhen, weil wir darauf<br />

nicht verzichten sollten.<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Ablinger,<br />

bitte.<br />

Abgeordnete Sonja Ablinger (SPÖ): Frau Ministerin! Man kann insgesamt aber<br />

sagen, dass es im öffentlichen Dienst bessere Kennzahlen für Frauen gibt, was den<br />

Einkommensunterschied betrifft – der ist, glaube ich, 18 Prozent zu 33 Prozent –, und<br />

es gibt mehr Frauen in Führungspositionen. Das heißt, man kann die Erkenntnis<br />

ableiten: Wenn man Gleichstellung als gemeinsames Ziel begreift, dann kann man<br />

auch etwas verändern und kann die Benachteiligung von Frauen reduzieren.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 47<br />

Abgeordnete Sonja Ablinger<br />

Was kann man aus diesem Maßnahmenkatalog des Bundes, der seine Erfolge zeitigt,<br />

für innerbetriebliche Gleichstellung in der Privatwirtschaft ableiten?<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.<br />

Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek:<br />

Sehr viel, denke ich mir. Diese Frauenförderpläne, die im Bund existieren, könnte man<br />

natürlich 1 : 1 in die Privatwirtschaft übertragen. Ich glaube, dass man auch mit<br />

Betriebsräten und Betriebsrätinnen Betriebsvereinbarungen schließen könnte, dass<br />

Frauenfördermaßnahmen getätigt werden. Ich glaube – das ist heute schon erwähnt<br />

worden, ich habe es dann aber nicht zu Ende geführt –, dass man schon auch darauf<br />

schauen könnte, dass, wenn Frauenförderung stattfindet, wenn flexible Arbeitszeitmodelle<br />

angeboten werden, wenn es einen Betriebskindergarten gibt, wenn Telearbeit<br />

ermöglicht wird – alles Möglichkeiten, die es Frauen vielleicht erleichtern, auch<br />

Männern, wenn sie kleine Kinder betreuen wollen, Kind und Beruf zu vereinbaren –,<br />

wenn hier also Punkte gesammelt würden, an diese Frauenfördermaßnahmen gekoppelt<br />

auch Wirtschaftsförderung möglich sein sollte. Wir arbeiten gerade daran, in<br />

welchen Bereichen, vor allem in staatsnahen Betrieben, wir das als Best-Practice<br />

einmal beginnen könnten.<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich bedanke mich sehr herzlich bei der Frau<br />

Bundesministerin, ich bedanke mich bei den Fragestellerinnen und Fragestellern. Alle<br />

Fragen wurden gestellt, die Fragestunde ich somit beendet.<br />

Bevor wir fortsetzen, darf ich die Damen und Herren Abgeordneten in eigener Sache<br />

davon in Kenntnis setzen, dass von den neun leitenden Beamten und Beamtinnen des<br />

Parlaments vier Frauen sind. Ich glaube, darauf kann das gesamte Haus stolz sein.<br />

(Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)<br />

Einlauf und Zuweisungen<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände<br />

und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung<br />

auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung.<br />

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:<br />

A. Eingelangte Verhandlungsgegenstände:<br />

1. Schriftliche Anfragen: Zurückziehungen: 1204/J bis 1219/J;<br />

2. Anfragebeantwortungen: 624/AB bis 644/AB.<br />

B. Zuweisungen in dieser Sitzung:<br />

a) zur Vorberatung:<br />

Familienausschuss:<br />

Antrag 525/A(E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und<br />

Kollegen betreffend Rechtsanspruch auf kostenlosen Ganztagskinderbetreuungsplatz<br />

ab dem vollendeten ersten Lebensjahr;<br />

Gesundheitsausschuss:<br />

12. Ärztegesetz-Novelle (149 d.B.),<br />

Bundesgesetz, mit dem das Blutsicherheitsgesetz 1999 geändert wird (153 d.B.),<br />

Bundesgesetz, mit dem das Bäderhygienegesetz geändert wird (154 d.B.),


48 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer<br />

Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz, das Gewebesicherheitsgesetz, das<br />

Arzneiwareneinfuhrgesetz 2002 und das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz<br />

geändert werden (155 d.B.),<br />

Antrag 518/A(E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen<br />

betreffend Etablierung kostenfreier Therapien für Kinder und Jugendliche,<br />

Antrag 519/A(E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen<br />

betreffend Kindermedizin: Erwerb von bisher unberücksichtigten Zusatzqualifikationen,<br />

Antrag 520/A(E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen<br />

betreffend Etablierung von Kompetenzzentren mit assoziierten Versorgungsnetzwerken<br />

für seltene und chronische Erkrankungen in der Pädiatrie;<br />

Gleichbehandlungsausschuss:<br />

Antrag 522/A(E) der Abgeordneten Mag. Judith Schwentner, Kolleginnen und Kollegen<br />

betreffend Ausdehnung des Diskriminierungsschutzes auf Medien und Werbung;<br />

Kulturausschuss:<br />

Antrag 524/A(E) der Abgeordneten Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und<br />

Kollegen betreffend die Schenkung der „Federkrone Montezumas“ an Mexiko;<br />

Ausschuss für Sportangelegenheiten:<br />

Antrag 528/A(E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Peter Haubner, Kolleginnen<br />

und Kollegen betreffend Umsetzung der im „Weißbuch Sport“ (EK) formulierten Ziele,<br />

Antrag 529/A der Abgeordneten Hermann Krist, Peter Haubner, Dieter Brosz,<br />

Mag. Dr. Martin Graf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem<br />

das Bundes-Sportförderungsgesetz 2005 – BSFG, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz<br />

BGBl. I Nr. 29/2007, geändert wird;<br />

Unterrichtsausschuss:<br />

Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert wird (105 d.B.),<br />

Antrag 526/A(E) der Abgeordneten Ursula Haubner, Kollegin und Kollegen betreffend<br />

Schulreform- und Konjunkturpaket gegen die bildungspolitische Verarmung Österreichs;<br />

Verfassungsausschuss:<br />

Antrag 516/A der Abgeordneten Mag. Heribert Donnerbauer, Dr. Johannes Jarolim,<br />

Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das<br />

Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird;<br />

Verkehrsausschuss:<br />

Antrag 517/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen<br />

betreffend bürgerfreundlichere Neuregelung der Kosten bei Führerschein-Befristungen,<br />

Antrag 523/A(E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen<br />

betreffend Sicherstellen der dauerhaften Speicherung und Verfügbarkeit gesundheitlich<br />

relevanter Mobilfunk-Daten und entsprechender Daten anderer Funksysteme,<br />

Antrag 527/A(E) der Abgeordneten Anton Heinzl, Dr. Ferdinand Maier, Kolleginnen und<br />

Kollegen betreffend Einsatz gegen die Zulassung von „Gigalinern“ auf europäischer<br />

Ebene;<br />

Ausschuss für Wirtschaft und Industrie:<br />

Bundesgesetz, mit dem das Gaswirtschaftsgesetz geändert wird (156 d.B.);


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 49<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer<br />

Wissenschaftsausschuss:<br />

Antrag 521/A(E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen<br />

betreffend finanzielle Schlechterstellung für StudienbeihilfebezieherInnen durch die<br />

geplante Novellierung des Einkommensteuergesetzes (EStG);<br />

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen<br />

Entscheidung des Ausschusses):<br />

Außenpolitischer Ausschuss:<br />

Bericht des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten<br />

betreffend Fortschreibung des Dreijahresprogramms der Österreichischen Entwicklungspolitik<br />

2008 bis 2010 (III-48 d.B.).<br />

*****<br />

Antrag gemäß § 49 Abs. 5 GOG<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Im Einvernehmen mit den Fraktionen schlage<br />

ich vor, die Tagesordnung um den Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über<br />

den Antrag 487/A der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer, Fritz Neugebauer,<br />

Dr. Martin Graf, Herbert Scheibner, Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und<br />

Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz<br />

geändert, und ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die<br />

Geschäftsordnung des Nationalrates geändert wird (94 der Beilagen), mit Zweidrittelmehrheit<br />

gemäß § 49 Abs. 5 der Geschäftsordnung zu ergänzen und diesen als<br />

28. Tagesordnungspunkt in Verhandlung zu nehmen.<br />

Ich bitte jene Damen und Herren, die der vorgeschlagenen Ergänzung der Tagesordnung<br />

ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig<br />

angenommen.<br />

Behandlung der Tagesordnung<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die<br />

Punkte 1 bis 5, 10 und 11, 12 und 13, 17 und 18, 19 bis 21 sowie 22 und 23 der<br />

Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.<br />

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.<br />

Wir gehen damit in die Tagesordnung ein.<br />

Redezeitbeschränkung<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: In der Präsidialkonferenz wurde folgender<br />

Konsens erzielt: Es wurde eine Tagesblockzeit von 8 „Wiener Stunden“ vereinbart,<br />

sodass sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ und ÖVP je 108 Minuten, Freiheitliche<br />

96 Minuten sowie BZÖ und Grüne je 84 Minuten.<br />

Folgende Redezeitvereinbarung wurde für die Zeit während der Fernsehübertragung<br />

von zirka jetzt bis 13.00 Uhr getroffen: eine Redner-/Rednerinnenrunde pro Fraktion<br />

mit je 10 Minuten, Bundesministerin für Inneres 15 Minuten, eine Redner-/Rednerinnenrunde<br />

pro Fraktion mit je 5 Minuten, eine Redner-/Rednerinnenrunde pro Fraktion<br />

mit je 4 Minuten und eine weitere Redner-/Rednerinnenrunde pro Fraktion mit je<br />

4 Minuten.


50 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer<br />

Der den Vorsitz führende Präsident verteilt vor Beginn der letzten Runde – nach<br />

Rücksprache mit den Klubvorsitzenden – die verbleibende Redezeit – von der unter<br />

Umständen tatsächlich mehr vorhanden sein wird – auf die fünf Fraktionen in der<br />

Weise, dass noch alle Fraktionen in der Fernsehzeit gleichmäßig zu Wort kommen.<br />

So, wie auch gestern bereits vereinbart und im Voraus zwischen den Fraktionen<br />

akkordiert, wird jede Redner-/Rednerinnenrunde mit einer Kontra/Pro-Reihung begonnen.<br />

Tatsächliche Berichtigungen werden erst nach Ende der Fernsehübertragung aufgerufen.<br />

Wir kommen sogleich zur Abstimmung.<br />

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Vorschlag zustimmen, um ein diesbezügliches<br />

Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.<br />

1. Punkt<br />

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage<br />

(88 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz<br />

2005 und das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert<br />

werden (116 d.B.)<br />

2. Punkt<br />

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 32/A der<br />

Abgeordneten Mag. Alev Korun, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz,<br />

mit dem das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Asylgesetz<br />

2005 und das Fremdenpolizeigesetz 2005 geändert werden (Bleiberechtsgesetz<br />

– 2008) (117 d.B.)<br />

3. Punkt<br />

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 249/A(E)<br />

der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend<br />

die sofortige Arretierung und umgehende Ausweisung von straffälligen Asylwerbern<br />

(118 d.B.)<br />

4. Punkt<br />

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 251/A(E)<br />

der Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend<br />

notwendige Verschärfungen des Asylwesens (119 d.B.)<br />

5. Punkt<br />

Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über den Antrag 254/A der<br />

Abgeordneten Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein<br />

Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl<br />

(Asylgesetz 2005 – AsylG 2005), BGBl. I Nr. 4/2008, geändert wird (120 d.B.)<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zu den Punkten 1 bis 5 der<br />

Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 51<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer<br />

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.<br />

Wir gehen in die Debatte ein.<br />

Als Erster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Strache mit einer 10-minütigen Redezeit.<br />

– Bitte.<br />

10.31<br />

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr<br />

geehrte Frau Innenminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir heute<br />

zum sogenannten humanitären Bleiberecht eine Debatte abhalten, dann ist es<br />

notwendig, zu Beginn klarzustellen, dass es, wenn man Asyl und Schutz gewährt, zum<br />

einen bedeutet, dass Asyl Schutz vor Verfolgung für verfolgte Menschen darstellt, die<br />

selbstverständlich auch dieses Recht genießen, dass Asyl aber auch Schutz auf Zeit<br />

bedeutet, solange es eben diesen Verfolgungsgrund gibt.<br />

Zweitens: Asyl darf nicht mit Zuwanderung vermischt werden, wie das leider Gottes<br />

gerade in diesem Bereich der Fall ist.<br />

Genau diese beiden Grundsätze werden aber heute bei diesem Themenbereich und<br />

beim humanitären Bleiberecht vermischt. Wir müssen in dieser Situation festhalten,<br />

dass gerade in diesem Bereich der Eindruck entsteht, dass man mit dem humanitären<br />

Bleiberecht eine Art Zuwanderungsgesetz ermöglicht. Diese Bleiberechtsregelung, die<br />

Sie heute beschließen wollen, stellt in unseren Augen auch eine skandalöse Beihilfe<br />

zum Asylmissbrauch in diesem Land dar. Diese Regelung stellt geradezu eine<br />

Aufforderung dar, sie zu missbrauchen. (Beifall bei der FPÖ.)<br />

Sie ist eine Einladung an Wirtschaftsflüchtlinge, hierher zu kommen, sich unter falschen<br />

Angaben jahrelang mit Neuerungsanträgen durchzuschwindeln und am Ende<br />

dann quasi als Dank für diesen Betrug noch das Bleiberecht zu erhalten. Frau Innenministerin,<br />

damit machen Sie Österreich endgültig zum Zentrum eines internationalen<br />

Asylbetrugs, denn Sie haben ja dieses Gesetz vorbereitet. Es geht ganz nach dem<br />

Motto: Wer lang genug betrügt, wird am Ende belohnt! – Das ist das Ergebnis dieses<br />

humanitären Bleiberechts.<br />

Da sollten Sie hier nicht mit lustigen Worten auffallen (Abg. Öllinger: Aber Sie auch<br />

nicht!), sondern das sehr, sehr ernst nehmen, denn das ist genau eine Entwicklung, die<br />

die österreichische Bevölkerung nicht haben will. (Beifall bei der FPÖ.)<br />

Wenn Asylwerber ihr Verfahren lange genug verschleppen können, dann werden sie<br />

am Ende belohnt. Das kann es doch, bitte, nicht sein. Das ist ja völlig absurd: Der<br />

Antrag eines Asylwerbers, der alle Angaben ehrlich macht und bei dem man am Ende<br />

feststellt, dass es keinen Asylgrund gibt, wird abgelehnt; ein Asylwerber hingegen, der<br />

unehrlich ist, sich jahrelang sozusagen durchschummelt, bei dem man am Ende nach<br />

fünf Jahren feststellt, dass er uns fünf Jahre lang angeschwindelt hat, wird schließlich<br />

mit einem humanitären Bleiberecht belohnt. Das kann es nicht sein! Das ist eine<br />

absurde Entwicklung! Da könnten Sie genauso an österreichischen Botschaften, an<br />

Flughäfen oder an der Landesgrenze Plakate aufhängen mit der Aufschrift: Kommt<br />

nach Österreich, schwindeln zahlt sich aus! – Nein, das darf sich nicht auszahlen!<br />

Wissen Sie, was in Zukunft die Konsequenzen aus dieser Maßnahme sein werden? –<br />

Durch dieses humanitäre Bleiberecht werden in Zukunft Tausende Zogajs den Österreichern<br />

auf der Nase herumtanzen, eine Art Arigona-Vervielfältigungsapparat. Denn:<br />

Bei der Familie Zogaj wurde nachweislich rechtskräftig Asylmissbrauch festgestellt. Im<br />

Jahr 2002 kam die Familie illegal nach Österreich, machte falsche Angaben. 2005 gab<br />

es den rechtskräftigen Bescheid des Gerichtes, dass es sich in diesem Fall um<br />

Asylmissbrauch handelt – und Sie haben nicht abgeschoben!


52 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Heinz-Christian Strache<br />

Diese Familie gehört im Sinne der Familienzusammenführung endlich in den Kosovo<br />

gebracht. (Beifall bei der FPÖ.) Dort kann man sicher leben. Aber diese Familie soll<br />

nicht uns, den Österreichern in solchen Fragen auf der Nase herumtanzen.<br />

Anstatt da endlich konsequent zu sein, schaut man jahrelang zu, lässt es einfach<br />

geschehen und zieht die falschen Schlüsse daraus.<br />

Frau Innenministerin, aus dem Fall Zogaj kann man lernen. Man kann lernen, dass<br />

Asylverfahren nicht endlos verschleppt werden dürfen. Man kann daraus lernen, dass<br />

konsequent abgeschoben werden muss, wenn der Asylbescheid negativ ausfällt. Und<br />

wenn das Innenministerium konsequent gewesen wäre, hätte die mediale Gutmensch-<br />

Inszenierung, die den Österreichern bereits seit zwei Jahren auf die Nerven geht, in<br />

dieser Frage nicht stattfinden können. (Abg. Öllinger: Sie gehen uns auf die Nerven!)<br />

Es hätte längst eine Familienzusammenführung stattgefunden, wenn man den Rechtsstaat<br />

umgesetzt hätte. Wir leben in einem Rechtsstaat und nicht in einem „Linksstaat“ –<br />

dies an die Grünen gerichtet. (Beifall bei der FPÖ.)<br />

Da können Sie heute hier noch so heftig herumkreischen und schreien. Wenn es nach<br />

Frau Glawischnig ginge, würde jeder dahergelaufene Asylbetrüger sofort die Staatsbürgerschaft<br />

erhalten. Das wissen wir. Aber glauben Sie mir, das wollen die Österreicher<br />

nicht, und das ist auch der Hintergrund dafür, dass Sie bei den letzten<br />

Nationalratswahlen Wählerstimmen verloren haben. Wenn es nach Ihnen ginge, würde<br />

wahrscheinlich ganz Österreich zum Asylanten-Aufnahmelager Traiskirchen umgebaut.<br />

Das ist sicherlich nicht im Interesse der Österreicher, sondern im Interesse der<br />

Österreicher ist, dass man mit Scheinasylanten anders umgeht, als das bisher der Fall<br />

ist, und dass man illegale Einwanderer abschiebt, wenn man diese aufgefunden und<br />

das erkannt hat.<br />

Viele Tausende Asylmissbraucher in unserem Land, aber auch illegale Einwanderer<br />

haben klare, eindeutige Rechtsbrüche begangen, und da hat der Rechtsstaat umgesetzt<br />

zu werden. Anstatt das leider Gottes ohnehin in vielen Bereichen lasche<br />

Asylgesetz weiter zu verschärfen, weichen Sie es weiter auf, wo Verschärfungen<br />

notwendig wären. Berichte über kriminelle Asylwerber sind ja Monat für Monat in der<br />

Kriminalstatistik nachzulesen. Der jährliche Sicherheitsbericht bestätigt das ja auch.<br />

Jener für das Jahr 2005 besagt, dass von rund 70 000 ermittelten fremden Tatverdächtigen<br />

in Österreich mehr als 12 000 Asylwerber waren. Im Jahr 2006 wurde in<br />

Österreich gegen 13 295 Asylwerber als Tatverdächtige ermittelt.<br />

Nicht umsonst und nicht zufällig schrieb die „Wiener Zeitung“ am 5. Februar dieses<br />

Jahres – ich zitiere –: „Immer mehr Kriminelle schützen sich mit Asyl“. Und in diesem<br />

Artikel sagt Willfried Kovarnik, der Chef der Verwaltungsrechtlichen Abteilung, Folgendes<br />

– ich zitiere –:<br />

„Einerseits steige die Zahl jener, die illegal einreisen, hier Verbrechen begehen und<br />

erst nach einer Verhaftung Asylantrag stellen. Andererseits würde immer mehr<br />

verurteilte Kriminelle, die einen negativen Asylbescheid bekommen und abgeschoben<br />

werden sollen, oft schon am Flughafen unter den abenteuerlichsten Begründungen‘“ –<br />

oftmals unterstützt, das füge ich hinzu, durch NGOs – „,einen neuen Asylantrag stellen,<br />

der neuerlich behandelt werden muss und uns die Hände bindet‘.“ – Zitatende.<br />

Das ist genau die Situation. Da gehören die Gesetze geändert. Es kann doch nicht<br />

sein, dass jemand zu uns einreist, vielleicht ein halbes Jahr oder ein Jahr sogar hier<br />

lebt, kriminell wird, verurteilt wird und, nachdem er verurteilt wird, einen Asylantrag<br />

stellt – und wir Österreicher lassen uns papierln. Solch ein Asylantrag ist nicht einmal<br />

anzunehmen.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 53<br />

Abgeordneter Heinz-Christian Strache<br />

Genauso kann es doch auch nicht sein, dass wir gesetzlich Neuerungsanträge<br />

weiterhin aufrechterhalten. Wenn jemand einen Asylantrag stellt und dieser rechtskräftig<br />

abgelehnt wurde, ist es heute Praxis, dass ein neuerlicher Antrag eingebracht<br />

wird. Wenn dieser abgelehnt wird, wird ein dritter – neuerlicher – Antrag eingebracht.<br />

Und wenn dieser abgelehnt wird, wird ein vierter – neuerlicher – Antrag eingebracht.<br />

So papierlt man doch, bitte, den Rechtsstaat Österreich – und Sie sind verantwortlich<br />

dafür, weil Sie dieses Neuerungsgebot noch immer nicht aufgehoben haben. Genau<br />

dort ist anzusetzen! (Beifall bei der FPÖ.)<br />

Und weiters sagt Herr Willfried Kovarnik:<br />

„Immer mehr dieser Leute nutzen die gesetzliche Möglichkeit, quasi unbeschränkt<br />

immer neue Asylanträge zu stellen und sich so jahrelang der Abschiebung zu entziehen.“<br />

Und das wollen Sie als Bundesregierung am Ende belohnen? Das wollen Sie am Ende<br />

belohnen?! (Abg. Öllinger: Wir können Ihnen noch was ... bringen!) – Nein! Da sagen<br />

wir klar und deutlich nein: Statt einer Bleiberechtsbelohnung muss das Asylrecht zum<br />

einen verschärft werden und endlich auch bei Missbrauchern die konsequente Abschiebung<br />

erfolgen. (Beifall bei der FPÖ.)<br />

Wir wollen eine Verfahrensverkürzung. Das Verfahren darf nicht länger als maximal<br />

drei Monate dauern. Es muss auch ein striktes Neuerungsverbot geben, und unter das<br />

Schindluder in diesem Bereich muss endlich auch ein Schlussstrich gezogen werden.<br />

(Abg. Öllinger: Scherzkeks!)<br />

Wir verlangen die Aufnahme von Fingerprints in die Aufenthaltsberechtigungskarte und<br />

harte Maßnahmen gegen straffällige Asylwerber. Außerdem: die Verfahrenseinstellung<br />

beim Versuch des Erschleichens der Asyleigenschaft durch den Asylwerber, die<br />

Verfahrenseinstellung bei Täuschungen der Behörden über die Identität des Antragstellers,<br />

die Verfahrenseinstellung bei selbstverschuldeter Nichtvorlage von Reise-<br />

oder Ausweisdokumenten und eben die sofortige Ausweisung bei allen Verfahrenseinstellungen.<br />

(Zwischenruf der Abg. Mag. Korun.)<br />

Mit diesem Bleiberecht machen Sie genau das Gegenteil. Sie legalisieren den Asylbetrug,<br />

Sie leisten quasi noch staatliche Hilfe in Richtung Asylbetrug. Das ist im<br />

Grunde genommen skandalös! Ich sage ganz offen, die österreichische Bevölkerung<br />

ist schon in den letzten Jahren durch Ihre Politik in diesem Bereich massiv belastet<br />

worden. Sie hat sich so etwas nicht verdient. (Beifall bei der FPÖ.)<br />

Sie ist auch zu Recht grantig darüber, dass Sie nicht dazu bereit sind, die Sorgen und<br />

Nöte der Österreicher zu erkennen und endlich zwischen wirklich verfolgten Menschen<br />

zu unterscheiden, denen wir Schutz, selbstverständlich auf Zeit, angedeihen lassen,<br />

und jenen Asylmissbrauchern und -betrügern, die abzuschieben sind. Dafür haben Sie<br />

Sorge zu tragen, obwohl Sie seit Jahren diesbezüglich säumig sind. (Anhaltender<br />

Beifall bei der FPÖ.)<br />

10.42<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter<br />

Kößl. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.<br />

10.42<br />

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Geschätzte<br />

Damen und Herren hier im Hohen Haus! Aber vor allem den Menschen vor<br />

den Fernsehapparaten zuhause ein herzliches Grüß Gott! Ich glaube, dass das heute<br />

eine sehr interessante Diskussion, gerade im Asyl- und Fremdenrecht, sein wird.


54 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Günter Kößl<br />

Zu meinem Vorredner möchte ich Folgendes sagen: Ich denke, das Asylgesetz und die<br />

Veränderungen, die wir heute beschließen, haben weder mit einem Rechts-, noch mit<br />

einem Linkspopulismus etwas zu tun. Ich glaube, dass es wichtig ist, dass man beim<br />

Asyl- und Fremdenrecht einen goldenen Mittelweg findet. (Ironische Heiterkeit bei der<br />

FPÖ.) All jene, die Asyl brauchen, sollen Asyl bekommen, und alle anderen müssen wir<br />

hintanhalten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)<br />

Wir müssen danach trachten, das Geld, das wir im Asyl- und Fremdenbereich zur<br />

Verfügung haben, so einzusetzen, dass wir die Integration fördern und jede Zuwanderung<br />

sehr restriktiv sehen. (Abg. Strache: Rechtsstaat gibt es keinen?!)<br />

Geschätzte Damen und Herren, es wäre unverantwortlich, politisch unverantwortlich,<br />

wenn wir sagen, Tür und Tor auf, es kann alles hereinkommen, alle, die schon da<br />

sind … (Abg. Strache: Das macht ihr ja! Das ist genau eure Politik!) – Nein, das ist ja<br />

eine totale Falschdarstellung. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Herr Kollege Strache,<br />

entweder Sie kennen das Gesetz nicht, oder Sie sagen hier wissentlich etwas<br />

Unwahres. Das muss man in aller Deutlichkeit feststellen, und ich werde auch darauf<br />

eingehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)<br />

Aber eines muss schon gesagt werden: Wer gestern aufgepasst hat, der weiß ganz<br />

genau, in welche Richtung wir im wirtschaftlichen Bereich gehen. Wir werden unter<br />

Umständen zum Jahresende 500 000 Arbeitslose haben, und es wäre unverantwortlich,<br />

Menschen zu sagen, sie sollen hereinkommen. Wir würden sie nur in die<br />

Armutsfalle locken. (Abg. Strache: Da brauchen wir 100 000 neue Gastarbeiter? –<br />

Abg. Grosz: 500 000 Arbeitslose?!) Es ist sicherlich nicht angebracht, dass wir diese<br />

Menschen nach Österreich locken, ihnen sagen, sie kriegen Arbeit und auch eine<br />

Unterkunft. Das wird mit diesem Gesetz auch nicht geschehen. (Zwischenrufe bei FPÖ<br />

und BZÖ.)<br />

Herr Kollege Strache, hören Sie zu! Sie waren ja gerade am Rednerpult! (Abg.<br />

Mag. Stefan: Arbeitsplatz brauchst du nicht, wir sorgen für dich!)<br />

Warum ist es zu dieser Gesetzesänderung gekommen? – Weil der Verfassungsgerichtshof<br />

einen Passus aufgehoben hat, und zwar Art. 8 Menschenrechtskonvention.<br />

Es gibt zwar kein Recht auf Entfaltung des Privat- und Familienlebens in einem<br />

bestimmten Aufenthaltsstaat, aber es könnte unter Umständen auf Gewährung des<br />

Aufenthaltes von Fremden hinauslaufen, und das bloße amtswegige Verfahren ohne<br />

Antragsrecht des Betroffenen war dem Verfassungsgerichtshof nicht ausreichend<br />

genug.<br />

Mit dieser neuen Gesetzesvorlage wird dem auf jeden Fall Rechnung getragen. Ich<br />

möchte mich bei Ihnen, Frau Bundesminister, für diese wirklich sehr ausgereifte<br />

Gesetzeslage, die wir heute beschließen werden, bedanken. (Beifall bei der ÖVP und<br />

bei Abgeordneten der SPÖ.)<br />

Ich bin an und für sich sehr dankbar dafür, dass wir ein Hearing abgehalten haben, wo<br />

sämtliche Experten erklärt haben, dass dieser Gesetzentwurf verfassungsrechtlich<br />

unbedenklich ist. Einzig und allein Professor Funk hat erklärt, es könnte unter<br />

Umständen bei der Vollziehung ein Problem geben. Auf mein Nachfragen (Zwischenruf<br />

der Abg. Mag. Korun) – Frau Korun, Sie kommen auch noch dran –, wo er dieses<br />

Problem sieht, hat er keine Antwort gegeben. Das war also eine sehr subjektive<br />

Aussage des Herrn Professor Funk. Darum glaube ich, dass wir mit dieser Gesetzesvorlage<br />

sehr gut liegen.<br />

Es ist genau berücksichtigt worden, was der Verfassungsgerichtshof bekrittelt beziehungsweise<br />

was er in Frage gestellt hat. Diese Kriterien sind jetzt sehr definitiv im<br />

Niederlassungsgesetz angeführt und bringen, weil das auch zusammengeführt worden


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 55<br />

Abgeordneter Günter Kößl<br />

ist, auf jeden Fall Folgendes: Egal, wo der Antrag eingebracht wird – im Asylbereich,<br />

im Fremdenbereich, im Niederlassungsbereich –, der Artikel 8 muss auf jeden Fall mit<br />

überlegt werden.<br />

Das ist an und für sich genau das, was Kollege Strache angesprochen hat. Da bin ich<br />

bei ihm. Wir müssen schauen, dass die Verfahren sehr rasch und effizient abgeschlossen<br />

und behandelt werden. Gerade dieser Passus wird diesen Beitrag auch leisten.<br />

(Abg. Dr. Graf: Warum machen Sie es dann nicht?) Es wird schnellere Verfahren<br />

geben, und es wird eine raschere Entscheidung geben.<br />

Es ist auch die Fristsetzung bekrittelt worden. Ich glaube eines: Überall dort, wo es<br />

eine Fristsetzung gibt, ist es auch möglich, dass Fristversäumnisse eintreten. Das ist<br />

an und für sich eine Sache, wo wir eigentlich überhaupt keinen Grund sehen, dass<br />

dieses Gesetz nicht ausgereift wäre.<br />

Etwas, das gerade auch vom Kollegen Strache nicht richtig dargestellt worden ist, sind<br />

die Altfälle. Sogenannte Altfälle, die vor dem 1. Mai 2004 einen Antrag gestellt haben,<br />

und Leute, die von Mai 2004 bis jetzt in Österreich gewesen sind, haben das Recht –<br />

und zwar, wenn sie hier überwiegend einen rechtmäßigen Aufenthalt hatten –, haben<br />

die Möglichkeit, einen Antrag zu stellen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stefan.) Das<br />

heißt noch lange nicht, dass dieser Antrag positiv erledigt wird. (Abg. Mag. Stefan: Er<br />

war also teilweise illegal hier?!)<br />

Die Möglichkeit des Antrags ist gegeben, aber mehr nicht. Das muss man einmal<br />

auseinanderhalten. Es ist ganz wichtig, dass man das auseinanderhält. (Beifall bei der<br />

ÖVP. – Abg. Mag. Stefan: Er wird für illegalen Aufenthalt belohnt! Stimmt das nicht?) –<br />

Nein, schauen Sie, das muss man genau auseinanderhalten, dass es ein Antragsrecht<br />

ist, aber in keiner Weise abgeleitet werden kann, dass diesem Recht auch<br />

tatsächlich Rechnung getragen wird.<br />

Das Nächste ... (Zwischenrufe bei der FPÖ.)<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Entschuldigung, Herr Abgeordneter, dass ich<br />

Sie unterbreche, aber so geht das nicht. Permanente Zwischenrufe sind unerträglich<br />

(Abg. Vilimsky: Es ist vieles unerträglich hier!), und es versteht niemand etwas im<br />

Saal. Ich ersuche Sie wirklich um entsprechende Disziplin allen Rednerinnen und<br />

Rednern gegenüber. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)<br />

Abgeordneter Günter Kößl (fortsetzend): Das Nächste, was hier ebenfalls in den<br />

letzten Wochen diskutiert worden ist, ist diese Patenschaft. Ich glaube an und für sich,<br />

dass es vernünftig ist, diese Möglichkeit zu schaffen. Jeder, der unbedingt glaubt, eine<br />

Patenschaft übernehmen zu müssen, soll dies tun. (Zwischenruf der Abg.<br />

Mag. Korun.)<br />

Jedem, der das macht, muss aber auch klar sein, dass das eine Verantwortung im<br />

finanziellen, aber auch im rechtlichen Bereich ist. (Abg. Dr. Graf: Das ist so wie ein<br />

„bisschen Zölibat“, oder?!) Und es wird sicherlich nicht so sein können, dass jemand<br />

eine Patenschaft übernimmt, und die öffentliche Hand soll dann für diese Patenschaft<br />

aufkommen. Das wird es sicherlich nicht geben. Das ist ja auch sehr deutlich von der<br />

Frau Bundesminister dargestellt worden.<br />

Etwas, das ebenfalls vielleicht ein bisschen kritisch betrachtet worden ist, ist der Beirat,<br />

der im Bundesministerium eingerichtet wird. Dieser soll eine beratende Funktion<br />

haben – mehr sicherlich nicht. Die Verantwortung, die Letztverantwortung wird bei der<br />

Frau Bundesminister bleiben. Und ich bin mir sicher, dass sie mit dieser Verantwortung<br />

(Abg. Öllinger: Sehr sparsam umgehen wird!) sehr sorgfältig umgehen wird.


56 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Günter Kößl<br />

Ebenfalls klar ist: Es wird bei der Kompetenzzuteilung Länder/Bund keine Veränderung<br />

geben. Im Endeffekt ist das, so glaube ich, eine sehr, sehr gute Gesetzesvorlage, auf<br />

deren Basis wir eine vernünftige und gute Asyl- und Fremdenpolitik machen können.<br />

Wer Asyl braucht und einen Asylgrund vorlegen kann, wird Asyl bekommen. Bei allen<br />

anderen wird man sicherlich sehr genau überprüfen müssen, ob sie hier einen<br />

humanitären Aufenthalt bekommen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)<br />

10.51<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter<br />

Ing. Westenthaler. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.<br />

10.52<br />

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten<br />

Damen und Herren! Oft kommt ja die Wahrheit ungeplant an die Oberfläche. Dass<br />

heute ein Redner, der Vertreter einer Regierungsfraktion ist – nämlich Herr Kößl – hier<br />

herkommt und erstmals öffentlich zugibt, dass die Regierung mit 500 000 Arbeitslosen<br />

bis zum Jahresende rechnet, ist ein Offenbarungseid, der wirklich unglaublich ist! Jetzt<br />

wissen wir schön langsam, warum der Finanzminister das Budget vor der Öffentlichkeit<br />

versteckt. Das ist seit Ihrer Aussage, Herr Kollege Kößl, klar! (Beifall beim BZÖ.)<br />

500 000 Arbeitslose werden in Österreich erwartet. 500 000 Arbeitslose! Und was<br />

machen Sie? – Sie erteilen mehr Niederlassungsbewilligungen, und Sie schaffen über<br />

den Titel eines humanitären Bleiberechts mehr Asylmissbrauch und eine Legalisierung<br />

von Scheinasylanten in breitem Ausmaß, sodass sich jeder denken muss: Was ist<br />

eigentlich los in diesem Land? – Das schaffen Sie mittlerweile, Herr Kollege Kößl!<br />

(Beifall beim BZÖ.)<br />

Frau Ministerin, wir haben das ja im Ausschuss intensiv diskutiert: Jawohl, wir sind der<br />

Meinung, dass dieses Gesetz „Scheinasylanten-Legalisierungsgesetz“ heißen sollte.<br />

Das ist unsere Ansicht. Ich frage Sie schon, wie es überhaupt möglich sein kann, dass<br />

jemand, der bis zur Hälfte seiner Aufenthaltszeit illegal im Land sein darf, dann noch<br />

um humanitäres Bleiberecht ansuchen darf! Wie gibt es denn das, Frau Ministerin? –<br />

Für uns stand bisher eigentlich immer der Rechtsstaat im Vordergrund. Das heißt,<br />

jemand, der illegal im Land ist, hat Rechtsbruch begangen, ist illegal da und hat daher<br />

hier auch nichts verloren, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das war für uns<br />

immer der Punkt, den wir in die Diskussion eingebracht haben. (Beifall bei BZÖ und<br />

FPÖ.)<br />

Das ist schon ein bemerkenswerter Abschied der Österreichischen Volkspartei von der<br />

strengen Asyl- und Zuwanderungspolitik. Von den Sozialdemokraten wissen wir das;<br />

das haben wir in Wien erlebt, in den Ballungsräumen. Da werden Tür und Tor aufgemacht.<br />

Aber dass sich die Volkspartei von den gemeinsam beschlossenen – erinnert<br />

euch! – strengen Asylgesetzen, durch die es geschafft wurde, dass es weniger<br />

Asylanträge gibt, heute mit diesem Gesetz verabschiedet, das ist schon interessant.<br />

Sagen Sie nie wieder, Sie sind eine Sicherheitspartei, denn mit dem heutigen Tag<br />

haben Sie sich davon verabschiedet, meine Kollegen von der ÖVP! (Beifall bei BZÖ<br />

und FPÖ.)<br />

Illegaler Aufenthalt wird legalisiert. Ich frage mich überhaupt eines, Herr Kollege Kößl:<br />

Sie stellen sich hier mit treuherzigem Augenaufschlag her und sagen: Wer bei uns Asyl<br />

braucht, wird Asyl bei uns bekommen. – Ich habe das die Ministerin auch schon<br />

gefragt, vielleicht können Sie es beantworten: Wie kann es heutzutage noch sein, dass<br />

jemand zu uns kommt – wenn er nicht gerade mit einem Flugticket erster Klasse hier<br />

herkommt – und überhaupt einen Asylgrund hat, um hier Asyl zu bekommen?<br />

Österreich ist doch – und Sie kennen das Dublin-Abkommen – ausschließlich von


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 57<br />

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler<br />

sicheren Drittstaaten umgeben. (Abg. Mag. Lunacek: Sie wissen nicht, wovon Sie<br />

reden!)<br />

Das heißt, Österreich wäre verpflichtet – und das ist eine Politik, die verantwortungsvoll<br />

wäre –, Menschen, die hier herkommen, in jenen sicheren Drittstaat zurückzuführen,<br />

aus dem sie gekommen sind. Das wäre eine Politik, die wir von Ihnen verlangen, Frau<br />

Innenministerin. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)<br />

Ich gebe zu, auch der BZÖ-Klub hat sich vor zwei Jahren Gedanken darüber gemacht,<br />

was wir mit jenen Asylanträgen und mit jenen Asylanten machen würden, die mehr als<br />

fünf Jahre hier sind und die hier integriert sind. Es gibt eine Familie in der Steiermark,<br />

in Leoben, die Familie Sharifi, wo das wunderbar funktioniert hat.<br />

Allerdings, der Unterschied zwischen dem heutigen Gesetz und unserer Meinung ist<br />

der, dass wir gesagt haben, es muss jemand aus Verschulden der Behörde so lange –<br />

länger als fünf Jahre – hier sein, und nicht aus Eigenverschulden.<br />

Heute, zwei Jahre später, kommen wir drauf, dass es solche Fälle gar nicht mehr gibt.<br />

Es gibt solche Fälle gar nicht mehr, weil sich mittlerweile eine geradezu grüne Industrie<br />

von Rechtsanwälten und Beratern aufgetan hat, die immer wieder durch neue<br />

Antragstellungen (Beifall bei BZÖ und FPÖ) – und da hat Strache schon recht – diese<br />

Menschen hier im Land belässt. Immer wieder werden neue Anträge gestellt, immer<br />

wieder wird verzögert. Es gibt keinen Behördenverzug, sondern das machen diese<br />

Leute.<br />

Wenn ich nicht genau wüsste, dass aufgrund der neuen Ordnungsruf-Praxis der Frau<br />

Präsidentin der Begriff „grüne Schlepperbande“ hier im Parlament einen Ordnungsruf<br />

nach sich zöge, dann würde ich das heute wieder behaupten – ich tue es aber nicht,<br />

Kollegen von den Grünen! Aber ich würde es wieder behaupten. (Beifall beim BZÖ und<br />

bei Abgeordneten der FPÖ.)<br />

Es ist noch etwas in diesem Gesetz; das ist auch so eine Symbolik, Frau Ministerin<br />

(Zwischenruf des Abg. Öllinger): Erstmals wird in der österreichischen Gesetzesterminologie<br />

von „Einwanderungsrecht“ gesprochen. – Sehr interessant, Kolleginnen und<br />

Kollegen von der ÖVP. Sie definieren heute erstmals ein Einwanderungsrecht! Da<br />

frage ich mich schon, was das überhaupt bedeuten soll. (Abg. Dr. Graf: Einwanderung<br />

für Illegale! Nur für Illegale!) – Bei den Roten wissen wir es, aber Sie von der ÖVP<br />

wollen ein Einwanderungsrecht deklarieren, das trotz hoher Arbeitslosigkeit, trotz<br />

Kurzarbeit, trotz Problemen am heimischen Arbeitsmarkt in Zukunft das Scheinasylantentum<br />

florieren lassen wird. Und das wollen wir nicht, meine sehr geehrten Damen<br />

und Herren! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)<br />

Noch etwas, Frau Ministerin. Letztes Mal haben Sie es noch bestritten, seit gestern<br />

wissen wir mehr: Es gibt eine neue Kriminalstatistik für die ersten beiden Monate –<br />

Jänner, Februar – dieses Jahres. Selbst wenn wir – Sie wissen das – dieser Kriminalstatistik<br />

kritisch gegenüberstehen – selbst die offizielle Kriminalstatistik sieht einen<br />

Rekordanstieg der Kriminalität in Österreich: 92 756 Straftaten allein in den ersten<br />

beiden Monaten! Wissen Sie, was das heißt? – 1 572 Straftaten pro Tag oder 65 Straftaten<br />

pro Stunde haben wir mittlerweile in Österreich!<br />

Jetzt werden Sie sich fragen: Was hat das mit dem Asylgesetz zu tun? – Frau<br />

Ministerin, wenn, wie wir mittlerweile wissen, jeder zweite Asylwerber ein Krimineller<br />

ist, dann hat das auch mit der steigenden Kriminalität etwas zu tun, und dann sollten<br />

Sie hier nicht Asylanten, die Scheinasylanten sind, legalisieren, sondern mit denen<br />

„abfahren“ und sie nach Hause schicken, wenn sie hier in Österreich kriminell werden.<br />

(Beifall bei BZÖ und FPÖ. – Bundesministerin Dr. Fekter: Das stimmt nicht! –<br />

Abg. Kößl: Bleiben Sie bei der Wahrheit!)


58 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler<br />

10 000, 13 000 kriminelle Asylanten. Dann kommen noch die Kosten dazu. Die haben<br />

wir mittels einer Anfrage, die Sie uns beantwortet haben, erhoben: 81 756 000 € an<br />

Kosten allein für die Grundversorgung von Asylanten, von denen jeder zweite kriminell<br />

wird. (Abg. Grosz: Steuergeld!) Das ist eigentlich eine Unglaublichkeit! Die Gesamtkosten<br />

sind noch viel höher – allein die Grundversorgung ohne Sozialleistungen, ohne<br />

irgendwelche zusätzliche Leistungen. Da fragt sich doch jeder redliche Arbeitnehmer in<br />

Österreich, der auf jeden Cent schauen muss, was in diesem Land los ist. Frau<br />

Ministerin, das ist einfach inakzeptabel, Sie sind ja mit diesem Gesetz eigentlich auch<br />

gescheitert.<br />

Ich kann mich nicht daran erinnern, dass irgendein anderes Gesetz in irgendeinem<br />

anderen Hearing derartig kritisiert worden wäre und derartig eine Beerdigung erster<br />

Klasse erlebt hat wie Ihr Scheinasylantengesetz, das Sie heute beschließen werden.<br />

Der Verfassungsexperte, der Verfassungsrechtler Funk – ich zitiere ihn jetzt – hat für<br />

das Gesetz folgende Begriffe verwendet: Das Gesetz sei „regulative Diffusität“,<br />

„Unübersichtlichkeit“, der Vollzug hänge vom guten Willen ab. Die Konfliktfälle würden<br />

ansteigen, das Patenschaftsrecht, das darin geregelt ist, sei überhaupt „totes Recht“. –<br />

Verfassungsrechtler Funk hat das gesagt.<br />

Frau Ministerin, dieses Gesetz ist gescheitert! Wenn Sie heute ehrlich wären und wenn<br />

Sie es mit diesem Land gut meinen, dann würden Sie heute die Debatte rasch beenden,<br />

aufstehen und sagen: Ich ziehe es zurück. Das wäre eigentlich der richtige Weg,<br />

den Sie heute einschlagen sollten! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)<br />

Frau Ministerin, auch die Besetzung des Beirats ist eine Farce. Auch das ist beim<br />

Hearing letztlich klar geworden. Das ist doch eine Farce! Da sitzen der Integrationsfonds<br />

und noch ein paar Vertreter von Links drinnen, die Ihnen in jedem Fall sagen<br />

werden: Den nehmen wir, den lassen wir da, denn der wird von unseren Anwälten<br />

hervorragend vertreten. – Aber da sitzt zum Beispiel kein Vertreter eines Bundeslandes<br />

drinnen. (Abg. Kößl: Stimmt ja nicht! Gemeinde- und Städtebund!)<br />

Der Flüchtlingsexperte aus Kärnten hat Sie einfach nur gebeten, dass vielleicht ein<br />

oder zwei Vertreter der Bundesländer, die ja letztlich mit dem Vollzug betraut sind und<br />

die auch alle prüfen, entsendet werden. Da sitzt aber niemand von den Ländern<br />

drinnen.<br />

Wir verlangen, Frau Ministerin, dass die Länder in diesem Beirat auch vertreten sein<br />

müssen, der letztlich die Entscheidung trifft, wer hier bleiben darf und wer nicht. Ich<br />

denke, das ist ganz, ganz wichtig, dass das auch passiert. (Beifall beim BZÖ. – Abg.<br />

Kößl: Sie sagen wissentlich die Unwahrheit!)<br />

Letztlich, Frau Ministerin, ist es ein Gesetz – und wenn es nicht so traurig wäre, wäre<br />

es fast lustig –, das Sie dem Parlament am Faschingsdienstag vorgelegt haben und<br />

das am 1. April in Kraft treten soll. Allein diese Daten sagen ja vieles über dieses<br />

Gesetz aus. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)<br />

Es ist aber wirklich traurig, weil das Ganze in einem Umfeld passiert, das sehr ernst ist,<br />

das mit hoher Kriminalität versehen ist und wo wir auch eine Gesamtausrichtung der<br />

falschen Zuwanderungspolitik sehen. Wir brauchen keine Quoten mehr, sondern wir<br />

brauchen letztlich ein Regulativ, das es ermöglicht, dass die österreichische Bevölkerung<br />

gemeinsam mit der österreichischen Verwaltung und der Politik festlegt, wer<br />

überhaupt zu uns kommen darf und wer nicht. Das ist Zuwanderungspolitik!<br />

Wir haben daher dieses Modell der Green Card, das wir uns vorstellen, präsentiert.<br />

Das Quotensystem, durch das immer mehr hereinkommen, ist letztlich gescheitert.<br />

Und das müssen wir überwinden.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 59<br />

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler<br />

Aber auch die Frage der Kriminalität, die uns in den nächsten Wochen beschäftigen<br />

wird und auch in den vergangenen Wochen beschäftigt hat, ist eine wichtige. Sie<br />

erinnern sich ja an den Beschluss der Landeshauptleutekonferenz vom 22. Jänner –<br />

das ist auch interessant –, in dem Folgendes festgestellt wurde: Man soll Maßnahmen<br />

ergreifen, um auch gegen legal in Österreich lebende Fremde, die in dringendem<br />

Verdacht stehen, eine gravierende Straftat begangen zu haben, aufenthaltsbeendigende<br />

Maßnahmen zu setzen. (Abg. Mag. Korun: „Anzeigen und weg!“) Das ist ein<br />

Beschluss, ein einstimmiger Beschluss der Landeshauptleutekonferenz!<br />

Uns haben Sie diesbezüglich bisher immer kritisiert – Stichwort Kärntner Beispiel – und<br />

gesagt: Das darf man nicht! Wenn jemand in Verdacht steht, dann ist das noch keine<br />

kriminelle Handlung! – Jetzt aber verlangen alle Landeshauptleute von der Innenministerin,<br />

dass auch Menschen – Asylanten, aber auch Zuwanderer –, die unter schwerem<br />

Verdacht stehen, selbstverständlich mit aufenthaltsbeendigenden Maßnahmen bedacht<br />

werden können. Und ich halte das auch für richtig. Ich halte das für richtig, was die<br />

Landeshauptleute da beschlossen haben! (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten<br />

der FPÖ.)<br />

Frau Ministerin, gestehen Sie das Scheitern dieses Gesetzes ein (Bundesministerin<br />

Dr. Fekter schüttelt verneinend den Kopf – Abg. Kößl: Das ist ein gutes Gesetz!),<br />

sonst werden Sie in wenigen Wochen und Monaten wieder hier sitzen (Abg. Kößl: Das<br />

ist ein sehr, sehr gutes Gesetz!), wenn nämlich dieses Gesetz verfassungsrechtlich,<br />

wie Ihnen das die Verfassungsrechtler auch vorhersagen, wieder nicht halten wird! Und<br />

dann werden Sie wieder hier sitzen, und wir werden wieder diskutieren. Dieses Gesetz<br />

ist beendet, gescheitert. Zurück an den Start!, lautet die Devise. (Beifall beim BZÖ.)<br />

11.02<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter<br />

Pendl. (Abg. Strache – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg.<br />

Pendl –: „Danke!“ – Abg. Öllinger: „Wir beginnen mit einem Dank!“ – Abg. Ing. Westenthaler:<br />

„An die Justizwachebeamten!“ – Und vergessen nicht den Handshake am<br />

Ende!)<br />

11.02<br />

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine<br />

geschätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Lassen Sie mich eingangs einmal<br />

Folgendes feststellen, damit sich auch die Zuhörerinnen und Zuhörer auskennen:<br />

Meine beiden Vorredner von der FPÖ und vom BZÖ haben jetzt – wahrscheinlich ganz<br />

bewusst – alle Gesetzesmaterien im Fremdenrecht vermischt.<br />

Wir haben hier, meine geschätzten Damen und Herren, ausschließlich über jenen<br />

Bereich zu befinden, hinsichtlich dessen uns der Verfassungsgerichtshof einen Auftrag<br />

gegeben hat, nämlich jenen, dass wir bis 31. März dieses Jahres den humanitären<br />

Aufenthalt neu regeln müssen, weil kein Antragsrecht vorgesehen war. (Abg. Strache:<br />

Aber doch nicht in diese falsche Richtung!) Das, meine geschätzten Damen und<br />

Herren, wissen alle, die in dieser Materie verhaftet sind. (Abg. Strache: Aber doch<br />

nicht in diese falsche Richtung! Der Verfassungsgerichtshof hat nicht vorgegeben, ein<br />

Einwanderungsgesetz daraus zu machen!)<br />

Ausschließlich zu prüfen ist im Hinblick auf Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention.<br />

Also vermischen Sie hier nicht alle Gesetzesmaterien mit jenen, um<br />

die es heute geht beziehungsweise in den letzten Tagen gegangen ist, als wir hier<br />

gemeinsam versucht haben, dem Auftrag des Verfassungsgerichtshofes nachkommend<br />

(Abg. Strache: Das ist ein Unsinn!), eine menschliche, eine rechtsstaatliche<br />

rechtliche Lösung im Interesse der Republik, der Österreicherinnen und Österreicher,


60 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Otto Pendl<br />

aber auch eine humane Lösung im Sinne jener, die unsere gemeinsame Hilfe<br />

brauchen, zu erarbeiten. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)<br />

Meine Herren, es wird nicht richtiger, und es wird nicht besser – Sie können ununterbrochen<br />

vom „Bleiberecht“ reden: Wir hatten kein Bleiberecht, wir haben kein Bleiberecht,<br />

und wir bekommen kein Bleiberecht! (Abg. Strache: Sicher!) Wir reden hier von<br />

humanitärem Aufenthalt (Abg. Strache: Humanitäres Bleiberecht! Das ist es!), und Sie<br />

wissen es. Und trotzdem wollen Sie der Bevölkerung genau das vor Augen führen. Das<br />

lehnen wir ab, denn wir nehmen diese so wichtige Materie ernst, meine geschätzten<br />

Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg.<br />

Strache: ..., was Sie da zum Besten geben! Das glauben ja Sie selber nicht, den<br />

Unsinn!)<br />

Lassen Sie mich aber in der Sache auf einige mir wichtig erscheinenden Punkte<br />

eingehen. (Abg. Ing. Westenthaler: „Wir beginnen mit dem Dank ...!“)<br />

Als die Frau Bundesministerin vor Weihnachten den Gesetzentwurf in Begutachtung<br />

geschickt hat, wurden von den unterschiedlichsten Institutionen Vorschläge gemacht,<br />

und wir hatten gemeinsam in vielen Stunden mit vielen weit außerhalb unserer<br />

Regierungsfraktion angesiedelten Einrichtungen – ich denke da an die NGOs, an<br />

kirchliche Stellen und dergleichen mehr – versucht, hier eine Lösung zu erarbeiten,<br />

durch die wir eine rechtsstaatliche, aber auch eine menschliche Lösung, wie wir es<br />

glauben, auch ganz einfach umsetzen können. (Heiterkeit der Abgeordneten<br />

Dr. Belakowitsch-Jenewein und Vilimsky.) – Und weil Sie immer lachen: Sie<br />

brauchen sich bei niemandem zu bedanken. Vielleicht werden Sie von den Menschen<br />

auch einmal dementsprechend gesehen werden. (Abg. Ing. Westenthaler: Jetzt<br />

kommt der Dank! Jetzt geht’s los! – Gegenruf der Abg. Mag. Wurm.)<br />

Ich stehe nicht an, denjenigen, die daran mitgewirkt haben – ob es NGOs sind, ob es<br />

Kirchen sind, ob es unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Büros des<br />

Ministeriums oder der Klubs waren –, auch Danke zu sagen, weil wir stundenlang, ja<br />

nächtelang versucht haben, hier eine ordentliche Lösung zu erarbeiten.<br />

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie halten ja nicht einmal die Altfälle und die<br />

Neufälle auseinander. Nicht einmal das tun Sie! Sie vermischen verschiedene Gesetzesmaterien.<br />

Und jetzt sage ich ganz bewusst: Sie vermischen sogar die Altfälle und<br />

die Neufälle! Und Sie vermischen hier auch, und das ist wahrscheinlich auch Ihr<br />

Interesse an diesem Gesetz ... (Abg. Mag. Stefan: ... legal ...!) – Und wenn man schon<br />

immer etwas von „Legalität“ hier hereinschreit: ... (Abg. Ing. Westenthaler: Sind sie<br />

jetzt illegal da oder nicht?)<br />

Nun, dann sagt doch mit anderen Worten, ihr wollt den Verfassungsgerichtshof kritisieren,<br />

oder ihr kritisiert den Artikel 8 EMRK! Sagt es doch! (Zwischenrufe der<br />

Abgeordneten Scheibner, Ing. Westenthaler und Grosz.)<br />

Wir versuchen, auf dem Boden der Verfassung und ganz einfach auf dem Boden der<br />

Rechtsstaatlichkeit eine Lösung herbeizuführen. Und das wollt ihr nicht! (Neuerliche<br />

Zwischenrufe der Abgeordneten Scheibner, Ing. Westenthaler und Grosz.)<br />

Es wird sich bei dieser Gesetzesmaterie für die Zuhörer wie folgt darstellen: BZÖ und<br />

FPÖ werden uns von dieser Seite kritisieren, und die Grünen werden uns von der<br />

anderen Seite kritisieren; denn die einen sagen: Alle heim!, und die anderen sagen:<br />

Alle bleiben da! – Wir aber versuchen, eine menschliche, rechtsstaatliche Lösung in<br />

der Mitte zu erreichen, meine geschätzten Damen und Herren. (Beifall bei SPÖ und<br />

ÖVP. – Abg. Grosz: Lei-lei!)<br />

Lassen Sie mich aber nun doch auf einige inhaltliche Punkte zu sprechen kommen.<br />

Herr Abgeordneter Westenthaler! (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist ja ein Faschings-


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 61<br />

Abgeordneter Otto Pendl<br />

auftritt, sonst gar nichts!) Wir haben genauso jede Wortmeldung im Hearing mitverfolgt<br />

wie Sie. Wenn aber ein Universitätsprofessor einleitend sagt, dieser Entwurf sei<br />

verfassungsrechtlich in Ordnung (Abg. Ing. Westenthaler: Wer hat das gesagt?) –,<br />

Herr Professor Funk –, und dann sagt: Wenn die Vollziehung in Ordnung ist!, dann<br />

sage ich Ihnen: Das gilt für alle Vollziehungsbereiche, wo wir uns im Bereich der<br />

Grundrechte bewegen. Für alle!<br />

Dass man immer auf die Verfassung schauen muss, das weiß, glaube ich, in diesem<br />

Haus ein jeder! Daher verstehe ich nicht, warum hier ganz gezielt versucht wird,<br />

ununterbrochen in eine Richtung zu argumentieren. Wir werden in den nächsten<br />

Monaten noch Zeit genug haben, uns mit vielen dieser Fragen zu beschäftigen (Abg.<br />

Strache: In Zukunft wird man sich den humanitären Aufenthalt „erpendln“ und<br />

„erfektern“!), aber hier geht es um einen Auftrag des Verfassungsgerichtshofes. Hier<br />

geht es ganz einfach um den humanitären Aufenthalt und nicht um irgendwelche<br />

andere Geschichten.<br />

Wenn wir, wie sich das ja im Vorfeld gezeigt hat, hier nicht sachlich der Wichtigkeit<br />

und – auch wenn Sie es nicht hören wollen, ich sage es trotzdem – auch der<br />

Menschlichkeit zuliebe diese Diskussion führen wollen, sondern wenn hier versucht<br />

wird, nichts anderes zu tun als zu verunsichern, als falsche Argumente zu verwenden,<br />

dann ist das Ihr Problem. (Abg. Strache: Die Österreicher bekommen die Realität<br />

leider jeden Tag draußen mit! ..., was da für Schindluder passiert!) – Wir, die Regierungsfraktionen,<br />

werden versuchen, auf dem Boden des Rechtsstaates diese Fragen<br />

abzuarbeiten. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Strache<br />

sowie Abgeordnete des BZÖ: Auf zu den nächsten minus 10 Prozent!)<br />

Irgendwann kommen aber alle drauf, dass eure Argumente nicht richtig sind, sondern<br />

falsch sind. Das könnt ihr mir auch glauben. Genauso ist es!<br />

Lassen Sie mich aber auch noch Folgendes sagen: Gestern haben wir ja hier im<br />

Zusammenhang mit dem Gewaltschutzgesetz diskutiert. Ihr habt hier hereingeplärrt<br />

und gesagt, dass wir über die Hintertür das Niederlassungsgesetz ändern. Das stimmt<br />

nur alles nicht! Wenn zwei Gesetzesmaterien in zwei Ausschüssen hier an zwei<br />

Plenartagen beschlossen werden und – ich habe es gestern hier gesagt – zwei Ressorts<br />

zusammenarbeiten, zwei parlamentarische Ausschüsse zusammenarbeiten, weil<br />

wir auch die Frage der Inkrafttretenstermine im Vorfeld koordiniert haben, damit der<br />

bessere Inhalt im Gewaltschutzgesetz (Abg. Strache: Da kennt sich eh kein Zuhörer<br />

aus, bei diesem nebulosen Gewäsch!), das eben erst mit 1. Juni in Kraft tritt, auch mitgeregelt<br />

werden kann, dann könnt ihr daran herumkritisieren soviel ihr wollt: Es ist ein<br />

sachlicher Grund, und es ist auch von der parlamentarischen Arbeit her beispielhaft<br />

dafür, wie wir auch im Gesetzgebungsprozess zukunftsorientiert arbeiten können.<br />

(Abg. Strache: Was haben Sie jetzt gesagt? Was wollten Sie jetzt sagen, Herr Pendl?)<br />

Auch wenn Sie das nicht hören wollen: Danke schön an alle, die hier mitgewirkt haben!<br />

(Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)<br />

Meine geschätzten Damen und Herren, was ich überhaupt nicht verstehen kann: Ich<br />

kenne alle kritischen Stimmen hier in Bezug auf das Fremdenrechtspaket, das wir<br />

gemeinsam beschlossen haben. Wir machen kein neues Gesetz, wir ändern das<br />

Gesetz nicht! Ich kenne alle Unkenrufer von damals. Die Einführung des Asylgerichtshofs,<br />

eine bessere Personalausstattung: Das alles ist kritisiert worden (Abg. Ing. Westenthaler<br />

– auf die SPÖ-Fraktion weisend –: Cap flüchtet schon ...!), aber es hat sich<br />

alles als gut bewährt! Wir machen eine einzige Korrektur in einem Bereich im Auftrag<br />

des Verfassungsgerichtshofes (Abg. Strache: Der Verfassungsgerichtshof hat doch<br />

nicht gesagt, wir sollen Illegale belohnen! Das ist doch ein Unsinn!) – und ihr zeichnet<br />

ein Szenario, als würden wir ein neues Gesetz machen!


62 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Otto Pendl<br />

Das ist Themenverfehlung, meine geschätzten Damen und Herren, ob Sie es wollen<br />

oder nicht! (Abg. Strache: Es hat doch nicht der Verfassungsgerichtshof gesagt, wir<br />

sollen Illegale belohnen! – Gegenruf des Abg. Kößl: Das ist eine subjektive Auslegung<br />

von dir!) Stellen Sie sich doch her und sagen Sie, es interessiert Sie der Artikel 8<br />

EMRK nicht! Sagen Sie es! – Wir werden auf diesen Rücksicht nehmen (Ruf beim<br />

BZÖ: Herr Kollege, was steht denn drinnen ...?) und werden schauen, dass wir<br />

rechtsstaatlich diese Frage einer Realisierung zuführen.<br />

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, wenn acht Experten im Hearing<br />

(Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen) eindeutig alle den Standpunkt<br />

vertreten, der auch in der Aussage zum Ausdruck kommt – ich zitiere –: Das ist kein<br />

großer Wurf! (Abg. Ing. Westenthaler – in Richtung SPÖ –: Handi-Patschi!), dann<br />

sage ich dazu, was ich bereits im Ausschuss gesagt habe: Das ist auch eine Verwechslung<br />

des Themas (Präsident Neugebauer gibt neuerlich das Glockenzeichen),<br />

denn es hätte jeder Experte wissen müssen, dass wir kein neues Gesetz machen! (Ruf<br />

beim BZÖ: Redezeit!) Es ist hier ganz einfach darum gegangen ... (Abg. Strache: Sie<br />

schaffen es, in 10 Minuten nichts zu sagen!)<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Den Schlusssatz, bitte!<br />

Abgeordneter Otto Pendl (fortsetzend): Ich glaube, dass die Regierungsfraktionen in<br />

guter Zusammenarbeit mit der Bundesregierung im rechtsstaatlichen Sinne, aber auch<br />

im humanitären Sinne hier eine ausgezeichnete Arbeit geleistet haben. Ich lade Sie<br />

ein, im Interesse der Menschlichkeit dazu Ihre Zustimmung zu geben. (Beifall bei der<br />

SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Ing. Westenthaler: Jetzt Handi-Patschi! –<br />

Ruf beim BZÖ: Bussi! – Abg. Ing. Westenthaler: Ich bin dafür, dass der Abgeordnete<br />

Pendl eine Redezeit von 1 Stunde bekommt! – Abg. Grosz: Und Klubobmann wird! –<br />

Jedes Mal um 10 000 Stimmen weniger!)<br />

11.13<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete<br />

Mag. Korun. – Bitte.<br />

11.13<br />

Abgeordnete Mag. Alev Korun (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte<br />

Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste auf der Galerie und vor den Bildschirmen!<br />

Zur Erinnerung: Warum reden wir heute eigentlich über das Bleiberecht? (Abg. Kößl:<br />

Es gibt kein Bleiberecht!) Warum haben sich in x Gemeinden in Österreich Menschen,<br />

Bürger und Bürgerinnen auf die Straße gestellt und haben gesagt, die Bürger, die<br />

Nachbarn, die sie haben, die Freunde ihrer Kinder in der Schule, die Leute, die sich bei<br />

der freiwilligen Feuerwehr engagieren und die in vielen Fällen keine österreichischen<br />

Staatsbürger sind, die sollen bleiben? Warum haben sich in Vöcklabruck, in Gallneukirchen,<br />

in Pabneukirchen, um nur einige dieser Gemeinden zu nennen, Menschen zusammengetan,<br />

warum sind dort Bleiberechts-Plattformen entstanden? (Abg. Strache:<br />

Weil busweise Demonstranten aus ganz Österreich eingeführt wurden!)<br />

Last, but not least: Warum hat der Verfassungsgerichtshof gesagt: Ja, es gibt ein<br />

Bleiberecht!, und: Nein, das darf kein Gnadenakt sein, es muss das Recht geben,<br />

einen Antrag zu stellen!?<br />

Das ist die Vorgeschichte zu heute. Deshalb diskutieren wir heute im Hohen Haus über<br />

das Bleiberecht (Abg. Kößl: Nein, nicht über das Bleiberecht! Über den humanitären<br />

Aufenthalt! – Gegenruf des Abg. Strache: Das glaubst du doch selbst nicht!), und weil<br />

es in unserem Land einige Tausend Menschen gibt, die hier bestens integriert sind, die<br />

seit Jahren hier leben, die ganz legal hier arbeiten und Steuern zahlen und zum<br />

Wohlstand unseres Landes beitragen, deren Kinder hier die Schule besuchen, Freunde


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 63<br />

Abgeordnete Mag. Alev Korun<br />

gefunden haben, Wurzeln geschlagen haben. Deshalb diskutieren wir heute im<br />

Parlament über das Bleiberecht. (Beifall bei den Grünen.)<br />

Stellen Sie sich vor, Sie wären in Georgien geboren, Sie wären georgischer Staatsbürger,<br />

Sie würden sich politisch engagieren, Sie würden es wagen, die Regierungspartei<br />

zu kritisieren (Abg. Scheibner: Der kriegt ja Asyl!), Sie würden willkürlich<br />

festgenommen, bedroht, körperlich verletzt werden, Sie würden flüchten in ein anderes<br />

Land, beispielsweise nach Österreich! (Abg. Strache: Warum nicht nach Russland?<br />

Warum nach Österreich? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das ist übrigens ein<br />

ganz konkreter Fall einer Familie in Salzburg, die im Jahr 2002 eingereist ist – ich<br />

betone: im Jahr 2002 (Abg. Großruck: Das ist eine falsche Aussage! – Abg.<br />

Scheibner: Da kann man gar nicht mehr zuhören!), vor sieben Jahren –, inzwischen<br />

zum dritten Mal einvernommen wurde, weil ihr Asylantrag mit fadenscheinigen<br />

Argumenten zwei Mal abgelehnt wurde, ihrer Berufung vom Unabhängigen Bundesasylsenat<br />

zwei Mal stattgegeben wurde, wobei der Bundesasylsenat gesagt hat, es<br />

war nicht richtig, dass ihr Asylantrag abgelehnt wurde, wobei ihnen Recht gegeben<br />

wurde. Und nach sieben Jahren – nach fast sieben Jahren legaler Beschäftigung und<br />

Steuerzahlens – steht diese Familie noch immer in der Warteschleife und weiß nicht,<br />

ob sie nächstes Jahr noch in Österreich sein darf. – Deshalb diskutieren wir heute im<br />

Hohen Haus über das Bleiberecht! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Strache: ... zu<br />

Hause eine Zukunft aufbauen! ... in ihrer Heimat eine Zukunft aufbauen!)<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, sehen wir doch den Tatsachen ins Auge! Wir haben<br />

in Österreich mehrere Hundert, vielleicht ein paar Tausend Familien, die sehr gut<br />

integriert sind, die hier leben, die sich hier etabliert haben. Wir haben 6 000 Asylanträge,<br />

die länger als fünf Jahre dauern. Wissen Sie, wie lang fünf Jahre sind? Das<br />

sind mehr als 1 800 Tage! (Abg. Mag. Stefan: Mit Versorgung! Versorgte Tage! – Abg.<br />

Strache: Versorgte Tage!) Stellen Sie sich bitte vor, jeder und jede Einzelne von<br />

Ihnen, dass Sie 1 800 Tage lang im Ungewissen gehalten werden, dass Sie arbeiten,<br />

Steuern zahlen, dass Ihre Zukunft aber ungewiss ist! Stellen Sie sich das vor!<br />

Wir haben über 4 000 Asylverfahren beim Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshof,<br />

die sich über Überlastung beschweren. Das heißt, wir haben Probleme im Bereich des<br />

Bleiberechts. Und eine verantwortungsbewusste Regierung würde sagen: Jawohl, wir<br />

entwickeln Lösungsvorschläge, wir entwickeln Lösungen! Denn: Integrierte Familien<br />

lösen sich, sehr geehrte Damen und Herren, nicht einfach in Luft auf, weil die Bundesregierung<br />

unfähig ist, sich Lösungen auszudenken. (Abg. Großruck: Aber viele<br />

wollen sich gar nicht integrieren!)<br />

Das ist die Tatsache, mit der wir hier zu tun haben. Deshalb haben wir Grüne vorgeschlagen,<br />

dass bei Asylverfahren von Menschen, die mitgewirkt haben im Asylverfahren,<br />

die also unverschuldet lang im Asylverfahren sind, die sich nichts haben zuschulden<br />

kommen lassen, nach drei Jahren ein Bleiberecht gegeben wird. (Abg.<br />

Mag. Stefan: ... die Staatsbürgerschaft! – Abg. Dr. Graf: Wieso gerade drei Jahre?<br />

Was ist der Grund für drei Jahre?) Das ist der grüne Vorschlag für ein Bleiberecht –<br />

von dem Sie ständig behaupten, alle immer nur rein, und alle, die irgendwie da sind,<br />

auch Touristen, sollen ein Bleiberecht bekommen. Das ist überhaupt nicht richtig!<br />

(Beifall bei den Grünen.)<br />

Es wäre notwendig, reinen Tisch zu machen. Es wäre notwendig, endlich dieser Zermürbungstaktik<br />

ein Ende zu setzen (Abg. Strache: Es wäre wirklich notwendig, dem<br />

Missbrauch ein Ende zu setzen!), diesem Schwebezustand, in dem sich Tausende<br />

Menschen befinden, die sich in Österreich nichts, aber auch gar nichts haben zuschulden<br />

kommen lassen.


64 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordnete Mag. Alev Korun<br />

Was aber machen Sie, was macht die Bundesregierung? – Sie macht ein Gesetz,<br />

wonach man zwar einen Antrag stellen kann, aber die Ministerin entscheidet wie früher<br />

die römischen Kaiser mit: Daumen rauf, Daumen runter, Daumen rauf, Daumen<br />

runter – du darfst bleiben, du darfst nicht bleiben! (Beifall bei den Grünen.)<br />

Und: Es gibt keine Berufungsmöglichkeit! Die Bundesministerin entscheidet, und es<br />

gibt keine Berufungsmöglichkeit. Ich wiederhole: Das ist Politik des „Daumen rauf und<br />

„Daumen runter“. (Abg. Hornek: Bei so einer Rede kann man nur den Daumen runter<br />

halten!)<br />

Zweite Sache: Ein Aufenthaltsrecht kann von einem Bundesland erteilt werden, die<br />

Frau Bundesministerin hat aber 3 Jahre Zeit, dieses Recht wieder für nichtig zu<br />

erklären. Das heißt, die Länder sollen ruhig entscheiden – die Ministerin sagt: Nein,<br />

gefällt mir nicht, sehe ich nicht ein! – Drei Jahre später ist das Aufenthaltsrecht weg.<br />

Noch etwas: Wofür nützen Sie diese Bleiberechtsnovelle? – Um eine neue Illegalisierungswelle<br />

auszulösen! Sie sagen, selbst dann, wenn jemand seit 20 Jahren ganz<br />

legal hier lebt und die Frist für die Visaverlängerung auch nur um einen Tag versäumt,<br />

muss er ins Ausland und von dort aus einen Antrag stellen. Er wird behandelt wie<br />

jemand, der noch nie in Österreich gelebt hat. Und das versuchen Sie auch noch als<br />

Verbesserung zu verkaufen! Meine Damen und Herren, so löst man keine Probleme,<br />

so schafft man höchstens neue Bleiberechtsfälle! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf<br />

des Abg. Kößl.)<br />

Sehen Sie, wenn Sie eine verantwortungsvolle Regierung sind, den Tatsachen bitte ins<br />

Auge! (Abg. Kößl: Sie haben keine Ahnung von dieser gesetzlichen Grundlage!) Es<br />

nützt nichts, Menschen weiterhin jahrelang zu schikanieren (Abg. Strache: Asylbetrüger<br />

sind abzuschieben!); Menschen, die sich nichts haben zuschulden kommen<br />

lassen, die sich hier inzwischen integriert haben, deren Kinder hier in die Schule<br />

gehen, die Nachbarn sind von österreichischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern,<br />

Menschen, für die sich sehr viele Bürgerinnen und Bürger in den Gemeinden eingesetzt<br />

haben und sich auch weiterhin einsetzen.<br />

Wir alle, nehme ich an, als Nationalratsabgeordnete, haben viele Mails bekommen mit<br />

dem Titel „Für Menschlichkeit und Vernunft“, Mails von Bürgerinnen und Bürgern von<br />

Bleiberechtsinitiativen. (Ruf bei der ÖVP: Die sollten Sie sich zu Herzen nehmen!) Ich<br />

möchte beides betonen: Menschlichkeit und Vernunft, nicht nur Menschlichkeit, denn<br />

in vielen Reden wird hier versucht, das so abzutun: Ja, die Gutmenschen, die Grünen,<br />

wollen das schon wieder ändern!<br />

Eine Prognose: Dieses Gesetz wird nicht halten! (Beifall bei Abgeordneten der<br />

Grünen.)<br />

Um zwei der krassesten Verschlechterungen wieder wegzubringen, bringe ich einen<br />

Abänderungsantrag der Abgeordneten Korun, Freundinnen und Freunde ein, in dem<br />

wir verlangen, dass Artikel 3 Ziffer 5 und Artikel 3 Ziffer 14 der Regierungsvorlage<br />

entfallen, denn es ist nicht einzusehen, dass eine Innenministerin in ein einmal erteiltes<br />

Bleiberecht eingreift und es drei Jahre lang als nichtig erklären kann.<br />

Es ist darüber hinaus nicht einzusehen, dass Menschen, die jahrzehntelang in Österreich<br />

gelebt haben und nicht straffällig geworden sind, von einem Tag auf den nächsten<br />

schlicht und ergreifend illegalisiert werden, weil sie vielleicht vergessen haben,<br />

darauf zu schauen, wann ihr Visum abgelaufen ist, und den Antrag einen Tag zu spät<br />

eingebracht haben. (Abg. Großruck: Wenn Sie Ihren Antrag zu spät einbringen, wird<br />

er auch nicht mehr angenommen! Dann ist es ein erster Antrag! – Abg. Kößl: Es geht<br />

nicht, dass man sagt: Tür und Tor auf!)


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 65<br />

Abgeordnete Mag. Alev Korun<br />

Stellen Sie sich vor, wie es Ihnen gehen würde, würde Ihre gesamte Zukunft, würde<br />

Ihre Existenz in unserem Land vernichtet werden, weil Sie eine Antragsfrist um einen<br />

Tag versäumt haben, Kollege Kößl! (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident<br />

Neugebauer gibt das Glockenzeichen.) Würden Sie auch sagen: Es muss so sein,<br />

dass meine Kinder illegalisiert werden, dass wir mit Sack und Pack das Land verlassen<br />

müssen!? Das kann es nicht sein, und das wird auch nicht halten, meine Damen und<br />

Herren! – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg.<br />

Strache – in Richtung ÖVP –: Aber geh, ihr überholt doch die Grünen eh schon links!)<br />

11.22<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Frau Kollegin, auch wenn Sie es nicht explizit erklärt<br />

haben, Sie haben den Abänderungsantrag in seinen wesentlichen Teilen dargestellt. Er<br />

ist aber so knapp gehalten, dass wir ihn nicht vervielfältigen lassen. Ich glaube, er ist<br />

verstanden worden, und er steht daher mit in Verhandlung.<br />

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:<br />

Abänderungsantrag<br />

der Abgeordneten Korun, Freundinnen und Freunde<br />

zur Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Asylgesetz 2005, das<br />

Fremdenpolizeigesetz und das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert werden<br />

(88 d.B.)<br />

Der Nationalrat wolle beschließen:<br />

Die Regierungsvorlage eines Bundesgesetzes, mit dem das Asylgesetz 2005, das<br />

Fremdenpolizeigesetz und das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert<br />

werden (88 d.B.) wird wie folgt geändert:<br />

1. Artikel 3, Ziffer 5 entfällt.<br />

2. Artikel 3, Ziffer 14 entfällt.<br />

Begründung:<br />

Zu Ziffer 1: Die Ausweitung der Befugnisse des Bundesminister für Inneres, nachträglich<br />

in rechtskräftig gemäß §§ 8, 9 NAG erteilte Aufenthaltsgenehmigungen mit Bescheid<br />

einzugreifen, ist völlig überschießend. Die Bestimmung wurde in ihrer uferlosen<br />

Weite mehrfach von einigen dem Innenausschuss beigezogenen ExpertInnen kritisiert.<br />

Auf das geltende Rechtsinstitut der amtswegigen Wiederaufnahme nach § 69 AVG<br />

wird verwiesen und festgehalten, dass somit keinerlei Regelungsbedarf besteht.<br />

Zu Ziffer 2: Die Bestimmung über die unverhältnismäßigen Folgen einer nicht rechtzeitigen<br />

Antragstellung bei Verlängerungsanträgen ist entschieden abzulehnen. Demnach<br />

gilt ein Antrag auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels als Erstantrag, wenn er<br />

nicht vor Ablauf des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels beantragt wird und Menschen, die<br />

seit Jahren legal hier leben, gelten plötzlich als Neuzuwanderer. Das ist eine massive<br />

Schlechterstellung im Vergleich zur bisherigen Regelung und wird zur Illegalisierung<br />

vieler Menschen führen.<br />

Eine ähnliche Bestimmung in § 6 des Aufenthaltsgesetzes 1993 hat zu Hunderten bzw.<br />

Tausenden „Fristversäumern“ geführt. Viele Existenzen wurden damals zerstört, weil<br />

Personen die Antragsverlängerungsfrist versäumt hatten (Der Verlängerungsantrag<br />

musste vier Wochen vor Ablauf der zuletzt erteilten Bewilligung gestellt werden) und<br />

von den Vollzugsbehörden zur Ausreise und Neuantragstellung im Ausland angehalten


66 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Präsident Fritz Neugebauer<br />

wurden. Erst der Verfassungsgerichtshof hat dieser Auslegung einen Riegel vorgeschoben<br />

und in Serie Personen Recht gegeben, die sich auf ihr Grundrecht auf<br />

Privat- und Familienleben berufend bis zum Höchstgericht dagegen beschwert haben.<br />

Viele Betroffene wurden schon im Vorfeld gezwungen, das Land zu verlassen, andere<br />

sind einfach geblieben und mussten in den Folgejahren als humanitäre GesuchstellerInnen<br />

nach dem alten Gnadenverfahren aufenthaltsrechtlich „saniert“ werden.<br />

Diese Bestimmung wäre daher ersatzlos zu streichen und damit die bisherige<br />

Rechtslage in Geltung zu belassen.<br />

*****<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Ich erteile nun Frau Bundesministerin Dr. Fekter das<br />

Wort. – Bitte.<br />

11.23<br />

Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Werter Herr Präsident!<br />

Hohes Haus! Werte Damen und Herren auf der Galerie! Werte Damen und<br />

Herren vor den Bildschirmen! (Anhaltende Rufe von der Galerie; Flugblätter werden<br />

von der Galerie in den Sitzungssaal geworfen.)<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Ich unterbreche die Sitzung.<br />

*****<br />

(Die Sitzung wird um 11.24 Uhr unterbrochen und um 11.25 Uhr wieder aufgenommen.)<br />

*****<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Meine Damen und Herren, ich nehme die unterbrochene<br />

Sitzung wieder auf und bitte Sie, Kolleginnen und Kollegen, Ihre Plätze<br />

wieder einzunehmen.<br />

Ich möchte unsere Gäste auf der Galerie begrüßen – wenn Sie die Hausordnung<br />

achten! Ich danke den Kollegen von der Sicherheit, dass Sie die Störenfriede, die die<br />

Hausordnung nicht achten, ausgewiesen haben. (Anhaltender allgemeiner Beifall.)<br />

Am Wort ist weiterhin Frau Bundesministerin Dr. Fekter. – Bitte.<br />

Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (fortsetzend): Meine<br />

sehr verehrten Damen und Herren! Proteste von der Galerie sind undemokratisch und<br />

ein Beweis dafür, dass so Demokratie und Parlamentarismus missachtet werden.<br />

(Beifall bei ÖVP, SPÖ, FPÖ und BZÖ. – Abg. Strache: Die Grünen klatschen nicht!)<br />

Gesetze werden hier in diesem Haus demokratisch beschlossen und nicht auf Druck<br />

von Galerie-Aktivisten, die von der linken Seite beeinflussbar sind. (Neuerlicher Beifall<br />

bei ÖVP, SPÖ, FPÖ und BZÖ.)<br />

Wenn die Linken meinen (Abg. Öllinger: Na hallo! – weitere anhaltende Zwischenrufe<br />

bei den Grünen), dieses Gesetz, diese Novelle wäre viel zu restriktiv, viel zu wenig<br />

weitgehend, weil darin kein Bleiberecht verankert ist (Präsident Neugebauer gibt das<br />

Glockenzeichen), und wenn die rechte Seite durch ihre Redner von FPÖ und BZÖ<br />

gemeint hat, es wäre alles zu liberal und würde zu einer Legalisierung der Illegalen<br />

führen, das heißt, wenn der Protest von rechts außen und links außen kommt, dann


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 67<br />

Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter<br />

weiß ich, dass wir mit der Mehrheit auf dem richtigen Weg sind. (Beifall bei der ÖVP. –<br />

Abg. Strache: Ihr seid aber weder links noch rechts, ihr seid ganz unten!)<br />

Ich möchte Frau Korun Folgendes sagen: Frau Korun, es gibt kein Bleiberecht in<br />

Österreich! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Es gibt in dieser Novelle eine Erteilung<br />

von Aufenthaltstiteln aus humanitären Gründen. (Abg. Mag. Stadler: Das ist das<br />

Gleiche, nur ein anderes Wort, ein Synonym!) Wir sind nicht für eine Automatik im<br />

Bleiberecht. (Neuerlicher Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Auch wie Herr Kollege<br />

Westenthaler gemeint hat, nach fünf Jahren Aufenthalt einen automatischen Rechtsanspruch<br />

auf Bleiberecht, wäre ein fatales Signal an die Schlepperorganisationen.<br />

Dieses Signal will ich nicht senden! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Aber Sie<br />

senden es doch!)<br />

Es ist auch ein fatales Signal an die Schlepperorganisationen, Herr Kollege Strache,<br />

wenn Sie permanent davon sprechen, dass wir mit diesem Gesetz die Illegalen<br />

legalisieren. Das tun wir nämlich nicht! Ich will kein solches Signal an Schlepperorganisationen<br />

senden, wie Sie das hier vom Rednerpult aus getan haben. (Abg.<br />

Strache: Aber das ist die Realität, das tun Sie! Sie haben das gemacht!) Sie haben<br />

hier fälschlicherweise behauptet, dass wir die Illegalität belohnen. – Und das weise ich<br />

zurück! Es sollen alle wissen, dass die Illegalität nicht belohnt wird durch ein<br />

vermeintliches Bleiberecht. (Beifall bei der ÖVP.)<br />

Lassen Sie mich daher den Gesetzentwurf so, wie er sich wirklich darstellt – nicht<br />

vermeintlich, sondern wie er sich wirklich darstellt –, erläutern!<br />

Wir haben aufgrund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes bis Ende März<br />

Zeit, den humanitären Aufenthalt neu zu regeln, das heißt, die humanitären Gründe,<br />

Artikel 8 Menschenrechtskonvention, im Einzelfall pragmatisch, nicht durch eine<br />

Automatik, rechtsstaatlich, nämlich menschenrechtskonform, und menschenwürdig zu<br />

lösen. Herr Kollege Strache, es gab auch freiheitliche Bürgermeister, die massiv für<br />

Familien interveniert haben, sie sollen doch da bleiben können. (Rufe bei der FPÖ:<br />

Wer? Wann? Wo?)<br />

Sie haben kritisiert, dass wir ein Antragsrecht für jene ermöglichen, die überwiegend<br />

legal da sind. (Abg. Strache: Und zum Teil illegal!) – und zum Teil illegal, ja, Herr<br />

Strache; ich erläutere das auch. Wenn beispielsweise eine Familie einen rechtskräftigen<br />

Ausweisungsbescheid hat, ist sie ab diesem Zeitpunkt illegal da. Dann kamen<br />

die Bürgermeister, und dann kamen die Gemeinderäte (Abg. Dr. Haimbuchner: Jetzt<br />

sind die Gemeinden schuld, oder was?), und dann kamen die Pfarrkirchenräte, und<br />

dann hat es den medial übermittelten Wunsch gegeben, dass man diesen gut integrierten<br />

Familien, deren Mitglieder eine Arbeit haben, deren Kinder in die Schule<br />

gehen, doch eine Chance geben soll. (Abg. Strache: Das heißt, Sie empfinden die<br />

Familie Zogaj als integrierte Familie!)<br />

Das heißt, die Regelung ist so, dass dann, wenn jemand zunächst lange Zeit legal da<br />

war, dann aber aufgrund eines Ausweisungsbescheides ab diesem Zeitpunkt illegal da<br />

war, seit 2004, also – wir haben jetzt 2009 – seit fünf Jahren schon illegal da war, die<br />

humanitären Gründe geprüft werden sollen. (Abg. Strache: Warum wird nicht<br />

abgeschoben bei einem Ausweisungsbescheid? Warum schieben Sie bei einem Ausweisungsbescheid<br />

nicht ab?) Weil, Herr Kollege Strache, es laut Menschenrechtskonvention<br />

notwendig ist, dass man die humanitären Gründe prüft. Darin unterscheiden<br />

wir uns: Ich will rechtsstaatlich vorgehen, Sie mit Rambo-Methoden! (Beifall<br />

bei ÖVP und SPÖ sowie der Abg. Mag. Korun.)<br />

Das Kernstück dieses Gesetzes, meine sehr verehrten Damen und Herren – und das<br />

war mir ein großes Anliegen –, ist, dass es nicht zu neuen Verfahren kommt, nicht zu<br />

längeren, sondern zu kürzeren Verfahren. Daher haben wir die Prüfung der humani-


68 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter<br />

tären Gründe in die Regelverfahren des Fremdenrechtes eingebaut und kein zusätzliches<br />

Verfahren, keine neuen Antragsmarathons, Prozeduren, Kettenanträge zugelassen.<br />

Wir prüfen die humanitären Gründe in dem jeweiligen Verfahren gleich mit, und<br />

das beschleunigt die Verfahren. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der<br />

SPÖ.)<br />

Das heißt, wenn ein Asylverfahren läuft, wenn eine Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung<br />

beantragt worden ist, aber auch im Abschiebe- und Ausweisungsverfahren<br />

wird geprüft, ob humanitäre Gründe vorliegen. Was sind humanitäre Gründe? – Hier<br />

haben wir uns ganz klar an den Verfassungsgerichtshof gehalten, der diese Kriterien<br />

entwickelt hat.<br />

Es geht um Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts, und es geht insbesondere<br />

darum, ob dieser Aufenthalt rechtswidrig war. (Abg. Strache: Rechtswidrig! Sie<br />

bestätigen es!) Herr Kollege Strache, hätten Sie das Gesetz genau gelesen, dann<br />

wüssten Sie, dass wir damit nicht die Rechtswidrigkeit legalisieren, denn für den<br />

humanitären Aufenthalt muss die Aufenthaltsdauer rechtswidrig gewesen sein, die man<br />

hier ins Treffen führt. (Abg. Strache: Rechtswidrig! Das ist die Bestätigung!) –<br />

Entschuldigung, rechtskräftig! Dieser Aufenthalt, den man geltend macht für die<br />

humanitären Gründe, muss rechtskonform gewesen sein. Wenn er überwiegend<br />

rechtswidrig war, dann gibt es keine ... – (Abg. Strache: Zum Teil rechtswidrig!)<br />

Natürlich, aber zum Teil kann er auch rechtskonform gewesen sein. Aber wenn er<br />

überwiegend rechtswidrig war, gibt es keinen humanitären Aufenthalt. (Beifall bei ÖVP<br />

und SPÖ. – Abg. Strache: Das ist absurd!)<br />

Das heißt, wer sich hier bei uns illegal durchschwindelt, wird nicht belohnt. Senden Sie<br />

nicht solche Signale an die Bevölkerung (Abg. Strache: Sie senden das mit dem<br />

Gesetz!), senden Sie nicht solche Signale an die Schlepperorganisationen, damit nicht<br />

der Eindruck entsteht, man muss nur lange genug illegal in Österreich gewesen sein,<br />

dann bekommt man einen humanitären Aufenthalt! Mit diesem Gesetz ist das nicht der<br />

Fall! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Strache: Sie senden das mit dem Gesetz!)<br />

Es wird der Grad der Integration geprüft, es wird das Bestehen eines Familienlebens<br />

geprüft, und zwar hier in Österreich. Es besteht nämlich kein Rechtsanspruch darauf,<br />

dass das Familienleben unbedingt in Österreich stattzufinden hat. Die Familienzusammenführung<br />

kann sehr wohl auch im Herkunftsland geschehen. – Das wird im<br />

Hinblick auf die humanitären Kriterien detailliert geprüft.<br />

Es muss die strafgerichtliche Unbescholtenheit vorliegen, und es darf keine Verstöße<br />

gegen die öffentliche Ordnung gegeben haben. Und es muss, Herr Strache, insbesondere<br />

bei der Frage des Privat- und Familienlebens des Fremden geprüft werden, zu<br />

welchem Zeitpunkt diese Aufenthaltsdauer entstand. Wenn beispielsweise Familien<br />

schon 2002 gewusst haben, dass ihr Aufenthalt in Österreich niemals wird rechtens<br />

sein können (Abg. Strache: Die Familie Zogaj zum Beispiel!), dann können sie nicht<br />

geltend machen, dass sie schon so lange da sind. Das hat der Europäische Gerichtshof<br />

für Menschenrechte so judiziert (Abg. Strache: Okay, das ist gut!), und die<br />

Behörden werden das genau so vollziehen. (Abg. Strache: Und warum schieben Sie<br />

die Familie Zogaj nicht ab?)<br />

Wenn Sie in den Erläuternden Bemerkungen nachlesen, dann werden Sie sehen, dass<br />

wir in diesem Bleiberecht nicht automatisch vorgehen, sondern die Aufenthaltsgründe<br />

im Einzelfall prüfen. Die Familie Zogaj hat derzeit ein Asylverfahren laufen (Abg.<br />

Strache: Das wie vielte? Das vierte?), das heißt, derzeit ist keine Abschiebung<br />

anstehend, aber in diesem Asylverfahren werden diese humanitären Gründe automatisch<br />

mitgeprüft, und zwar nach den Kriterien, wie ich sie jetzt vorgetragen habe.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 69<br />

Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter<br />

(Abg. Strache: Es hat einen rechtskräftigen Abschiebebescheid gegeben! Das ist alles<br />

unterlaufen!)<br />

Damit, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist sichergestellt, dass es keine<br />

Automatik gibt und keine Legalisierung von Illegalen. Niemand, der jahrelang illegal da<br />

ist, kann darauf pochen, dass er bleiben darf. Wir haben kein Bleiberecht geschaffen,<br />

keine Automatik geschaffen, sondern wir prüfen die humanitären Gründe im Einzelfall.<br />

Sehr geehrter Herr Kollege Strache, liebe Kolleginnen und Kollegen von BZÖ und<br />

Freiheitlichen, es ist richtig, dass wir viele Asylwerber haben, die in Österreich um Asyl<br />

angesucht haben, obwohl sie eigentlich aus einem sicheren Drittstaat kommen (Abg.<br />

Mag. Stefan: Nur! Woher denn sonst?) und nach dem Dublin-Verfahren in diese<br />

sicheren Drittstaaten auch zurückkehren müssen und dort ihre Verfahren abwickeln<br />

müssen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Aber es passiert ja nichts! Sie machen<br />

nichts!)<br />

Dafür, meine sehr verehrten Damen und Herren, und weil ich mehr Effizienz hineinbringen<br />

will in die Rückkehr in den sicheren Drittstaat, brauchen wir ein Kompetenzzentrum<br />

für die aufenthaltsbeendenden Maßnahmen. (Abg. Strache: Setzen Sie<br />

endlich die Gesetze um!) Stimmen Sie mit, dass wir so eine Infrastruktur schaffen!<br />

Seien Sie dafür, dass wir hier mehr Effizienz an den Tag legen! (Beifall bei der ÖVP<br />

und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Strache: Sie setzen keine Gesetze um!)<br />

Ihre Vorgangsweise, nämlich gegen solch ein Kompetenzzentrum zu sein (Abg.<br />

Strache: Sie setzen keine Gesetze um!), ist ungefähr damit zu vergleichen, dass man<br />

bei Feuer zwar Feuer schreit, aber dann die Feuerwehr nicht ausrücken lässt. Das ist<br />

Ihre Vorgangsweise! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)<br />

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir werden mit diesem Kernstück, wonach<br />

die humanitären Gründe in den Regelverfahren abzuwickeln sind, eine enorme Verfahrensbeschleunigung<br />

erreichen. Das ist gut so, denn es ist inhuman – es ist<br />

inhuman! –, die Menschen, die hier sind, in einen Antragsmarathon hineinzuberaten,<br />

permanent Kettenanträge zu stellen, die ohnehin nie Aussicht auf Erfolg haben.<br />

Das wollen wir abstellen, und das werden wir in den verfahrensverkürzenden Maßnahmen<br />

auch bewerkstelligen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Strache: Warum<br />

macht man es bei den Zogajs weiter? An den Taten, nicht an den Worten soll man die<br />

Innenministerin messen!)<br />

Bezüglich der Altfälle – Sonderverfahren – ist es so, dass jene Menschen, die seit<br />

1. Mai 2004 durchgehend in Österreich aufhältig waren, einen Antrag stellen können,<br />

dass ihre humanitären Gründe geprüft werden. In deren Verfahren – die sind ja schon<br />

so lange da – wurde das damals nämlich nicht geprüft, daher kann das jetzt – nach<br />

Menschenrechtskonvention notwendig – geprüft werden.<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Frau Bundesminister, Sie haben noch eine halbe Minute<br />

der vereinbarten Redezeit. – Bitte.<br />

Bundesministerin für Inneres Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (fortsetzend): Diese<br />

Prüfung ist beim Landeshauptmann einzuleiten, der ist dafür laut Kompetenz, laut<br />

Verfassung zuständig. Die Ministerin wird dann eine Zustimmung erteilen und lässt<br />

sich durch einen Beirat beraten. Die Situation ist auch in Hinblick auf Selbsterhaltungsfähigkeit,<br />

Unterkunft, Unterhalt, Unbescholtenheit, Kenntnis der deutschen Sprache<br />

und schulische und berufliche Ausbildung zu prüfen, und erst dann, wenn das gegeben<br />

ist, können diese Familien ihren Antrag stellen und hoffen, dass sie hier bleiben<br />

können. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)<br />

11.41


70 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Präsident Fritz Neugebauer<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Außerhalb der Rednerliste hat sich Herr Abgeordneter<br />

Mag. Stadler zu Wort gemeldet. – Bitte.<br />

11.41<br />

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident!<br />

Nach der Geschäftsordnung dieses Hauses übt das Hausrecht die Frau Präsidentin<br />

aus, beziehungsweise in Stellvertretung der Frau Präsidentin der Zweite oder Dritte<br />

Präsident.<br />

Die Hausordnung sieht ein Verbot von Kundgebungen auf der Zuschauergalerie vor.<br />

Ein Zuwiderhandeln stellt ein Verwaltungsstrafdelikt dar. Gleichfalls ist es eine Form<br />

des Widerstandes gegen Organwalter, damit Widerstand gegen die Staatsgewalt,<br />

wenn gegen den Haussicherheitsdienst Widerstand geleistet wird. Das könnte eine<br />

gerichtlich strafbare Handlung darstellen.<br />

Ich ersuche Sie, Herr Präsident, mit der Frau Präsidentin dafür zu sorgen, dass die<br />

Täter namentlich erfasst werden. Die Frau Präsidentin soll ersucht werden, die Verwaltungsstrafbehörde<br />

mit einer Anzeige vom heutigen Vorfall zu informieren, unter<br />

namentlicher Bekanntgabe der Täter, die offensichtlich extremistischer Natur sind, und<br />

eventuell auch eine Strafanzeige an die gerichtlich zur Strafverfolgung zuständige<br />

Strafverfolgungsbehörde ins Auge zu fassen, jedenfalls aber eine Verwaltungsstrafanzeige<br />

an die Verwaltungsstrafbehörde zu machen. (Beifall bei BZÖ und ÖVP sowie<br />

bei Abgeordneten von FPÖ und SPÖ.)<br />

11.42<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Herr Kollege Stadler, es werden üblicherweise alle<br />

Namen erfasst. Unsere Sicherheitsorgane, denen ich herzlich danke, sind diesbezüglich<br />

angewiesen. Ich werde der Frau Präsidentin aber selbstverständlich umfassend<br />

Bericht erstatten. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)<br />

Zur Geschäftsbehandlung, Herr Kollege Dr. Graf. – Bitte.<br />

11.43<br />

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr geehrter<br />

Herr Präsident! Wir haben in der letzten Präsidiale darüber gesprochen, dass verschiedene<br />

Reporterteams des ORF in einer nachstellenden Paparazzi-Manier die Abgeordneten<br />

hier in diesem Hohen Hause filmen, und diesbezüglich auch festgehalten, dass<br />

wir mit dem ORF Kontakt aufnehmen, dass dies eben unterlassen wird, dass man<br />

stundenlang ein und dieselben Personen in den Bänken filmt, um dann eine nachstellend-tendenziöse<br />

Berichterstattung zu machen. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf<br />

des Abg. Öllinger.)<br />

Ich möchte jetzt an dieser Stelle festhalten, dass sich in der Reporterloge heute wieder<br />

ein ORF-Team befindet, das bereits seit über zwei Stunden – und ich beobachte das<br />

sehr aufmerksam – bei dieser spannenden Debatte genau zwei Leute permanent filmt,<br />

und zwar meine Person und die des Herrn Klubobmann Strache. (Zwischenrufe bei<br />

Grünen und BZÖ.) Es gab seitens dieses Reporterteams überhaupt kein Interesse,<br />

auch nur eine Sekunde die Frau Bundesminister bei ihren Ausführungen zu filmen.<br />

Ich gehe einmal davon aus, dass der ORF, der sich ja letztlich aus öffentlichen<br />

Gebühren finanziert, aber trotzdem defizitär abschneidet, wieder einmal eine tendenziöse<br />

Berichterstattung vornehmen möchte. (Beifall bei der FPÖ.)<br />

11.44<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Herr Kollege, ich habe dieses Einschreiten zur Kenntnis<br />

genommen, es ist aber wirklich keine Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung. (Abg.<br />

Dr. Graf: Ich habe einen Antrag begründet!) Ich darf darauf hinweisen, dass, wie in der


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 71<br />

Präsident Fritz Neugebauer<br />

Präsidiale besprochen, die Medienvertreter und der ORF ersucht wurden, die Vertraulichkeit<br />

der Arbeitsunterlagen der Abgeordneten zu wahren.<br />

Inwieweit Persönlichkeiten en bloc gefilmt werden, können wir wahrscheinlich nur<br />

vermuten. Ich nehme das aber auch zur Kenntnis, und wir werden das sicherlich in der<br />

nächsten Präsidiale noch einmal zum Thema erheben. (Zwischenrufe bei FPÖ und<br />

Grünen.)<br />

Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig, bitte.<br />

11.45<br />

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung):<br />

Herr Präsident, ich würde Sie bitten, so vorzugehen, wie immer hier in diesem Hause<br />

vorgegangen wird. Öffentliche Demonstrationen vonseiten der Galerie sind nicht<br />

zulässig. Es wird allerdings nicht das letzte Mal gewesen sein, dass in diesem Haus<br />

Bürgerinnen und Bürger … (Empörter Widerspruch bei ÖVP, BZÖ und FPÖ.) Das<br />

haben wir in der Vergangenheit schon öfters erlebt. Beruhigen Sie sich bitte! (Abg.<br />

Mag. Stadler: Grüne Vorfeldorganisationen!) Es wird auch immer wieder stattfinden,<br />

dass Bürgerinnen und Bürger ihr Missfallen über bestimmte Gesetzesbeschlüsse zum<br />

Ausdruck bringen. Das haben wir immer schon gehabt, und das wird auch immer<br />

wieder so sein. Sie können sich ruhig entspannen, das wird noch öfters eintreten.<br />

(Zwischenrufe bei BZÖ und FPÖ. – Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)<br />

Bitte beruhigen Sie sich! Lassen Sie mich kurz noch weiterreden!<br />

Ich bitte auch darum, dass diese öffentliche Plenardebatte auch weiterhin öffentlich<br />

sein kann und dass der ORF selbstverständlich – wie alle anderen Medien auch –<br />

filmen und berichten kann. Ich glaube, das sollte in Zukunft eine ganz normale Sache<br />

sein, ohne dass man sich da persönlich belästigt fühlt. (Abg. Strache: Auftrag vom<br />

Strobl!)<br />

11.46<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Herr Klubobmann-Stellvertreter Amon, bitte.<br />

11.46<br />

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident!<br />

Zunächst einmal bedanke ich mich namens meiner Fraktion sehr herzlich bei<br />

den Sicherheitsbediensteten unseres Hauses für die sehr umsichtige und behutsame<br />

Vorgangsweise, um die Sicherheit der Debatte zu gewährleisten. – Das zum einen.<br />

Zum Zweiten möchte ich Ihnen, Frau Dr. Glawischnig, schon sagen, dass Einflussnahmen<br />

vonseiten der Galerie – seien sie von rechts oder von links – durch nichts zu<br />

rechtfertigen sind. Das ist nicht zu rechtfertigen, das ist nicht in Ordnung, und ich<br />

bedanke mich, Herr Präsident, für die umsichtige Vorgangsweise! (Beifall bei der<br />

ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Grüne Vorfeldorganisationen!)<br />

11.47<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Weitere Wortmeldungen zur Geschäftsbehandlung<br />

liegen nicht vor. Wir können in der Tagesordnung fortfahren.<br />

*****<br />

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. Die nächsten<br />

fünf Rednerinnen und Redner haben jeweils 5 Minuten Redezeit. – Bitte.


72 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz<br />

11.47<br />

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin!<br />

Hohes Haus! Wir waren jetzt Zeugen eines Eklats, und wir sind beruhigt, dass die<br />

Grünen bereits jetzt wissen, dass es in diesem Haus von der Galerie aus weitere<br />

Störaktionen geben wird, denn offensichtlich sind sie die Einzigen, die an so etwas<br />

Interesse haben und so etwas unterstützen. (Beifall bei FPÖ und BZÖ sowie bei<br />

Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Mag. Stadler: Von ihnen kommt es ja!)<br />

Diese Beobachtung kann man allein schon daraus ermessen, dass bei sämtlichen<br />

mahnenden Worten, die vonseiten des Herrn Präsidenten gefallen sind, alle Parteien in<br />

diesem Haus durch den Applaus ein einhelliges, klares Zeichen gegeben haben, bis<br />

auf eine Partei, nämlich die Grünen, die so etwas offensichtlich dulden, wenn die Frau<br />

Innenministerin, bei allen sachlichen Differenzen, so dargestellt und diffamiert wird.<br />

(Beifall bei FPÖ, BZÖ und ÖVP. – Abg. Dr. Van der Bellen: Was soll das?)<br />

Es ist unerträglich, dass so etwas hier vonstatten gehen kann. Auf den Zwischenruf<br />

von Herrn Kollegen Öllinger während der Rede von Klubobmann H. C. Strache – er hat<br />

gesagt: „Sie gehen uns auf die Nerven!“ – kann ich nur antworten: Gott sei Dank! Wir<br />

Freiheitliche müssten nämlich etwas falsch machen, wenn wir Ihnen nicht auf die<br />

Nerven gingen, im Interesse der Österreicherinnen und Österreicher. (Beifall bei der<br />

FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Öllinger.)<br />

Nun zur Frage des humanitären Aufenthalts vulgo Bleiberecht. Es hat sich da ein<br />

sprachliches Problem aufgetan, weil man offensichtlich nicht weiß, was es bedeutet.<br />

Wenn sich jemand wo aufhalten darf, dann heißt es nämlich ganz schlicht und<br />

ergreifend auch, er darf dort „bleiben“. Das ist die Frage, wie man etwas nennt, aber<br />

diesbezüglich ist ja die Kreativität in der großen Koalition sehr hoch, denn immerhin<br />

heißt es jetzt statt Schubhaftzentrum „Kompetenzzentrum für aufenthaltsbeendende<br />

Maßnahmen“. – Klingt halt ein bisschen schöner, ist aber inhaltlich ganz genau<br />

dasselbe. (Beifall bei der FPÖ.)<br />

Zum vorliegenden Gesetzentwurf: Rechtsstaat muss sein, aber durch dieses Gesetz ist<br />

der Rechtsschutz nicht gegeben, weil – und das haben uns die Experten bestätigt –<br />

durch unklare Gesetzesbegriffe der Willkür Tür und Tor geöffnet werden können. Ich<br />

möchte, so wie es der Verfassungsrechtler Professor Funk gesagt hat, in Österreich<br />

nicht vom Goodwill einer Behörde abhängig sein, wenn ich auf etwas ein Recht habe.<br />

Recht muss Recht bleiben, und es muss genau so eingeschränkt sein, dass man nicht<br />

von der Willkür der Behörde abhängig ist. (Beifall bei der FPÖ.)<br />

Es wird daher mit Sicherheit in diesem Bereich etliche Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof<br />

geben, und ich glaube, dass bei einzelnen Entscheidungen durchaus<br />

die Chance besteht, dass sie aufgehoben werden. – Das kann aber nicht Sinn und<br />

Zweck einer Gesetzgebung in diesem Haus sein.<br />

Die ÖVP hat davon gesprochen, dass der goldene Mittelweg gefunden worden sei. –<br />

Das ist kein goldener Mittelweg, sondern das ist eine Gratwanderung, was Sie von<br />

der großen Koalition machen, und es ist ein schmaler Grat, wo Sie rechts oder links<br />

sehr leicht straucheln und hinunterfallen können. (Beifall bei der FPÖ.)<br />

Zum Inhaltlichen: Wir als soziale Heimatpartei (Ah-Rufe bei den Grünen) sind in erster<br />

Linie den Interessen der Österreicherinnen und Österreicher verpflichtet (Beifall bei der<br />

FPÖ), und daher können wir nicht zulassen, dass unter dem Deckmantel der Humanität<br />

eine illegale Einwanderung legalisiert wird.<br />

Zur Klarstellung, wie es bereits geäußert wurde: Es geht nicht um die Frage, ob<br />

jemand, dem nach der Flüchtlingskonvention Asyl zusteht, Asyl bei uns bekommt oder<br />

nicht – diese Tradition ist in Österreich in den letzten Jahrzehnten immer hochgehalten


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 73<br />

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz<br />

worden (Abg. Mag. Korun: Wieso gibt es dann immer weniger Asylanerkennungen?) -,<br />

sondern es geht um jene, die als Wirtschaftsflüchtlinge kommen, Asylbehörden täuschen,<br />

Verfahren anstrengen, die Behörden über ihre Identität im Unklaren lassen,<br />

daher auch keine Dokumente vorzeigen, und darum, dass da, unter Umständen<br />

kombiniert mit der Unfähigkeit von Behörden, weil sie vom Staat nicht ausreichend mit<br />

Mitteln ausgerüstet werden, etwas legalisiert wird. (Beifall bei der FPÖ.)<br />

Wir brauchen auch später einmal keinen Innenminister Öllinger oder Pilz, der das dann<br />

in irgendeiner Form vollziehen sollte. – Möge Gott uns davor behüten! Aber wir<br />

brauchen gar nicht den allerhöchsten Überirdischen zu bemühen, es genügt, wenn wir<br />

den Allerhöchsten in dieser Republik bemühen, nämlich den Souverän, das Wahlvolk<br />

der Österreicherinnen und Österreicher. Ich bedaure, dass die Redezeit der Grünen<br />

nicht länger ist, denn sie betreiben selbst die beste Wahlwerbung für die FPÖ, indem<br />

sie ihre Vorhaben darstellen. Ich glaube daher, die Österreicherinnen und Österreicher,<br />

die diese Diskussion jetzt erleben, wissen, in welchem Haus Österreich ist. (Beifall bei<br />

der FPÖ.)<br />

11.52<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Kapeller. –<br />

Bitte.<br />

11.52<br />

Abgeordneter Ing. Norbert Kapeller (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister!<br />

Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuschauer auf der Galerie<br />

und zu Hause vor den Fernsehschirmen! Ich bin froh, dass der ORF zu diesem Thema<br />

öffentlich berichtet und dass diese Debatte im Fernsehen übertragen wird, damit die<br />

Zuseher, die interessierten Menschen in Österreich sehen können, welche Einstellungen<br />

die verschiedenen Parteien zu diesem wichtigen Thema haben.<br />

Ich hätte eine Bitte an dieses angesprochene Fernsehteam: Ich sitze ganz hinten, und<br />

ich habe ein anderes Problem als Herr Strache und Herr Graf. Ich bin zu wenig im<br />

Bild! (Heiterkeit.) Ich lade Sie ein, schwenken Sie zu mir nach hinten! Sie werden von<br />

mir deswegen nicht gerügt werden. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Strache: Weil<br />

ihr den ORF manipuliert! Bei der Manipulation des ORF seid ihr ja Kaiser! Der rotschwarze<br />

Rundfunk! Da seid ihr Kaiser!)<br />

Zum Thema: Ich habe mir vorgenommen, als ehemaliger Erstentscheider beim Bundesasylamt<br />

Linz diese 5 Minuten ausschließlich dazu zu nützen, um zur Sache zu<br />

sprechen – wie es läuft, wie es ist. Aber Sie, Frau Korun, und auch Sie, Frau<br />

Dr. Glawischnig, haben uns gezwungen, auf manche Dinge, die hier gesagt wurden, zu<br />

replizieren. (Abg. Mag. Korun: Bitte!)<br />

Sie wollen wirklich, dass alle, die hier sind – egal, ob berechtigte oder unberechtigte<br />

Asylwerber, egal, ob illegal eingereist, illegal hier oder auch kriminell –, bleiben dürfen,<br />

und das kann es in dieser Sache einfach nicht sein. (Beifall bei der ÖVP. – Abg.<br />

Mag. Korun: Sie haben mir nicht zugehört! Unbescholten!)<br />

Frau Korun (Abg. Mag. Korun: Zuhören ist auch eine Kunst!), Sie haben in Ihren<br />

Ausführungen immer wieder angesprochen, dass in der ersten Instanz die Bundesasylbehörden<br />

tendenziell falsch entscheiden. (Abg. Mag. Korun: Das habe ich nicht<br />

gesagt! Haben Sie zugehört?) – Sie haben das angesprochen: dass sie tendenziell<br />

falsch entscheiden, sogar in der Tendenz ausländerfeindlich wären et cetera. (Abg.<br />

Mag. Korun: Das Wort „ausländerfeindlich“ ist kein einziges Mal vorgekommen!)<br />

Sie haben den ganzen Verwaltungsstaat wieder einmal schlechtgeredet. Ich frage Sie<br />

ganz offen und ehrlich: Leben Sie gerne in unserem Österreich? In Ihrer Heimat<br />

Österreich? In unserer Republik? (Abg. Mag. Korun: Nehmen Sie Österreich nicht in


74 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Ing. Norbert Kapeller<br />

Geiselhaft!) Ich schon. Und damit das so bleiben kann, brauchen wir genau diese<br />

Gesetzesnovelle, neben vielen anderen Dingen, die wir hier im Haus abzuarbeiten<br />

haben.<br />

Dass Sie von den Grünen hier nicht mitgehen, das haben die Österreicher und<br />

Österreicherinnen gewusst. Was ich nicht verstehe, Herr Strache, Herr Westenthaler:<br />

dass Sie diesen Schritt, der auch Ihrer Richtung entspricht, zwar nicht so weit geht, wie<br />

Sie wollen, aber in die richtige, auch Ihre richtige Richtung geht, nicht mitmachen. –<br />

Das verstehe ich nicht. (Abg. Strache: Ein illegales Einwanderungsgesetz!)<br />

Es ist ein ausgewogener Balanceakt zwischen Rechtsstaatlichkeit und Humanität. Es<br />

ist unsere Pflicht, diesen Schritt zu setzen, und das wollen wir in diesem Haus auch<br />

tun.<br />

Wie angesprochen bin ich im Bundesasylamt Linz in den Jahren 1998/99 Erstentscheider<br />

gewesen und weiß aus der Praxis, was da alles an Asylanträgen hereinkommt.<br />

Bei jedem Menschen, der einen Asylantrag stellt, steht ein individuelles, persönliches<br />

und menschlich verständliches Schicksal dahinter, aber Tatsache ist, dass in<br />

der ersten Instanz berechtigterweise eine entsprechende negative Quote herauskommt,<br />

weil einfach keine Asylgründe im klassischen Sinn – verfolgt aufgrund der<br />

Religion, der ethnischen Zugehörigkeit oder der politischen Überzeugung – gegeben<br />

sind. (Abg. Mag. Korun: Gar keine?)<br />

Es sind fast alles Wirtschaftsflüchtlinge, die zu uns kommen. Das ist individuell absolut<br />

berechtigt und verständlich, aber das ist nicht die richtige Gesetzesschiene, um<br />

Wirtschaftsflüchtlinge abzuarbeiten und zu behandeln. (Abg. Strache: Denen öffnet ihr<br />

jetzt Tür und Tor!) – Wir wollen jetzt eines, Herr Strache: dem in Zukunft einen Riegel<br />

vorschieben, Lücken im Gesetz schließen, damit für die organisierte Kriminalität im<br />

Osten und für die kriminellen Schlepperbanden nicht wir das Tor zum goldenen<br />

Westen sind; denn der goldene Westen bröckelt auch, und wir als österreichische<br />

Politiker in diesem Parlament haben in erster Linie unserer Bevölkerung, unseren<br />

Österreicherinnen und Österreichern gegenüber Verantwortung wahrzunehmen und<br />

dafür zu sorgen, dass es in Österreich möglichst so bleibt, wie es ist. Und dazu ist<br />

diese Gesetzesnovelle auch notwendig. (Abg. Strache: Seit Jahren untätig bei der<br />

Familie Zogaj! Von Sicherheitspartei keine Spur! Die „Unsicherheitspartei“ ist die ÖVP<br />

in der Zwischenzeit!)<br />

Ein Beispiel möchte ich noch geben: Ich war auch in erster Instanz mitverantwortlich<br />

dafür, dass es heute Altfälle gibt. Wir können die, die damals Asyl beantragt haben und<br />

in erster Instanz abgelehnt wurden, nicht schuldfrei sprechen. Sie haben gewusst, dass<br />

sie mit der Berufung in ein Rechtssystem einsteigen, das am Ende auch einen negativen<br />

Bescheid hervorbringen wird, und sie haben gewusst, dass es nicht zum Asyl<br />

reichen wird, sondern dass sie ihren Aufenthalt wenn möglich ersitzen, nämlich durch<br />

diese lange Aufenthaltszeit. Und genau das wollen wir in Zukunft verhindern. Wir<br />

müssen mehr als 20 000 Altfälle abarbeiten – human, menschlich, in einem Balanceakt<br />

zur Rechtstaatlichkeit. – Nicht mehr und nicht weniger wollen wir tun. (Abg.<br />

Mag. Korun: … „Balanceakt zur Rechtsstaatlichkeit“!)<br />

Ich richte einen Appell an die Kosovaren, die damals zu uns gekommen sind und deren<br />

Fälle auch ich entscheiden habe müssen. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Wieso<br />

sind Sie so aufgeregt!) – Ich bin nicht aufgeregt, Frau Dr. Glawischnig, sondern das ist<br />

die Wahrheit, die Sie hören sollten. Warum helfen wir den Kosovaren nicht, …<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Den Schlusssatz, bitte.<br />

Abgeordneter Ing. Norbert Kapeller (fortsetzend): … als Brückenbauer zu fungieren,<br />

das Know-how, das sie sich in Österreich angeeignet haben, im Kosovo anzuwenden


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 75<br />

Abgeordneter Ing. Norbert Kapeller<br />

und den Kosovo gemeinsam in die Europäische Union zu führen? (Beifall und Bravorufe<br />

bei der ÖVP.)<br />

11.58<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Scheibner. –<br />

Bitte.<br />

11.58<br />

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! (Der<br />

Redner deutet auf die Abgeordneten Amon und Dr. Bartenstein, die bei Bundesministerin<br />

Dr. Fekter an der Regierungsbank stehen.) – Ich störe Ihr Gesprächskränzchen<br />

nur ungern. Frau Bundesminister, vielleicht nur ganz kurz. (Abg.<br />

Mag. Wurm: „Kränzchen“! …) – Was mischen Sie sich da ein, Frau Kollegin? Ich habe<br />

jetzt die Frau Bundesminister angesprochen. (Heiterkeit und Beifall beim BZÖ.)<br />

Frau Bundesminister, ich glaube, dieser terroristische Akt von der Galerie heute hat<br />

eindeutig gezeigt … (Zwischenrufe bei den Grünen.) Verharmlosen Sie nicht schon<br />

wieder, meine Damen und Herren von den Grünen! Es ist wirklich unerträglich, dass es<br />

im Hohen Haus eine Fraktion gibt, die auf dem linken Auge blind ist. (Beifall bei BZÖ<br />

und FPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)<br />

Frau Korun, ich hätte mir wirklich gerne angeschaut, was Sie in diesem Hohen Haus<br />

aufgeführt hätten – und zwar zu Recht, und wir hätten uns Ihrer Kritik angeschlossen –,<br />

wenn da irgendwelche rechten Skinheads etwas deklamiert hätten. (Zwischenrufe bei<br />

den Grünen. – Abg. Strache: Das waren eh linke Skinheads!)<br />

Wir hätten die Sitzung unterbrochen, es hätte eine Präsidialsitzung gegeben, und die<br />

wären alle abgeführt und verurteilt worden. Das wäre auch der richtige Weg für linke<br />

Terroristen, meine Damen und Herren. Hier ist das Haus der Demokratie – und nicht<br />

des Terrorismus. (Beifall bei BZÖ und FPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)<br />

Frau Bundesministerin Fekter, Sie haben wohl eindeutig gesehen, es nützt nichts, sich<br />

diesem linken Mainstream anzubiedern. Es hilft nichts, es ist alles zu wenig. Es wäre<br />

besser – und das hätten wir uns von Ihnen erwartet –, hier in Österreich für Recht und<br />

Ordnung und Gesetzeskonformität zu sorgen. Das ist Ihre Aufgabe als Innenministerin,<br />

und nicht, die Möglichkeiten zu schaffen, dass Illegale legalisiert werden. (Beifall beim<br />

BZÖ.)<br />

Und, Frau Bundesministerin, nichts anderes schaffen Sie mit diesem humanitären<br />

Aufenthalt!<br />

Der „Verfassungsexperte“ der SPÖ, Pendl (Heiterkeit beim BZÖ), hat gefordert, dass<br />

man Asyl und Integration und Zuwanderung auseinanderhalten soll. – Ja, es geht jetzt<br />

um Asyl. Asyl ist ein wichtiges Recht. Frau Bundesministerin, da hätten Sie humanitär<br />

sein können, als es etwa um die irakischen Christen ging, die im Irak wegen ihrer<br />

Religion wirklich an Leib und Leben verfolgt werden (Abg. Mag. Stadler: Abgeschlachtet!),<br />

als die Frage gewesen ist, ob man in der EU und auch in Österreich Asyl<br />

gewähren soll. Da haben Sie sofort gesagt: Nein! Da waren Sie strikt.<br />

Aber bei anderen sind Sie weniger strikt. Wenn ich mir nur den heutigen „Kurier“<br />

ansehe: Ihr Bundeskriminalamt sagt, dass der Straßenhandel bei den Drogen, von<br />

Heroin und Kokain in Österreich seit langer Zeit fest in den Händen westafrikanischer<br />

Täter ist; die meisten davon sind Asylwerber. (Hö-Rufe beim BZÖ.)<br />

Meine Damen und Herren, da wollen wir die Konsequenz haben: dass jemand, der das<br />

Asylrecht missbraucht, der straffällig ist, der unseren Kindern durch die Drogen die<br />

Zukunft raubt, dass der abgeschoben wird, und zwar sofort, ohne irgendwelche humanitären<br />

Diskussionen! (Beifall beim BZÖ sowie des Abg. Strache.)


76 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Herbert Scheibner<br />

Meine Damen und Herren, das wäre notwendig.<br />

Bei diesem humanitären Aufenthalt geht es um Menschen, die keinen Asylgrund<br />

haben, denn wenn sie einen Asylgrund vorbringen könnten und das entsprechende<br />

Verfahren abgewickelt wird, dann haben sie ihren Aufenthalt. Überhaupt keine Frage.<br />

Aber hier ist eindeutig klar: Es ist kein Asylgrund, und damit sind sie illegal hier.<br />

Meine Damen und Herren, jetzt umgelegt auf einen anderen Bereich – man sagt<br />

immer, man soll nicht strafrechtlich argumentieren; nein, es ist ein Verwaltungsverfahren<br />

–: Man sagt, er hat zwar keinen Anspruch, er hat zwar kein Recht, aber weil<br />

es so lange gedauert hat und weil er nicht straffällig geworden ist – na, das ist ja schon<br />

ein wunderbarer Standard! – und weil die so nett sind, können sie trotzdem dableiben.<br />

Legen wir das einmal um aufs Baurecht: Es baut jemand ohne Baugenehmigung ein<br />

Haus – auch ein Verwaltungsverfahren. (Abg. Strache: Er ist gut integriert, also könnte<br />

man es lassen!) Es dauert lange, er kann mit vielen Anträgen das Verfahren lange<br />

verzögern. Er wohnt schon dort, er zahlt auch seine Kreditraten zurück, straffällig ist er<br />

auch nicht geworden, und nett ist er auch – also kann er den Schwarzbau im Grünland<br />

belassen.<br />

Das wäre die Konsequenz aus Ihrer Rechtsauffassung, meine Damen und Herren.<br />

Frau Bundesministerin! Da sagen wir ein klares Nein! Das kann es nicht geben! (Beifall<br />

bei BZÖ und FPÖ.)<br />

Wir haben gesagt, ein einziger Fall ist für uns vorstellbar, wo es so eine Ausnahmebestimmung<br />

geben könnte: Wenn die Behörde verantwortlich ist für die Verzögerung<br />

des Verfahrens. Da sind uns aber kaum Fälle bekannt. Aber in den Fällen – und darum<br />

geht es hier – von Asylwerbern, die, unterstützt durch Linke, Grüne, Organisationen,<br />

NGOs, die gutes Geld dafür verdienen, dass sie die Verfahren verzögern, immer<br />

wieder neue Anträge einbringen, gibt es keine Ausnahme. Da ist klar: Nach Abschluss<br />

des Verfahrens hat dieser Asylwerber das Land zu verlassen! (Beifall bei BZÖ und<br />

FPÖ.)<br />

Und weil Sie schon selber den „Fall Arigona“ erwähnt haben: Alles geht jetzt nach<br />

Arigona. Das ist ja der klassische Fall des Missbrauchs des Asylrechts! (Abg.<br />

Ing. Westenthaler: Warum sind die noch da, Frau Ministerin?) Drei Jahre nach Ende<br />

des Kosovo-Krieges illegal eingereist – statt das Geld dafür zu verwenden, um dort das<br />

Land aufzubauen, werden hier die Schlepper organisiert und die Schlepper bezahlt –,<br />

straffällig geworden, Asylverfahren abgelehnt – und trotzdem bleiben die hier! Und der<br />

Bruder kommt noch mit einem Schlagring, denn das gehört alles dazu.<br />

Meine Damen und Herren! Frau Innenministerin! Wenn das Ihre Ansicht von Asylrecht<br />

ist, dann haben wir uns wirklich in Ihrer Politik getäuscht. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)<br />

12.04<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Lueger. – Bitte.<br />

(Abg. Ing. Westenthaler: Frau Minister, warum sind die Zogajs überhaupt noch da?<br />

Warum sind sie nicht abgeschoben worden? – Bundesministerin Dr. Fekter: Weil sie<br />

ein Verfahren laufen haben! – Abg. Strache: Das wie vielte? – Bundesministerin<br />

Dr. Fekter: Das 113.!)<br />

Frau Kollegin Lueger ist am Wort! – Bitte.<br />

12.04<br />

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau<br />

Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Zuseherinnen und Zuseher auf den<br />

Galerien und vor den Fernsehschirmen! Ich möchte wieder zum Ausgangspunkt<br />

zurückkommen, denn anscheinend ist es bei manchen immer noch nicht durchgedrungen,<br />

dass dies kein neues Gesetz ist, sondern ein Reparaturauftrag des


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 77<br />

Abgeordnete Angela Lueger<br />

Verfassungsgerichtshofes, der den damaligen, bereits im Gesetz niedergeschriebenen<br />

humanitären Aufenthalt insofern aufgehoben hat, als er gesagt hat, es geht nur von<br />

Amts wegen, man kann keinen Antrag stellen.<br />

Damals gab es keine Aufregung Ihrerseits! Aber jetzt, heute und hier regen Sie sich<br />

diesbezüglich auf, und das erscheint mir schon ein wenig seltsam. (Abg. Strache: Weil<br />

Sie etwas machen, das der Verfassungsgerichtshof nicht so ...!)<br />

Ich gehe nun zurück zum Begutachtungsentwurf. Der erste Begutachtungsentwurf, der<br />

seitens der Frau Ministerin im Dezember des Vorjahres vorgelegt wurde, hat – das<br />

stimmt – am 22. Jänner bei der Landeshauptleutekonferenz für einige Kritik gesorgt,<br />

speziell in Bezug auf die Altfälle, die Patenschaft und den Beirat; speziell der Beirat<br />

hatte damals in der Gesetzesvorlage keine bundeseinheitliche Regelung.<br />

Es gibt eine überarbeitete Regierungsvorlage, und in diese überarbeitete Regierungsvorlage<br />

sind viele Aspekte eingeflossen. Wenn etwa die Ausweisung gemäß Artikel 8<br />

EMRK im Asyl- oder Fremdenrechtsverfahren unzulässig ist, dann ist es jetzt hier<br />

erstmals möglich – und ich betone noch einmal: erstmals! –, einen Aufenthaltstitel zu<br />

gewähren; und sowohl im Asylgesetz, im Fremdenpolizeigesetz als auch im Niederlassungs-<br />

und Aufenthaltsgesetz ist dies entsprechend der Rechtsprechung des<br />

Verfassungsgerichtshofes mit einem Kriterienkatalog geregelt.<br />

Auch dieser Kriterienkatalog ist in seiner ursprünglichen Form bekrittelt worden, er ist<br />

aber aufgrund dessen abgeändert worden. In jedem dieser Fälle ist eine Einzelfallprüfung<br />

vorzunehmen. Und wenn es in einem derartigen Fall von Amts wegen oder<br />

auf Antrag zu einer Niederlassungsbewilligung kommt, dann gibt es zwei verschiedene<br />

Varianten: die der unbeschränkten und die der beschränkten Niederlassungsbewilligung.<br />

Das ist ein gutes Zeichen, denn es beweist, dass die humanitären Aspekte<br />

bereits ins Regelverfahren integriert sind.<br />

Für die Altfälle, und zwar sind das jene Personen, die sich seit dem 1. Mai 2004<br />

durchgängig im Bundesgebiet aufhalten, gibt es jetzt auch die Möglichkeit, eine<br />

Niederlassungsbewilligung zu erhalten. Dabei hat die Behörde zu überprüfen – und<br />

das sind jetzt genau die Punkte, die Sie immer einfordern –: den Grad der Integration,<br />

die Selbsterhaltungsfähigkeit, schulische und berufliche Ausbildung und die Kenntnisse<br />

der deutschen Sprache.<br />

Und wenn in dem Expertenhearing Professor Funk gemeint hat, dass er sich bei dieser<br />

Beurteilung in einem grundrechtlichen Spannungsverhältnis befindet, dann, denke ich,<br />

wird die Frau Bundesministerin ein Auge darauf haben, dass sie ihre Behörden so weit<br />

schult, dass sie diese für den Vollzug in geeigneter Weise vorbereitet.<br />

Die Selbsterhaltungsfähigkeit mit der Patenschaft – einer der Punkte, die so stark<br />

kritisiert wurden – wurde ebenfalls abgeändert. Es gibt jetzt nicht mehr nur die Patenschaft<br />

vor dem Notar, es gibt sie auch vor einem inländischen Gericht. Sie wurde von<br />

fünf Jahren auf drei Jahre reduziert.<br />

Der dritte Punkt waren die Verpflichtungen der Krankenversicherung, Unterkunft und<br />

Unterhaltsmittel.<br />

Was den Wegfall der verpflichtenden Patenschaft angeht: Ich habe heute hier in dieser<br />

Diskussion noch nicht gehört, dass sie nur mehr mittels Notariatsakt erfolgt und dass<br />

sie nahezu der im bereits geltenden Recht enthaltenen Haftungserklärung im Visabereich<br />

entspricht und auch nur mehr subsidiär anzuwenden ist. Der Beirat, der der<br />

Frau Ministerin bei den Entscheidungen zur Verfügung steht, wurde anders aufgestellt,<br />

und es steht dem Städtebund- oder dem Gemeindebundvertreter ohneweiters zu, sich<br />

mit Bürgermeistern in Verbindung zu setzen, die vor Ort leben.


78 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordnete Angela Lueger<br />

Ich bin davon überzeugt, dass diese Reparatur – es ist kein neuer Entwurf für ein<br />

neues Gesetz –, der Auftrag des Verfassungsgerichteshofes, in Bezug auf die Antragstellung,<br />

im Sinne eines guten Mittelweges der Humanität und des Rechtsstaates<br />

erfolgt ist. Es konnten auch zusätzlich Verbesserungsvorschläge eingearbeitet werden,<br />

und es ist nicht so, wie Sie es versuchen hier zu vermitteln: Es war kein Auftrag, hier<br />

und jetzt ein neues Fremdenrecht zu gestalten, es war eine Reparatur. Und wenn wir<br />

ein neues Fremdenrecht gestalten wollen, dann lade ich Sie dazu ein, denn es liegt<br />

an uns, es weiterzuentwickeln. (Beifall bei der SPÖ.)<br />

12.09<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser.<br />

– Bitte.<br />

12.09<br />

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren!<br />

Werter Kollege Scheibner, hören Sie mit Ihren Übertreibungen auf! (Abg. Strache:<br />

Gewalttätigkeit gegen Ordner war da oben der Fall!)<br />

Sie verhöhnen die Opfer des Terrorismus, wenn Sie ein paar Zwischenrufe ernstlich<br />

mit Terrorismus gleichsetzen. Fahren Sie nach New York, reden Sie mit 9/11-Opfern!<br />

Dann werden Sie dort erfahren, was Terrorismus heißt und was es heißt, Opfer von<br />

Terrorismus zu sein! (Beifall bei den Grünen.)<br />

Und das geht auch an die Kollegen von der FPÖ: Hören Sie auf, das Menschenrecht<br />

Asyl im öffentlichen Ansehen zu vergiften! (Ruf bei der FPÖ: Ungeheuerlich!) Seien<br />

Sie froh, dass Sie das Privileg genießen, in einem freien Land Oppositionspolitik<br />

machen zu dürfen. Sie sind sich in Ihren warmen Polstersesseln offensichtlich gar nicht<br />

bewusst, was es heißt, nicht verfolgt zu werden! (Beifall bei den Grünen. – Abg.<br />

Strache: Im Unterschied zu Ihnen tun wir für die eigenen Bürger etwas!)<br />

Anders ist nicht zu erklären, dass Sie sukzessive versuchen, das Asylrecht in der<br />

öffentlichen Meinung zu zerstören, zu diskreditieren und damit letztendlich faktisch<br />

abzuschaffen.<br />

Kollege Pendl – er ist nicht mehr da; offensichtlich interessiert ihn die Diskussion nicht<br />

mehr – hat vor einer Stunde gesagt: „Wir hatten kein Bleiberecht, wir haben kein<br />

Bleiberecht, und wir bekommen kein Bleiberecht.“ – Ich muss ihm leider recht geben.<br />

Das ist ein Bleiberechts-Verhinderungsgesetz!<br />

Das ist deswegen bedauerlich, Frau Bundesminister ... (Bundesministerin Dr. Fekter<br />

spricht mit einem Mitarbeiter.) Frau Bundesminister, darf ich um Ihre Aufmerksamkeit<br />

bitten? – Das ist deswegen bedauerlich, weil die große Anzahl an Bleiberechtsfällen<br />

hausgemacht ist. Als 1997 der Unabhängige Bundesasylsenat geschaffen wurde,<br />

wurde er für 10 000 Fälle pro Jahr konzipiert. Es waren dann viel mehr, und so ist es<br />

zu den großen Rückständen gekommen.<br />

Was haben die Betroffenen gemacht? – An sich das, was alle von ihnen erwarten: Sie<br />

haben sich integriert. Die Kinder gehen in die Schule, die Erwachsenen haben sich<br />

Arbeit gesucht, sie haben sich in den Gemeinden integriert. Und was ist die Antwort,<br />

was ist der Lohn? – Ein Bleiberecht, das Restriktionen vorsieht und das diese Leute,<br />

die sich integriert haben, zurückschickt!<br />

Offensichtlich haben Sie ein Problem mit dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs. Sie<br />

haben handeln müssen und haben sich überlegt: Was kann man tun? – Verfassungskonform<br />

soll es sein, aber bauen wir neue Hürden auf!<br />

Erstes Beispiel: Bei den Altfällen aus der Zeit vor dem 1. Mai 2004 entscheidet das<br />

Innenministerium. Es gibt keine Berufungsmöglichkeit. Das würde sich kein Häusel-


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 79<br />

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser<br />

bauer in Österreich gefallen lassen, das ist unglaublich! Theoretisch gibt es die<br />

Möglichkeit, den Verfassungsgerichtshof anzurufen, aber wir wissen, wie die Praxis<br />

läuft: Bevor irgendein Antrag beim Verfassungsgerichtshof gestellt ist, sind die betroffenen<br />

Personen abgeschoben, und der Rechtsschutz ist unterlaufen!<br />

Nächster Punkt: Sie legen sich für diese heikle Entscheidung einen Beirat zu. Wozu<br />

brauchen Sie einen Beirat? Seien Sie nicht feig! Entscheiden Sie, stellen Sie sich der<br />

öffentlichen Debatte, und verstecken Sie sich nicht hinter irgendeinem ominösen<br />

Beirat! (Beifall bei den Grünen.)<br />

Nächster Punkt, Frau Bundesminister: In den Fällen, wo künftig die Länder entscheiden,<br />

behält sich das Bundesministerium für Inneres vor, innerhalb von drei Jahren<br />

in diesen Bescheid einzugreifen und das Ergebnis vollkommen aufzuheben.<br />

Da bin ich beim Beispiel von Scheibner mit seinen Häuselbauern. Das ist ungefähr so,<br />

als würde in erster Instanz ein Bürgermeister ein Haus genehmigen – und drei Jahre<br />

später kommt eine andere Behörde und sagt: Jetzt musst du es abreißen, es tut mir<br />

leid. Es war zwar rechtskräftig, aber jetzt wird abgerissen! (Beifall bei den Grünen.)<br />

Ich sage Ihnen, was Professor Funk dazu gesagt hat: Das ist im Verwaltungsrecht<br />

beispiellos! – Jetzt weiß ich schon, Sie haben mit den ExpterInnenmeinungen so Ihre<br />

Probleme; Sie finden das nicht interessant. Und in diesem Zusammenhang, weil Sie<br />

sich auch über die Galerie beklagt haben, muss man schon über Ihr Benehmen im<br />

Ausschuss reden, Frau Minister, über Ihre ständigen schnippischen Antworten auf<br />

Anmerkungen von ExpertInnen. (Abg. Amon: Hallo, hallo!)<br />

Ich verstehe schon, wir sind im parlamentarischen Procedere nicht immer fein, und<br />

wenn Sie schnippisch auf den Abgeordneten Steinhauser reagieren, akzeptiere ich<br />

das. Aber Ihre schnippischen Antworten auf die Ausführungen der ExpertInnen, Ihre<br />

ständigen abwertenden, beleidigenden Zwischenkommentierungen im Ausschuss halte<br />

ich wirklich für ein Problem. Und ich sage es Ihnen ganz ehrlich: Ich habe mich als<br />

Oppositionspolitiker gegenüber den ExpertInnen geschämt für dieses Verhalten, das<br />

sage ich Ihnen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Mag. Molterer: Wollen Sie sich jetzt als<br />

Verteidiger der Leute auf der Galerie aufspielen? Verteidigen Sie die Galerie? Statt<br />

sich zu distanzieren, solidarisieren Sie sich!)<br />

Frau Bundesminister, Sie haben kein Herz. – Jetzt werden Sie sagen: Eine Innenministerin<br />

braucht kein Herz. Okay, das ist eine Frage des Amtsverständnisses. Aber<br />

Sie haben auch kein Gefühl für Rechtsstaatlichkeit. Und wenn sich Herzlosigkeit und<br />

kein Gefühl für Rechtsstaatlichkeit verbinden, dann wird es gefährlich. (Beifall bei den<br />

Grünen.)<br />

Dieses Bleiberechtsgesetz wird keinen einzigen Bleiberechtsfall lösen. Dieses Bleiberechtsgesetz<br />

– das keines ist, muss man natürlich dazusagen – wird Härtefälle schaffen.<br />

Auch in Zukunft werden Menschen mit Blaulicht aus Schulen und von Arbeitsplätzen<br />

abgeholt werden! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Grillitsch: ... organisieren<br />

diese Demonstrationen! Schämen Sie sich!)<br />

12.14<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Entsprechend unserer beschlossenen Redeordnung ist<br />

die Redezeit bei den nun folgenden fünf Redebeiträgen mit 4 Minuten begrenzt.<br />

Es spricht nun Herr Abgeordneter Vilimsky. – Bitte.<br />

12.15<br />

Abgeordneter Harald Vilimsky (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Meine sehr<br />

geehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir zunächst eine Feststellung in Richtung<br />

der grünen Abgeordneten Korun, die, glaube ich, der Türkei entstammt und dort in eine


80 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Harald Vilimsky<br />

deutsche oder österreichische Nobelschule gegangen ist (Abg. Mag. Korun: Was hat<br />

das mit dem Thema zu tun?), die dann zu uns nach Österreich gekommen ist und dann<br />

irgendwann einmal gesagt hat, sie verstehe nicht, warum sie österreichische Staatsbürgerin<br />

sein müsse, um ins Parlament hineinzukommen. (Abg. Mag. Korun: Wie<br />

bitte?)<br />

Jetzt möchte ich in Ihre Richtung etwas sagen: Ich würde mir wünschen, dass Sie<br />

einmal Ihre Stimme erheben gegen die Menschenrechtsverletzungen in der Türkei<br />

gegenüber den Kurden! (Beifall und Bravorufe bei der FPÖ sowie Beifall beim BZÖ.)<br />

Kein einziges Mal machen Sie das! Dafür aber bürden Sie allen Österreichern und<br />

Österreicherinnen auf, Tür und Tor offen zu halten für Wirtschaftsflüchtlinge aus aller<br />

Herren Länder.<br />

Und jetzt erzähle ich Ihnen einmal etwas über die Österreicherinnen und Österreicher,<br />

die eine sehr gute Tradition haben, Menschen, die Schutz benötigen, diesen auch zu<br />

gewähren. (Zwischenrufe der Abg. Mag. Korun.)<br />

Das beginnt beim Ungarn-Aufstand 1956, geht über den Prager Frühling 1968, den<br />

Bosnien-Konflikt Anfang der neunziger Jahre, wo die Österreicher immer hilfsbereit<br />

waren. (Beifall bei der FPÖ.)<br />

Aber dann wurde ein bestimmter Punkt überschritten, und das hat begonnen, als<br />

70 000 bosnische Kriegsflüchtlinge, wo im All-Parteien-Konsens Österreich extra Konsens<br />

bezüglich des Kriegsflüchtlings geschaffen hat, einfach hier geblieben sind –<br />

mit Ihrem Applaus – und das nichts anderes waren als Wirtschaftsflüchtlinge,<br />

genauso wie die Arigona heute.<br />

Und die ÖVP hat es ja schon richtig gesagt: Die meisten sind Wirtschaftsflüchtlinge.<br />

Richtig. Frau Minister, Sie schaffen jetzt das Bleiberecht für Wirtschaftsflüchtlinge!<br />

Man muss in diesem Zusammenhang schon auch festhalten: Es sind nicht nur Wirtschaftsflüchtlinge,<br />

es sind internationale Schlepperbanden, die Kriminalität hierher<br />

exportieren. Das ganze Drogengeschäft ist in schwarzafrikanischer Hand.<br />

Schauen Sie sich das Problem mit den Tschetschenen an – die Tageszeitungen sind<br />

voll davon! (Abg. Strache: Georgische Hauseinbrecher, Wohnungseinbrecher!) 22 000<br />

Tschetschenen, die hier sind und die im Internet Tipps geben, wie man am besten in<br />

Österreich Asyl erhält: indem man sofort psychologische Hilfe in Anspruch nimmt,<br />

weil man ja traumatisiert ist (Beifall bei der FPÖ), indem man zweitens die Dokumente<br />

vernichtet und indem man sich drittens als Rebell bezeichnet.<br />

Das genau sind die internationalen Tipps, wie immer mehr nach Österreich hereinkommen,<br />

uns auf der Tasche liegen und unter dem Titel Asyl nichts anderes machen, als<br />

eine internationale Kriminalität hereinzubringen, einen Drogenring, einen Prostituiertenring,<br />

wie es mittlerweile in Wien der Fall ist. (Abg. Strache: Und Hauseinbrüche zu<br />

organisieren!) Und es kommen nicht nur die schwarzafrikanischen Nigerianer hierher,<br />

um mit Drogen zu handeln, sondern mittlerweile schleppt man auch die Schwarzafrikanerinnen<br />

hierher, die „Asyl!“ schreien (Abg. Strache: Und am Straßenstrich<br />

stehen dann!) und vom roten Bürgermeister Häupl, von der MA 15, den „Deckel“<br />

bekommen, mit dem sie dann legal der Prostitution nachgehen können.<br />

Das ist die rot-schwarze Politik, die wir ablehnen! (Beifall bei der FPÖ.)<br />

Leugnen Sie auch nicht das Problem der Schwarzafrikaner, die alle irgendwie hierher<br />

geschleppt werden, alle ganz „zufällig“ ihre Papiere verloren haben, alle „zufällig“ vor<br />

den Western-Union-Banken und -Filialen stehen, um das Geld, das sie mit Drogenhandel<br />

erworben haben, in ihre Heimat zu überweisen! 145 Schwarzafrikaner sind in<br />

der vergangenen Woche von der Polizei im Rahmen einer Razzia aufgegriffen worden,


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 81<br />

Abgeordneter Harald Vilimsky<br />

und ich sage Ihnen heute schon, und wir werden das in einer Parlamentarischen Anfrage<br />

auch noch genau hinterfragen: Ich traue mich zu wetten, dass von den<br />

145 schwarzafrikanischen Drogenhändlern, die die Polizei jetzt aufgegriffen hat, mindestens<br />

145 Asylwerber sind. Und das ist der Irrsinn dieser Politik, vor der Sie die<br />

Augen verschließen! (Beifall bei der FPÖ.)<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Den Schlusssatz, bitte!<br />

Abgeordneter Harald Vilimsky (fortsetzend): Sie, sehr geehrte Damen und Herren<br />

von SPÖ und ÖVP, höhlen das wichtige Asylrecht aus, weil Sie Tür und Tor öffnen für<br />

Asylbetrug. Dadurch könnten dann diejenigen, die wirklich Schutz und Hilfe benötigen,<br />

unter die Räder kommen. Da sollten Sie einmal nachdenken, inwieweit Sie nicht am<br />

falschen Weg sind und einen falschen Kurs eingeschlagen haben. – Danke. (Beifall bei<br />

der FPÖ.)<br />

12.19<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Fürntrath-<br />

Moretti. – Bitte.<br />

12.20<br />

Abgeordnete Adelheid Irina Fürntrath-Moretti (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin!<br />

Hohes Haus! Herr Kollege Steinhauser, ich muss wirklich mein Entsetzen<br />

darüber zum Ausdruck bringen, dass Sie unsere Bundesministerin für Inneres wirklich<br />

aggressivst angehen und beschimpfen. Das ist unerträglich! Es kann doch nicht sein,<br />

dass sich die Grünen hier herinnen über die Innenministerin ausbreiten und sich von<br />

diesen Extremisten nicht entsprechend distanzieren. Ich finde das wirklich unerträglich!<br />

(Beifall bei ÖVP, SPÖ, FPÖ und BZÖ.)<br />

Zum Herrn Abgeordneten Hojac – oder Westenthaler, wie er jetzt heißt. (Abg.<br />

Scheibner: Hallo, hallo! Das geht so nicht!) Wenn ich so in die Reihen schaue, haben<br />

wir Namen wie Vilimsky, wir haben Namen wie Dolinschek. (Abg. Vilimsky: Das ist<br />

doch ungeheuerlich! Warum darf diese Dame da jeden Unsinn reden?! – Abg.<br />

Scheibner: Überlegen Sie sich, was Sie sagen!) Und was zeigt uns das, sehr geehrte<br />

Damen und Herren? (Lebhafte Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.) – Das zeigt uns nur,<br />

dass wir Österreicher ein Schmelztiegel von Nationen sind. Wir brauchen uns nur ein<br />

paar Meter weiter zu bewegen, und wir wissen, dass in diesem ... (Weitere lebhafte<br />

Zwischenrufe bei FPÖ und BZÖ.) – Darf ich weitersprechen?!<br />

Begeben Sie sich in den Reichsratssaal, meine sehr geehrten Damen und Herren, und<br />

Sie werden feststellen, dass dort neun Länder und Völkergruppen vertreten waren.<br />

(Ruf beim BZÖ: Das hat aber nicht funktioniert!) Das hat sehr wohl funktioniert!<br />

Mein Vorredner, Herr Vilimsky, hat ja auch schon angesprochen, dass Österreich<br />

immer wieder sehr stark karitativ tätig war, sehr viele Flüchtlinge aufgenommen hat.<br />

(Abg. Dr. Graf: Genau das hat er ja angesprochen!) Es gab ja nicht nur den Bosnien-<br />

Krieg 1991 bis 1995, sondern auch die Ungarn-Krise 1956/57. Und wir haben sehr,<br />

sehr viele Ungarn aufgenommen, die uns, kann man fast sagen, „überschwemmt“<br />

haben.<br />

Zigtausende Ungarn sind nach Österreich gekommen, und viele von ihnen sind<br />

geblieben; sie alle sind sehr, sehr gute, toll integrierte Bürger geworden. (Abg.<br />

Strache: Das hat Vilimsky ja gesagt!) Man merkt es überhaupt nur mehr an den<br />

Namen, dass wir ein Schmelztiegel sind. Ich finde es wirklich unerträglich, dass Sie auf<br />

diesem Gebiet eine solche Polarisierung betreiben! (Beifall bei der ÖVP. – Abg.<br />

Scheibner: Wissen Sie überhaupt, wovon wir hier reden?!)<br />

Zum Thema Arbeitsplätze: Herr Abgeordneter Westenthaler, Sie haben recht: Wir<br />

werden in nächster Zeit durch die Krise sehr viele Arbeitslose haben, aber wir haben in


82 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordnete Adelheid Irina Fürntrath-Moretti<br />

Österreich auch sehr, sehr viel Arbeit, haben viele Betriebe, die Fachkräfte suchen. Es<br />

gibt eine Vorschau auf das Jahr 2020: Österreich braucht bis dahin 600 000 Fachkräfte.<br />

(Abg. Ing. Westenthaler: Setzen Sie sich besser wieder nieder! – Abg. Scheibner:<br />

Das mit dem Namen war doch völlig unmöglich!)<br />

Jetzt zum humanitären Bleiberecht ...<br />

Präsident Fritz Neugebauer(das Glockenzeichen gebend): Ich bitte um etwas mehr<br />

Aufmerksamkeit! Es sind noch genügend Redner aller Fraktionen auf der Rednerliste,<br />

man kann dann durchaus auf diese Ausführungen replizieren. Ich bitte, der Kollegin<br />

zuzuhören! – Danke. (Zwischenruf des Abg. Grosz.)<br />

Abgeordnete Adelheid Irina Fürntrath-Moretti (fortsetzend): Herr Abgeordneter<br />

Grosz, da spricht der Richtige! Sie sind immer derjenige, der unentwegt zwischenredet<br />

und alles schlecht macht. Ich finde das wirklich schlimm. Halten Sie sich ein bisschen<br />

zurück und hören Sie zu, was ich Ihnen sage! (Beifall bei der ÖVP.)<br />

Wir haben schon vom humanitären Bleiberecht gesprochen; es wurde auch das Thema<br />

Patenschaft angesprochen. Und an die Adresse der Grünen: Durch diese Patenschaft<br />

steht es Ihnen jetzt frei, jeder/jede von Ihnen kann eine Patenschaft übernehmen.<br />

(Abg. Mag. Korun: Gehen doch Sie mit gutem Beispiel voran!) Und dann haben Sie<br />

alle da, die Sie so gerne haben wollen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)<br />

12.23<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Nun gelangt Kollege Hagen zu Wort. – Bitte.<br />

12.23<br />

Abgeordneter Christoph Hagen (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte<br />

Frau Minister! Hohes Haus! Frau Minister Fekter hat nach dieser Aktion dieser grünnahen<br />

Gruppe vorhin von Protest von Links und Rechtsaußen beziehungsweise von<br />

Aktionismus gesprochen. – Ich muss Ihnen sagen, Frau Minister, dass das, wie Sie<br />

richtig sagen, abzulehnen ist. Wenn wir Gesetze machen, die die Bevölkerung dermaßen<br />

aufregen, dann war dieser Aktionismus nicht in Ordnung, aber es sollte hier<br />

anders funktionieren. Die Bevölkerung soll durch Protest – durch medialen Protest –<br />

aufzeigen, dass vieles mit Asylwerbern schief läuft, dass die österreichische Bevölkerung<br />

unter die Räder kommt. So ist es richtig! (Beifall beim BZÖ.)<br />

Es ist für mich auch unverständlich, dass Kollege Steinhauser diesen Radikalismus auf<br />

der Zuschauertribüne verteidigt. Da fehlen mir wirklich die Worte!<br />

Ich möchte jetzt aber auf das Thema zurückkommen. Sie, Frau Minister Fekter, haben<br />

von Zogaj-Asylautomatik gesprochen, von Ketten-Anträgen und so weiter. – Das<br />

sagt doch alles darüber, wie hier in Österreich das Asylrecht missbraucht wird. Diese<br />

Asylrechtsänderung ist eine Farce, eine Einladung ins Schlaraffenland Österreich zum<br />

Missbrauch des Asylrechts! So kann es nicht gehen, Frau Minister! (Beifall beim BZÖ.)<br />

Wir haben von Altfällen gesprochen, von denen seit Mai 2004 und länger mehr als die<br />

Hälfte legal in Österreich leben. Was zu sagen vergessen wurde, ist, dass da auch<br />

jene Fälle enthalten sind, die straffällig gewesen sind, deren Strafe aber bereits nach<br />

fünf Jahren getilgt wurde.<br />

Zum bereits vom Kollegen Scheibner angesprochenen Zeitungsartikel, dem gemäß<br />

sehr viele Schwarzafrikaner in Österreich sind, die Drogen verkaufen, die straffällig<br />

geworden sind – „Operation Leopold“, von Kollegen Vilimsky angesprochen; da lese<br />

ich noch unter der Überschrift – ich zitiere –: Absturz, auch finanziell, im Drogenbereich.<br />

Kokain zwingt viele Jugendliche in die Kriminalität von Raub bis zur Prostitution.<br />

– Zitatende.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 83<br />

Abgeordneter Christoph Hagen<br />

Und solche Leute wollen wir hier haben? Solchen Leuten erlauben wir Ketten-Anträge?<br />

Solche Leute werden von Grünen und NGOs unterstützt! – Da frage ich mich schon, in<br />

welchem Staat wir leben. (Beifall beim BZÖ.)<br />

Ich weiß nicht, ob es der Frau Minister bekannt ist, aber es gibt eine klare Regel für<br />

Schwarzafrikaner. Jeder, der um Asyl ansucht, schreit gleich beim Asylantrag: Ich bin<br />

aus Sierra Leone! Die Papiere sind sowieso vernichtet worden, und Sierra Leone ist<br />

ein Staat, der die Asylwerber nicht zurücknimmt beziehungsweise seine Staatsbürger,<br />

auch wenn sie in Österreich straffällig geworden sind, nicht mehr zurücknimmt.<br />

Diese Leute werden dann auf die Straße gesetzt, haben einen aufrechten Abschiebungsbescheid<br />

– und marschieren weiterhin in Österreich herum. Sie werden von der<br />

Polizei aufgegriffen, aber der sind dann die Hände gebunden. – So kann es doch nicht<br />

weitergehen!<br />

Frau Minister Fekter, erkundigen Sie sich einmal auf den Polizeidienststellen, in deren<br />

Umgebung Asylauffanglager sind, in deren Nähe sehr viele Asylantenheime sind, wie<br />

es dort zugeht. Denen sind die Hände gebunden, die haben keine Möglichkeit, gegen<br />

Asylwerber vorzugehen. Das Recht wird – mit der Unterstützung von NGOs, die diese<br />

Asyl-Kettenverfahren finanziell unterstützen – mit Füßen getreten, sodass in Österreich<br />

Recht ständig gebrochen wird. – Das kann es doch nicht sein, Frau Minister! (Beifall<br />

bei BZÖ und FPÖ.)<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Den Schlusssatz bitte, Herr Kollege.<br />

Abgeordneter Christoph Hagen (fortsetzend): Ich spreche der Exekutive großen<br />

Dank dafür aus, dass sie trotz derartiger Behinderung durch schlechte Gesetze und<br />

durch aktive Behinderung seitens der NGOs nicht frustriert den Kopf in den Sand<br />

steckt, sondern trotzdem versucht, die österreichische Bevölkerung zu schützen. –<br />

Danke. (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)<br />

12.28<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Wurm. –<br />

Bitte.<br />

12.28<br />

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr<br />

geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher! Ich möchte,<br />

wenn ich heute über dieses Gesetz diskutiere, auch noch andere Aspekte in den<br />

Vordergrund stellen, nämlich dass in Zukunft Opfern von Gewaltverbrechen – leider<br />

auch ein Phänomen unserer Zeit – besonderer Schutz gewährt werden wird. Es geht<br />

dabei um Gewaltverbrechen wie Menschenhandel, grenzüberschreitende Zwangsprostitution<br />

und Fälle der häuslichen Gewalt.<br />

Sehr geehrte Damen und Herren! Menschenhandel ist inzwischen ein sehr lukratives<br />

Geschäft geworden, ein lukratives Geschäft der organisierten Kriminalität. Damit wird<br />

sehr viel Geld gemacht, oft mehr Geld als im Drogenhandel. Die Thematik berührt<br />

aktuelle Problemstellungen wie Migration, Globalisierung, Armut und Frauenrechte.<br />

Allein in Mittel- und Osteuropa sind laut Schätzungen der EU und auch der OSZE rund<br />

500 000 Frauen, die gehandelt werden. Wie so lange in Fällen von Gewalt innerhalb<br />

der Familie tabuisiert wurde, wird auch hier gerne verleugnet, geschwiegen und<br />

überhaupt nicht darüber geredet.<br />

Tatsache, sehr geehrte Damen und Herren, ist aber, dass vor allem Frauen und auch<br />

junge Mädchen gehandelt werden. Sie werden in ein Land gelockt, mit falschen Versprechungen<br />

angeworben. Sie werden wie Gefangene gehalten, häufig ihrer Papiere<br />

beraubt und müssen alle möglichen Formen von Gewalt erleiden. Oft kann man sogar<br />

von Folter sprechen.


84 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm<br />

Frauenhandel, sehr geehrte Damen und Herren, ist eine Menschenrechtsverletzung,<br />

und der Schutz der Opfer muss an erster Stelle stehen! (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)<br />

Das gilt auch dann, wenn die Betroffenen kaum sichtbar sind, keinen Zugang zu ihren<br />

Rechten haben und nicht den Regeln legaler Zuwanderung gefolgt sind. Das konnten<br />

sie nämlich nicht! Und das wird in diesem neuen Gesetz berücksichtigt. Das ist ein<br />

wichtiger Schritt zur Verwirklichung der Menschenrechte auch in diesem Bereich.<br />

(Beifall bei der SPÖ.)<br />

Sehr geehrte Damen und Herren! Wer Frauenhändlern zum Opfer gefallen ist, braucht<br />

besonderen Schutz, braucht einen sicheren Aufenthaltsort und braucht professionelle<br />

Begleitung. (Beifall bei den Grünen.)<br />

Der erste Schritt dazu ist hier mit diesem humanitären Aufenthaltsrecht getan. Wir<br />

können stolz darauf sein, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)<br />

Ein weiterer wichtiger Grund für die Gewährung des Aufenthaltsrechts ist Gewalt in der<br />

Familie. Die Zahlen der Interventionsstellen sprechen eine deutliche Sprache. Und<br />

wenn man sich das genauer anschaut, sieht man, dass zirka ein Drittel der Klientinnen<br />

in den Frauenhäusern Migrationshintergrund haben. Das ist ein wichtiges Zeichen<br />

auch insofern, als nämlich jetzt auch in Migrationsfamilien darüber gesprochen wird<br />

und sich die Frauen das nicht mehr gefallen lassen, wenn sie zu Hause geschlagen<br />

werden. (Ruf bei der FPÖ: Ach so, wirklich?!)<br />

Wirksamer Schutz vor Gewalt beginnt mit einer rechtlichen und sozial ausreichenden<br />

Absicherung. Die Entscheidung von Migrantinnen, sich von Gewalttätern zu trennen, ist<br />

oft viel schwieriger als bei sogenannten einheimischen Frauen, weil sie sich oft in einer<br />

ökonomisch sehr schwierigen Situation befinden, weil sie nur ein geringes Einkommen<br />

haben. Es ist daher notwendig, dass wir einen eigenen Aufenthaltstitel gewähren,<br />

damit auch diese Frauen sich aus Gewaltverhältnissen lösen können. Ich bin überzeugt<br />

davon, dass mit dieser Gesetzwerdung ein wichtiger humanitärer Schritt gesetzt<br />

wird, ein weiterer Schritt zur Hebung unseres Standards bei den Menschenrechten. Ich<br />

bin stolz darauf! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Franz und Steibl.)<br />

12.32<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Musiol. –<br />

Bitte.<br />

12.32<br />

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr<br />

geehrte BesucherInnen auf den Galerien! Sehr geehrte ZuseherInnen vor den Fernsehschirmen!<br />

Wo Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht! – Bertolt Brecht.<br />

(Abg. Scheibner: Was meinen Sie damit?)<br />

Frau Ministerin, es überrascht nicht, dass Bürgerinnen und Bürger, NGOs und Initiativen,<br />

die tagtäglich mit Betroffenen arbeiten, die tagtäglich mit den Härtefällen, die<br />

unsere Gesetze produzieren, zu tun haben, hier zu anderen Mitteln greifen müssen.<br />

(Abg. Scheibner: Meinen Sie damit etwa die DemonstrantInnen von vorhin? Sind Sie<br />

etwa dafür?)<br />

Wie Sie mit den ExpertInnen im Hearing umgegangen sind, wie wenig Sie die Rückmeldungen<br />

dieser ExpertInnen berücksichtigt haben, ist beschämend. Ich hoffe, dass<br />

auch diese Aktion hier Sie zu einem Umdenken bewegen wird. (Abg. Scheibner: Das<br />

ist ja ungeheuerlich! Das ist ein Skandal!)<br />

Ich möchte jetzt konkret auf unser Thema zurückkommen und möchte hier auch eine<br />

andere Art der Betrachtungsweise anstellen, und zwar in Form einer differenzierten<br />

Herangehensweise. Sie, die Kolleginnen und Kollegen von FPÖ und BZÖ, muten uns


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 85<br />

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol<br />

menschenverachtende, rassistische, menschenrechtsverletzende Diskussionen zu.<br />

(Heftiger Widerspruch bei FPÖ und BZÖ.) Ich mute Ihnen jetzt eine differenzierte<br />

Diskussion zu. (Abg. Strache: Ihre Diffamierungssuada kennen wir schon zur<br />

Genüge!)<br />

Herr Kollege Strache! Sie können auch wieder aufstehen, wie Sie das hier schon getan<br />

haben. Kollegin Tamandl hat Ihnen vor einigen Wochen menschenverachtende Politik<br />

vorgeworfen, und Sie hatten nichts Besseres zu tun, als sich dieser Debatte nicht zu<br />

stellen und den Saal zu verlassen.<br />

Nun ein paar konkrete Fälle, denn es geht um konkrete Geschichten, es geht um<br />

konkrete Menschen, Männer, Frauen, Kinder, Paare, Eltern, Familien. – Zwei offenbar<br />

gut integrierte Familien, die seit Jahren im Salzburger Pinzgau leben, sollen in den<br />

Kosovo abgeschoben werden. Und der Bürgermeister der betroffenen Gemeinde – Sie<br />

werden ihn kennen, aber darauf komme ich noch zu sprechen – meinte, er werde die<br />

Verantwortlichen anrufen, diese Blödheiten abzustellen. Die Betroffenen hätten sich<br />

nachweislich voll integriert. Deshalb sollte ihnen ein humanitäres Bleiberecht gewährt<br />

werden.<br />

Und wörtlich: Wenn aber Asylverfahren so lange dauern wie in diesen beiden Fällen,<br />

und die Familien dem Land wohl gedient haben, Steuern zahlen und ihr soziales<br />

Verhalten voll in Ordnung ist, dann ist es inhuman, sie da herauszureißen. Wenn ein<br />

Verfahren so lange dauert, spottet das jeglicher Rechtstaatlichkeit. – Zitatende.<br />

Das lässt hoffen! Und es lässt nicht nur hoffen, weil sich hier ein Amtsträger zu Wort<br />

gemeldet hat und Ihnen so wie Kollegin Korun zuvor schon zahlreiche Beispiele aus<br />

verschiedenen Gemeinden gebracht hat, weil Menschen Zivilcourage gezeigt und<br />

gesagt haben, dass es so nicht weitergehen kann, sondern es lässt auch hoffen, weil<br />

es sich in diesem Fall um einen ehemaligen FPÖ-Bürgermeister, ein ehemaliges FPÖ-<br />

Mitglied handelt. (Abg. Dr. Rosenkranz: Ehemalig? – Abg. Dr. Graf: Was ist in<br />

Kurdistan?)<br />

Ehemalig, sicherlich, aber jemand, der früher Ihre menschenverachtende Politik mitgetragen<br />

hat. Ich habe keine Hoffnung, dass Sie, die Sie hier in diesem Haus sitzen,<br />

einen anderen Kurs einschlagen werden. Es zeigt sich aber, dass Menschen, die an<br />

der Basis sind, die an den Problemen dran sind, auch ihre Meinung ändern werden.<br />

Wir werden als Grüne weiterhin alle Initiativen, alle NGOs, alle Menschen dabei<br />

unterstützen, ein echtes, richtiges Bleiberecht in Österreich zu erringen. (Beifall bei den<br />

Grünen.)<br />

12.36<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Auch für die letzten fünf Rednerinnen und Redner in der<br />

Fernsehzeit gilt eine Redezeit von 4 Minuten.<br />

Ich wollte der Frau Kollegin Musiol mitteilen, dass ich mir einen Ausdruck ihrer Rede<br />

besorgen werde. Rassismusvorwürfe bedingen eigentlich einen Ordnungsruf. Ich weiß<br />

aber nicht, ob Sie den Vorwurf so getätigt haben. Ich werde das überprüfen. (Beifall bei<br />

FPÖ und BZÖ.)<br />

Zu Wort gelangt nun Kollege Dr. Kurzmann. – Bitte.<br />

12.36<br />

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister!<br />

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich begrüße ganz besonders eine Gruppe aus<br />

meinem Heimatland, eine Gruppe aus Weiz. Herzlich willkommen! (Beifall bei der<br />

FPÖ.)


86 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann<br />

Meine Damen und Herren! Österreich war in der Vergangenheit immer ein Land, das<br />

Verfolgte, das Flüchtlinge großzügig aufgenommen und wirklich unterstützt hat. Österreich<br />

war in der Vergangenheit auch immer ein Land, das die Menschenrechte<br />

geachtet und die Genfer Konvention vorbildlich umgesetzt hat.<br />

Kollege Vilimsky hat bereits auf historische Beispiele hingewiesen, auf das Jahr 1956,<br />

als tausende ungarische Flüchtlinge in unser Land geströmt sind. Er hat auch an das<br />

Jahr 1968 erinnert, als nach dem Prager Frühling russische Panzer diesen Frühling<br />

niedergewalzt haben und eine Welle von Flüchtlingen aus der damaligen Tschechoslowakei<br />

nach Österreich gekommen ist. Denken wir aber auch an den Vorabend der<br />

Wiedervereinigung der deutschen Staaten, als Bürger aus der ehemaligen Deutschen<br />

Demokratischen Republik über ungarisches Staatsgebiet nach Österreich gekommen<br />

sind.<br />

Österreich, und ich möchte das betonen, weil eine Vorrednerin das in Frage gestellt<br />

hat, hat auf humanitärem Gebiet Vorbildliches geleistet, und Österreich hat es nicht<br />

nötig, sich von der grünen Fraktion immer wieder als unmenschlich oder als ausländerfeindlich<br />

denunzieren zu lassen. (Abg. Mag. Korun: Nicht Österreich! Sie und Ihre<br />

Politik sind zu kritisieren!)<br />

Meine Damen und Herren! Die Österreicher sind nach wie vor hilfsbereit gegenüber<br />

denen, die unsere Hilfe brauchen. (Abg. Mag. Korun: Ja, die ÖsterreicherInnen schon,<br />

nicht aber Ihre Politik! Nehmen Sie Österreich nicht in Geiselhaft!) Unsere Landsleute<br />

können aber auch sehr genau unterscheiden zwischen den Hilfsbedürftigen auf der<br />

einen Seite und den Scheinasylanten oder Asylbetrügern auf der anderen Seite.<br />

Arigona Zogaj, meine Damen und Herren, und ihre Familie – diese Familie ist sicher<br />

keine politische Flüchtlingsfamilie, sondern Symbol für staatlich geduldeten Asylmissbrauch.<br />

Das sieht die übergroße Mehrheit der österreichischen Bevölkerung so. Sie<br />

nimmt aber auch zur Kenntnis, dass eine österreichische Innenministerin vor selbsternannten<br />

Gutmenschen in die Knie geht und sogenannte humanitäre Gründe in<br />

Asylverfahren anerkennen lässt. (Beifall bei der FPÖ.)<br />

Meine Damen und Herren, das öffnet dem Asylbetrug in unserem Land Tür und Tor.<br />

Das war, Frau Bundesminister Fekter, die Kapitulation des Rechtsstaates vor der<br />

veröffentlichten Meinung einer Minderheit! Wohin die unverantwortliche Zuwanderungspolitik<br />

der ÖVP-Innenminister in der Vergangenheit geführt hat, das zeigt ja auch<br />

ein Blick in die österreichischen Gefängnisse.<br />

Fast die Hälfte der rund 9 000 Häftlinge in den österreichischen Strafanstalten sind<br />

Ausländer (Abg. Strache: Weitere 20 Prozent Eingebürgerte! – Zwischenruf des Abg.<br />

Öllinger), nach einer Statistik des Justizministeriums 46 Prozent. Zählt man da noch<br />

die neu Eingebürgerten, die Neo-Österreicher, die Sie ja immer als Menschen mit<br />

Migrationshintergrund bezeichnen, dazu, dann sind es mehr als 50 Prozent. (Abg.<br />

Öllinger: Sollen wir Österreicher ins Gefängnis schicken? – Abg. Strache: ..., das gibt<br />

es gar nicht!)<br />

Meine Damen und Herren, nun zum geplanten Schubhaftzentrum, das gerade für uns<br />

Steirer ein wesentliches Problem ist. Wir Freiheitliche sind nicht gegen eine rigorose<br />

Abschiebung von Illegalen, von Kriminellen, aber, Frau Bundesministerin, Leoben ist<br />

der falsche Standort für ein solches Schubhaftzentrum! (Beifall bei der FPÖ. – Ruf bei<br />

der ÖVP: ... Kärnten?! – Gegenruf des Abg. Krainer.)<br />

Die Bevölkerung in Leoben ist gegen dieses Projekt, weil es mitten im Wohngebiet<br />

liegt und eine Gefahr für die Bevölkerung darstellt. (Präsident Neugebauer gibt das<br />

Glockenzeichen.)


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 87<br />

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann<br />

Die Freiheitliche Partei – und damit komme ich schon zum Schlusssatz – war von<br />

Anfang an gegen dieses Projekt und wird auch weiter dagegen sein. (Beifall bei der<br />

FPÖ. – Abg. Krainer: Sagen Sie doch endlich, wo der richtige Standort ist!)<br />

12.41<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Hornek. – Bitte.<br />

12.41<br />

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin!<br />

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Meine sehr geehrten<br />

Damen und Herren, zu diesem Tagesordnungspunkt 1 habe ich einen sehr persönlichen<br />

Bezug. Da mein Vater und meine Großeltern im Zuge des Zweiten Weltkrieges<br />

selbst zu Heimatvertriebenen geworden und dankenswerterweise in Österreich aufgenommen<br />

wurden, kenne ich viele Vertriebenenschicksale aus der Vergangenheit.<br />

Meine Heimatgemeinde hat zwölf Kilometer gemeinsame Grenze mit dem Nachbarland<br />

Tschechien. Heute kann man „gemeinsame Grenze“ sagen; drei Jahrzehnte lang<br />

musste man aber festhalten, dass es sich um eine Trennung gehandelt hat, und viele<br />

Menschen, die ihr Heimatland Tschechien Richtung Österreich verlassen haben,<br />

haben das mit dem Leben bezahlt.<br />

Nach dem Fall des Eisernen Vorhanges sind viele Menschen aus den verschiedensten<br />

Ländern der Welt zu uns gekommen, manche auch in organisierten Strukturen und<br />

Formen. Wir müssen leider zur Kenntnis nehmen, das sich weltweit Schlepperorganisationen<br />

etabliert, bewusst falsche Hoffnungen erweckt und den Menschen den letzten<br />

Groschen aus der Tasche gezogen haben. Wir dürfen auch nicht verschweigen, dass<br />

Menschen zu uns kommen, die nicht einmal in Ansätzen willens sind, sich an unsere<br />

Gesetzgebung zu halten.<br />

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Aufgabe dieses Hauses in diesem Zusammenhang<br />

besteht darin, für rechtliche Rahmenbedingungen zu sorgen, damit klar<br />

und schnell entschieden werden kann, wer in Österreich Asyl bekommen soll und wer<br />

nicht. Und wenn es einer Adaptierung bedarf, dann ist das notwendig, wie in diesem<br />

Fall.<br />

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Änderung, durch die die Neuregelung<br />

des humanitären Aufenthaltsrechtes im Sinne der nunmehrigen Novelle sichergestellt<br />

wird, sieht vor, dass es in Zukunft zu keinen Aufblähungen der Verfahren kommt,<br />

indem in den bestehenden Strukturen rascher und kompakter gehandelt und klar und<br />

deutlich festgehalten wird, wer ein Aufenthaltsrecht bekommen soll und wer nicht.<br />

Das Asylrecht ist bei unserer Bundesministerin Dr. Fekter in allerbesten Händen, und,<br />

meine sehr geehrten Damen und Herren, unsere Bundesministerin steht für<br />

Hausverstand und für Rechtsstaatlichkeit – deshalb stehen wir zu ihr! (Beifall bei der<br />

ÖVP.)<br />

Geschätzte Damen und Herren! Ich möchte noch folgenden Entschließungsantrag<br />

der Abgeordneten Kößl, Pendl, Amon, Hakl, Bartenstein, <strong>Gessl</strong>-<strong>Ranftl</strong>, Kolleginnen und<br />

Kollegen einbringen:<br />

Der Nationalrat wolle beschließen:<br />

„Die Bundesministerin für Inneres wird ersucht, unter Berücksichtigung der Entwicklung<br />

der Asylanträge und der offenen Dublin-Verfahren im Lichte der in Aussicht genommenen<br />

Effizienzsteigerung in diesem Bereich bei der Errichtung des Kompetenzzentrums<br />

für aufenthaltsbeendende Maßnahmen ebenso wie bei der geplanten Ein-


88 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Erwin Hornek<br />

richtung einer zusätzlichen Erstaufnahmestelle die betroffenen Gemeinden und Länder<br />

sowie den Menschenrechtsbeirat in die Entscheidungsfindung einzubinden.“<br />

*****<br />

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn die Gesetzesform dieses heutigen<br />

Tagesordnungspunktes 1 den Blauen nicht passt und den Grünen nicht passt, Frau<br />

Bundesministerin, dann passt es! (Beifall bei der ÖVP.)<br />

12.44<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht<br />

und wird mit verhandelt.<br />

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:<br />

Entschließungsantrag<br />

der Abgeordneten Kößl, Pendl, Amon, Elisabeth Hakl, Dr. Bartenstein, <strong>Andrea</strong> <strong>Gessl</strong>-<br />

<strong>Ranftl</strong>, Kolleginnen und Kollegen betreffend Standortentscheidung für eine Erstaufnahmestelle<br />

Süd sowie ein Kompetenzzentrum für aufenthaltsbeendende Maßnahmen<br />

eingebracht im Zusammenhang mit der Debatte über den Bericht des Ausschusses für<br />

innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (88 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz,<br />

mit dem das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005 und das Niederlassungs-<br />

und Aufenthaltsgesetz geändert werden (116 d.B.)<br />

Das Regierungsübereinkommen für die XXIV. GP enthält u.a. die Festlegung, dass<br />

zum Zweck der Erhöhung der Effizienz fremdenpolizeilicher Maßnahmen ein Kompetenzzentrum<br />

für aufenthaltsbeendende Maßnahmen geschaffen werden soll. Diesbezüglich<br />

geht das Regierungsübereinkommen von der Überlegung aus, dass Infrastrukturmaßnahmen<br />

im Sinne der Solidarität regional aufgeteilt werden sollen.<br />

Ferner sieht das Regierungsübereinkommen zur „Entlastung der Kapazitäten in den<br />

bestehenden Erstaufnahmestellen .. im Süden Österreichs eine neue, zusätzliche Erstaufnahmestelle“<br />

vor.<br />

Gerade im Bereich der Dublin-Out-Fälle erscheinen Maßnahmen notwendig, um die<br />

Effizienz bei Dublin-Überstellungen zu erhöhen und das Untertauchen der Betroffenen<br />

bestmöglich zu verhindern. Die hiefür notwendige Unterbringung der Betroffenen ergibt<br />

sich insbesondere für die Dauer und nach Abschluss des Konsultationsverfahrens,<br />

wobei in dem neuen Kompetenzzentrum in erster Linie Personen bis zu ihrer Überstellung<br />

in andere Dublin-Staaten untergebracht werden sollen.<br />

Im Hinblick auf die Sensibilität der Materie stellen die unterfertigten Abgeordneten<br />

nachstehenden<br />

Der Nationalrat wolle beschließen:<br />

Entschließungsantrag<br />

„Die Bundesministerin für Inneres wird ersucht, unter Berücksichtigung der Entwicklung<br />

der Asylanträge und der offenen Dublin-Verfahren im Lichte der in Aussicht genommenen<br />

Effizienzsteigerung in diesem Bereich bei der Errichtung des Kompetenzzentrums<br />

für aufenthaltsbeendende Maßnahmen ebenso wie bei der geplanten Einrichtung


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 89<br />

Präsident Fritz Neugebauer<br />

einer zusätzlichen Erstaufnahmestelle die betroffenen Gemeinden und Länder sowie<br />

den Menschenrechtsbeirat in die Entscheidungsfindung einzubinden.“<br />

*****<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Kollege Grosz. –<br />

Bitte.<br />

12.45<br />

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin!<br />

Hohes Haus! Zu Ihnen, Frau Bundesministerin, und zur ÖVP: Da können<br />

Sie noch so schreien und noch so sehr Namen verächtlich machen (Zwischenruf des<br />

Abg. Hörl), um Ihre harte Seite herauszukehren oder um dieses Asylgesetz gutzubeten,<br />

Faktum ist, Sie sind gegenüber der SPÖ umgefallen, Faktum ist, das Gesetz,<br />

das Sie dem Parlament vorlegen, ist sozial-, sicherheits- und gesellschaftspolitisch ein<br />

einziges Verbrechen an Österreich. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der<br />

FPÖ.)<br />

Sie öffnen damit – das haben auch alle Experten im Ausschuss bestätigt – dem Asylmissbrauch<br />

Tür und Tor und prolongieren Ihr eigenes bisheriges Scheitern im Asyl-<br />

und im Sicherheitswesen. Und was besonders verwerflich ist: Sie legen hier ein Gesetz<br />

vor, das dem Missbrauch Tür und Tor öffnet, und das in einer Zeit, über die ein ÖVP-<br />

Abgeordneter heute gesagt hat, dass wir bis Ende des Jahres 500 000 Arbeitslose in<br />

Österreich haben werden – die traurige Summe von 500 000 Arbeitslosen! Und Ihre<br />

Bundesregierung erhöht auch noch die Niederlassungsquote, um diesen Verdrängungswettbewerb<br />

für unsere Österreicherinnen und Österreicher noch schwieriger zu<br />

gestalten.<br />

Ich bringe Ihnen auch ein Beispiel: Es gibt in Graz einen Erlass des Bürgermeisteramtes,<br />

einen Präsidialerlass des Herrn Nagl von der ÖVP, dass Asylwerber um 4,50 €<br />

in der Stunde anzustellen sind. – Abgesehen davon, dass 4,50 € menschenverachtend<br />

sind, ist dieser gesamte Erlass und dieser Umgang mit Asylwerbern menschenverachtend,<br />

wenn wir wissen, dass wir 33 000 Menschen in Graz haben, Grazerinnen und<br />

Grazer, die unter oder an der Armutsgrenze leben müssen. (Beifall beim BZÖ.)<br />

Daher sagen wir: Wachen Sie auf, Frau Bundesministerin! Erwachen Sie aus Ihrer<br />

Arigona-Agonie und nehmen Sie auch die Daten Ihres eigenen Ministeriums, des<br />

Innenministeriums, zur Kenntnis! Abgeordneter Westenthaler hat es heute schon gesagt:<br />

Das Innenministerium ist Ihr eigenes Ministerium und es ist Ihre Anfrage. –<br />

17 000 Asylwerber in Grundversorgung, 81 Millionen € Kosten (Abg. Strache: 200 Millionen<br />

€! 200 Millionen!), die der Steuerzahler im Jahr 2008 zu tragen hatte, und von<br />

diesen Asylwerbern wurden 11 000 Straftaten begangen!<br />

Wir wollen ein Gesetz, durch das straffällige Asylwerber umgehend abgeschoben<br />

werden können, und jenen, die sich anständig verhalten und integrieren, bei denen<br />

auch tatsächlich ein Asylgrund vorliegt, denen wir helfen müssen, erlaubt, dass sie hier<br />

bleiben dürfen.<br />

Ich bringe Ihnen ein Beispiel für das Hierbleiben aus Leoben: Fall Sharifi. Ich bringe<br />

Ihnen aber auch ein Beispiel für die sofortige Abschiebung: Fall Torosian. – In Richtung<br />

der Schutzmantelmadonnen dieses kriminellen Asylwerbers unter den Grünen, die ihn<br />

verteidigt haben, sei gesagt: Dieser Herr Torosian wurde straffällig! Ich bringe Ihnen<br />

das Beispiel Arigona: Hier gehört abgeschoben!


90 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Gerald Grosz<br />

Jene, die Wirbel schlagen, die die österreichischen Gesetze und das Hausrecht missbrauchen,<br />

haben keine einzige Sekunde länger in unserem Land etwas verloren!<br />

(Beifall beim BZÖ.)<br />

Dann bräuchten wir auch keine Asylerstaufnahmediskussion in der Steiermark und in<br />

Kärnten zu führen, dann bräuchten wir auch kein Schubhaftzentrum in Leoben. Im<br />

Gegensatz zu Abgeordnetem Kurzmann bin ich grundsätzlich gegen ein Schubhaftzentrum<br />

– er ist ja für eines, nur nicht in Leoben; er möchte es offensichtlich in Bruck<br />

an der Mur. Ich bin grundsätzlich dagegen, denn die Innenministerin sagt ja selbst,<br />

dass die Zahl der Asylanträge um 60 Prozent zurückgegangen ist, und sie hat auch im<br />

Ausschuss nur hanebüchene Argumente verwendet.<br />

Wir wehren uns dagegen, und daher bringen wir heute auch den Entschließungsantrag<br />

der Abgeordneten Grosz, Ing. Westenthaler, Mag. Stadler, der steirischen Abgeordneten<br />

Dr. Spadiut und List, Kolleginnen und Kollegen ein:<br />

„Die Bundesregierung, insbesondere aber die Bundesministerin für Inneres, wird<br />

aufgefordert, von den Plänen für ein ,Schubhaftzentrum‘ in der obersteirischen Bezirksstadt<br />

Leoben umgehend Abstand zu nehmen, besser geeignete Alternativen zu prüfen<br />

und diese nur im Einvernehmen mit der regional betroffenen Bevölkerung umzusetzen.“<br />

(Zwischenruf der Abg. Steibl.)<br />

*****<br />

Wir werden auch eine namentliche Abstimmung darüber verlangen (Zwischenruf des<br />

Abg. Zanger), denn in den Regionen gehen Sie mit der Mistgabel herum und bekämpfen<br />

dieses Zentrum, und hier im Hohen Haus knicken Sie durch den Klubzwang Ihrer<br />

eigenen Fraktionen Rot und Schwarz ein und verraten Ihre eigenen Bundesländer. –<br />

Ich danke Ihnen. (Beifall beim BZÖ.)<br />

12.49<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Der soeben eingebrachte Antrag ist ausreichend unterstützt<br />

und steht mit in Verhandlung.<br />

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:<br />

Entschließungsantrag<br />

der Abgeordneten Grosz, Ing. Westenthaler, Mag. Stadler, Dr. Spadiut, List, Kolleginnen<br />

und Kollegen betreffend die sofortige Abstandnahme vom Projekt eines „Schubhaftzentrums“<br />

in Leoben<br />

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 1, Bericht des Ausschusses<br />

für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (88 d.B.): Bundesgesetz,<br />

mit dem das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005 und das Niederlassungs-<br />

und Aufenthaltsgesetz geändert werden (116 d.B.)<br />

Im August 2007 wurde erstmals bekannt, dass das Bundesministerium für Inneres im<br />

Zentrum und in unmittelbarer Nähe zu einer Wohnsiedlung der obersteirischen Bezirksstadt<br />

Leoben ein Schubhaftzentrum zu errichten plant. In diesem „Schubhaftzentrum“<br />

sollen laut Mitteilungen des Bundesministeriums bis zu 250 Schubhäftlinge Unterbringung<br />

finden. Die betroffene Bevölkerung von Leoben sowie Anrainer und die betroffene<br />

Siedlungsgenossenschaft haben sich mehrmals und mehrheitlich gegen die Pläne des<br />

Innenministeriums ausgesprochen. Es gibt bereits mehrere diesbezügliche Bürger-


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 91<br />

Präsident Fritz Neugebauer<br />

initiativen, die Parteien des Leobener Gemeinderates haben mehrere Resolutionen<br />

und Petitionen gegen das Projekt beschlossen.<br />

Seit August 2007 herrscht in Leoben und in der gesamten obersteirischen Region eine<br />

allgemeine Verunsicherung.<br />

Die Errichtung eines sogenannten Bundesanhaltezentrums in Leoben ist sicherheitspolitisch<br />

nicht zu verantworten. Einerseits besteht keine Notwendigkeit, ein derartiges<br />

Zentrum – umso mehr wenn es neu errichtet werden soll – in einer Stadt zu errichten.<br />

Andererseits ist die verkehrstechnische Lage von Leoben denkbar ungünstig für eine<br />

zügige Abschiebung der Schubhäftlinge bei entsprechenden Bescheiden. Die Distanz<br />

von Leoben zum Flughafen Wien-Schwechat beträgt 162 km, von Leoben zum<br />

Flughafen Graz-Thalerhof 77 km.<br />

Vernichtende Kritik erntete Innenministerin Fekter mit ihren Plänen in Leoben ein<br />

Schubhaftzentrum zu bauen auch im Rahmen eines Expertenhearings zum neuen<br />

Asylgesetz im parlamentarischen Innenausschuss.<br />

Der als Experte vom Ausschuss geladene Flüchtlingsbeauftragte Regierungsrat Gernot<br />

Steiner sparte dabei nicht mit sachlicher Kritik an der Innenministerin: "Die Notwendigkeit<br />

für eine Asylerstaufnahmestelle und ein Schubhaftzentrum ist nicht gegeben, da<br />

ja das Innenministerium selbst angibt, dass die Asylanträge um mehr als 60 % zurückgegangen<br />

sind. Daher sind ein Asylerstaufnahme- sowie ein Schubhaftzentrum in<br />

keinster Weise gerechtfertigt"; so der Landesflüchtlingsbeauftragte des Landes Kärnten.<br />

Als besonders verwerflich ist zu werten, dass die Bundesministerin für Inneres trotz der<br />

berechtigten Einwände und des Unsicherheitsgefühls der Leobener Bevölkerung an<br />

diesem Projekt festhält, statt Alternativen zu prüfen. Die Verunsicherung der Leobener<br />

Bevölkerung muss endlich ein Ende finden. Nur ein Beschluss des Nationalrates kann<br />

das Innenministerium von diesen Plänen abhalten.<br />

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten folgenden<br />

Entschließungsantrag:<br />

Der Nationalrat wolle beschließen:<br />

„Die Bundesregierung, insbesondere aber die Bundesministerin für Inneres wird<br />

aufgefordert, von den Plänen für ein ,Schubhaftzentrum‘ in der obersteirischen Bezirksstadt<br />

Leoben umgehend Abstand zu nehmen, besser geeignete Alternativen zu prüfen<br />

und diese nur im Einvernehmen mit der regional betroffenen Bevölkerung umzusetzen.“<br />

*****<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Fazekas. – Bitte.<br />

12.49<br />

Abgeordneter Hannes Fazekas (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesministerin!<br />

Im Namen der Abgeordneten, die ja heute dieses Gesetz hier im Hohen<br />

Hause beschließen werden, Herr Abgeordneter Grosz, verwehre ich mich dagegen, ein<br />

solches Gesetz als Verbrechen gegen die Republik Österreich zu bezeichnen! (Beifall<br />

bei SPÖ und ÖVP.)


92 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Hannes Fazekas<br />

Wenn Sie nicht wissen, was ein Verbrechen ist, gehen Sie bei Ihrem Abgeordnetenkollegen<br />

Stadler, der so gerne belehrt, in den Unterricht! Er wird Ihnen das erklären.<br />

(Abg. Krainer: Ich glaube, der Westenthaler kann das auch erklären!)<br />

Nun zur Freiheitlichen Partei: Herr Dritter Präsident Graf, Sie haben gestern im Zuge<br />

Ihrer Auslieferungsdebatte selbst ein Plädoyer gehalten; heute haben Sie sich durch<br />

eine Videokamera verfolgt gefühlt. – Wenn gerade Ihre Partei bei jeder Gelegenheit<br />

fordert, dass jeder Platz und generell überall videoüberwacht werden muss, dann passt<br />

das nicht ganz zusammen. Ich denke, Sie fürchten sich schon bald vor Ihrem eigenen<br />

Schatten! (Zwischenrufe bei der FPÖ.)<br />

Wenn es Abgeordnete gibt, die auch Nachtsichtgeräte spenden, mit denen man bis in<br />

die Schlafzimmer schauen kann, dann passt das ganz einfach nicht! – Ich denke, hier<br />

ist irgendetwas nicht in Ordnung, und daran sollten Sie ein wenig arbeiten. (Beifall bei<br />

der SPÖ. – Abg. Mag. Stefan: Der Wind kann sich auch einmal drehen und dann<br />

haben Sie auch ...! – Zwischenruf des Abg. Dr. Haimbuchner.)<br />

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nun zum Kollegen Scheibner und zu dieser<br />

heutigen Kundgebung hier. Ich bin seit vielen Jahren Polizist und habe mich mit dem<br />

Terrorismus auseinandergesetzt, daher kann ich eines gleich vorweg feststellen: Das<br />

Entrollen eines Transparentes, auch wenn es hier im Hohen Haus ungebührlich und<br />

wider die Hausordnung ist – das gestehe ich durchaus ein –, ist nicht als Terrorismus<br />

im Sinne der einschlägigen Bestimmungen zu werten. Da tragen Sie wirklich ein wenig<br />

zu dick auf!<br />

Gerade die Partei des Herrn Abgeordneten Stadler – er ist jetzt nicht da – hat gleich<br />

eine strafrechtliche Behandlung wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt gefordert,<br />

am besten gleich Untersuchungshaft und vieles andere mehr. – Stadler war vorher<br />

Volksanwalt; ich hoffe, bei seinen radikalen Ideen hat er seine Tätigkeit als Volksanwalt<br />

mit mehr Objektivität und Sachlichkeit ausgeübt, als er das heute und auch gestern mit<br />

seinen Worten hier im Hohen Haus zum Ausdruck gebracht hat. (Beifall bei der SPÖ<br />

sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)<br />

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, dass schon allein diese Diskussion<br />

zeigt, welch großen Spannungsbogen wir hier abzudecken haben – man sieht die<br />

unterschiedlichsten Stellungnahmen! (Abg. Strache: ... am Wort ist!) Man vergleicht<br />

die Anträge der Oppositionsparteien, und dabei wird einem relativ rasch klar, dass es<br />

nicht wirklich möglich sein wird, allen Intentionen gerecht werden zu können, und das<br />

möchte man auch gar nicht. – Die Gründe dafür, warum man das nicht möchte, sind<br />

seitens der SPÖ und auch der ÖVP ganz klar zum Ausdruck gebracht worden.<br />

Der Spannungsbogen reicht von jenen, die glauben, dass die Bewohner unseres<br />

Landes in Zukunft auch ohne Migration ihren Lebensstandard halten werden können,<br />

bis zu jenen, die die Meinung vertreten, dass es einen uneingeschränkten Aufenthalt<br />

ohne Wenn und Aber geben muss.<br />

Übrigens, Herr Abgeordneter Strache, weil Sie gesagt haben, man darf Zuwanderung<br />

nicht mit Migration verwechseln (Abg. Strache: Mit Asyl nicht!): Ich erinnere nur an die<br />

Jahre der Bosnien-Krise: Sehr viele, die damals zu uns gekommen sind, sind heute<br />

hier bei uns bestens integriert. Und das sind Menschen, die aus einem Schutzbedürfnis<br />

heraus zu uns ins Land gekommen sind! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Ich<br />

habe gesagt, man soll das nicht mit Zuwanderung verwechseln!)<br />

Ich meine, mit diesem Gesetz ist sehr viel getan worden, vor allem ist auch rasch<br />

gehandelt und versucht worden, eine menschliche Komponente hineinzubringen, nicht<br />

zu polemisieren und es nicht dazu zu benützen, Volksgruppen gegeneinander auszuspielen.<br />

Ich glaube, man hat es sich da nicht leicht gemacht!


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 93<br />

Abgeordneter Hannes Fazekas<br />

Es gibt hervorragende Beispiele von Integration! Man braucht nur in die Gemeinden<br />

und Städte zu blicken, wo die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister wirklich versuchen,<br />

aktiv tätig zu sein, und nicht in der Wodka- und Red-Bull-geschwängerten Luft<br />

der Diskotheken (Abg. Grosz: ... Produktwerbung!) den jungen Leuten irgendetwas<br />

vorzumachen, was nicht den Tatsachen entspricht.<br />

Es wird seriöse Integrationspolitik gemacht, und hier ist ein weiterer Schritt getan<br />

worden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Also die Nervosität muss<br />

schon groß sein bei der SPÖ, ...!)<br />

12.53<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter<br />

Öllinger. – Bitte.<br />

12.53<br />

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen<br />

und Herren! Frau Bundesministerin! Zunächst ein Wort zu dem, was auf der Galerie<br />

passiert ist. (Abg. Bucher: Eine Verteidigungsrede! – Zwischenruf des Abg.<br />

Mag. Stadler.) – Hören Sie mir vielleicht zu! Ich finde es grundsätzlich inakzeptabel,<br />

wenn man einen Redner/eine Rednerin, das gilt natürlich auch für die Frau Bundesministerin,<br />

am Reden zu hindern versucht, bevor er/sie noch zu reden begonnen hat,<br />

und das gilt auch während einer Rede. (Abg. Bucher: Sie sind ein gutes Beispiel!)<br />

Ich finde, niemandem steht das Recht zu – weder einem Zuhörer noch einem anderen<br />

oder einer Meute von mehreren –, jemandem in seinem Rederecht zu behindern, um<br />

das hier in aller Deutlichkeit klarzustellen, meine sehr geehrten Damen und Herren!<br />

(Beifall bei den Grünen. – Abg. Grosz: Der Olympionike der Zwischenrufe! Verteidiger<br />

des linksextremen ...liste!) – Das ist der erste Punkt, und ich hoffe, Sie haben es jetzt<br />

auch begriffen, Herr Kollege Grosz! (Abg. Grosz: Ich werde Ihnen bald auf die<br />

Sprünge helfen!)<br />

Zweiter Punkt: Es gab Aussagen in der Debatte, wo ich mich gefragt habe: Was wollen<br />

die Redner damit wirklich sagen? – Kollege Vilimsky, er ist jetzt nicht da (Abg.<br />

Vilimsky – hinter den Bankreihen stehend –: Aber ja, hier!), hat Kollegin Korun auf ihre<br />

Herkunft angesprochen. (Abg. Strache: ... Menschenrechtsverletzungen!)<br />

Diesbezüglich sage ich noch einmal Folgendes, Herr Kollege Vilimsky: Die Kollegin<br />

Korun ist österreichische Staatsbürgerin, so wie Sie. Und jemandem zu unterstellen,<br />

dass sein oder ihr Verhalten etwas mit der Herkunft zu tun habe (Abg. Strache: Das<br />

hat er nicht getan! Das hat er nicht getan! Er hat die Menschenrechtsverletzungen in<br />

der Türkei angesprochen gegen die Kurden!) und ihn oder sie daran hindere, für die<br />

Freiheitsrechte von Kurden, Türken oder anderen Nationen Stellung zu nehmen, das<br />

ist eine unbillige Unterstellung, wie sie wohl nur von einem freiheitlichen Abgeordneten<br />

kommen kann, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen. –<br />

Abg. Zanger: ... Interpretation!)<br />

Wenn es eine Partei gegeben hat, die die Freiheitsrechte der Kurden – egal, ob sie aus<br />

der Türkei, aus dem Iran oder aus dem Irak gekommen sind – hier immer wieder<br />

vertreten hat, dann waren es die Grünen (Abg. Strache: Wo denn? Wo denn?), und<br />

das wissen Sie auch ganz genau! (Beifall bei den Grünen)<br />

Wenn Menschen, die hier in Österreich Asyl gefunden haben, ermordet wurden, und<br />

die österreichischen Behörden sind nicht ausreichend gegen die Täter vorgegangen,<br />

wer hat denn darauf aufmerksam gemacht und Untersuchungsausschüsse eingefordert?<br />

– Die Grünen, und leider nicht die Freiheitliche Partei, denn da ist Ihnen die<br />

Gewichtung der Nationalitäten dann offensichtlich doch schon etwas zu gering. (Beifall


94 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Karl Öllinger<br />

bei den Grünen. – Abg. Strache: ... die organisierte Kriminalität, die gegenseitig zugeschlagen<br />

hat!)<br />

Aber kommen wir zum Thema, meine sehr geehrten Damen und Herren (Abg. Rädler:<br />

Wäre gescheit, ja!): Als im Jahr 2001 in den USA tatsächlich ein terroristischer Akt<br />

stattgefunden hat und in der Folge die USA die Freiheits-, die Bürger- und die<br />

Menschenrechte ihrer Bürgerinnen und Bürger eingeschränkt haben, ist das auf Kritik<br />

von Kolleginnen und Kollegen aller Parteien gestoßen. Die Einschränkung der<br />

Freiheits-, Menschen- und Bürgerrechte im Interesse der Abwehr des Terrorismus, das<br />

war – egal aus welcher Partei man war – allen Parteien zu viel.<br />

Wenn Sie hier, jetzt und heute, weil wir im Zusammenleben zwischen verschiedenen<br />

Nationen Probleme haben – natürlich, das soll man gar nicht leugnen! –, dazu aufrufen,<br />

wie Sie es heute gemacht haben, das Asylrecht einzuschränken beziehungsweise<br />

gar nicht anzuerkennen ... (Abg. Strache: Den Missbrauch zu ...!) – Nein, Herr<br />

Kollege Strache! Sie waren es, der eingefordert hat (Abg. Strache: Den Missbrauch!),<br />

dass, wenn bei jemandem auch nur der Verdacht besteht (Abg. Strache: Den<br />

Missbrauch zu bekämpfen, darum geht es! Sie drehen ja wieder alles um! Straftäter,<br />

Kriminelle!), dass er missbräuchlich Asyl beantragen könnte, er gar keinen Asylantrag<br />

stellen darf! Das ist Verfassungsbruch, das ist Rechtsbruch! (Präsident Neugebauer<br />

gibt das Glockenzeichen.)<br />

Sie von der Freiheitlichen Partei – gerade Sie, Herr Strache, der sich eindeutig für eine<br />

Schusswaffe für jeden Österreicher/jede Österreicherin ausgesprochen hat (Präsident<br />

Neugebauer gibt neuerlich das Glockenzeichen – Abg. Strache: Das ist ein Unsinn!<br />

Das ist ein absoluter Unsinn!) – sollten vor Ihrer eigenen Tür kehren im Angesicht<br />

dessen, was in den letzten Tagen passiert ist.<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Den Schlusssatz, bitte!<br />

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Sie sind verantwortlich für eine Aufhetzung,<br />

für eine Kriminalisierung, für eine Gewaltdebatte, wie sie in Österreich hoffentlich bald<br />

beendet sein wird, ... (Präsident Neugebauer – neuerlich das Glockenzeichen gebend<br />

– schaltet Abg. Öllinger das Mikrophon ab. – Abg. Öllinger – ohne Mikrophon –:<br />

..., weil wir sie nicht führen wollen! – Beifall bei den Grünen.)<br />

12.58<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Fernsehredezeiten<br />

sind ausgeschöpft.<br />

Ich möchte für die weitere Debatte in Erinnerung rufen und Sie darum bitten, dass eine<br />

Verballhornung von Namen und verachtende Äußerungen, die uns einen guten Diskurs<br />

eigentlich nicht mehr ermöglichen, unterlassen werden. (Abg. Grosz – in Richtung<br />

ÖVP –: Zuhören! Zuhören!) Ich wünsche den weiteren Beratungen alles Gute.<br />

Als Nächster gelangt Herr Kollege Gahr zu Wort. – Bitte.<br />

12.59<br />

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren!<br />

Eingangs möchte ich mich bei Frau Bundesministerin Fekter bedanken, die diese<br />

Gesetzesvorlage ins Parlament gebracht und, wie ich glaube, breiten Raum für Diskussion,<br />

Information und dann auch für Emotion gelassen hat. – Entscheidend aber ist,<br />

dass wir heute ein Bleiberecht beschließen, das ausgewogen ist: Was für manche zu<br />

viel ist, ist für andere zu wenig. Ich bedanke mich also außerordentlich bei Frau<br />

Bundesministerin Fekter für diese Gesetzesvorlage und dass wir diese heute<br />

beschließen können. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 95<br />

Abgeordneter Hermann Gahr<br />

Österreich hat bereits in der Vergangenheit mit Verantwortung, wie ich meine, Menschen<br />

eine Bleibe gewährt. Wir sollten einmal ehrlich ein Telefonbuch von Wien durchblättern:<br />

Da, glaube ich, müssten wir feststellen, dass wir alle Wurzeln haben. Österreich<br />

hat hier seinen Auftrag erfüllt, einerseits durch die Osterweiterung, andererseits<br />

durch die Zerschlagung von Jugoslawien. Wir waren da in einer schwierigen Situation,<br />

aber man hat das meistern können. Man konnte vielen Menschen Arbeit bieten, und<br />

viele Menschen haben sich integriert und fühlen sich wohl. (Präsident Dr. Graf übernimmt<br />

den Vorsitz.)<br />

Worum geht es aber in Zukunft? – Es geht in Zukunft einfach darum, dass wir Lücken,<br />

Mängel und Ungerechtigkeiten, die wir haben, abstellen. Es geht darum, klare Verhältnisse<br />

zu schaffen. Das Hearing hat ja bewiesen, dass es eigentlich Einigkeit gibt<br />

und dass dem Einwand des Verfassungsgerichtshofes stattgegeben wurde. Es gibt ein<br />

Antragsrecht, Altfälle werden gelöst, Patenschaften sind möglich, und auch die NGOs<br />

sind zukünftig eingebunden.<br />

Ich habe nur eine Bitte, denn es gibt natürlich auch spezifische Probleme. Als Tiroler<br />

Abgeordneter kann ich Ihnen sagen, dass wir mit einer kleinen Minderheit von Marokkanern<br />

in Innsbruck riesige Probleme haben. Diese kriminalisieren eigentlich eine<br />

ganze Stadt. Hier brauchen wir Möglichkeiten und Wege, um das abzustellen. Wieso<br />

brauchen wir das? – Weil ich glaube, dass eine kleine Gruppe insgesamt alle Ausländer<br />

dort in ein schiefes Licht rückt, und das kann einfach nicht sein. Das, glaube ich,<br />

sollten wir jedem zugestehen, dass wir hier für die Exekutive und auch für die Justiz<br />

Möglichkeiten haben und schaffen. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)<br />

In diesem Sinne, glaube ich, sollten wir alle mit Vernunft mit dieser Gesetzesmaterie<br />

umgehen. Die Praxis wird beweisen, dass Bundesministerin Fekter hier die Zeichen<br />

der Zeit erkannt hat. Und dass dieses Modell praxistauglich ist, das wird uns, glaube<br />

ich, die nächste Zeit zeigen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten<br />

der SPÖ.)<br />

13.01<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr<br />

Abgeordneter Dr. Kurzmann zu Wort gemeldet. Ich erinnere an die einschlägigen<br />

Bestimmungen der Geschäftsordnung. Maximale Redezeit: 2 Minuten.<br />

13.02<br />

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (FPÖ): Herr Präsident! Der Abgeordnete<br />

Grosz hat tatsachenwidrig behauptet, ich trete für ein Schubhaftzentrum, vielleicht nicht<br />

in Leoben, aber in einer anderen obersteirischen Stadt ein.<br />

Ich berichtige: Ich und die Freiheitliche Partei in der Steiermark sind grundsätzlich<br />

gegen jedes Schubhaftzentrum in der Steiermark, aber auch grundsätzlich gegen ein<br />

„Traiskirchen 2“ in der Steiermark. (Abg. Grosz: Sie haben vorher gesagt, dass Sie<br />

grundsätzlich dafür sind!)<br />

Das ist aber, wenn man sich den Entschließungsantrag des BZÖ, der eingebracht<br />

worden ist, offensichtlich für die BZÖ-Fraktion nicht so klar, denn da steht: von den<br />

Plänen für ein Schubhaftzentrum in der obersteirischen Bezirksstadt umgehend<br />

Abstand zu nehmen, besser geeignete Alternativen zu prüfen und diese nur im<br />

Einvernehmen mit der regional betroffenen Bevölkerung umzusetzen. – Das schließt<br />

ein Schubhaftzentrum in der Obersteiermark oder in der Steiermark nicht aus. (Beifall<br />

bei der FPÖ.)<br />

13.03


96 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer weiteren tatsächlichen Berichtigung hat<br />

sich Herr Abgeordneter Vock zu Wort gemeldet. Ich erinnere ebenfalls an die einschlägigen<br />

Bestimmungen der Geschäftsordnung und erteile ihm das Wort.<br />

13.03<br />

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Der Abgeordnete<br />

Fazekas hat behauptet, wir würden den Ankauf eines Nachtsichtgerätes unterstützen,<br />

um damit Personen in das Schlafzimmer zu sehen. – Das ist unrichtig!<br />

Dieses Nachtsichtgerät wird ausschließlich für die Aktion Drogenstopp verwendet und<br />

dient ausschließlich zum Aufspüren von illegalem Drogenhandel in Zusammenarbeit<br />

mit der örtlichen Polizei. (Beifall bei der FPÖ.)<br />

13.03<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Herbert. Gewünschte<br />

Redezeit: 3 Minuten. Ich erteile ihm das Wort.<br />

13.03<br />

Abgeordneter Werner Herbert (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau<br />

Ministerin! Hohes Haus! Ungeachtet der bisher von den Vorrednern meiner Fraktion<br />

aufgezeigten Problemstellungen, die ich natürlich selbst auch vollinhaltlich teile, ist es<br />

wohl nicht zuletzt wegen der beim Hearing im Innenausschuss von den Rechtsexperten<br />

kundgetanenen Rechtsmeinung nur eine Frage der Zeit, wann diese neuen<br />

Gesetzesbestimmungen, die hier in der Regierungsvorlage in Rede stehen, wieder<br />

durch den Verfassungsgerichtshof aufgehoben werden. (Bundesministerin Dr. Fekter:<br />

Nein, nein!)<br />

Ich darf erinnern, Frau Ministerin, an die eigentlich vernichtende Aussage des Herrn<br />

Univ.-Prof. Dr. Funk, der – nur als Beispiel hier angeführt – gemeint hat, Teile dieses<br />

Gesetzes sind eigentlich totes Recht. Also viel vernichtender kann man eine Regierungsvorlage<br />

nicht interpretieren, und das noch dazu in einem Hearing. Aber von Ihrer<br />

Seite, Frau Bundesminister – und das ist das eigentlich Traurige an dieser Sache –,<br />

wurde überhaupt nicht darauf reagiert, hier eine entsprechende Korrektur in der Regierungsvorlage<br />

vorzunehmen. (Beifall bei der FPÖ.)<br />

Es ist schon sehr skurril, dass man eine vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene<br />

gesetzliche Bestimmung mit einer Regierungsvorlage ersetzt, die eigentlich, laut<br />

Rechtsexperten, verfassungsmäßig wieder höchst bedenklich erscheint. Ich denke, es<br />

wird wohl nur eine Frage der Zeit sein, bis wir hier im Hohen Haus die Korrektur der<br />

Korrektur zur Lesung behandeln werden müssen.<br />

Bis dahin allerdings, bis es so weit ist, tragen die Konsequenzen aus dieser misslichen<br />

neuen Regierungsvorlage nicht die Bundesregierung, nicht die Abteilungsleiter und<br />

Sektionschefs, sondern eigentlich die kleinen Beamten, nämlich jene kleinen Beamten,<br />

die sich mit der Umsetzung der gesetzlichen Bestimmungen auseinandersetzen müssen.<br />

(Beifall bei der FPÖ.) Das ist zum Beispiel der Polizist auf der Straße, der<br />

einfache Beamte oder Verwaltungsbedienstete in einem Fachreferat. Dem legt man<br />

das Gesetz auf den Tisch und sagt, du, mach das, was da drinnen steht. Der muss den<br />

Kopf hinhalten für diese ungeeignete und eigentlich entbehrliche Regierungsvorlage<br />

und muss sich vielleicht auch noch gefallen lassen, dass er in einen öffentlichen<br />

Argumentationsnotstand gerät, wenn die Diskussion vielleicht überschwappt. Und das<br />

alles nur dafür, dass er seine Arbeit getan hat. Das, denke ich, ist eigentlich unverantwortlich.<br />

Das haben sich unsere österreichischen Beamten und Verwaltungsbediensteten<br />

sicherlich nicht verdient. (Beifall bei der FPÖ.)


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 97<br />

Abgeordneter Werner Herbert<br />

Was Sie sich verdient hätten, das wäre ein brauchbares und taugliches Gesetz gewesen,<br />

nämlich eines, das man vollziehen kann und das auch sichergestellt hätte,<br />

dass hier klare Richtlinien für die Zukunft vorliegen.<br />

Eine solche mangelhafte – muss ich sagen – Regierungsvorlage ist daher absolut abzulehnen,<br />

und ich denke, es wäre wohl auch im Interesse der Republik, des<br />

Rechtsstaates Österreich, aber auch im Interesse der Beamtenschaft gewesen, gerade<br />

in einer so sensiblen Materie wie dem Fremden- und Asylrecht praktikable und geeignetere,<br />

vor allem à la longue, langfristig vollziehbare gesetzliche Bestimmungen einzuführen.<br />

So denke ich, dass dieses komplizierte und diffizile Gesetz wohl in Kürze<br />

wieder Geschichte sein wird. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)<br />

13.08<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter<br />

Heinzl. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.<br />

13.08<br />

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin!<br />

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Allen Menschen recht getan ist eine<br />

Kunst, die niemand kann! – Es ist daher meine Überzeugung, dass mit dem neuen<br />

Bleiberecht ein ausgewogener Mittelweg zwischen dem Schutz von echten Flüchtlingen<br />

nach der Genfer Konvention und der Verhinderung eines übermäßigen Zuzugs<br />

von Wirtschaftsflüchtlingen erreicht wird.<br />

Aber auch die überzogene Kritik der Oppositionsparteien von beiden Seiten des politischen<br />

Spektrums ist ein Signal für mich für die Ausgewogenheit des vorliegenden<br />

Beschlusses. Im Expertenhearing im Innenausschuss, das heute schon so oft angesprochen<br />

worden ist, wurde das Bleiberecht aus meiner Sicht überwiegend positiv<br />

bewertet.<br />

Hohes Haus! Wir haben in den vergangenen Monaten über die Medien immer wieder<br />

die Schicksale von Menschen verfolgen können, die jahrelang ohne abgeschlossenes<br />

Asylverfahren in Österreich lebten, sich aber in diesen Jahren hier eine Existenz<br />

aufgebaut haben. Es ist vor allem im Sinne der Betroffenen, bereits im Erstverfahren<br />

die Entscheidung zu treffen, ob Flüchtlinge ein Recht auf humanitären Aufenthalt<br />

haben.<br />

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Wir müssen aber nicht nur dafür<br />

sorgen, dass in Zukunft Flüchtlinge schneller Klarheit über ihre Chance auf humanitären<br />

Aufenthalt haben, wir müssen auch eine Lösung für die Menschen finden, die seit<br />

Jahren ohne abgeschlossenes Asylverfahren in Österreich leben. Menschen, die gut<br />

integriert sind, für sich selbst sorgen können und auch sonst ein geordnetes Leben<br />

führen, sie sollen das Recht haben, hier zu bleiben. Das ist meine Meinung.<br />

Es ist ein großer Fortschritt, sehr geehrte Damen und Herren, dass zukünftig die Frau<br />

Minister bei ihren Entscheidungen über einen humanitären Aufenthalt von einem Beirat<br />

unterstützt wird, denn es ist wichtig, vor allem jene mit einzubeziehen, die über lokale<br />

Verhältnisse urteilen können.<br />

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Das neue Bleiberecht steht abseits von<br />

blindem Fremdenhass und auch naiver Blauäugigkeit, es ist ein solides Gesetz auf<br />

dem goldenen Mittelweg. (Beifall bei der SPÖ.)<br />

13.10<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Petzner.<br />

Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.


98 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Stefan Petzner<br />

13.10<br />

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte<br />

Frau Innenministerin! Hohes Haus! Wenn wir heute über das Bleiberecht beziehungsweise<br />

Aufenthaltsrecht diskutieren, dann sage ich Ihnen ganz ehrlich, Frau Minister,<br />

dass ich klar dagegen bin und es für einen Skandal halte, dass es in Ihrem Ressort<br />

Mitarbeiter, Beamte, ja leitende Beamte gibt, die sich vom Herrn Grafen Mensdorff-<br />

Pouilly nach Schottland oder nach Luising zum Jagen einladen lassen. Ich bin<br />

dagegen, dass ein ÖVP-Netzwerk existiert zwischen Innenministerium, Raiffeisenbank<br />

Niederösterreich, ÖVP-nahen Unternehmen bis hineinreichend in die Justiz und dass<br />

Sie das Innenministerium und Ihre Machtfunktion dafür missbrauchen, private<br />

beziehungsweise Parteiinteressen durchzusetzen.<br />

Dagegen bin ich, Frau Minister. Da haben Sie ganz dringenden Handlungsbedarf, da<br />

wird es auch eine entsprechende Anfrage meiner Person an Sie geben. Ich habe die<br />

ganzen Schriftstücke und Dokumente mit, die das alles belegen, und ich kann Ihnen<br />

sagen, welche Personen hier dabei sind. Da gibt es wunderbare Fotos, wie zum<br />

Beispiel von Herrn Ita (der Redner hält nacheinander einige Fotos in die Höhe), der im<br />

Untersuchungsausschuss sagte, er könne sich an nichts mehr erinnern. (Bundesministerin<br />

Dr. Fekter: Zur Sache!) Ich bin dagegen, dass der Herr Ita im ÖVP-nahen<br />

Bereich bleibt. Der Herr Ita bei der Jagd in Luising, Christoph Ulmer ...<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Kollege Petzner, darf ich Sie ... (Abg. Petzner<br />

spricht ohne Mikrofon weiter.) Herr Kollege Petzner, ich habe das Mikrophon jetzt<br />

ausgeschaltet. Ich möchte Ihren Redefluss nicht unterbrechen, aber darf ich Sie bitten,<br />

einen Bezug zur Sache herzustellen – und bitte auch bei der Sache, am Rande<br />

zumindest, zu bleiben.<br />

Abgeordneter Stefan Petzner (fortsetzend): Die Sache lautet, dass ich gesagt habe,<br />

dass ich dagegen bin, dass solche Personen, wie etwa auch die amtierende Beamtin<br />

Dr. Doris Ita, ein Bleiberecht im Innenministerium haben (Heiterkeit beim BZÖ), ich<br />

meine, dass sie sofort suspendiert gehört. In diesem Bezug habe ich dieses<br />

Bleiberecht angesprochen und bin daher meiner Meinung nach auch in der Causa und<br />

in diesem Bereich aktiv. (Ruf bei der ÖVP: Sie disqualifizieren sich selber!) – Sie<br />

haben sich mit Ihren Verbindungen zu Herrn Mensdorff disqualifiziert, meine sehr<br />

geehrten Damen und Herren von der ÖVP! (Beifall beim BZÖ.)<br />

Ich weiß, dass Sie schon nervös sind, denn es gibt ja weitere Unterlagen, die noch viel<br />

dramatischer sind. Nur keine Sorge, die werden noch kommen.<br />

Zum Bleiberecht insgesamt gesagt: Sie wissen, Frau Minister, wir haben hier sehr,<br />

sehr strenge Gesetze eingeführt. Mit Ihren Regelungen, die Sie jetzt hier beschließen,<br />

ist es Tatsache, dass Sie diese strengen Gesetze, dieses Recht, das wir gemeinsam<br />

geschaffen haben, um Asylzuzug zu verhindern, aushöhlen, dass Sie die Tür<br />

aufmachen für Straftäter, für Illegale. Das wollen wir nicht, das lehnen wir ganz, ganz<br />

klar ab – im Interesse der Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher.<br />

Im Interesse der Sicherheit der Österreicherinnen und Österreicher, nämlich der<br />

Sicherheit vor Ihren Beamten im Innenministerium, fordere ich Sie noch einmal auf, die<br />

Frau Dr. Doris Ita sofort von ihrem Amt zu suspendieren. Ebenso auch die Richterin<br />

Karina Leitner, eine amtierende Richterin, die sich trotz laufender Ermittlungen vom<br />

Herrn Mensdorff-Pouilly zum Jagen einladen lässt, wie viele andere Beamte im ÖVP-<br />

Nahbereich auch.<br />

Das ist der Skandal des heutigen Tages. Das haben Sie zu verantworten. Da haben<br />

Sie Handlungsbedarf. (Beifall beim BZÖ.)<br />

13.14


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 99<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter<br />

Prinz. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.<br />

13.14<br />

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte<br />

Damen und Herren! Ja, der eine verwechselt das Parlament mit der Pressekonferenz<br />

wie der Kollege Petzner, der Herr Kollege Grosz will über Anträge abstimmen,<br />

wo es noch nicht einmal einen Prüfauftrag gibt. Es ist an sich wirklich nicht<br />

möglich, dass man über Anträge abstimmt, wo noch gar nichts da ist. Vielleicht sollte<br />

man doch ein bissel aufpassen, wo man sich befindet. Wir sind derzeit bei der<br />

Diskussion zum humanitären Bleiberecht und nicht irgendwo anders.<br />

De facto ist es klar, es ist ein wirklich ausgewogener Entwurf. Frau Bundesminister, dir<br />

und allen, die daran mitgearbeitet haben, ein herzliches Dankeschön. Die Kritik von<br />

links und von rechts beweist eigentlich, wie gut der Entwurf ist, wie gut das Gesetz ist,<br />

das wir heute beschließen werden.<br />

Maßnahmen zum humanitären Bleiberecht müssen in erster Linie den Antragstellerinnen<br />

und Antragstellern auf der einen Seite und auf der anderen Seite natürlich auch<br />

allen Österreicherinnen und Österreichern entgegenkommen.<br />

Die Novellierungsgründe sind ja schon entsprechend aufgezählt worden und auch die<br />

Kriterien, die entsprechend berücksichtigt werden, ob das Integration, Sprache, Beschäftigung,<br />

Deutschkenntnisse, Familienanbindung und so weiter sind. Das sind wichtige<br />

Dinge.<br />

Einen Gedanken noch, meine Damen und Herren, zur sogenannten Patenschaft. Ich<br />

halte es für ausgesprochen wertvoll, dass diese Möglichkeit in der Zukunft geschaffen<br />

wird, dass Privatpersonen, Organisationen, die allerdings nicht aus Steuergeldern<br />

unterstützt werden, Patenschaften übernehmen können.<br />

Wenn wir ehrlich sind: Kein europäisches Land leistet im Vergleich so viel wie Österreich.<br />

Ich halte es als Bürgermeister einer Gemeinde, in der es sehr viele Asylwerber<br />

gibt, für durchaus sinnvoll, dass es für Leute, die schon länger in Österreich sind, die<br />

gesellschaftlich durchaus auch integriert sind – da sind mir persönliche Situationen<br />

bekannt –, entsprechende Möglichkeiten für einen humanitären Aufenthalt gibt.<br />

In diesem Sinne stimmen wir dieser Gesetzesvorlage gerne zu. (Beifall bei der ÖVP.)<br />

13.16<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr<br />

Abgeordneter Grosz zu Wort gemeldet. Ich erinnere an die einschlägigen Bestimmungen<br />

der Geschäftsordnung. Maximale Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.<br />

13.16<br />

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Herr Präsident! Abgeordneter Prinz hat hier gerade<br />

gesagt, dass beim Schubhaftzentrum Leoben keinerlei Pläne vorliegen, daher<br />

seine Fraktion dem nicht zustimmen und man darüber hier auch nicht debattieren<br />

kann.<br />

Ich berichtige tatsächlich: Die Bundesministerin für Inneres Fekter hat im Innenausschuss<br />

bekanntgegeben, dass sämtliche Pläne der letzten eineinhalb Jahre fix und<br />

fertig sind, von ihrem Amtsvorgänger Platter erstellt, dass die Beschlüsse des Gemeinderates<br />

der Stadt Leoben zur Einholung bereit liegen und daher für das Schubhaftzentrum<br />

Leoben aus ihrer Sicht 100 Prozent der Grundvoraussetzungen – das war<br />

ihr Zitat – für die Standortsuche in Leoben erfüllt seien.


100 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Gerald Grosz<br />

Daher ist diese Aussage des Herrn Abgeordneten Prinz tatsächlich zu 100 Prozent<br />

berichtigt. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Silhavy: Das war keine tatsächliche Berichtigung!<br />

– Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)<br />

13.18<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Kollege Grosz, das ist schon nicht mehr am<br />

Rande einer tatsächlichen Berichtigung gewesen, sondern das war ein Redebeitrag.<br />

Ich bitte, sich mit den Bestimmungen der Geschäftsordnung vertraut zu machen und<br />

bei zukünftigen tatsächlichen Berichtigungen darauf zu achten, dass man den zu<br />

berichtigenden Sachverhalt wiedergibt und dann tatsächlich berichtigt, mit einer entsprechenden<br />

Begründung.<br />

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Zanger. Gewünschte Redezeit:<br />

2 Minuten. – Bitte.<br />

13.18<br />

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes<br />

Haus! Faktum ist, dass Pläne für ein Schubhaftzentrum in Leoben vorliegen. Das ist<br />

wahr. Das ist so, das kann man nicht wegwischen. Die Pläne kommen von der ÖVP,<br />

und alles in Leoben wehrt sich. Alles in Leoben wehrt sich, inklusive des sozialdemokratischen<br />

Bürgermeisters. Ich bin jetzt ein bisschen verwirrt darüber, dass die<br />

Frau Kollegin <strong>Gessl</strong>-<strong>Ranftl</strong>, die eine Leobenerin ist, nicht hier ist. Ich bin schon gespannt,<br />

ob sie bei den Anträgen, die wir einbringen werden, mitstimmen wird oder ob<br />

sie sich wieder entzieht und flüchtet. Genauso wie die Frau Kollegin Hakl, die ja aus<br />

dem gleichen Wahlkreis, aus Liezen kommt.<br />

Wir erklären uns jedenfalls solidarisch mit der Leobener Bevölkerung, das ist überhaupt<br />

keine Frage, und auch wir werden wieder Anträge zu diesem Thema einbringen.<br />

Wir werden nicht müde werden und wir werden uns nicht mürbe machen lassen, für die<br />

Bevölkerung in Leoben zu kämpfen, denn ich bin der festen Überzeugung, dass dicht<br />

besiedeltes Gebiet kein Platz ist für ein Schubhaftzentrum. (Beifall bei der FPÖ.)<br />

Frau Bundesminister Fekter, Sie haben vor ungefähr zwei Wochen hier im Hohen Haus<br />

Solidarität eingefordert, als es in einer Diskussion um das Erstaufnahmezentrum Süd<br />

gegangen ist. Sie haben uns gesagt, wir sollen uns solidarisch erklären mit Niederösterreich,<br />

Oberösterreich und Wien, wo solche Zentren schon bestehen.<br />

Ich bezeuge hier und jetzt: Wir erklären uns solidarisch, und zwar mit jenen Teilen der<br />

Bevölkerung, die das auch nicht wollen, die nicht wollen, dass die Kriminalität explodiert,<br />

dass Kriminalitätstourismus entsteht, die sich sicher fühlen wollen und die auch<br />

nicht wollen, dass solche Zentren im Wohngebiet gebaut werden. Dazu gibt es andere<br />

Möglichkeiten.<br />

Über Ihre Argumentation, ein solches Erstaufnahmezentrum würde wirtschaftliche<br />

Belebung bringen, kann man nur lachen. Wer die wirtschaftlichen Verhältnisse von<br />

Asylanten kennt, weiß, dass die angestammte Bevölkerung in solchen Städten noch<br />

immer wesentlich mehr für die eigene Wirtschaft beitragen kann.<br />

Ich werde hiezu auch das Steirer-Eck in die Pflicht nehmen, das sich bei der ÖVP da<br />

jetzt auch wieder verflüchtigt hat, nämlich die Kollegen Amon und Grillitsch, die aus<br />

unserer Region sind und hoffentlich gegen „Judenburg“ mitkämpfen werden, wenn<br />

eure Frau Bundesministerin diese Pläne hat. Hoffentlich kämpfst du mit, lieber Kollege<br />

Amon! Ich werde dir zeigen, wie es geht, und bin schon gespannt auf deine Solidarität<br />

in dieser Hinsicht! (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Amon: Keine Sorge!)<br />

13.20


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 101<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Plessl. Gewünschte<br />

Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.<br />

13.20<br />

Abgeordneter Rudolf Plessl (SPÖ): Geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Bundesministerin!<br />

Hohes Haus! Aufgrund der Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes war im<br />

Bereich des humanitären Aufenthaltsrechts eine Überarbeitung beziehungsweise<br />

Reparatur notwendig. Beim öffentlichen Hearing im Ausschuss für Inneres haben wir<br />

von Experten viele, teilweise unterschiedliche Meinungen gehört. Die Experten<br />

sprachen von einem goldenen Mittelweg, davon, dass keine verfassungsrechtlichen<br />

Bedenken vorliegen und dass der Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention<br />

berücksichtigt wird.<br />

Natürlich gibt es in unserer Demokratie unterschiedliche Zugänge zu diesem Thema.<br />

Ein Teil der Abgeordneten meint, dass diese Reparatur zu restriktiv gestaltet wird. Eine<br />

andere Gruppe von Abgeordneten spricht vom Gegenteil. In der Regierungsvorlage<br />

sprechen wir über den humanitären Aufenthaltstitel, wir sprechen über sogenannte<br />

„Altfälle“ – über Fremde, die mindestens seit dem 1. Mai 2004 durchgängig in Österreich<br />

aufhältig sind.<br />

In diesem Fall ist seitens der Behörde Folgendes zu beurteilen: Erstens: Grad der Integration;<br />

zweitens: schulische und berufliche Ausbildung; drittens: Kenntnisse der deutschen<br />

Sprache und Selbsterhaltungsfähigkeit. Die Selbsterhaltungsfähigkeit kann auch<br />

durch eine sogenannte Patenschaft ersetzt werden.<br />

In diesem Zusammenhang wollen wir aber auch die europäische Dimension nicht ganz<br />

aus den Augen verlieren. Ein gemeinsames Agieren und die stärkere Kooperation im<br />

Zuwanderungs- und Asylbereich sind sinnvoll und notwendig. Zum Beispiel bei der<br />

Abwicklung von Rückführungen liegt noch viel Arbeit vor uns.<br />

Im humanitären Aufenthaltsrecht sprechen wir von „Altfällen“ – das sind jene Menschen,<br />

die mindestens seit dem 1. Mai 2004 durchgängig in Österreich aufhältig sind.<br />

Meine Damen und Herren Abgeordneten von BZÖ und FPÖ, haben Sie Ihre Zeit der<br />

Regierungsbeteiligung verdrängt?! Wollen Sie tatsächlich über den Zeitraum 2000<br />

bis 2006, über die Zeit Ihrer Regierungsverantwortung nicht mehr sprechen?<br />

(Abg. Scheibner: Wie war denn die Zeit unserer Regierung? Es war eine gute Zeit!)<br />

Gerade diese Fälle fallen doch in den Zeitraum Ihrer Regierungsbeteiligung! Damals<br />

haben Sie es nicht geschafft, eine verfassungskonforme Lösung zustande zu bringen,<br />

heute wird dieser Mangel behoben.<br />

Herr Kollege Strache, Sie haben in Ihren Ausführungen die Einbindung von biometrischem<br />

Material in Dokumenten für Fremde gefordert. Tatsache ist, dass wir im Hohen<br />

Haus mit 21. Jänner 2009 das Reisepassgesetz mit dem Schwerpunkt biometrisches<br />

Material in Reisepässen beschlossen haben. Ich halte fest, dass diese Funktionen und<br />

Grundlagen natürlich auch für die Ausstellung von Reisedokumenten für Fremde wie<br />

Fremdenpässe und Konventionsreisedokumente zu gebrauchen und anzuwenden<br />

sind.<br />

Abschließend lade ich alle Mitglieder des Innenausschusses, insbesondere die kritischen<br />

Vertreter der Opposition zu konstruktiver Mitarbeit ein! (Beifall bei SPÖ und<br />

ÖVP.)<br />

13.24<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Singer. Redezeit:<br />

2 Minuten. – Bitte.


102 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Johann Singer<br />

13.24<br />

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte<br />

Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren! Die Meinungen im Fremdenrecht<br />

klaffen in diesem Haus entsprechend dem Farbenspektrum weit auseinander.<br />

Das hat sich bereits im Innenausschuss beim Expertenhearing gezeigt.<br />

Sehr geehrte Frau Bundesministerin, ich freue mich, dass es trotz der schwierigen<br />

Rahmenbedingungen gelungen ist, für Österreich einen guten Weg in der Frage des<br />

humanitären Aufenthaltes zu finden, der eine verfassungskonforme Regelung darstellt<br />

– dies wurde auch von den Verfassungsexperten im Hearing zum Ausdruck<br />

gebracht. Für mich ist es wichtig, dass die Verfahren rasch und klar abgewickelt<br />

werden. In der vorliegenden Novelle sehe ich eine Verbesserung. Dies wurde mir auch<br />

in Gesprächen mit Bediensteten der Vollziehung bestätigt.<br />

Sehr geehrte Damen und Herren, entscheidend ist, die Verfahren zu beschleunigen.<br />

Ich darf auf zwei Punkte dieser Gesetzesänderung näher eingehen. Künftig werden bei<br />

Anträgen auf Grund des Artikels 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention die<br />

Gründe nur von einer zuständigen Behörde geprüft. Damit werden – das ist wichtig –<br />

Kettenanträge verhindert. Dies ist in der Vergangenheit geschehen, jetzt werden sie<br />

hintangehalten. So ist der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels als unzulässig<br />

zurückzuweisen, wenn bereits einmal ein negativer Bescheid erstellt wurde und sich<br />

seit dieser Zeit die Umstände nicht wesentlich verändert haben.<br />

Zweiter Punkt: Diese Gesetzesänderung sieht auch die Möglichkeit von Patenschaften<br />

im Wege von Patenschaftserklärungen vor. Ich selbst habe ausländische Mitbürgerinnen<br />

und Mitbürger auf ihrem Weg zur Integration bis hin zur Staatsbürgerschaft<br />

begleitet; ich weiß daher aus eigener Erfahrung, dass eine Patenschaft eine gute<br />

Chance ist, diese Menschen in ihrer persönlichen Situation abzuholen und darauf<br />

aufbauend auf dem Weg der Integration zu begleiten. Das ist für mich eine gute<br />

Möglichkeit, dass Integration gelingt.<br />

Sehr begrüßenswert ist für mich die Ankündigung unserer Bundesministerin, zu diesen<br />

Novellen auch verstärkt Schulungsmaßnahmen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

der Vollziehung durchzuführen. Damit ist für mich auch eine einheitliche Anwendung<br />

dieser Neuerung sichergestellt. – Danke sehr. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)<br />

13.27<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mayerhofer.<br />

Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.<br />

13.27<br />

Abgeordneter Leopold Mayerhofer (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister!<br />

Dieses Bleiberecht, das heute zum Beschluss gelangen wird, wird ein Anschlag auf die<br />

signifikanten Unterscheidungsmerkmale dieses Landes sein, insbesondere auf die<br />

Krankenkassen, auf die österreichischen Steuermittel insgesamt und auf die Geduld<br />

der Österreicher. Die sozialen Konflikte häufen sich massiv. Dazu ein Spruch aus<br />

einem Land mit ebenfalls hoher Kultur: Bei langen Besuchen nimmt die Höflichkeit ab.<br />

(Beifall bei der FPÖ.)<br />

Unter dem Deckmantel Asyl wurde Zuwanderung gefördert, und zwar massiv. Wurde<br />

die Bevölkerung jemals dazu befragt, ob ihr das recht ist? Ich glaube nicht, mir ist<br />

nichts in Erinnerung. Österreich wäre nach Angaben mancher Fraktionen, ganz besonders<br />

nach Ansicht der Grünen, ein Zuwanderungsland. Meines Erachtens ist Österreich<br />

ein Land, das Bürgern in Not jederzeit Unterstützung gewährt hat. Kollege<br />

Vilimsky hat das heute bereits ausführlichst erwähnt.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 103<br />

Abgeordneter Leopold Mayerhofer<br />

Das neue Bleiberecht geht aber nicht mehr vom Schutzgedanken aus, sondern orientiert<br />

sich an der Dauer des Aufenthalts. Nachgewiesen muss nur ein überwiegend<br />

legaler Aufenthalt werden! Die Novelle schafft den Anreiz, die Verfahren zu verschleppen<br />

und so einen Aufenthalt zu erzwingen. Das Asylrecht muss wieder auf<br />

seinen Kern, auf den Schutz vor Verfolgung, zurückgeführt werden!<br />

Haben Sie bedacht, dass bei den Asylwerbern ein erheblicher Teil kriminell ist? Die<br />

Hälfte der Asylwerber geraten in den Verdacht einer gerichtlich strafbaren Handlung<br />

und werden so den ohnehin sehr belasteten Polizeiapparat noch mehr beanspruchen.<br />

Das kann bei diesen Personalständen nicht weiter hingenommen werden! (Beifall bei<br />

der FPÖ.)<br />

Hat man in Anbetracht dieser Tatsache bei der Exekutive nachgefragt, ob man dieses<br />

Arbeitsaufkommen überhaupt personell bewältigen wird? Hat man bei der Exekutive<br />

und bei der Justiz nachgefragt, ob überhaupt genügend Dolmetscher zu jeder Zeit<br />

vorhanden sind? – Ich kann Ihnen etwas anderes berichten, nämlich dass das alles<br />

nicht der Fall ist und die Beamten diese Arbeit unter ganz fragwürdigen Umständen<br />

leisten müssen. Ich will mich bei ihnen an dieser Stelle auf das Allerherzlichste dafür<br />

bedanken, dass sie unter solchen Bedingungen überhaupt noch arbeiten können! (Ruf<br />

bei der FPÖ: Danke!)<br />

Abschließend – weil die Zeit schon knapp wird –: Wann und wo wurde beschlossen,<br />

dass Österreich ein Einwanderungsland wird? Mir ist das nicht bekannt. Man müsste<br />

die Österreicher noch einmal ordentlich dazu befragen. Ein Feldherr hat gesagt: Ein<br />

Gastgeber ist wie ein Feldherr: Erst wenn etwas schiefgeht, zeigt sich sein Talent.<br />

Sie von der Bundesregierung zeigen kein Talent und regieren am Volk vorbei! (Beifall<br />

bei der FPÖ. – Abg. Großruck: Wie hat dieser Feldherr geheißen? War es Napoleon?)<br />

13.30<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist hiezu niemand mehr gemeldet. Ich<br />

schließe daher die Debatte.<br />

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.<br />

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.<br />

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz,<br />

mit dem das Asylgesetz, das Fremdenpolizeigesetz und das Niederlassungs- und<br />

Aufenthaltsgesetz geändert werden, in 116 der Beilagen.<br />

Dazu haben die Abgeordneten Mag. Korun, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag<br />

eingebracht.<br />

Ich werde zunächst über die von diesem Abänderungsantrag betroffenen Teile und<br />

schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes<br />

abstimmen lassen.<br />

Die Abgeordneten Mag. Korun, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag<br />

betreffend Streichung der Ziffern 5 und 14 in Artikel 3 gestellt.<br />

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich dafür aussprechen, um ein<br />

Zeichen. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.


104 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf<br />

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der<br />

Fassung des Ausschussberichtes, und ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür<br />

ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen der Bejahung. – Das ist die Mehrheit und<br />

somit angenommen.<br />

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten<br />

Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes,<br />

und ich bitte jene Damen und Herren, die dafür sind, um ein Zeichen. – Das<br />

ist ebenfalls die Mehrheit und somit angenommen.<br />

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.<br />

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden<br />

Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der<br />

Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.<br />

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten<br />

Kößl, Pendl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Standortentscheidung für<br />

eine Erstaufnahmestelle Süd sowie ein Kompetenzzentrum für aufenthaltsbeendende<br />

Maßnahmen.<br />

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein<br />

Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 16.)<br />

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten<br />

Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend die sofortige Abstandnahme vom<br />

Projekt eines Schubhaftzentrums in Leoben.<br />

Über diesen Antrag ist namentliche Abstimmung verlangt worden.<br />

Da dieses Verlangen von 20 Abgeordneten gestellt wurde, ist die namentliche Abstimmung<br />

durchzuführen. Ich gehe daher so vor.<br />

Die Stimmzettel, die zu benutzen sind, befinden sich in den Laden der Abgeordnetenpulte<br />

und tragen den Namen des Abgeordneten sowie die Bezeichnung „Ja“ –<br />

das sind die grauen Stimmzettel – beziehungsweise „Nein“ – das sind die rosafarbenen.<br />

Für die Abstimmung können ausschließlich diese amtlichen Stimmzettel<br />

verwendet werden.<br />

Gemäß der Geschäftsordnung werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen, den<br />

Stimmzettel in die bereitgestellte Urne zu werfen.<br />

Ich ersuche jene Abgeordneten, die für den Entschließungsantrag der Abgeordneten<br />

Grosz, Kolleginnen und Kollegen stimmen, „Ja“-Stimmzettel, jene, die dagegen stimmen,<br />

„Nein“-Stimmzettel in die Urne zu werfen.<br />

Ich bitte nunmehr Frau Abgeordnete Franz, mit dem Namensaufruf zu beginnen. Herr<br />

Abgeordneter Auer wird sie später dabei ablösen.<br />

(Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Franz und den Schriftführer Jakob Auer<br />

werfen die Abgeordneten die Stimmzettel in die Urne.)<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Die Stimmabgabe ist beendet.<br />

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der<br />

Schriftführer die Stimmenzählung vornehmen.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 105<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf<br />

Die Sitzung wird zu diesem Zweck für einige Minuten unterbrochen.<br />

*****<br />

(Die zuständigen Beamten nehmen die Stimmenzählung vor. – Die Sitzung wird um<br />

13.41 Uhr unterbrochen und um 13.47 Uhr wieder aufgenommen.)<br />

*****<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf<br />

und gebe das Abstimmungsergebnis bekannt:<br />

Abgegebene Stimmen 171, davon „Ja“-Stimmen 52, „Nein“-Stimmen 119.<br />

Der Antrag ist somit abgelehnt.<br />

Gemäß § 66 Abs. 8 der Geschäftsordnung werden die Namen der Abgeordneten unter<br />

Angabe ihres Abstimmungsverhaltens in das Stenographische <strong>Protokoll</strong> aufgenommen.<br />

Mit „Ja“ stimmten die Abgeordneten:<br />

Belakowitsch-Jenewein, Bucher Josef;<br />

Darmann, Deimek, Dolinschek, Doppler;<br />

Fichtenbauer;<br />

Gartelgruber, Gradauer, Graf, Grosz Gerald;<br />

Hagen, Haider, Haimbuchner, Haubner Ursula, Herbert Werner, Höbart Christian,<br />

Hofer, Huber Gerhard, Hübner Johannes;<br />

Jannach, Jury;<br />

Karlsböck, Kitzmüller, Königshofer, Kunasek, Kurzmann;<br />

Lausch, Linder, List, Lugar Robert;<br />

Markowitz, Mayerhofer, Mühlberghuber;<br />

Neubauer Werner;<br />

Petzner;<br />

Rosenkranz;<br />

Scheibner, Schenk, Spadiut, Stefan, Strache;<br />

Tadler Erich;<br />

Unterreiner;<br />

Vilimsky, Vock;<br />

Weinzinger, Westenthaler, Widmann Rainer, Windholz, Winter;<br />

Zanger.<br />

Mit „Nein“ stimmten die Abgeordneten:<br />

Ablinger, Amon, Aubauer, Auer Jakob, Auer Josef;<br />

Bartenstein, Bayr, Becher, Brosz Dieter, Brunner Christiane;<br />

Cap, Cortolezis-Schlager, Csörgits;


106 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf<br />

Donabauer Karl, Donnerbauer Heribert;<br />

Eßl;<br />

Faul, Fazekas, Franz, Fuhrmann, Fürntrath-Moretti;<br />

Gahr, Gartlehner, Gaßner, <strong>Gessl</strong>-<strong>Ranftl</strong>, Glaser, Glawischnig-Piesczek, Grossmann,<br />

Großruck, Grünewald;<br />

Haberzettl, Hagenhofer, Hakel Elisabeth, Hakl Karin, Haubner Peter, Hechtl, Heinzl,<br />

Hell, Höfinger, Höllerer, Hörl, Hornek;<br />

Ikrath;<br />

Jarolim;<br />

Kaipel, Kapeller, Karl, Katzian, Keck, Kirchgatterer, Klikovits, Köfer, Kogler,<br />

Königsberger-Ludwig, Kopf, Korun, Kößl, Krainer, Kräuter, Krist, Kuntzl, Kuzdas;<br />

Lapp, Lettenbichler, Lipitsch, Lohfeyer, Lueger Angela, Lunacek;<br />

Maier Johann, Matznetter, Mayer Elmar, Mayer Peter, Moser, Musiol, Muttonen;<br />

Neugebauer Fritz;<br />

Oberhauser, Obernosterer, Öllinger;<br />

Pack, Pendl, Pirklhuber, Plassnik, Plessl, Prähauser, Prammer, Prinz;<br />

Rädler Johann, Rasinger, Riepl, Rudas;<br />

Sacher, Schatz, Schittenhelm, Schmuckenschlager, Schönegger Bernd, Schönpass<br />

Rosemarie, Schopf, Schultes, Schwentner, Silhavy, Singer, Sonnberger,<br />

Spindelberger, Stauber Peter, Steibl Ridi Maria, Steier, Steindl Konrad, Steinhauser,<br />

Stummvoll;<br />

Tamandl;<br />

Van der Bellen;<br />

Walser, Weninger Hannes, Windbüchler-Souschill, Wittmann Peter, Wöginger, Wurm;<br />

Zinggl.<br />

*****<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich bitte die Abgeordneten, ihre Plätze einzunehmen!<br />

Wir befinden uns immer noch im Abstimmungsvorgang, und die Abstimmung ist von<br />

den Sitzplätzen aus vorzunehmen.<br />

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere<br />

Angelegenheiten, seinen Bericht 117 d.B. zur Kenntnis zu nehmen.<br />

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes<br />

Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.<br />

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere<br />

Angelegenheiten, seinen Bericht 118 d.B. zur Kenntnis zu nehmen.<br />

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes<br />

Zeichen. – Das ist ebenfalls mit Mehrheit angenommen.<br />

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere<br />

Angelegenheiten, seinen Bericht 119 d.B. zur Kenntnis zu nehmen.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 107<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf<br />

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes<br />

Zeichen. – Das ist ebenfalls mit Mehrheit angenommen.<br />

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für innere<br />

Angelegenheiten, seinen Bericht 120 d.B. zur Kenntnis zu nehmen.<br />

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes<br />

Zeichen. – Auch das ist mit Mehrheit angenommen.<br />

6. Punkt<br />

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 506/A der Abgeordneten<br />

Karlheinz Kopf, Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz,<br />

mit dem besondere Bestimmungen für die Neuermittlung<br />

der Verteilung von nach der Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments<br />

2009 zu vergebenden Mandaten durch die Bundeswahlbehörde erlassen werden<br />

(121 d.B.)<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zum 6. Punkt der Tagesordnung.<br />

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.<br />

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Mag. Stefan. Freiwillige Redezeitbeschränkung:<br />

3 Minuten. – Bitte.<br />

13.50<br />

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte<br />

Frau Bundesminister! Hohes Haus! Wir haben hier eine Gesetzesvorlage, wo es darum<br />

geht, eine Neuermittlung der Verteilung der nach der Wahl der Mitglieder des Europäischen<br />

Parlaments 2009 zu vergebenden Mandate zu beschließen, und zwar unter<br />

der Bedingung, dass der Lissabonner Vertrag in Kraft tritt. Und das ist natürlich der<br />

springende Punkt, denn dieser sogenannte Lissabonner Vertrag, Reformvertrag, Verfassungsvertrag<br />

– wie auch immer – ist der letzte Schritt, die Souveränität Österreichs<br />

zu beseitigen. (Abg. Mag. Lunacek: Das glauben Sie ja selbst nicht! – Ruf bei der<br />

ÖVP: Das sagen Sie wider besseres Wissen!) – Nein, das sage ich nicht wider<br />

besseres Wissen! Wenn es eine Mehrheitsentscheidung im Europäischen Rat geben<br />

kann, dann ist damit die letzte Volkssouveränität Österreichs beseitigt. (Beifall bei der<br />

FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Amon.)<br />

Das österreichische Volk, gibt es das nicht, oder wie? Ist das nicht die Volkssouveränität?<br />

Was ist es denn? Herr Kollege Amon, was meinen Sie? Ist es nicht die<br />

Volkssouveränität? (Abg. Strache: Der Kollege Amon ist sprachlos! – Abg.<br />

Dr. Stummvoll: Haben Sie keine Rede?) Er hat ein Problem mit der Volkssouveränität.<br />

Das dachte ich mir fast bei dem Abstimmungsverhalten. (Abg. Amon: Aber ich kann<br />

Ihnen helfen!) – Ich habe gerade gemerkt, dass Sie mir nicht helfen können.<br />

Ein zweiter Punkt ist sehr problematisch bei diesem Lissabonner Vertrag: Es können<br />

unmittelbare Rechtsakte durch die Kommission und durch den Rat gesetzt werden.<br />

Damit ist das demokratische Prinzip der Republik Österreich ebenfalls ausgehöhlt<br />

beziehungsweise beseitigt. Auch das ist ein unhaltbarer Zustand. (Beifall bei der FPÖ.)<br />

Wie wir wissen, sagt Art. 44 B-VG, dass jede Gesamtänderung der Verfassung eine<br />

Volksabstimmung zwingend erfordert. Und genau darum geht es. Zuerst müsste das<br />

Volk über diesen Lissabonner Vertrag befragt werden, und dann können wir uns<br />

Gedanken über eine Verteilung der Mandate und über die Nachbesetzung machen.<br />

(Beifall bei der FPÖ.)


108 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Mag. Harald Stefan<br />

Ich kann also nur sagen: Lassen Sie die österreichische Bevölkerung über den Lissabonner<br />

Vertrag abstimmen, und dann ersparen wir uns auch diese Diskussion hier!<br />

(Beifall bei der FPÖ.)<br />

13.53<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter<br />

Dr. Wittmann. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.<br />

13.53<br />

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte<br />

Frau Bundesminister! Hohes Haus! Ich glaube, dass diese Regelung, die wir heute hier<br />

zu beschließen haben, dringend notwendig ist, um einen geordneten Übergang von<br />

jenen Vertragswerken, die derzeit vorliegen, und dem Wahlergebnis, das im Juni<br />

vorliegen wird, zu gewährleisten.<br />

Erstens: Wir haben derzeit 18 Mandate. Bei der Wahl 2009 werden die Regelungen<br />

des Vertrags von Nizza angewandt, was bedeuten würde, dass es zu einer Verringerung<br />

der Mandatsanzahl auf 17 Mandate kommen würde. Und sollte dann der<br />

Vertrag von Lissabon in Kraft treten, würde es wieder eine Erhöhung von 17 auf<br />

19 Mandate geben.<br />

Um diese 19 Mandate dann auch korrekt vergeben zu können, ist es notwendig, dass<br />

wir die Bundeswahlbehörde beauftragen, eine Neuermittlung der Mandate aufgrund<br />

des Ergebnisses der Wahl 2009 vorzunehmen und letztendlich dann eine Zuweisung<br />

der beiden restlichen Mandate vorzunehmen. Das ist eine rechtlich saubere und<br />

korrekte Lösung.<br />

Zu den Ausführungen meines Vorredners noch zwei Worte: Beide Maßnahmen, die Sie<br />

als Neuerung im Vertrag von Lissabon vorgestellt haben, gibt es schon seit Jahrzehnten<br />

in den Verträgen der Europäischen Union. Sowohl die Mehrheitsentscheidung<br />

als auch die unmittelbaren Rechtsetzungsakte durch die Kommission sind Teil unseres<br />

Lebens, seit wir der EU beigetreten sind. Das ist keine Neuerung. Sie sollten sich das<br />

Ganze ein bisschen genauer anschauen und nicht irgendetwas nachplappern, was<br />

Ihnen da am Zettel vorgeschrieben wurde, denn das war nicht sehr sinnvoll, was da<br />

gesagt wurde.<br />

Das Zweite ist: Wir stimmen bei dieser Abstimmung nicht über irgendeinen Vertrag ab,<br />

sondern letztendlich über eine Verteilung von Mandaten (Abg. Strache: Die aber nur<br />

dann in Kraft treten kann, wenn der Lissabonner Vertrag in Kraft tritt!), bei der es<br />

darum geht, dass wir eine Regelung haben, wenn dieser Vertrag in Kraft tritt, damit wir<br />

unsere Vertragstreue auch nachweisen können. Eine Besserstellung für Österreich<br />

werden wir wohl nicht verhindern, wenn die Anzahl der Mandate von 18 und dann von<br />

17 auf 19 aufgestockt wird. Dann wird man wohl nicht dagegen sein können.<br />

Aber nochmals: Alle hier angeführten Akte hat es schon in den früheren Verträgen<br />

gegeben. Wir sind auch jetzt nicht vertragslos in dieser Wahl 2009, sondern es gilt der<br />

Vertrag von Nizza. Und dieser Vertrag von Nizza ist eindeutig schlechter als der<br />

Vertrag von Lissabon; trotzdem ist er derzeit gültig, und wir haben uns nach diesem<br />

Vertrag zu richten.<br />

Das heißt, Sie sind gegen Verbesserungen, die für Österreich dort erreichbar sind<br />

(Abg. Strache: Wir haben jetzt noch die Souveränität und wir behalten die Souveränität!),<br />

nämlich nach der Wahl von 2009 von 17 auf 19 Mandate zu kommen. Sie<br />

sind zwar für jede Verschlechterung, aber nicht für eine Verbesserung, wenn<br />

Österreich mehr Rechte dort bekommt. (Abg. Strache: Sie machen einen Ausverkauf<br />

österreichischer Interessen!) Das ist auch eine wirklich bemerkenswerte Haltung, wenn


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 109<br />

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann<br />

Sie ablehnen, dass Österreich mehr Einfluss in der Europäischen Union bekommt. Das<br />

halte ich für einen abenteuerlichen Zugang.<br />

Ich meine, dass es vernünftig wäre, diese Regelung, die wir heute als Antrag haben,<br />

auch zu beschließen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Sie gehen permanent in<br />

die Knie!)<br />

13.56<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Dr. Karl.<br />

Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.<br />

13.57<br />

Abgeordnete Mag. Dr. Beatrix Karl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte<br />

Frau Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es ist bereits angesprochen<br />

worden, dass wir im Europäischen Parlament momentan durch 18 Abgeordnete<br />

vertreten werden. Durch die Geltung des Vertrags von Nizza werden wir nach<br />

der kommenden Wahl zum Europaparlament leider nur mehr durch 17 Abgeordnete<br />

vertreten werden.<br />

Wenn ich sage „wir“, meine ich damit Österreich und nicht die ÖVP, denn ich bin davon<br />

überzeugt, dass die ÖVP kein Mandat verlieren wird. Aber Österreich wird nur mehr<br />

17 Mandate und nicht 18 Mandate haben. Eigentlich sollte – und das ist von meinem<br />

Vorredner auch schon angesprochen worden – nach dem Vertrag von Maastricht, dem<br />

Vertrag von Amsterdam und dem Vertrag von Nizza bereits der Vertrag von Lissabon<br />

gelten, was für uns bedeuten würde, dass wir im Europäischen Parlament 19 Abgeordnete<br />

als Vertreter Österreichs hätten und nicht bloß 17.<br />

Es ist aber davon auszugehen, dass – und das halte ich für sehr wichtig – der Vertrag<br />

von Lissabon doch noch in Kraft treten wird. Da bin ich nämlich ganz anderer Meinung<br />

als die FPÖ. Erstens haben wir das schon des Öfteren diskutiert, dass der Vertrag von<br />

Lissabon keine Gesamtänderung der österreichischen Verfassung bedeutet, sodass<br />

keine Volksabstimmung notwendig ist. (Abg. Strache: Das sagen Sie!) – Bitte, fragen<br />

Sie einmal die Verfassungsrechtsexperten in Österreich! (Abg. Strache: Der Verfassungsrechtler<br />

... sieht das anders!)<br />

Außerdem wurde von Herrn Mag. Stefan auch die Bedrohung der Demokratie angesprochen.<br />

Wissen Sie, gerade wenn Ihnen die Demokratie so wichtig ist, müssten Sie<br />

eigentlich für diesen Vertrag von Lissabon sein, weil nämlich der Vertrag von Lissabon<br />

dazu führt ... (Abg. Strache: Für eine Volksabstimmung, vor der Sie Angst haben!) –<br />

Nein, wir haben keine Angst davor, aber es ist nicht verfassungsrechtlich geboten, Herr<br />

Kollege! Ich bin Juristin. Sie sind wahrscheinlich weniger informiert darüber als ich.<br />

(Abg. Strache: Das sagt der Professor ... anders!) – Sie sollten einmal zur Kenntnis<br />

nehmen, dass durch den Vertrag von Lissabon Europa demokratischer und transparenter<br />

wird! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Strache: Wo denn?)<br />

Schauen Sie sich das an! Ich glaube, Sie haben den Vertrag von Lissabon nie gelesen,<br />

Herr Kollege, denn dann wüssten Sie nämlich, dass das Europäische Parlament, das<br />

ja direkt gewählt wird, mehr Rechte bekommt: Das Mitentscheidungsverfahren wird<br />

ausgebaut. Außerdem wird das Subsidiaritätsprinzip ausgebaut, was bedeutet, dass<br />

wir eine stärkere Einbeziehung der nationalen Parlamente haben. (Abg. Strache: Die<br />

nationalen Parlamente werden Verwaltungsorgane!) Haben Sie Angst davor, dass die<br />

nationalen Parlamente auf europäischer Ebene stärker eingebunden werden? – Ich<br />

habe davor keine Angst. Sie wissen offenbar nicht, was Subsidiaritätsprinzip bedeutet.<br />

Sie können gerne einmal in meine Europarechtsvorlesungen kommen, ich kann Ihnen<br />

das gerne erklären, Herr Kollege. (Beifall bei der ÖVP.)


110 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordnete Mag. Dr. Beatrix Karl<br />

Abschließend möchte ich dazu noch sagen: Wir begrüßen natürlich die vorliegende<br />

Gesetzesänderung; wir halten sie für sehr wichtig. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie<br />

bei Abgeordneten der SPÖ.)<br />

13.59<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter<br />

Scheibner. Gewünschte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.<br />

14.00<br />

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren!<br />

Wir werden zu diesem Tagesordnungspunkt wahrscheinlich keine große Grundsatzdebatte<br />

über die Zukunft der Europäischen Union zustande bringen. Aber es zeigt sich<br />

doch immer wieder, dass es gerade rund um den Vertrag von Lissabon eine Polarisierung<br />

gibt zwischen den einen, die meinen, dieser Vertrag von Lissabon ist<br />

sozusagen eine Heilslehre, die allein schon ausreichend ist, um Europa auf ein neues<br />

gutes Gleis zu bringen, und den anderen, die behaupten, dass mit dem Vertrag von<br />

Lissabon das Ende eine eigenständigen Österreich angebrochen ist. Weder das eine<br />

noch das andere ist der Fall. In Wahrheit diskutieren wir jetzt in Europa seit acht<br />

Jahren darüber, wie sich die Europäische Union von den 15 auf die 27 organisieren<br />

soll, ohne wirklich auch die Zukunft mit zu bedenken.<br />

Das ist unser wichtiger Ansatz, das nur als weiterer Gedanke: Der Vertrag von Lissabon,<br />

ob er jetzt kommt oder nicht, behebt vielleicht das eine oder andere aus der<br />

Vergangenheit, bringt uns aber nichts für die Zukunft. Gerade die aktuellen Probleme<br />

zeigen, wo die Defizite der Europäischen Union liegen, dass es eben keine gemeinsame<br />

Energiepolitik gibt, dass es keine gemeinsame Außenpolitik gibt, dass es keine<br />

gemeinsame Finanzpolitik gibt, wenn wir uns jetzt diese ganzen Krisen ansehen, wo es<br />

wirklich keine ausreichenden Reaktionen darauf gibt. Das alles sollte man ja diskutieren,<br />

vor allem vor dem Grundsatz, dass es in der Europäischen Union ein Gleichbehandlungsgebot<br />

gibt, wonach höchstentwickelte Länder gleich behandelt werden<br />

müssen wie Länder, die noch einen großen Aufholbedarf haben, um es vorsichtig<br />

auszudrücken.<br />

Das sind in Wirklichkeit die Probleme, wo unser Konzept, das ein Kerneuropa und ein<br />

Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten vorsieht, in dieser Diskussion einer<br />

Polarisierung gegenübersteht.<br />

Ich verstehe nicht ganz die ablehnende Haltung der Freiheitlichen dem aktuellen<br />

Antrag gegenüber. Auch wenn man den Lissabonvertrag ablehnt, ist es nun einmal die<br />

Realität, dass wir dann, wenn er in Kraft tritt – und das können wir wahrscheinlich nicht<br />

mehr verhindern –, statt 17 19 Mandate zu vergeben haben. (Abg. Strache: Damit wird<br />

sich der Verfassungsgerichtshof beschäftigen!) Das wird aber ein halbes Jahr nach der<br />

EU-Wahl der Fall sein. Bei der EU-Wahl treten wir ja auch alle an und wollen in das<br />

Europaparlament nach den geltenden Bestimmungen gewählt werden. Wenn sich<br />

diese Bestimmungen änderten, stünden wir vor der Problematik, dass wir dann neu<br />

wählen müssten, was, wie ich meine, nicht wirklich sinnvoll wäre. Und deshalb<br />

stimmen wir dieser Regelung zu, dass dann ganz einfach das Ergebnis auf die neuen<br />

Gegebenheiten mit den 19 Mandaten umgelegt wird, wodurch wir uns eine weitere EU-<br />

Wahl ersparen. Das wäre wirklich nicht sinnvoll.<br />

Deshalb unsere Zustimmung zu dieser Vorlage, aber selbstverständlich die Skepsis<br />

gegenüber der derzeitigen Ausrichtung der Europäischen Union. (Beifall beim BZÖ.)<br />

14.03<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete<br />

Mag. Lunacek. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 111<br />

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek<br />

14.03<br />

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren<br />

von den Grünen! Es wird von uns zu dieser Regelung auch eine Zustimmung<br />

geben. Und ich nenne zuerst die zwei Gründe, die für mich ausschlaggebend sind. Das<br />

eine ist, wie schon erwähnt wurde, dass mit dem Lissabonvertrag Österreich<br />

19 Mandate haben könnte, wenn der Lissabonvertrag im Herbst oder nächstes Jahr<br />

doch in Kraft träte. Daher macht es wohl Sinn, den Wählerinnen und Wählern schon für<br />

den 7. Juni klar zu machen, dass die Wahl, die sie treffen, möglicherweise, wahrscheinlich,<br />

ich sage hoffentlich, mehr österreichische Vertretung bringen wird, und das<br />

schon jetzt zu regeln, damit die Wählerinnen und Wähler auch Bescheid wissen.<br />

Das Zweite ist, dass es wohl auch rein technisch gesehen und wohl auch politisch<br />

einen Sinn macht, jetzt schon festzulegen, welcher Modus dann gewählt werden wird,<br />

denn die Vorstellung, dass man sich nach der Wahl, nachdem der Lissabonvertrag in<br />

Kraft getreten ist, darüber streitet, nach welcher Methode man jetzt die nächsten zwei<br />

auswählt, wo es dann möglicherweise unterschiedliche Zuteilungen von den Parteien<br />

geben würde, würde einer Wahl nicht gut tun. Und deswegen macht es Sinn, diese<br />

Vorkehrungen jetzt schon zu treffen und nicht nach einem eventuellen Inkrafttreten des<br />

Lissabonvertrags.<br />

Aber ich muss hier wohl auch noch meinem Erstaunen über die Haltung der Freiheitlichen<br />

Ausdruck geben. Diejenigen, die sich immer als die großen Verteidiger<br />

Österreichs, des Vaterlandes, der Heimat aufspielen, sind jetzt dagegen, dass Österreich<br />

im Europaparlament zwei Sitze mehr hat. (Abg. Strache: Ihnen sind zwei Mandate<br />

wichtiger als die österreichische Souveränität! Das ist die Chuzpe!) Die sind<br />

dagegen, dass Österreich im Europaparlament stärker vertreten ist. Also das müssen<br />

Sie noch irgendwem erklären. (Abg. Strache: Das versteht jeder Österreicher: Ihnen<br />

geht es um Posten!)<br />

Diese großen Verteidiger, die angeblichen Verteidiger Österreichs sind dagegen, die<br />

wollen zwei Mandate, zwei Sitze im Europaparlament an andere verschenken. Die<br />

wollen weniger mitzureden haben. Das können Sie selber erklären, aber sonst<br />

niemandem in diesem Land, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen.<br />

Noch etwas anderes. Sie sind, wir wissen das ja, gegen diesen Lissabon-Vertrag. Sie<br />

sind aber auch diejenigen, die durchaus immer wieder durchklingen lassen, dass Sie<br />

eigentlich am liebsten aus der Europäischen Union austreten würden. (Abg. Strache:<br />

Wer sagt das? Hat nie jemand gesagt! Sie behaupten etwas, was nicht stimmt, Frau<br />

Kollegin! Sie können die Unwahrheit hundertmal behaupten, das stimmt nicht! Wir<br />

wollen Europa reformieren im Unterschied zu Ihnen!)<br />

Wissen Sie, was? – Wenn Sie diesem Austrittspopulismus weiter frönen wollen, dann<br />

sollten Sie nämlich für den Vertrag sein, denn nur mit diesem Vertrag könnten Sie<br />

überhaupt dieses Ansinnen, dass Österreich aus der EU austritt, auch vertreten. Im<br />

jetzigen Zustand geht das einfach nicht, meine Damen und Herren oder vorrangig<br />

meine Herren von den Freiheitlichen!<br />

Also machen Sie hier keine Angstpropaganda und Sonstiges, was den Lissabonvertrag<br />

betrifft. Jetzt sind auf einmal Sie die, die weniger Österreich in der Europäischen Union<br />

wollen. Das werden wir den Wählerinnen und Wählern erzählen.<br />

In diesem Zusammenhang kann ich meiner Vorrednerin Beatrix Karl nur zustimmen.<br />

Die FPÖ hat Angst vor mehr parlamentarischen Rechten und vor mehr Rechten für die<br />

Bevölkerung und für Parlamente in Europa. (Abg. Strache: Absurd, wirklich absurd!)<br />

Das ist wohl der falsche Weg, meine Damen und Herren von der FPÖ! Aber das haben<br />

wir ohnehin schon lange gewusst. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)<br />

14.06


112 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete<br />

Mag. Grossmann. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.<br />

14.06<br />

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin!<br />

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Eckpunkte dieses Antrages wurden ja<br />

bereits hinlänglich erörtert. Wir sind in Europa gewissermaßen in einer Schwebesituation.<br />

Wir wissen nicht, ob der Vertrag von Lissabon in Kraft treten wird. Die<br />

Wahrscheinlichkeit ist allerdings sehr hoch. Und deshalb müssen wir uns auf die<br />

künftige Rechtssituation einstellen. Es geht hier nicht um die Inhalte des Vertrages von<br />

Lissabon, weil Sie hier die Debatte in diese Richtung drängen wollten. Darum geht es<br />

bei der jetzigen Debatte überhaupt nicht, sondern es geht um eine rechtstechnische<br />

Lösung, um eine saubere Lösung, um eben die Mandate entsprechend zuteilen zu<br />

können.<br />

Damit wir tatsächlich eine saubere Lösung anbieten können, bringen wir folgenden<br />

Antrag ein:<br />

Abänderungsantrag<br />

der Abgeordneten Kopf, Dr. Cap, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Verfassungsausschusses<br />

(121 dB) über den Initiativantrag Nr. 506/A betreffend ein Bundesverfassungsgesetz,<br />

mit dem besondere Bestimmungen für die Neuermittlung der<br />

Verteilung von nach der Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments 2009 zu<br />

vergebenden Mandaten durch die Bundeswahlbehörde erlassen werden<br />

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:<br />

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:<br />

1. In § 1 wird das Zitat „BGBl. Nr. xxx/2009“ jeweils durch das Zitat „BGBl. I<br />

Nr. 11/2009“ ersetzt.<br />

*****<br />

Es geht also darum, eine saubere Lösung zustande zu bringen, denn wenn das nicht<br />

gelänge, wäre unter Umständen auch eine Neuwahl nicht auszuschließen. Und ich<br />

glaube, die Begeisterung der Bevölkerung und auch ihr Verständnis würden sich da<br />

wirklich in Grenzen halten. Ganz im Gegenteil, das demokratische Bewusstsein und<br />

das Europabewusstsein würden massiv leiden. Jenen, die gegen diesen Antrag sind,<br />

ist das, wie ich meine, unter Umständen sogar sehr recht, denn schließlich ist das der<br />

Nährboden, auf dem ihre fragwürdigen Parolen gedeihen. (Beifall bei der SPÖ sowie<br />

bei Abgeordneten der ÖVP.)<br />

14.08<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Abänderungsantrag ist<br />

ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.<br />

Zu Wort ist dazu nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.<br />

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.<br />

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 121 der Beilagen.<br />

Hiezu haben die Abgeordneten Kopf, Dr. Cap, Kolleginnen und Kollegen einen<br />

Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf § 1 bezieht.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 113<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf<br />

Da nur dieser eine Antrag gestellt wurde, lasse ich über den Gesetzentwurf in der<br />

Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages<br />

der Abgeordneten Kopf, Dr. Cap, Kolleginnen und Kollegen abstimmen.<br />

Da es sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf um ein Bundesverfassungsgesetz<br />

handelt, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Z. 1 der Geschäftsordnung die für<br />

die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl<br />

der Abgeordneten fest.<br />

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der<br />

Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages<br />

der Abgeordneten Kopf, Dr. Cap, Kolleginnen und Kollegen.<br />

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der<br />

Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen. Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig<br />

erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.<br />

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.<br />

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter<br />

Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist<br />

mehrheitlich angenommen.<br />

Ausdrücklich stelle ich wiederum die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit<br />

fest.<br />

7. Punkt<br />

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 159/A der Abgeordneten<br />

Dr. Sabine Oberhauser, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend<br />

ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheitstelematikgesetz geändert wird<br />

(138 d.B.)<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zum 7. Punkt der Tagesordnung.<br />

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.<br />

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Spindelberger. Gewünschte Redezeit:<br />

3 Minuten. – Bitte.<br />

14.11<br />

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Wenn wir<br />

heute den Antrag betreffend Änderung des Gesundheitstelematikgesetzes behandeln,<br />

dann geht es dabei schlichtweg nur darum, die bereits beschlossenen Übergangsregelungen<br />

um ein weiteres Jahr, konkret bis zum 31.12.2009, zu verlängern, was<br />

bedingt, dass die bestehenden Verwaltungsstrafbestimmungen wiederum aufgeschoben<br />

werden.<br />

Warum dieser Schritt aber notwendig wird, liegt auch auf der Hand. Beim Gesundheitstelematikgesetz<br />

geht es um eine wirklich sehr, sehr heikle Thematik, nämlich um<br />

die Nutzbarmachung und die Anwendung neuer Technologien und von Datenverarbeitung<br />

im gesamten Gesundheitsbereich. Diesen Bemühungen, diese Technologien<br />

zu nutzen, liegt auch eine klare Erkenntnis zugrunde, nämlich die Erkenntnis, diese<br />

Unmengen von Gesundheitsdaten und diese Unmengen an medizinischem Wissen,<br />

die sich allein aufgrund des rasanten medizinischen Fortschrittes ergeben, bestmöglich<br />

für uns alle zu nutzen. Dazu bedarf es logischerweise adäquater informations- und<br />

kommunikationstechnischer Unterstützung.


114 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Erwin Spindelberger<br />

So gut es auch klingen mag, bedeutet es in der Praxis aber auch, dass wir dabei mit<br />

gewaltigen Problemen konfrontiert sind, denn bei der Verarbeitung und Übermittlung<br />

dieser Gesundheitsdaten in verschiedenen Datennetzen ergibt sich ein riesiges Gefahrenpotential<br />

in Bezug auf mögliche Verletzungen der Vertraulichkeit und der Integrität<br />

unserer Gesundheitsdaten. Daher gilt es eine österreichweite Harmonisierung derzeitiger<br />

unterschiedlicher Ansätze für die Datensicherheitsmaßnahmen einzuleiten beziehungsweise<br />

auch den Standard für die Datensicherheitsmaßnahmen auszubauen.<br />

Wie ich eingangs erwähnt habe, war ja vorgesehen, dass es bereits mit Ende 2008 zu<br />

einer endgültigen Regelung diesbezüglich kommen sollte, weshalb Bundesministerin<br />

Kdolsky auch eine diesbezügliche Verordnung zur Begutachtung versandt hat. Da aber<br />

die Stellungnahmen zu dieser Verordnung durch die Bank negativ ausgefallen sind, hat<br />

der Datenschutzrat, weil es sich um so eine wichtige Materie, nämlich um den Schutz<br />

sensibler Daten, handelt, in seiner Sitzung im Dezember vorgeschlagen, einer Verlängerung<br />

dieser Übergangsfristen bis 31. Dezember 2009 zuzustimmen und diese<br />

heute eben herbeizuführen.<br />

Das haben die Mitglieder des Datenschutzrates auch mit dem Hinweis darauf gemacht,<br />

dass es bis zu diesem Termin, also bis Ende des heurigen Jahres, auch ein ELGA-<br />

Gesetz, also die Elektronische Gesundheitsakte, geben wird. Somit wird für uns alle<br />

ausreichend Zeit geschaffen, all die notwendigen Änderungen beziehungsweise Adaptierungen<br />

des Gesundheitstelematikgesetzes aufzubereiten<br />

Ich bin erfreut darüber, dass alle diesem Vorschlag zustimmen werden. (Beifall bei der<br />

SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)<br />

14.14<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter<br />

Dr. Rasinger. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.<br />

14.14<br />

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter<br />

Herr Minister! Hohes Haus! Bei dem vorliegenden Gesetzesantrag geht es um die<br />

Verlängerung der Übergangsregelungen bei der Übermittlung von Daten. Das ist nicht<br />

das Entscheidende, sondern meiner Meinung nach entscheidend ist, wie wir bei<br />

zunehmender Elektronik mit sehr, sehr sensiblen Daten umgehen. Da handelt es sich<br />

um sehr intime Daten, intimer könnten sie wohl nicht sein. Es hat ja jetzt in Deutschland<br />

einen Skandal gegeben, wo eine Journalistin plötzlich ihre Krankheit veröffentlicht<br />

gesehen hat. Das ist nicht im Sinne des Patienten und würde auch die Akzeptanz jeder<br />

Form von ELGA sofort gegen null gehen lassen. Damit es eine Akzeptanz gibt,<br />

brauchen wir eben sehr scharfe Vorschriften.<br />

Dass wir in Österreich eigentlich ganz weit vorne sind, ist uns gar nicht bewusst. Wir<br />

sind ja eher dazu geneigt, uns selber ein bisschen herunterzumachen. Barack Obama<br />

hat erst kürzlich gesagt, er möchte im Rahmen seiner amerikanischen Gesundheitsreform,<br />

in die er 636 Milliarden Dollar, also etwa 17 Prozent des Bruttoinlandsproduktes<br />

von etwa 3 000 Billionen Dollar, reinbuttert, die Elektronik vorantreiben, weil in<br />

Amerika sage und schreibe nur 6 Prozent der Ärzte und Anbieter überhaupt an Elektronik<br />

angeschlossen sind.<br />

Ich schätze, dass das bei uns, bei den niedergelassenen Ärzten, den Kassenärzten in<br />

Richtung 100 Prozent geht; das heißt, wir sind da sehr, sehr weit vorne.<br />

International gesehen ist die ganze Elektronik im Gesundheitswesen ein riesiges<br />

Geschäft. Microsoft, Google, Siemens bemühen sich. Und wenn man das wirklich<br />

beinhart seziert, muss man ganz ehrlich sagen, sie sagen nicht, dass das Geld spart.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 115<br />

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger<br />

Die Schätzungen, wie hoch die Einsparung sein könnte, gehen in Richtung matte etwa<br />

1,5 Prozent.<br />

Wenn ich mir aber die internationale Diskussion anschaue, dann ist festzustellen, dass<br />

neben dieser Datenproblematik, neben der Frage, wie Daten geschützt werden<br />

können, ein zweites Problem aufgeworfen wird. Wenn wir es nicht schaffen, die Bürokratie<br />

bei dieser Karte, diesem Elektronischen Akt, sehr gering zu halten, dann wird es<br />

erstens ein Milliardengrab, dann wird zweitens niemand gerne mitmachen, und drittens<br />

wird jeder versuchen, es zu vermeiden, weil es auch haftungsrechtliche Ansprüche<br />

geben kann, wenn ich jedes Mal 300 Seiten durchblättern muss.<br />

Ich sage Ihnen ganz ehrlich, wir sind dafür, aber wir müssen schauen, dass es ein Tool<br />

ist, das uns nützt, aber nicht behindert. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten<br />

der SPÖ.)<br />

14.17<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete<br />

Dr. Belakowitsch-Jenewein. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.<br />

14.17<br />

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Liebe<br />

Kolleginnen und Kollegen! Ja, auch wir werden dem Antrag zustimmen, wenngleich ich<br />

schon darauf hinweisen möchte, dass wir jetzt diese Verlängerung in Wahrheit verspätet<br />

vornehmen. Wir sind eigentlich auch nicht genau informiert worden. Auch auf<br />

meine Frage im Ausschuss, ob es aufgrund dieser etwas verspäteten Verlängerung<br />

dieses Vertrags Auswirkungen gegeben hat, haben wir eigentlich in Wahrheit keine<br />

Antwort bekommen.<br />

Dass es ein wichtiges Unterfangen und dass es ein wichtiges Begehren ist, dass man<br />

Patientendaten sichert und dass man Krankendaten sichert, das hat sich auch jetzt<br />

wieder in der letzten Woche gezeigt, in der ein Skandaljournalist ein Buch herausgegeben<br />

hat, in dem sich Patientendaten finden, was meines Erachtens einzig und<br />

allein dazu geführt hat, Patienten zu verunsichern und die Ärzteschaft in irgendeiner<br />

Art und Weise anzupatzen. Dass diese Möglichkeit überhaupt gegeben ist, liegt schon<br />

auch daran, dass wir – das ist natürlich auch ein Versäumnis der Politik – in Wahrheit<br />

keine Evaluierungen durchführen bei dem, was wirklich an Fehlern passiert, dass es<br />

auch keine Studien darüber gibt, wie viele Fehler in den Krankenhäusern passieren.<br />

Aus diesem Grund stelle ich folgenden Entschließungsantrag der Abgeordneten<br />

Dr. Belakowitsch-Jenewein und weiterer Abgeordneter:<br />

Der Nationalrat wolle beschließen:<br />

„Die Bundesregierung wird ersucht, eine umfassende Evaluierung bzw. Erhebung<br />

sämtlicher im Buch ,Verschlusssache Medizin‘ von Kurt Langbein angeführten Daten<br />

und der erhobenen Vorwürfe durch eine unabhängige Prüfkommission sicherzustellen.<br />

Das Ergebnis der Evaluierung soll dem Nationalrat übermittelt werden.“<br />

(Beifall bei der FPÖ.)<br />

*****<br />

Meine Damen und Herren, ich glaube, dass es wichtig ist, solche Dinge abzustellen,<br />

und dass man nicht Skandaljournalismus eine Arbeit machen lassen darf, womit


116 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein<br />

Patienten verunsichert werden. Wir dürfen uns hier nicht zurücklehnen und so tun, als<br />

wäre nichts gewesen! (Beifall bei der FPÖ.)<br />

14.19<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist<br />

ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht somit mit in Verhandlung.<br />

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:<br />

Entschließungsantrag<br />

der Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Jenewein und weiterer Abgeordneter<br />

betreffend Evaluierung der Daten und Vorwürfe betreffend Behandlungsfehler in Österreichs<br />

Krankenhäusern<br />

eingebracht in der 17. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 12. März 2009 im<br />

Zuge der Behandlung des Berichts des Gesundheitsausschusses über den Antrag<br />

159/A der Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen<br />

und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheitstelematikgesetz<br />

geändert wird (138 d.B.)<br />

In seinem neuen Buch „Verschlusssache Medizin“ behauptet der Autor Kurt Langbein,<br />

dass in Österreich jährlich 2.500 Patienten an Behandlungsfehlern sterben. Besonders<br />

die kleinen Krankenhäuser stehen dabei im Mittelpunkt der Kritik. Interne Prüfberichte<br />

beweisen angeblich, dass es in kleinen Spitälern doppelt so viele Komplikationen gibt<br />

wie international üblich, weil gewisse Eingriffe viel zu selten durchgeführt werden.<br />

Inwieweit die angegebenen Zahlen stimmen, kann niemand sagen. Genaue Statistiken<br />

existieren nämlich nicht. Vielmehr hat Kurt Langbein alte US-Zahlen aus den Neunzigerjahren<br />

auf Österreich hochgerechnet. In Österreich gibt es derzeit nur eine<br />

Statistik in Bezug auf eine Aufschlüsselung von Todesfällen in Krankenhäusern nach<br />

Krankheiten; Behandlungsfehler kommen nicht vor.<br />

Die FPÖ bekennt sich zur flächendeckenden Gesundheitsversorgung in Österreich -<br />

auch darf nicht übersehen werden, dass vielen Patienten gerade in kleinen<br />

Krankenhäusern das Leben gerettet wurde.<br />

Da die von Kurt Langbein erhoben Vorwürfe sehr schwer sind, gleichzeitig aber die<br />

sachliche Recherche nicht wirklich ausreichend erscheint, ist es notwendig, eine<br />

genaue Evaluierung dieser Daten und der Vorwürfe durch eine unabhängige Prüfkommission<br />

sicherzustellen. Und erst nach einer sachlicher Überprüfung der erhobenen<br />

Vorwürfe und einer Erhebung entsprechender Daten kann man seriös darüber<br />

diskutieren, welche gezielten Maßnahmen man treffen muss, um das österreichische<br />

Gesundheitswesen zu verbessern und vor allem, um die derzeit vorhandene Verunsicherung<br />

der Patienten zu beseitigen.<br />

Die unterfertigten Abgeordneten stellen folgenden<br />

Entschließungsantrag<br />

Der Nationalrat wolle beschließen:<br />

„Die Bundesregierung wird ersucht, eine umfassende Evaluierung bzw. Erhebung<br />

sämtlicher im Buch „Verschlusssache Medizin“ von Kurt Langbein angeführten Daten


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 117<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf<br />

und der erhobenen Vorwürfe durch eine unabhängige Prüfkommission sicherzustellen.<br />

Das Ergebnis der Evaluierung soll dem Nationalrat übermittelt werden.“<br />

*****<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete<br />

Haubner. Gewünschte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.<br />

14.20<br />

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister!<br />

Der Antrag behandelt eine neuerliche Fristverlängerung um ein weiteres Jahr,<br />

wie es meine Vorrednerin und Vorredner schon gesagt haben. Wir haben damals im<br />

Dezember 2007 der ersten Verlängerung zugestimmt, in der Hoffnung, dass gerade die<br />

technische Seite des Gesundheitstelematikbereiches optimiert wird und dass vor allem<br />

alle offenen datenschutzrechtlichen Fragen aufgearbeitet werden, aber auch weiter die<br />

notwendigen Gesundheitsdaten dementsprechend ausgetauscht werden können.<br />

Nun stehen wir wieder vor der Situation, dass es zu einer weiteren Verlängerung<br />

kommen soll. Der Hauptgrund, wie wir es sehen, ist, dass der Datenschutzrat in seiner<br />

Stellungnahme ganz klar gesagt hat, dass die Verordnung nicht den gesetzlichen<br />

Grundlagen entspricht und dass der Entwurf nicht nur als gesetzwidrig zu qualifizieren,<br />

sondern auch aus datenschutzrechtlicher Sicht im Hinblick auf die Sensibilität der<br />

ausgetauschten Daten in dieser Form abzulehnen ist.<br />

Das ist natürlich ein sehr gravierender Grund, der hier angegeben ist. Daher werden<br />

wir noch einmal dieser Verlängerung bis 31. Dezember 2009 zustimmen. Wir hoffen<br />

aber wirklich sehr, dass diese Zeit jetzt so genützt wird, dass ein reibungsloser Ablauf<br />

gewährleistet ist und dass in Zukunft vor allem auch eine entsprechende Datensicherung<br />

im Sinne der Patienten gegeben ist.<br />

Den von Kollegin Belakowitsch-Jenewein eingebrachten Antrag werden wir ebenfalls<br />

unterstützen. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)<br />

14.21<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Grünewald.<br />

Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.<br />

14.22<br />

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister!<br />

Hohes Haus! Die Gesundheitsreform ist zweifellos eine schwierige Geburt und auch<br />

eine sehr langwierige. Wir sehen es am Gesundheitstelematikgesetz. Auch ich bin<br />

dafür, die Frist zu verlängern, um hier ein ordentliches Gesetz zu machen, das niemanden<br />

verunsichert, Schwachstellen auszuräumen und berechtigte Sicherheitsbedürfnisse<br />

zu befriedigen.<br />

Trotzdem muss man sagen, eine Medizin ohne elektronischen Datentransfer gerät<br />

schon in Gefahr, zu einer Medizin des Mittelalters zu werden. (Widerspruch des Abg.<br />

Weinzinger.) Na doch! Faxe, handgeschriebene Arztbriefe, Telefonate, bei denen die<br />

halbe Mannschaft einer Station zuhört, mit Angehörigen, die man am Telefon nicht<br />

identifizieren kann, sind wesentlich unsicherer als anonymisierte, verschlüsselte<br />

Daten mit strenger Zugriffsberechtigung.<br />

Hier muss man wirklich ganz klare Grenzen ziehen und massivste Strafen androhen,<br />

dann ist mir dieses System lieber – und es rettet auch Menschenleben. Nur ganz kurze<br />

Beispiele.


118 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald<br />

Viele Krankenhäuser sparen im wahrsten Sinne auf Teufel komm raus. Es gibt viele<br />

kleine Krankenanstalten, die am Abend kaum einen Facharzt haben, auf jeden Fall<br />

keine Radiologie, von Pathologen natürlich ganz zu schweigen. Und da ist es schon<br />

sehr gut, wenn ich Röntgenbilder elektronisch übertragen und Fachleute fragen kann.<br />

In der Krebsvorsorge der Frau, bei Brustkrebs-Prävention ist es ganz essentiell, dass<br />

Mammographien von jemand Zweitem mit Erfahrung kontrolliert und angesehen<br />

werden, um die Sicherheit der Frauen zu gewährleisten. Da möchte ich auf jeden Fall<br />

nicht zurück.<br />

Ich hoffe, dass dieses Gesetz so kommt, dass alle zufrieden sind, und dass die<br />

Gesundheitsreform durch eine vernünftige Vernetzung medizinischer Daten zwischen<br />

Krankenhäusern und praktizierenden Ärzten noch weiter verbessert wird. – Danke.<br />

(Beifall bei den Grünen.)<br />

14.24<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich mache die Damen und Herren Abgeordneten<br />

darauf aufmerksam, dass wir bald zu einer Abstimmung kommen und das erforderliche<br />

Quorum noch nicht gegeben ist.<br />

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. Gewünschte<br />

Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.<br />

14.24<br />

Abgeordneter Dr. <strong>Andrea</strong>s Karlsböck (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr<br />

Minister! Hohes Haus! Wir stimmen diesem Antrag, wie gesagt, zu, obwohl natürlich<br />

die Sinnhaftigkeit einer jährlichen Fristverlängerung im gegenständlichen Fall schon zu<br />

hinterfragen ist.<br />

Im Rahmen der Behandlung dieses Antrages möchte ich aber auch die Gelegenheit<br />

nutzen, ein paar Worte prinzipiell zur Gesundheitstelematik oder eHealth sagen.<br />

Die modernen Kommunikationstechnologien bieten uns im Gesundheitsbereich ein<br />

enormes Potential. Sie können nicht nur die Qualität der medizinischen Versorgung<br />

steigern, sondern auch Prozesse effizienter und kostengünstiger gestalten. Aber aus<br />

Angst und teilweise Unwissenheit wird diese Technologie sehr oft ins Gerede gebracht.<br />

Nur: Die Menschen akzeptieren Technologien, wenn ihnen der konkrete Nutzen vor<br />

Augen geführt wird. Die Entwicklung von sogenannten eHealth-Lösungen darf daher<br />

nicht nur auf der Technologie-Ebene geführt werden, sondern im Mittelpunkt muss<br />

immer der Mensch stehen. Denn was nützen die modernsten Lösungen, wenn sie<br />

beispielsweise aus Angst oder aus Kostengründen abgelehnt werden?<br />

Ich gehe davon aus, dass wir alle moderne Kommunikationsmittel im Gesundheitswesen<br />

haben wollen. Es ist hier natürlich besondere Sensibilität auf Datenschutzrichtlinien<br />

zu legen.<br />

Bei der Entwicklung der Infrastruktur und der Planung des Betriebes von modernen<br />

Gesundheitsdatennetzen sollte sich der Gesetzgeber aber weitgehend nur auf das<br />

Wesentliche beschränken. „Auf das Wesentliche“ im konkreten Fall bedeutet: auf die<br />

Rahmenbedingungen, auf grobe Regeln ohne behindernde, überbordende Normierungswut.<br />

Die Dinge entwickeln sich ohnedies seit geraumer Zeit mit einer beeindruckenden<br />

Geschwindigkeit und Eigendynamik.<br />

Es gibt zahlreiche sinnvolle Einsatzmöglichkeiten von modernen Technologien im Gesundheits-<br />

und Pflegebereich. Die Ärzte vernetzen sich heute je nach fachlichen<br />

Bedürfnissen, um schneller und konkreter vor allem für ihre Patienten arbeiten zu<br />

können. Versicherungen verschicken Gesundheitskarten mit der Möglichkeit, seine


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 119<br />

Abgeordneter Dr. <strong>Andrea</strong>s Karlsböck<br />

persönliche Krankengeschichte darauf zu speichern und von überall in der Welt darauf<br />

zugreifen zu können.<br />

All dies geschieht ohne Aufforderung und Hilfestellung. Es entwickelt sich einfach,<br />

während die institutionelle Vernetzung, auch ELGA genannt, nicht von der Stelle<br />

kommt und wir hier jährlich über die neuerliche Verlängerung eines Telematikgesetzprovisoriums<br />

abstimmen.<br />

Wichtig ist, dass sich die Technologien vor allem an den Bedürfnissen der Menschen<br />

orientieren, also eingesetzt werden, um die Qualität der medizinischen Versorgung zu<br />

erhöhen, denn letztlich, Herr Minister, profitieren von sinnvollen eHealth-Initiativen alle:<br />

das Gesundheitssystem, die Ärzte und vor allem die Patienten. (Beifall bei der FPÖ.)<br />

14.27<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist hiezu niemand mehr gemeldet. Ich<br />

schließe die Debatte.<br />

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.<br />

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in<br />

138 der Beilagen.<br />

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein<br />

Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.<br />

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.<br />

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter<br />

Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist ebenfalls<br />

einstimmig. Damit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.<br />

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten<br />

Dr. Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung der<br />

Daten und Vorwürfe betreffend Behandlungsfehler in Österreichs Krankenhäusern.<br />

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein<br />

Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit und somit abgelehnt.<br />

8. Punkt<br />

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 160/A der Abgeordneten<br />

Dr. Sabine Oberhauser, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend<br />

ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das<br />

Bauern-Sozialversicherungsgesetz und das Familienlastenausgleichsgesetz<br />

1967 geändert werden (SRÄG 2008) (139 d.B.)<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zum 8. Punkt der Tagesordnung.<br />

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.<br />

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser. Gewünschte Redezeit:<br />

3 Minuten. – Bitte.<br />

14.29<br />

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister!<br />

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es werden mit dieser Vorlage drei Gesetze<br />

einer Verbesserung unterzogen, und ich möchte Ihnen kurz erklären, warum wir uns im<br />

Ausschuss dazu entschlossen haben, und zwar einstimmig, dass wir hier nachbessern<br />

müssen.


120 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS<br />

Das eine betrifft das Familienlastenausgleichsgesetz. Sie alle wissen, wir haben die<br />

Krankenversicherungsbeiträge befristet um 0,1 Prozent für die Krankenhausfinanzierung<br />

und um 0,15 Prozent insgesamt angehoben. Es wurde aber vergessen, das<br />

Ganze im Familienlastenausgleichsgesetz nachzuvollziehen.<br />

Was hätte das bedeutet? – Es hätte bedeutet, dass die Gebietskrankenkassen pro<br />

Jahr ab 2009, denn dann hätte es nicht mehr gegolten, bis zum Ende des Finanzausgleichs<br />

2013 1 Million € an Einnahmen im Jahr verloren hätten. Diesem Umstand<br />

wurde auch angesichts der angespannten Situation der Gebietskrankenkassen Rechnung<br />

getragen und diese Regelung im Familienlastenausgleichsgesetz nachvollzogen.<br />

Ein zweiter Punkt, der diesmal nicht den Gebietskrankenkassen, sondern der Republik<br />

viel Geld spart, ist die Änderung im ASVG. Wie Sie vielleicht alle wissen, gibt es die<br />

sogenannte Transparenzrichtlinie der Europäischen Union, nicht erst seit gestern,<br />

sondern schon seit mehr als zehn Jahren, und diese besagt, dass es bei der Aufnahme<br />

von Arzneimitteln in den grünen und gelben Erstattungsbereich der Sozialversicherungen<br />

gewisse Fristen gibt, innerhalb deren Pharmafirmen Anträge stellen können<br />

und innerhalb deren eine Aufnahme entweder abgelehnt oder bewilligt werden muss.<br />

In der Transparenzrichtlinie sind es 90 bis 180 Tage. In Österreich war diese Frist<br />

bislang zwischen 24 und 36 Monate.<br />

Im Jahr 2001 wurde Österreich bereits das erste Mal vom Europäischen Gerichtshof<br />

verurteilt, diese Regelung nachzuvollziehen. Zwei Minister, Rauch-Kallat und Kdolsky,<br />

haben nichts gemacht, was dazu geführt hat, dass wir im letzten Jahr erneut verurteilt<br />

wurden. Allen Unkenrufen zum Trotz, dass diese Bundesregierung in den ersten hundert<br />

Tagen nichts gearbeitet hätte, hat unser Gesundheitsminister das geschafft, was<br />

zwei Minister nicht geschafft haben, nämlich eine Regelung in dieser Frage (Abg.<br />

Weinzinger – Beifall spendend –: Bravo, sehr gut!), und damit der Republik Österreich<br />

viel Geld erspart. (Beifall bei der SPÖ.)<br />

14.31<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter<br />

Klikovits. 3 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.<br />

14.31<br />

Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte<br />

Damen und Herren! Frau Kollegin, die Behauptung, dass die Vorgängerinnen<br />

vom Herrn Bundesminister nichts gemacht haben, möchte ich schon zurückweisen. In<br />

dieser Angelegenheit ist es zeitlich nicht mehr gelungen (Abg. Dr. Oberhauser: 2001!),<br />

die von Ihnen angesprochenen Anpassungen des Sozialversicherungsgesetzes und<br />

des Familienlastenausgleichsgesetzes an die Transparenzrichtlinie der EU vorzunehmen.<br />

Diese Anpassung, wie Sie vorhin gesagt haben, ist notwendig geworden,<br />

damit wir eben keine Strafzahlungen auferlegt bekommen.<br />

Es geht auch darum, dass Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Vertrieb von<br />

Arzneimitteln und die Ausgaben des öffentlichen Gesundheitswesens für Arzneimittel<br />

besser überschaubar sind, und das ist, glaube ich, auch dringend notwendig.<br />

Ich darf in diesem Zusammenhang noch darauf hinweisen, dass es Österreich<br />

gelungen ist, mit den Arzneimittelausgaben derzeit unter dem europäischen Durchschnitt<br />

zu liegen. Wir haben derzeit in Österreich durchschnittlich 137 € im Jahr an<br />

Ausgaben für Arzneimittel – im Vergleich dazu Deutschland mit Ausgaben von 234 €,<br />

Niederlande 217 € und Frankreich 314 €.<br />

Es ist auch so, dass die Entwicklung eines Medikaments in etwa 15 Jahre lang dauert<br />

und die Kosten bei etwa 1 Milliarde € liegen. Bedenkt man, dass sich nur jedes dritte


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 121<br />

Abgeordneter Oswald Klikovits<br />

Medikament für den Hersteller rechnet, sind die Entwicklungskosten natürlich sehr,<br />

sehr hoch.<br />

Ich möchte in diesem Zusammenhang noch auf die Gesundheitsausgaben hinweisen,<br />

die wir in Österreich haben. Die privaten Gesundheitsausgaben belaufen sich auf<br />

6,6 Millionen €, und die öffentlichen Gesundheitsausgaben liegen bei rund 16,1 Milliarden<br />

€. (Abg. Weinzinger: Ja, Milliarden!) Das heißt, wir haben sehr viele öffentliche<br />

Gesundheitsausgaben, wir haben sehr viele Ausgaben bei den Arzneimitteln, und wir<br />

haben Maßnahmen gesetzt, dass sich die Menschen die Arzneimittel auch leisten<br />

können.<br />

Ich bin mir sicher, dass wir, wenn wir diesen Beschluss hier gemeinsam fassen, wieder<br />

einen richtigen Schritt in die richtige Richtung für eine gute Gesundheitsversorgung in<br />

Österreich setzen werden. (Beifall bei der ÖVP.)<br />

14.34<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete<br />

Dr. Belakowitsch-Jenewein. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.<br />

14.34<br />

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Sehr<br />

geehrte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Ja, auch wir haben im Ausschuss<br />

natürlich zugestimmt, das ist keine Frage. Die EU hat uns im Juli 2008 geklagt. Sie hat<br />

uns vielleicht auch schon vorher geklagt, Frau Kollegin Oberhauser. Ich will Sie nicht<br />

ganz aus der Verantwortung lassen, Sie saßen auch schon vorher in einer Regierung.<br />

Auch unter Kdolsky waren Sie Teil dieser Regierung und hätten damals natürlich auch<br />

schon ein bisschen „angasen“ können.<br />

Seien wir froh, dass wir das jetzt so weit haben und keine Strafe zahlen müssen! Das<br />

ist etwas, was wir natürlich alle nicht wollen. Ich finde es aber schon ein bisschen<br />

eigenartig: Wir müssen immer erst von der EU geklagt werden, bis wir irgendwann<br />

einmal reagieren.<br />

Wir haben eine SPÖ, aber vor allem eine ÖVP, für die es ja nichts Besseres als die EU<br />

gibt, die EU steht sozusagen über allem. Dennoch warten wir immer ab, bis wir geklagt<br />

werden, um eine Anpassung eines Gesetzes zu machen. Das finde ich als Österreicherin<br />

eigentlich fast ein bisschen beschämend. Ich glaube, das hätten wir schon<br />

längst machen können. Wenn wir da schon öfter geklagt worden sind, ist das doch<br />

etwas, was längst überfällig war. Wir werden dem Gesetz natürlich zustimmen. –<br />

Danke. (Beifall bei der FPÖ.)<br />

14.35<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Huber. Gewünschte<br />

Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.<br />

14.35<br />

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus!<br />

Geschätzte Zuschauer auf den Galerien! Das BZÖ als konstruktive Kraft stimmt diesem<br />

Gesetz natürlich zu, aber ich verstehe nicht, warum es zuerst eine Verurteilung<br />

braucht oder warum immer ein Vollbrand ausbrechen muss, damit reagiert wird.<br />

Warum kann man da nicht früher reagieren?<br />

Was die Bauernpension betrifft, muss man auch einmal die Ungerechtigkeit in diesem<br />

Zusammenhang ansprechen. Bauern leisten ihr Leben lang zirka 90 Stunden Arbeit<br />

wöchentlich, sie arbeiten schwer, sie schinden sich – und bekommen im Durchschnitt<br />

eine Pension von 689 €. Arbeiter bekommen im Vergleich dazu eine Pension von<br />

755 €, die Angestellten eine solche von 1 288 €. Das BZÖ fordert eine sofortige


122 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Gerhard Huber<br />

Anpassung auf mindestens die Höhe einer Arbeiterpension. (Beifall beim BZÖ. – Ruf<br />

bei der SPÖ: Wenn sie mehr zahlen, ja! – Abg. Riepl: Bei den Beiträgen auch?)<br />

Ich frage mich schon sehr, wie die ÖVP, wie der Bauernbund, wie die Landwirtschaftskammern<br />

die Bauern die letzten Jahrzehnte vertreten haben. Geschätzte<br />

Bauernvertreter, wachen Sie auf, bitte! Machen Sie mit! (Beifall beim BZÖ. – Abg.<br />

Grillitsch: Sie haben keine Ahnung! Sie reden wie der Blinde von der Farbe!)<br />

Machen wir einen Schulterschluss und beseitigen wir gemeinsam sofort diese Ungerechtigkeit!<br />

Greifen Sie unsere Lösungsvorschläge und unsere Anträge auf, handeln<br />

Sie danach – im Sinne unserer Landwirte! (Abg. Grillitsch: Keine Ahnung! Sie reden<br />

wie der Blinde von der Farbe!) – Bitte, passen Sie auf!<br />

Es gibt Hofübergeber, die sich ein Wohnrecht behalten. Nach 40 Jahren Arbeit werden<br />

ihnen bis zu 300 € monatlich abgezogen, nur weil sie das Wohnrecht haben. Ist das<br />

korrekt, Herr Kollege Grillitsch? Warum greifen Sie dieses Unrecht nicht auf? Ich frage<br />

Sie ehrlich: Wo sollen diese Altbauern hinziehen, nach lebenslanger Arbeit am Hof?<br />

Wo sollen sie hinziehen, damit sie Anrecht auf eine Pension haben?<br />

Ich kann Ihnen da sehr viele konkrete Beispiele liefern, denn mittlerweile schreiben<br />

diese Bauern an das BZÖ. Wahrscheinlich sind sie von Ihnen so „gut“ vertreten, dass<br />

sie sich an uns wenden. (Ruf beim BZÖ: Im Stich gelassen!) – „Im Stich gelassen“, ja,<br />

das ist das richtige Wort. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Donabauer: Was erzählen Sie<br />

denn da für eine Geschichte?)<br />

Herr Kollege, Sie propagieren eine Ausgleichszulage von 772 € und schauen zu, wie<br />

die Bauern 689 € Rente bekommen. (Abg. Donabauer: Um was geht’s da eigentlich?)<br />

Diese Vorgangsweise ist ja nicht richtig! Dieser Missstand muss sofort behoben<br />

werden! Wie wollen Sie den Bauern, die ihr Lebtag gearbeitet haben, nie den Arbeitsmarkt<br />

belastet haben, erklären, warum sie so eine niedrige Pension bekommen? (Abg.<br />

Riepl: Weil sie weniger gezahlt haben! So einfach ist das!)<br />

Und die Bäuerinnen, die viele Kinder großgezogen haben, die ihr Leben lang am Hof,<br />

am Feld, im Haushalt gearbeitet haben, bekommen gar nichts! Es gibt sehr, sehr viele<br />

Bäuerinnen ... (Abg. Donabauer: Sie haben mit uns sechs Jahre Politik gemacht!) –<br />

Ja, sechs Jahre. Schauen Sie nach Kärnten, da gibt es seit drei Jahren die<br />

Mütterpension! Nehmen Sie sich ein Beispiel an Kärnten! (Beifall beim BZÖ.)<br />

Bitte, es gibt 60 000 Frauen, die mit nichts dastehen! Da müssen wir sofort aktiv<br />

werden. Nicht von den großen Worten der Bauernvertreter können diese Mütter leben,<br />

hier müssen Taten folgen!<br />

Nehmen Sie unsere Forderungen auf! Arbeiten wir gemeinsam, damit es Lösungen<br />

gibt und nicht nur Überschriften und große Worte! (Beifall beim BZÖ. – Zwischenrufe<br />

bei SPÖ und ÖVP.)<br />

14.39<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Grünewald.<br />

Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.<br />

14.40<br />

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister!<br />

Hohes Haus! Ich finde es erfreulich, dass heute eigentlich eine Pro-EU-Abstimmung<br />

stattfindet, denn ich glaube, es ist keine schlechte Maßnahme von Seiten der EU, bei<br />

der Zulassung von neuen Arzneimittel und deren Aufnahme in einen Erstattungskodex<br />

Fristen zu setzen, die drei bis sechs Monate betragen, während es in Österreich zwei<br />

bis drei Jahre – sehr imperiale Zeiten! – gedauert hat, bis sich ein Arzneimittel im


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 123<br />

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald<br />

Erstattungskodex wiedergefunden hat oder Ärzte es wiedergefunden haben. Das ist<br />

ein Vorteil!<br />

Es hätten sonst Österreich beträchtliche Strafzahlungen gedroht, aber auch Schadenersätze<br />

durch die Industrie, die natürlich nicht gerne an Medikamenten forscht, wenn<br />

sie dann in Österreich drei Jahre warten muss, bis diese irgendwo in einer Apotheke<br />

aufscheinen und von der Kasse bezahlt werden.<br />

Mit Arzneimitteln hängt natürlich auch die Frage zusammen: Was ist ein Arzneimittel?,<br />

und da wird es spannend. Ich glaube, da sollte sich der Gesundheitsausschuss wirklich<br />

einmal kundig machen.<br />

Dieses neue Arzneimittelgesetz ist eine ultraspannende Sache. Wir werden damit bald<br />

konfrontiert werden. Darin wird definiert, was ein Arzneimittel ist. Es klingt ganz lustig –<br />

man ist ja schon bemüht, mit den „Vier Pfoten“ in Kontakt zu treten –, wenn da steht:<br />

Lebende Tiere sind kein Arzneimittel! Aber wenn man dann nachschaut, stellt man fest,<br />

dass damit Blutegel, Knabberfische, die die Haut bei Psoriasis abbeißen, oder Maden,<br />

die eine Wundreinigung machen, gemeint sind. Das ist Geschmackssache, aber<br />

wirklich spannend.<br />

Auch Gentherapien und Stammzellentherapien sind darin enthalten. Und da besteht<br />

dann endlich Rechtssicherheit im Ministerium – das muss man auch ein bisschen<br />

kritisch anmerken – und auch Rechtssicherheit in Ethikkommissionen, wie sie mit<br />

solchen klinischen Versuchen umzugehen haben.<br />

Wir sind auf jeden Fall jetzt dafür. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)<br />

14.42<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bundesminister<br />

Stöger. – Bitte.<br />

14.42<br />

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Sehr geehrter Herr Präsident!<br />

Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Es freut mich, dass ich kurz<br />

Gelegenheit habe, Ihnen über die Änderungen des ASVG und der Begleitgesetze<br />

meine Überlegungen mitzuteilen.<br />

Österreich wurde vom EuGH im Juli 2008 in einem Vertragsverletzungsverfahren<br />

wegen Verletzung der Transparenzrichtlinie verurteilt. Der Grund dafür war, dass die<br />

österreichische Rechtslage den Anforderungen der Transparenzrichtlinie nicht entsprochen<br />

hat, und zwar insofern, als die Fristen bei der Aufnahme in den sogenannten<br />

Erstattungskodex viel zu lange waren, genau 24 beziehungsweise 36 Monate.<br />

Damit waren wir weit davon entfernt, der Transparenzrichtlinie zu entsprechen. Diese<br />

Richtlinie legt nämlich eine Frist von 90 beziehungsweise 180 Tagen für die Aufnahmen<br />

in den gelben oder grünen Bereich des Erstattungskodex fest. Inhalt des<br />

gegenständlichen Gesetzentwurfes ist daher nunmehr die Anpassung an die EU-<br />

Regelung. Es soll sichergestellt werden, dass über den Antrag eines vertriebberechtigten<br />

Unternehmens auf Annahme einer Arzneispezialität in den gelben oder grünen<br />

Bereich des Erstattungskodexes innerhalb von 90 Tagen, also von drei Monaten, zu<br />

entscheiden ist. Wird auch über den Preis entschieden, kann diese Frist bis zu<br />

180 Tage dauern.<br />

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, diese Umsetzung ist dringend erforderlich,<br />

um Strafzahlungen gegen unsere Republik sowie Schadenersatzforderungen


124 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé<br />

gegenüber der Pharmaindustrie wegen Nichtumsetzung der Richtlinie zu vermeiden. –<br />

Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)<br />

14.44<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als dazu vorläufig Letzter zu Wort gemeldet hat sich<br />

Herr Abgeordneter Schmuckenschlager. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.<br />

14.44<br />

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident!<br />

Verehrter Herr Minister! Wertes Hohes Haus! Zunächst eine kleine Bemerkung an den<br />

„Rosstäuscher“ vom BZÖ: Geschätzter Herr Kollege, seien Sie doch so ehrlich und<br />

geben Sie zu, Erhöhung der Pensionen heißt Erhöhung der Beiträge bei den Zahlenden!<br />

– Das wird der Österreichische Bauernbund sicher nicht zulassen! (Beifall bei der<br />

ÖVP. – Zwischenrufe beim BZÖ.)<br />

Nun zum aktuellen Punkt: Es geht hierbei nicht nur um die Aufnahme der Arzneimittel<br />

in den Erstattungskodex, sondern auch um die Betriebsrente im Bauern-Sozialversicherungsgesetz.<br />

Betriebsrenten sollen vor allem der Weiterführung des Betriebes<br />

dienen und einen echten Ausgleich für den unfallbedingten, auf Dauer eingetretenen<br />

Einkommensverlust bieten.<br />

Nach geltender Rechtslage fällt die Betriebsrente ein Jahr nach dem Einritt des<br />

Versicherungsfalles an. Die Betriebsrente soll auch künftig nach einem Jahr anfallen,<br />

jedoch nicht mit dem Tag des Versicherungsfalles, sondern mit dem Tag nach dem<br />

Eintritt des Versicherungsfalles zu laufen beginnen. Damit wird an die bereits im ASVG<br />

für die Gewährung einer Versehrtenrente bestehende Systematik angeknüpft, die die<br />

Grundlage für das Projekt EFEU darstellt, mit dem im gesamten Unfallversicherungsbereich,<br />

also auch im bäuerlichen Unfallversicherungsbereich, die Einführung des<br />

Elektronischen Aktes vorangetrieben werden soll.<br />

Es konnte allen Fraktionen im Ausschuss die Notwendigkeit dieser Regelung klargemacht<br />

werden. Es ist eine absolute Notwendigkeit, im Bereich der SVB diesbezüglich<br />

den anderen Kassen Folge zu leisten und gleichzeitig Rechtssicherheit für die<br />

bedürftigen Bäuerinnen und Bauern zu schaffen. Darum bitte ich Sie, durchaus im<br />

Einklang mit der harmonischen Beschlussfassung im Gesundheitsausschuss diesem<br />

Vorschlag zuzustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)<br />

14.46<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Abgeordneter, ich gehe davon aus, dass Ihnen<br />

nicht bewusst ist, dass der Vorwurf der „Rosstäuscherei“ einen Ordnungsruf nach sich<br />

zieht, und bitte Sie, das künftighin bei der Wortwahl zu berücksichtigen.<br />

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet; ich schließe daher die Debatte.<br />

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.<br />

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entwurf betreffend das Sozialrechtsänderungsgesetz<br />

2008 samt Titel und Eingang in 139 der Beilagen.<br />

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein<br />

Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.<br />

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.<br />

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter<br />

Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist ebenfalls<br />

einstimmig. Somit ist der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 125<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf<br />

9. Punkt<br />

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 161/A(E) der Abgeordneten<br />

Silvia Fuhrmann, Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend<br />

SPICE und andere biogene Suchtmittel (140 d.B.)<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen nun zum 9. Punkt der Tagesordnung.<br />

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.<br />

Zu Wort gemeldet hat sich als Erster Herr Abgeordneter Spindelberger. 3 Minuten<br />

gewünschte Redezeit. – Bitte.<br />

14.48<br />

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Wenn der Kollege Schmuckenschlager<br />

gerade das Wort „harmonisch“ in den Mund genommen hat, dann darf ich das auch bei<br />

diesem Antrag tun, weil ich wirklich froh darüber bin, dass alle Mitglieder des Gesundheitsausschusses<br />

der Auffassung waren, dass dem Handel und der Weitergabe der<br />

Kräutermischung SPICE ein Riegel vorgeschoben werden muss.<br />

Meiner Auffassung nach ist es wirklich mehr als bedenklich, wenn wir feststellen<br />

müssen, dass SPICE, eine Gewürzmischung aus verschiedenen Kräutern, immer mehr<br />

zur Trenddroge avanciert, nicht zuletzt auch deswegen, weil alle Hersteller und Verkäufer<br />

diese verharmlosend als Entspannungsdroge darstellen. Das führt nämlich<br />

dazu, dass derzeit vielerorts sämtliche Vorräte dieser Droge – so möchte ich diese<br />

Gewürzmischung bezeichnen – ausverkauft sind. Das ist ja kein Wunder, denn SPICE<br />

ist in der Partyszene derzeit, wie es so schön heißt, einfach „in“.<br />

Der Umstand, dass auf den Verpackungen ausdrücklich vor dem Rauchen dieser<br />

Mischung gewarnt wird, ist für die Jugendlichen wohl eher eine Motivation als ein<br />

Hinderungsgrund – also gerade deshalb, weil es verboten ist oder weil der Hinweis<br />

gegeben ist, es nicht zu tun, tut man es –, diese zu rauchen. Diese Mischung erzeugt<br />

ähnliche Rauschzustände wie Marihuana. Was dann passiert, das kann jeder von uns<br />

im Internet nachlesen: Beim Rauchen werden giftige Gase inhaliert, die eine ähnliche<br />

Wirkung hervorrufen wie Marihuana, teilweise sogar noch eine stärkere, und die hält<br />

bis zu acht Stunden lang an.<br />

Das Traurige dabei ist, dass sich der Nachschub dieser Droge relativ einfach über das<br />

Internet oder in den sogenannten Headshops, nämlich Läden, die Zubehör für die<br />

Cannabisszene oder szenetypische Produkte wie Wasserpfeifen verkaufen, besorgen<br />

lässt, und das sogar noch zu einem „Taschengeldpreis“, denn nach Angeboten wie<br />

„3 Gramm um 30 €“ braucht man nicht lange im Internet zu suchen.<br />

Deshalb gilt es für uns, alles zu unternehmen, um dem Vertrieb dieser Modedroge wie<br />

auch jenem aller anderen biogenen Suchtmittel den Riegel vorzuschieben, und darüber<br />

hinaus auch Aufklärungskampagnen über die Risken im Zusammenhang mit dem<br />

Konsum von SPICE in die Wege zu leiten und diese in bereits bestehende Präventionsprojekte<br />

mit aufzunehmen.<br />

Weiters darf ich Sie, Herr Bundesminister, eindringlich ersuchen, den EU-Drogenaktionsplan<br />

rasch umzusetzen und die breite Öffentlichkeit auf die schädlichen Folgen<br />

des Drogenkonsums aufmerksam zu machen. Schauen wir nicht länger zu, wie sich<br />

unsere Jugendlichen mit solchen Mixturen zugrunde richten! (Beifall bei der SPÖ.)<br />

14.51<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Fuhrmann.<br />

Eingestellte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.


126 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordnete Silvia Fuhrmann<br />

14.51<br />

Abgeordnete Silvia Fuhrmann (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Liebe<br />

Kolleginnen und Kollegen! Wir haben bereits vor einigen Monaten einen Entschließungsantrag<br />

eingebracht, der das Thema SPICE zum Inhalt hatte. Dieser Antrag<br />

wurde dann auch im Ausschuss behandelt. Der Grund dafür war, dass auch wir seitens<br />

der Politik darauf aufmerksam geworden sind und zahlreichen Medienberichten zu<br />

entnehmen war, dass Jugendliche verstärkt SPICE konsumieren, weil es weitaus<br />

billiger als Marihuana oder Haschisch ist und trotzdem eine ähnliche Wirkung hat. Das<br />

Fatale daran ist, dass in diversen Kräutershops als sogenannte Biodroge eine<br />

Kräutermischung namens SPICE bis dato erhältlich war.<br />

Faktum ist, dass die chemische Zusammensetzung dieser Inhaltsstoffe bis zu dem<br />

Zeitpunkt noch nicht geprüft war und demgemäß SPICE nicht in das entsprechende<br />

Gesetz hineingefallen ist. Nun haben wir von ÖVP und SPÖ rasch reagiert und einen<br />

Entschließungsantrag eingebracht, in dem der Gesundheitsminister aufgefordert wird,<br />

das Inverkehrbringen, den Import und auch den Handel von SPICE zu verbieten.<br />

Dankenswerterweise hat der Minister dann sehr schnell gehandelt, und dementsprechend<br />

ist die aktuelle Lage bereits weiter gehend, als dies der Antrag zum<br />

Ausdruck bringt. Ich denke, das ist der richtige Schritt, um für all jene, die auf dem<br />

Rücken von Jugendlichen Geld machen wollen, einen Riegel vorzuschieben. Ich<br />

meine, dass dem aber ein zweiter Schritt folgen muss, und zwar, dass man Jugendliche<br />

darüber aufklärt und informiert. Deshalb sind nun Aufklärungskampagnen zu<br />

starten, im Rahmen welcher darüber informiert wird, welche Folgen SPICE haben<br />

kann.<br />

Man muss ehrlicherweise auch dazusagen, dass niemand abschätzen kann, wie lange<br />

es dauert, bis ein ähnliches Produkt auf den Markt kommt, und dann kann vielleicht<br />

wieder ein Schlupfloch da sein, um es auf den Markt zu bringen. Daher würde ich<br />

meinen, dass nicht nur SPICE allein zu thematisieren ist, sondern der ganze Bereich<br />

der Natural Drugs. Das kann im Rahmen des sogenannten EU-Drogenaktionsplans für<br />

die Jahre 2009 bis 2012 gut gemacht werden.<br />

Es gibt im Bereich der Drogenprävention schon einige Institutionen und Projekte, die<br />

die Aufklärungsarbeit sehr gut machen. Das sind beispielsweise die Projekte<br />

„Clever & Cool“ und „Suchtfrei.ok“. Da ist es jedenfalls wichtig, einen Schwerpunkt<br />

auf SPICE und auf Natural Drugs zu legen.<br />

Die Drogenprävention muss unser aller Anliegen sein, denn wenn jemand einmal in die<br />

Abhängigkeit einer Droge gerät, dann ist das Problem ein größeres und weit<br />

schwieriger bewältigbares. Insofern meine ich, dass der wichtigste Schritt der ist, die<br />

Aufmerksamkeit darauf zu lenken, welche Folgen so eine Droge haben kann, damit<br />

eine Abhängigkeit erst gar nicht entsteht.<br />

In diesem Sinne möchte ich sagen: Ich freue mich über die Unterstützung und bitte den<br />

Herrn Bundesminister, möglichst rasch die weiteren Schritte zu setzen. (Beifall bei der<br />

ÖVP sowie des Abg. Mag. Johann Maier.)<br />

14.54<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter<br />

Dr. Karlsböck. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. Ich erteile ihm das Wort.<br />

14.54<br />

Abgeordneter Dr. <strong>Andrea</strong>s Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes<br />

Haus! In wenigen Monaten ist aus einer vermeintlich harmlosen Kräutermischung eine<br />

Modedroge namens SPICE geworden. Der Wissenschaft ist es lange Zeit nicht gelun-


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 127<br />

Abgeordneter Dr. <strong>Andrea</strong>s Karlsböck<br />

gen, Inhaltsstoffe nachzuweisen, die entweder unter das Betäubungsmittelgesetz beziehungsweise<br />

unter das Arzneimittelgesetz gefallen wären.<br />

Mittlerweile wissen wir, dass hinter der berauschenden Wirkung dieser Droge eine<br />

Substanz steckt, die viermal stärker als der Wirkstoff der Cannabis-Pflanze ist. SPICE<br />

kann deswegen durchaus abhängig machen, kann unabschätzbare Drogeneffekte<br />

auslösen. Diesbezügliche Berichte können Sie jederzeit in Fachzeitschriften nachlesen.<br />

In Deutschland ist SPICE mittlerweile nach dem Arzneimittelgesetz und auch nach<br />

dem Betäubungsmittelgesetz verboten – in Österreich jedoch nur nach dem Arzneimittelgesetz!<br />

Da muss man sich schon die Frage stellen: Warum eigentlich? – Als<br />

Antwort darauf bekomme ich immer die Begründung, weil angeblich das Suchtpotential<br />

noch erhoben werden müsse. In der Zwischenzeit wird aber „lustig“ über das Internet<br />

SPICE bestellt, und zwar hauptsächlich aus England, und auch bei uns konsumiert. So<br />

werden die Jugendlichen weiterhin den Gefahren eines Drogenkonsums ausgesetzt.<br />

Es wird vor allem in unseren Breiten sehr emotional darüber diskutiert, und die<br />

öffentliche Verharmlosung, die da stattfindet, halte ich eigentlich für unerträglich. Es<br />

kommt mir so vor, als ob hinter der Diskussion um SPICE eine Ersatzdiskussion<br />

geführt wird und da durch die Hintertür eine Verwässerung, ein Aufweichen der<br />

gesetzlichen Bestimmungen zum Drogenkonsum angestrebt wird.<br />

Im gegenständlichen Fall stellt sich ganz nüchtern die Frage: Liegt hier ein Suchtmittel,<br />

liegt hier eine Droge vor: ja oder nein? – Wenn ja, dann muss unverzüglich gehandelt<br />

werden – zum Schutz unserer Jugend, nicht, um zu kriminalisieren! Schutz ist da das<br />

Motiv!<br />

Herr Minister, der gegenständliche Antrag ermöglicht es Ihnen, Ihren Handlungsspielraum<br />

voll auszuschöpfen. Ein Verbot von SPICE lediglich nach dem Arzneimittelgesetz<br />

ist nach dem neuesten Stand der Forschung nicht mehr ausreichend. Verfügen Sie<br />

bitte ehebaldigst ein Verbot nach dem Betäubungsmittelgesetz beziehungsweise nach<br />

dem Suchtmittelgesetz – zum Schutz unserer Kinder und Jugendlichen! (Beifall bei der<br />

FPÖ.)<br />

14.56<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Spadiut.<br />

Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.<br />

14.56<br />

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr<br />

Minister! Hohes Haus! SPICE ist die Modedroge schlechthin, und zwar handelt es sich<br />

bei SPICE keineswegs um eine harmlose Kräutermischung, nein, es handelt sich dabei<br />

um eine Kräutermischung, die versetzt ist mit einer Menge synthetischer Cannabinoiden,<br />

welche eine stärkere Wirkung haben als der natürliche Cannabis-Wirkstoff.<br />

Leute, die SPICE konsumiert haben, berichten von einem wahren Höllentrip, von<br />

Herzrasen, Halluzinationen und Angstzuständen. Michael Musalek, der Leiter des<br />

Wiener Anton Proksch-Instituts, sagt: Wir müssen davon ausgehen, dass diese<br />

Substanz ein Abhängigkeitspotential hat! – Tatsächlich meldete sich ein junger Mann,<br />

der SPICE konsumiert hat, und der hat gesagt, dass er von dieser Droge nicht mehr<br />

loskommen kann.<br />

Das BZÖ hat am 12. November 2008 eine Anfrage an den Herrn Bundesminister<br />

betreffend SPICE gerichtet und darin auf diese Gefahren hingewiesen. Am<br />

17. Dezember 2008 wurde mittels Verordnung die Weitergabe, der Verkauf und der<br />

Besitz von SPICE untersagt. Dadurch wird aber ein Zuwiderhandeln nur nach dem<br />

Arzneimittelrecht bestraft und es kann nur zu Verwaltungsstrafen kommen. Uns vom<br />

BZÖ ist diese Bestrafung zu wenig! (Beifall beim BZÖ.) Wir fordern eine Bestrafung


128 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut<br />

nach dem Suchtmittelgesetz, demzufolge dann nach dem Strafrecht zu bestrafen wäre.<br />

(Neuerlicher Beifall beim BZÖ.)<br />

Wenn man weiß, dass in Deutschland bereits Hamsterkäufe von SPICE stattgefunden<br />

haben, so muss man sagen: Es gibt da eigentlich gar keine andere Lösung!<br />

Die Ansicht der roten Fraktion, der SPÖ, kann ich nicht teilen, dass man damit die<br />

Jugend kriminalisieren würde. Es kommt aufgrund der zu geringen Strafen viel eher<br />

dazu, dass die Jugend einmal SPICE probieren möchte und sich dadurch in ein<br />

Abhängigkeitsverhältnis von Drogen begibt.<br />

Wie gesagt, wir fordern eine Verschiebung der arzneimittelrechtlichen Behandlung von<br />

SPICE in die suchtmittelrechtliche Behandlung. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)<br />

14.59<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter<br />

Dr. Grünewald. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. Ich erteile ihm das Wort.<br />

14.59<br />

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter<br />

Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die Droge SPICE ist wirklich ein Kriminalfall,<br />

denn es geht hier um eine massive Täuschung der Kunden, wenn man das so krass<br />

ausdrücken will, und auch um einen Verstoß gegen geistige und körperliche Unversehrtheit.<br />

Ich kann Ihnen auch erklären, warum.<br />

Interessant ist aber, dass in Deutschland das Bundeskriminalamt etwas flotter war als<br />

unser Innenministerium. Es hat diese Droge auch wissenschaftlich analysieren lassen<br />

und ist draufgekommen, dass das eben kein Kräutersackerl ist, mit dem man Tee<br />

macht oder das man statt eines Räucherstäbchens an das Fenster hängt, damit das<br />

Zimmer besser riecht, sondern dass da ganz gezielt und bewusst suchterzeugende<br />

synthetische Substanzen beigemengt wurden. Und das ist ein Kriminalfall!<br />

Ich glaube, es ist wesentlich zielführender – das sagt auch die Mehrheit der deutschen<br />

Polizeipräsidenten in Großstädten mit über 500 000 Einwohnern –, statt mit Hundertschaften<br />

von Personal kleine Süchtige zu verfolgen und da die Millionen zu verpulvern,<br />

den Drahtziehern und Urhebern einmal auf die Schliche zu kommen und diese ins<br />

Visier zu nehmen, anstatt eben Jugendliche mit dem Gefängnis oder dem Strafrecht in<br />

Kontakt zu bringen.<br />

Man sollte bei biogenen Drogen überhaupt vorsichtig sein. Es gibt sehr Naturbewusste<br />

im Parlament – auch unter uns, gebe ich zu – und außerhalb des Parlaments, die<br />

meinen, jedes Kraut und jeder Kräutertee sei gesund. Ich sage Ihnen: Auch da macht<br />

die Menge das Gift aus! Es macht einen Unterschied, wo diese Kräuter oder Blumen<br />

wachsen, auf Ton, auf Lehm, auf Sandböden, auf Sonnenhängen oder eben nicht auf<br />

Sonnenhängen – da schwanken die Inhaltsstoffe um den Faktor 10. Und drei Liter<br />

Johannisbeerkraut-Tee zu trinken lässt einen wahrscheinlich auch auf der Intensivstation<br />

erwachen.<br />

Also da ist noch viel zu tun. Aber ich bitte, die Kirche im Dorf zu lassen. Ziel dieser<br />

Verfahren sind nicht die Jugendlichen – die sollen geschützt werden. Bestraft werden<br />

müssen die Drahtzieher. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Mag. Johann<br />

Maier.)<br />

15.01<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter<br />

Klikovits. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. Ich erteile ihm das Wort.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 129<br />

Abgeordneter Oswald Klikovits<br />

15.02<br />

Abgeordneter Oswald Klikovits (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Eine<br />

Schlagzeile im heutigen „Kurier“ heißt: „Bittere Bilanz im Kampf gegen die Drogen“.<br />

Wenn man diesen Artikel liest, erfährt man erschreckende Details, wie zum Beispiel,<br />

dass 208 Millionen Menschen in den vergangenen zwölf Monaten mindestens einmal<br />

Drogen genommen haben (Zwischenruf bei der ÖVP) – auf der ganzen Welt – und<br />

dass in Europa zwar der Drogenkonsum stagniert, aber dennoch noch immer beunruhigend<br />

hoch ist. Besonders dramatisch an den Zahlen ist die Tatsache, dass sich<br />

laut UNO mit Drogen 300 Milliarden Dollar – 300 Milliarden Dollar! – verdienen lassen.<br />

Da ist es, denke ich, nur recht und billig, dass wir hier in Österreich mit dem heutigen<br />

Beschluss auch SPICE als gefährliche Droge für unsere Jugendlichen qualifizieren und<br />

daher diesen gemeinsamen Beschluss fassen, zumal wir wissen, dass gerade Jugendliche<br />

– 30 bis 40 Prozent haben ja laut einer Studie bereits mit Drogen Kontakt<br />

gehabt – gefährdet sind. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)<br />

Es sind natürlich noch viele andere Maßnahmen notwendig, gerade im Bereich der<br />

Suchtprävention. Ich glaube, dass es in diesem Zusammenhang viele gute Beispiele in<br />

allen Bundesländern gibt. Im Burgenland haben wir im vergangenen Jahr eine Studie<br />

gemacht, an der 40 Schulen teilgenommen haben. Das erfreuliche Ergebnis zumindest<br />

in unserem Bundesland ist – ich darf das hier berichten –, dass der Drogenkonsum –<br />

es wurde für diese Studie dieselbe Zahl an Schülern herangezogen wie bei der<br />

Vergleichsstudie – gegenüber der Untersuchung im Jahr 2001 nun zurückgegangen<br />

ist. Daran zeigt sich, dass Präventionsmaßnahmen, wenn sie richtig gesetzt werden,<br />

auch tatsächlich helfen können.<br />

Ich freue mich, dass dieser Beschluss heute gefasst werden kann. Er wird zu mehr<br />

Gesundheit in Österreich beitragen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Mag. Johann<br />

Maier.)<br />

15.04<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Windbüchler-<br />

Souschill zu Wort. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.<br />

15.04<br />

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin!<br />

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Besuchergalerie!<br />

Hohes Haus! Im Gesundheitsministerium wird ja ständig daran gearbeitet,<br />

Verordnungen zu schaffen, zu erlassen, um das Arzneimittelgesetz zu verändern<br />

und anzupassen, gerade weil Jugendliche – und davor können wir die Augen<br />

nicht verschließen – oft neue Substanzen suchen, die möglicherweise high machen,<br />

die möglicherweise „zu“ machen. Deshalb muss das Arzneimittelgesetz immer wieder<br />

angepasst werden.<br />

An die Ausführungen meines Vorredners Dr. Kurt Grünewald anschließend: Es ist so,<br />

dass gerade im Bereich SPICE ein möglicher Betrug stattgefunden hat – ich sage das<br />

einmal ganz vorsichtig –, weil etwas verkauft wurde, was eigentlich nicht drinnen war.<br />

Die Aufgabe des Nationalrates muss es sein – deshalb ist dieser Antrag sehr wichtig –,<br />

Kinder und Jugendliche vor oft tödlichem Drogenmissbrauch, vor Drogenmissbrauch<br />

mit verschreibungspflichtigen Medikamenten zu schützen. Ich nenne hier nur die<br />

Substitutionstherapie, da die Medikamente der Substitutionstherapie auf dem Schwarzmarkt<br />

erhältlich sind und oft Todesfolgen haben.<br />

Was sich in diesem Antrag leider nicht findet, sind die finanziellen Mittel, die vielleicht<br />

bereitgestellt werden könnten. Prävention ist das Mittel, nicht Bestrafung von Jugend-


130 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill<br />

lichen und Kindern, und Prävention kostet. Prävention kostet sozusagen hier und jetzt,<br />

kostet in der Gegenwart, rettet aber langfristig auf alle Fälle Leben.<br />

Es braucht einen nationalen Aktionsplan gegen Drogenmissbrauch. Es braucht auch<br />

interministeriell einen nationalen Aktionsplan, weil es um sehr viele Bereiche geht –<br />

zum Schutz der Kinder und der Jugendlichen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)<br />

15.06<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kößl.<br />

2 Minuten Redezeit. – Bitte.<br />

15.07<br />

Abgeordneter Günter Kößl (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte<br />

Damen und Herren! Zusammenfassend: Es hat sicherlich große Bedeutung,<br />

dass wir hier im Parlament einen Allparteienbeschluss fassen, mit dem SPICE und<br />

andere biogene Suchtmittel in Zukunft verboten sind.<br />

Bisher sind diese Mittel sehr verharmlost worden. Im Rahmen der Ausführungen hier<br />

vom Rednerpult aus wurde bereits gesagt, dass diese Kräutermischung in vielen<br />

Bereichen verharmlost wurde. Ich bin dankbar dafür, dass gerade die Junge ÖVP und<br />

überhaupt die Jugend darauf aufmerksam gemacht hat, dass diese biogenen Drogen<br />

ein großes Risiko für die Gesundheit und für unser Gesellschaftsbild bedeuten. Daher<br />

ist es wichtig und richtig, den heutigen Beschluss zu fassen. (Beifall bei der ÖVP.)<br />

15.08<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete<br />

Dr. Belakowitsch-Jenewein zu Wort. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.<br />

15.08<br />

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr<br />

geehrte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Ich möchte noch einmal ganz kurz an<br />

das anschließen, was Kollege Karlsböck schon gesagt hat. Der Fehler in diesem<br />

Gesetz, dem wir natürlich zustimmen werden, weil es ein Schritt in die richtige<br />

Richtung ist, ist, dass das zwar nach dem Arzneimittelgesetz verboten wird, nicht aber<br />

nach dem Betäubungsmittelgesetz.<br />

Herr Professor Grünewald, da geht es nicht darum, dass wir Jugendliche ins Gefängnis<br />

sperren wollen. Überhaupt nicht! Wir alle wissen, auf dem internationalen Markt, auf<br />

dem Internetmarkt kann SPICE natürlich jederzeit wieder aus England bestellt werden.<br />

Das heißt, wir haben hier ein Gesetz, das in Wirklichkeit nur den Verkauf in Österreich<br />

reguliert, aber nicht den Besitz. Das heißt, wir haben ein halbes Gesetz.<br />

Noch einmal: Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber ich glaube, wir sollten<br />

diesbezüglich keine Scheuklappen haben, wir sollten nicht sagen, dass dieses Problem<br />

in Wirklichkeit nicht existiert.<br />

SPICE ist ja nur eines von vielen Problemen, die wir im Bereich der Drogenpolitik<br />

haben. Wenn „Die Presse“ diese Woche getitelt hat: „Die Hilflosigkeit der Drogenpolitik“,<br />

dann sagt das ja schon sehr viel aus. Ich denke, da sollten wir schon ein<br />

bisschen vorsichtiger sein und uns wirklich Gedanken darüber machen, wie wir unsere<br />

Kinder, unsere Jugendlichen schützen können.<br />

Natürlich stimmen wir zu, aber ich kann nicht sagen, dass ich mit dieser Novelle<br />

zufrieden bin. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)<br />

15.09<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die<br />

Debatte ist geschlossen.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 131<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer<br />

Die Frau Berichterstatterin wünscht kein Schlusswort.<br />

Wir kommen daher zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 140 der Beilagen<br />

angeschlossene Entschließung.<br />

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung.<br />

– Das ist einstimmig angenommen. (E 17.)<br />

10. Punkt<br />

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 285/A(E) der Abgeordneten<br />

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kennzeichnung<br />

von Raucher- und Nichtraucherlokalen (141 d.B.)<br />

11. Punkt<br />

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 397/A(E) der Abgeordneten<br />

Stefan Petzner, Kolleginnen und Kollegen betreffend notwendige Änderungen<br />

beim Rauchverbot in der Gastronomie (142 d.B.)<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zu den Punkten 10 und 11 der<br />

Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.<br />

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.<br />

Wir gehen in die Debatte ein.<br />

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Ing. Hofer mit einer gewünschten Redezeit<br />

von 2 Minuten. – Bitte.<br />

15.10<br />

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Frau Präsident! Herr Bundesminister! Meine<br />

Damen und Herren! Zweifellos ist Rauchen höchst ungesund. Zweifellos müssen wir<br />

jene schützen, die nicht rauchen und durch Passivrauchen gefährdet sind (demonstrativer<br />

Beifall des Abg. Riepl), und zwar überall dort, wo man sich nicht wehren kann.<br />

Deswegen – und ich bitte, meinen Antrag da richtig zu verstehen – trete ich dafür ein,<br />

dass es im Bereich der Gastronomie eine Entscheidungsfreiheit gibt. (Beifall bei der<br />

FPÖ sowie des Abg. Windholz.)<br />

Der mündige Gast muss selbst entscheiden können, ob er ein Lokal besucht, in dem<br />

geraucht wird, oder ob er dieses Lokal nicht besucht. (Abg. Weinzinger: So ist es!) Der<br />

Wirt, der das unternehmerische Risiko trägt, muss selbst entscheiden, ob er das Lokal<br />

als Raucher- oder als Nichtraucherlokal führt, aber wesentlich ist, dass das Lokal<br />

gekennzeichnet ist – als Raucherlokal, als Nichtraucherlokal oder als Nichtraucherlokal<br />

mit Extrazimmer für Raucher. Das ist mein Zugang zu diesem Thema.<br />

Ein zweiter Punkt wäre mir aber viel wichtiger – er wurde bis jetzt noch nicht angesprochen<br />

–: Mir passiert es oft, dass ich im Auto sitze und ein Auto vorbeifährt, in dem<br />

Erwachsene fest rauchen und hinten ein Kleinkind im Kindersitz sitzt. Ich glaube, da<br />

sollte man ansetzen: dass man jene Kinder schützt, die in einem Auto sitzen müssen,<br />

in dem Erwachsene rauchen. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)<br />

15.12<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter<br />

Hechtl. 3 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.


132 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Johann Hechtl<br />

15.12<br />

Abgeordneter Johann Hechtl (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister!<br />

Geschätztes Hohes Haus! Natürlich stehen für uns die Nichtraucher im<br />

Vordergrund, sie bedürfen eines besonderen Schutzes.<br />

Lassen Sie mich den Antrag, den Sie gestellt haben, etwas erläutern. Ins Tabakgesetz<br />

wurde genau – und dies zum Schutz der Nichtraucher – die Kennzeichnungspflicht für<br />

die unter das Rauchverbot fallenden Räume und Einrichtungen aufgenommen.<br />

Die gesetzliche Kennzeichnungspflicht und Kenntlichmachung des Rauchverbots und<br />

der Rauchverbotssymbole sind eine ausreichende und unbürokratische Maßnahme<br />

und eine klare Kennzeichnung zum Schutze der Nichtraucher. Wir sind der Meinung,<br />

dass wir diesbezüglich keine Ausweitung benötigen.<br />

Mit der bestehenden Regelung im Tabakgesetz sehen wir die Forderung des Antrages<br />

als bereits erfüllt an und werden daher diesem Antrag nicht die Zustimmung geben.<br />

Der Antrag zur Aussetzung des Tabakgesetzes für die Gastronomie stößt bei mir<br />

persönlich auf etwas Unverständnis – auf etwas Unverständnis deshalb, weil mit<br />

diesem Antrag klar zum Ausdruck gebracht wird, dass die Gesundheit als nachrangig<br />

angesehen wird und hinter einzelne persönliche Interessen gestellt werden soll. Das<br />

kann kein Ziel einer optimalen Gesundheitsprävention sein.<br />

Mit der Änderung des Tabakgesetzes, der Novelle 2008, wurde der Nichtraucherschutz<br />

neuerlich ausgebaut und der Bereich der Gastwirtschaft mit einbezogen. Diese Regelung<br />

wurde unter Einbeziehung der Vertreter der Gastronomie ausgearbeitet. Die<br />

Gastronomie geht sehr verantwortungsvoll damit um und nimmt die Einhaltung des<br />

Nichtraucherschutzes sehr ernst.<br />

Ein Aussetzen des Tabakgesetzes, wie dies im Antrag gefordert wird, wäre ein<br />

deutlicher Rückschritt im gesundheitspolitischen Sinn, der in keiner Weise zu vertreten<br />

und in keiner Weise zu rechtfertigen wäre. Die Gesundheit, das höchste Gut der<br />

Menschen, braucht mehr Schutzbestimmungen und nicht die Aussetzung jener Bestimmungen,<br />

die dem Schutz der Gesundheit dienen. Wir werden daher dem Antrag zur<br />

Aussetzung des Tabakgesetzes nicht zustimmen.<br />

Ich möchte in diesem Zusammenhang, geschätztes Hohes Haus, unserem Bundesminister<br />

Alois Stöger danken, der innerhalb kürzester Zeit nach Aufnahme seiner<br />

Tätigkeit als Gesundheitsminister eine Krankenkassensanierung eingeleitet hat, damit<br />

die Gesundheitsversorgung weiterhin auf hohem Niveau für die Menschen gesichert<br />

ist. Herzlichen Dank, Herr Bundesminister! (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)<br />

15.15<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Petzner zu<br />

Wort. 4 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte. (Abg. Riepl – in Richtung des sich zum<br />

Rednerpult begebenden Abg. Petzner –: Heute ist er tagaktiv! – Abg. Petzner: Ich bin<br />

ein bisschen außer Atem, Herr Kollege!)<br />

15.15<br />

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!<br />

Herr Minister, ich weiß schon, dass Sie für dieses Gesetz, das mit 1. Jänner 2009 in<br />

Kraft getreten ist, nichts können, Sie sind dafür nicht verantwortlich. Verantwortlich ist<br />

Ihre Vorgängerin, Frau Gesundheitsminister Kdolsky – eine traurige Ära, die Gott sei<br />

Dank Geschichte ist –, und verantwortlich ist mit ihr gemeinsam auch der damalige<br />

Minister Buchinger, der auch nicht mehr im Amt ist, sich aber für die SPÖ, wie ich höre,<br />

als Spitzenkandidat für die EU-Wahl angetragen hat, aber abgelehnt wurde.<br />

(Abg. Riepl: Waren Sie nicht auch einmal irgendwo Spitzenkandidat?!) Deren Werk ist<br />

dieses Gesetz, das mit 1. Jänner 2009 in Kraft getreten ist.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 133<br />

Abgeordneter Stefan Petzner<br />

Ich bringe Ihnen ein konkretes Beispiel dafür, warum dieses Gesetz so problematisch<br />

ist und das BZÖ daher eine Aussetzung, eine Sistierung dieses Gesetzes beantragt<br />

hat.<br />

Es gibt in Kärnten den Villacher Fasching, den kennen Sie alle, und dort hat es einen<br />

langen Streit darüber gegeben, ob man dort rauchen darf oder nicht, ob bei den<br />

Faschingssitzungen geraucht werden darf oder nicht. Es hat einen Streit gegeben<br />

zwischen dem roten Magistrat Villach, wo man gesagt hat: Es darf geraucht werden!,<br />

und der zuständigen Behörde des Landes Kärnten, wo man gesagt hat: Es darf nicht<br />

geraucht werden! Beide Behörden, sowohl die Abteilung des Landes als auch der<br />

Magistrat Villach, haben sich bei diesem Streit auf das Gesetz berufen. Beide haben<br />

gesagt, lesen Sie im Gesetz nach, das Gesetz sagt, es darf geraucht werden beziehungsweise<br />

nicht geraucht werden.<br />

Genau an diesem Beispiel sehen Sie die Problematik dieses Gesetzes: Niemand kennt<br />

sich aus, nicht einmal die Experten kennen sich aus, die Wirte sind sauer, klagen über<br />

Umsatzeinbußen, sind mit Gewinnentgang konfrontiert (Abg. Riepl: Es kennt sich<br />

keiner aus, das ist das Problem!), und die Kunden, die Konsumenten stehen in der<br />

Mitte und werden auch in diesen Streit hineingezogen.<br />

Das ist das Gesetz, wie es derzeit vorliegt. Daher fordert das BZÖ ganz klar die<br />

Sistierung, die Aussetzung dieses Gesetzes, um vernünftige Raucherbestimmungen,<br />

um ein Gesetz zu erarbeiten, bei dem sich jeder auskennt und auch der Nichtraucherschutz<br />

gewährleistet ist. (Beifall beim BZÖ.)<br />

Wir vom BZÖ bekennen uns auch zum Nichtraucherschutz. Wir sind für einen aktiven<br />

Nichtraucherschutz, wir sind für eine friedliche Koexistenz von Rauchern und Nichtrauchern,<br />

aber wir sind dagegen, dass Wirte gegen Kunden, Magistratsbeamte gegen<br />

Landesbeamte aufgehetzt werden, ein Riesenstreit, ein Riesendurcheinander, ein<br />

Riesenchaos herauskommt. Da sind Sie gefordert, Herr Gesundheitsminister!<br />

Ich habe hier doch auch die Hoffnung – da ich weiß und zwischen den Zeilen lese,<br />

dass Sie selbst nicht ganz glücklich sind mit diesem Gesetz, das Ihre Amtsvorgängerin<br />

zu verantworten hat –, dass Sie dieses Gesetz korrigieren, dass Ihre Abgeordneten<br />

dieser Sistierung zustimmen und wir zu einer vernünftigen Regelung im Raucherbereich<br />

kommen, der sowohl Raucher – wie meine Person – als auch Nichtraucher,<br />

also beide Gruppen entsprechend berücksichtigt, dass wir zu einer zufriedenstellenden<br />

Lösung für alle beteiligten Personen kommen. – Danke. (Beifall beim BZÖ. – Zwischenruf<br />

der Abg. Silhavy.)<br />

15.18<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Schmuckenschlager<br />

zu Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.<br />

15.19<br />

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin!<br />

Herr Minister! Hohes Haus! Der Antrag betreffend Kennzeichnung von Raucher- und<br />

Nichtraucherlokalen, um den Gästen eine Orientierungshilfe zu geben, ist natürlich<br />

absolut lobenswert. Daher bin ich umso glücklicher darüber, dass seit 1. Jänner bereits<br />

eine Verordnung in Kraft ist, noch von Gesundheitsministerin Kdolsky auf den Weg<br />

geschickt, die genau das regelt. Es ist bereits geregelt, dass außen an den Lokalen der<br />

Hinweis angebracht werden muss, wie das im Lokal geregelt ist, sodass man das also<br />

schon draußen erkennt.<br />

Da die Antragsteller vielleicht nicht so oft die heimische Gastronomie frequentieren,<br />

habe ich ein Beispiel aus der Praxis mitgenommen.


134 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Johannes Schmuckenschlager<br />

Das ist Ihnen vielleicht bekannt. (Der Redner hält ein Schild in die Höhe, auf dem das<br />

Wort „Cafeteria“ zu lesen ist sowie eine durchgestrichen Zigarette auf rotem Grund<br />

und eine Zigarette auf grünem Grund abgebildet sind.) Dieses Schild ist am Eingang zu<br />

unserer Cafeteria hier im Parlament zu finden. Auch wenn man drinnen nichts konsumiert,<br />

zumindest vom Vorbeigehen her könnte es dem einen oder anderen Abgeordneten<br />

bekannt sein. Und es ist ganz klar gekennzeichnet. Die durchgestrichene<br />

roten Zigarette bedeutet „nicht rauchen“, die grüne bedeutet „rauchen“. Solche Schilder<br />

gibt es im ganzen Land, in allen Lokalen und somit ist das gut zu erkennen.<br />

(Zwischenruf des Abgeordneten Jury.)<br />

Wir wollen damit sicherlich keine zusätzlichen Hürden für die österreichischen<br />

Wirtinnen und Wirte schaffen. Wir glauben, dass diese Verordnung absolut ausreichend<br />

ist. (Beifall bei der ÖVP. – Rufe beim BZÖ: Pfusch!)<br />

Der Nichtraucherregelung in den Gastronomiebetrieben muss man auf den Grund<br />

gehen. Und da ist sicherlich der Wille, die Gesundheit in unserem Land zu fördern und<br />

dies mit dem Schutz der Nichtraucher voranzutreiben. Wir sollten uns hier nicht immer<br />

von den Kritikern treiben lassen, sondern auch auf die Gäste hören. Das wird ja<br />

durchaus gut angenommen. (Abg. Petzner: Die Gäste sind überhaupt nicht zufrieden!)<br />

Vor allem: Wir müssen nicht die Möglichkeit, ausländische Suchtmittel zu konsumieren,<br />

auch noch fördern, sondern schauen wir lieber darauf, dass die eine oder andere<br />

Zigarette nicht angezündet wird und dafür ein gesundes heimisches Produkt konsumiert<br />

wird! (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)<br />

15.21<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Grünewald<br />

zu Wort. 3 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.<br />

15.21<br />

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr<br />

Bundesminister! Ich möchte möglichst wenig über das Gesetz diskutieren und mich<br />

dabei nicht am Villacher Fasching orientieren. Dieses Gesetz hochzujubeln, es sei so<br />

super und so großartig, das würde ich nicht zu sagen wagen; das ist es bestimmt nicht.<br />

Es ist besser als nichts, ein Schritt in die richtige Richtung, etwas vermehrter und<br />

verbriefter Nichtraucherschutz, der aber vielen viel zu wenig weit geht.<br />

Die Diskussion ist extrem militant, was die Debatte nicht erleichtert. Egal, welche<br />

Position man einnimmt, Ohrfeigen von einer Seite gibt es jedenfalls in rauen Mengen.<br />

Was Kollege Hofer betreffend klare Deklaration, um welches Lokal es sich handelt,<br />

gemeint hat, das finde ich schon sinnvoll, denn Grün signalisiert für Raucher grünes<br />

Licht, aber auch für Nichtraucher grünes Licht. Und wenn dann noch eine Zigarette<br />

durchgestrichen ist, weiß man nicht, ob Grün zu Rot oder Rot zu Grün wird. Schauen<br />

Sie einmal in ein Gasthaus, wie die Leute vor den Schildern stehen und dann schauen,<br />

wo wer raucht! Und dort setzen sie sich dann hin oder eben nicht. Also: Diese<br />

Kennzeichnung kann nicht gut sein.<br />

Das Gesetz aber pauschal abzulehnen oder auszusetzen halte ich schon für einen<br />

wirklichen Fauxpas gegenüber allen Bestrebungen für einen besseren und berechtigten<br />

Nichtraucherschutz, denn dann haben wir den Status quo vor Ministerin Kdolsky.<br />

Es muss nicht alles schlecht gewesen sein, aber in diesem Fall würde ich sagen: Ein<br />

Aussetzen ist jedenfalls falsch. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten<br />

der SPÖ.)<br />

15.23


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 135<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Sacher zu<br />

Wort. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.<br />

15.23<br />

Abgeordneter Ewald Sacher (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Vor<br />

Ihnen steht ein überzeugter, lebenslanger Nichtraucher. Daher wende ich mich an die<br />

FPÖ. (Der Redner blickt in Richtung der Grünen. – Abg. Neubauer – mit den Armen<br />

deutend –: Hier!) Wenn Sie eine bessere Kennzeichnung der Raucher- und Nichtraucherlokale<br />

fordern, dann darf ich sagen: Diese Forderung – das wurde schon zum<br />

Ausdruck gebracht – ist erfüllt. Ihr Antrag ist überflüssig und wird von uns abgelehnt.<br />

Ich wende mich jetzt an das BZÖ (Abg. Mag. Stadler: Jawohl! Richtig!), die richtige<br />

Seite, die rechtere Seite. Sie fordern gleich, das Tabakgesetz ganz auszusetzen. Sehr<br />

geehrte Damen und Herren vom BZÖ, das wäre ein gewaltiger Rückschritt und kommt<br />

für uns nicht in Frage.<br />

Herr Kollege Petzner hat die Problematik in großen Sälen angesprochen. Ich bin<br />

Obmann eines Volkshaus-Vereins, der einen sehr großen Saal zu verwalten hat. Wir<br />

haben auch eine Faschingssaison hinter uns, da gab es kein einziges Problem, weil<br />

ganz klargestellt war: In diesem Gebäude wird nicht geraucht. Es hat sich niemand<br />

darüber beklagt und niemand darüber beschwert. Es gibt keine Alternativen zur<br />

Gesundheit, sehr geehrte Damen und Herren.<br />

So, wie Sie in der Öffentlichkeit – hier reden Sie relativ ruhig und sachlich – an das<br />

Problem herangehen, sehr geehrte Damen und Herren, da kann ich mich des<br />

Eindrucks nicht erwehren, dass Sie dort populistischer unterwegs sind, als Sie hier<br />

agieren. Mir fällt ein, dass da zum Beispiel Ausdrücke wie „Hexenjagd auf die Raucher“<br />

Ihrerseits in der Öffentlichkeit gebraucht worden sind.<br />

Das ist die typisch populistische Manier. Ihnen geht es offensichtlich um die Stimmen,<br />

uns geht es um die Gesundheit. Und uns geht es ganz besonders um die Gesundheit<br />

der Jugend, für die es auch eine Vorbildwirkung geben muss.<br />

In diesem Sinne lehnen wir von der SPÖ diesen Populismus bezüglich Raucher- oder<br />

Nichtraucherlokale auf Kosten der Jungen, die ja die gesunden Alten der Zukunft sein<br />

sollen, entschieden ab. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)<br />

15.25<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Linder zu Wort.<br />

Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.<br />

15.25<br />

Abgeordneter Maximilian Linder (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Herr Minister!<br />

Geschätzte Kollegen im Plenum! Ich bin ebenfalls ein begeisterter, lebenslanger<br />

Nichtraucher, bin aber auch Wirt und Bürgermeister. Und wenn ich das Gesetz jetzt<br />

lese, so glaube ich wirklich, dass einiges nicht richtig läuft. Es geht nämlich nicht<br />

darum, ob man jemanden zwingt, etwas zu tun, die Ungerechtigkeit und die vielen<br />

Unausgereiftheiten im Gesetz sind es, die uns Wirten wirklich Sorgen bereiten.<br />

Die Sonderregelung, dass man mit dem Trick, dass man einen Umbau ankündigt,<br />

eineinhalb Jahre Zeit bekommt, eineinhalb Jahre das Gesetz umgehen kann, aber die<br />

Wirte, die es korrekt befolgen, plötzlich zu Umsatzeinbußen kommen, ist nicht in<br />

Ordnung.<br />

Sie haben das Volkshaus erwähnt. Wir haben selbst ein Kulturhaus, das als öffentliches<br />

Gebäude dem absoluten Rauchverbot unterliegt, aber in der Nachbargemeinde<br />

wird so ein Veranstaltungssaal von einem Wirten geführt, wo mit diesem Trick<br />

weiterhin geraucht werden kann. Sie können sich vorstellen, dass das Riesenprobleme


136 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Maximilian Linder<br />

bedeutet. Und deshalb sage ich: Die Schwierigkeit ist, dass man mit sehr vielen<br />

Ausnahmeregelungen Möglichkeiten geschaffen hat, das Gesetz zu umgehen. Das<br />

sind die Dinge, die uns Sorgen bereiten.<br />

Wir verlangen deshalb, dass das Gesetz aufgehoben und den Wirten wirklich die<br />

Wahlmöglichkeit gegeben wird, sich selbst zu entscheiden – und das ab sofort –, ob<br />

sie ein Raucherlokal sind, ob sie ein Nichtraucherlokal sind oder ob sie die gemischte<br />

Form machen. Dann hat der Gast wirklich von sich aus die Chance zu entscheiden, in<br />

welches Lokal er geht und wo er sich wirklich wohlfühlt. Das sollte unsere Aufgabe<br />

sein. (Beifall beim BZÖ.)<br />

Aber es kann nicht sein, dass man über Gesetze Hintertüren schafft. Ich hoffe, dass<br />

Sie aus diesem Grund unserem Antrag nähertreten werden. (Beifall beim BZÖ.)<br />

15.27<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter<br />

Dr. Rasinger. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.<br />

15.27<br />

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsident! Sehr<br />

geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Etwas derartig Skurriles, wie ich es von euch,<br />

liebe Kollegen vom BZÖ, jetzt gehört habe, habe ich schon lange nicht mehr gehört.<br />

Das ist ja eine Logik kreuz und quer: Entweder man ist für Nichtraucherschutz, oder<br />

man ist für die Wahlfreiheit oder – ich weiß nicht – für den mündigen Gast.<br />

Aber machen wir uns nichts vor: Wenn man nichts tut oder das Gesetz aufhebt, dann<br />

gibt es einen Zustand, wo 70 Prozent Nichtraucher und 30 Prozent Raucher sind. Von<br />

den Rauchern wollen etwa 60 Prozent auch eine rauchfreie Luft, denn sie wollen ja<br />

nicht dort rauchen, wo schlechte Luft ist. Da beißt sich doch die Katze in den Schwanz.<br />

Das ist eine Augenauswischerei. Das ist eine Bankrotterklärung für die Gesundheitspolitik.<br />

(Beifall bei der ÖVP.)<br />

Dann sagen wir ehrlich, wir schaffen alles ab! Ich als Arzt lebe ja davon.<br />

(Abg. Petzner: Herr Kollege! Lesen Sie unseren Antrag! Wir sind für die Wahlfreiheit!)<br />

Ich habe sehr viele Patienten, die zu mir sagen: Warum hat mir niemand gesagt, dass<br />

das so gefährlich ist, Herr Doktor? Jetzt habe ich ein Karzinom, jetzt habe ich einen<br />

Herzinfarkt. Warum? – Ich meine, wir sind das Hohe Haus und nicht das „niedrige<br />

Haus“. Ich glaube, man kann sich schon einmal bemühen, auch ein bisschen Mut zu<br />

haben. Schauen wir doch ins Ausland! Dort sind viel weiter gehende Regelungen<br />

geschaffen worden.<br />

Und falls es in der Übergangszeit und auch in den Bestimmungen Schwierigkeiten<br />

gibt – das Gesetz ist zum Teil schwierig zu lesen –, dann muss ich sagen, ich glaube,<br />

niemand wird sich dagegen verwahren, dass man den Vollzug besser regelt –<br />

irgendwann einmal. Aber jetzt reflexartig einzuknicken und diese kleinen Fortschritte<br />

wieder ad absurdum zu führen, das halte ich nicht für korrekt. Ich halte das nicht für<br />

gut, denn das Ziel muss sein, den österreichischen Nichtraucher und überhaupt den<br />

österreichischen Patienten davor zu schützen, dass er krank wird. Auch die Mitarbeiter<br />

in derartigen Lokalen haben ein Recht auf saubere Luft. Ich glaube, das sollten wir<br />

auch nicht vergessen.<br />

Das dann hinter Anträgen zu verbergen, die Wahlfreiheit oder Mündigkeit fordern –<br />

oder der ganz skurrile Antrag – lieber Kollege Hofer, das ist ja eine Beleidigung für<br />

deine Intelligenz –, man möge das kennzeichnen, da muss ich sagen: Jeder, der<br />

Augen und nicht 20 Dioptrien hat, weiß, was Rot und Grün bedeuten. Der Kollege<br />

Schmuckenschlager hat es ja gezeigt. Also: Gekennzeichnet haben wir genug, mehr<br />

Taferln brauchen wir gar nicht.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 137<br />

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger<br />

Ich halte das Gesetz für einen Fortschritt, räume aber ein, dass es durchaus da und<br />

dort Vollzugsprobleme geben könnte. (Beifall bei ÖVP und SPÖ)<br />

15.29<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter<br />

Windholz. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.<br />

15.30<br />

Abgeordneter Ernest Windholz (BZÖ): Frau Präsident! Herr Bundesminister! Hohes<br />

Haus! Herr Dr. Rasinger, ich darf Sie insofern beruhigen, als wir natürlich für den<br />

Nichtraucherschutz sind. Aber dieses Gesetz ist ein Paradebeispiel dafür, wie man es<br />

in der Administration, in der Vollziehung nicht machen sollte.<br />

Ich kann Ihnen nur sagen: Bei mir in meinem Heimatbezirk war eine Gruppe von<br />

Betreibern von Gastronomiebetrieben, die mir ganz offen die Umsatzrückgänge<br />

geschildert haben und wie schwierig diese Regelung für sie zu administrieren sei. Jetzt<br />

gibt es gegenseitige Anzeigen irgendwelcher selbsternannter Vereine.<br />

Sie, Herr Rasinger, haben selbst eingeräumt, dass es Schwierigkeiten beim Vollzug<br />

gibt. – Das ist sehr, sehr milde ausgedrückt. Ich sage Ihnen: Das ist ein Chaos. Wenn<br />

Sie die ganzen Medienberichte verfolgen, dann können Sie alles andere als stolz auf<br />

eine Initiative sein, die zwar eigentlich gut und richtig ist, die aber in der Umsetzung, in<br />

der Praxis völlig danebengeht. (Beifall beim BZÖ.)<br />

Wir haben viele Unternehmen, viele Gastronomiebetriebe, die mit dem Rücken zur<br />

Wand stehen, auch was die finanziellen Möglichkeiten angeht. Dem Herrn Kollegen<br />

Sacher kann ich sagen, wenn er von Populismus spricht, so denke ich, es geht um<br />

etwas ganz anderes. Es geht auch um Vernichtung von Arbeitsplätzen, um<br />

Vernichtung von Unternehmungen. Und das wird passieren.<br />

Heute hat die ÖVP angekündigt, dass sowieso 500 000 Arbeitslose auf uns zukommen,<br />

mit denen Sie noch dieses Jahr rechnen. Sie sollten schon unterscheiden, von<br />

wo die kommen. Reden Sie sich in diesem Bereich dann bitte nicht auf die Finanzkrise<br />

aus! Das ist hier in Teilbereichen auch durch dieses Gesetz verursacht.<br />

Es ist einfach äußerst schwierig zu administrieren. Das haben wir kritisiert. Das stellt<br />

auch der Antragstext glasklar dar. Und ich glaube, man kann es ja auch verbessern.<br />

Sie haben eingeräumt, da habe nicht alles geklappt. – Ich kann Sie nur auffordern:<br />

Ziehen Sie daraus Ihre Schlüsse! Reparieren sie es, damit dieses Gesetz tatsächlich<br />

für die Gastronomiebetriebe administrierbar wird!<br />

Der Text, den wir gewählt haben, ist einer, der die Sache gänzlich umfasst. Ich weiß<br />

nicht, was da populistisch sein soll. Der Kollege Sacher hat vielleicht einen anderen<br />

Antrag gelesen oder nur jenen von der FPÖ; das weiß ich nicht. Ich kann nur den Kopf<br />

schütteln, wenn es darum geht, dass es bei der Sozialdemokratie keinen Stellenwert<br />

mehr hat, wenn mit dieser Regelung Arbeitsplätze vernichtet werden. (Beifall beim<br />

BZÖ.)<br />

15.32<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete Silhavy gelangt nun zu Wort.<br />

2 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.<br />

15.32<br />

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes<br />

Haus! Herr Kollege, wir sprechen beim Tourismus auch von Qualitätstourismus. Und<br />

es ist keine Frage, dass es, wenn wir über das Tabakgesetz reden, um Zielkonflikte<br />

geht. Es gibt Menschen, die gerne rauchen. Es gibt Menschen, die vor dem Rauch


138 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordnete Heidrun Silhavy<br />

geschützt werden wollen. Aber es gibt – das dürfen Sie nicht ganz vergessen – auch<br />

Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmer in dieser Branche, die ebenfalls eines Schutzes<br />

bedürfen und die auch ein Recht auf diesen Schutz haben. Ich denke, diese<br />

Hürden kann man nicht einfach ignorieren. (Beifall bei der SPÖ.)<br />

Mit der Kennzeichnungsverordnung ist man einen Weg gegangen, um auch den<br />

Konsumentinnen und Konsumenten, den Gästen zu signalisieren, in welchem Bereich<br />

man sich befindet, wo man sich aufhält. Aber was ganz klar ist – und ich möchte mich<br />

jetzt nicht auf das Niveau des Villacher Faschings begeben –: Ich meine, im Hohen<br />

Haus sollten wir ein anderes Niveau pflegen, und ich appelliere an Sie, sich auch an<br />

dieses Niveau zu halten. (Abg. Petzner: Na geh!)<br />

Herr Kollege Petzner! Ich weiß schon, in Kärnten gibt es vielleicht andere Maßstäbe,<br />

das mag schon sein. Aber hier sind wir in der Bundespolitik, und hier legen wir schon<br />

noch Wert darauf, dass wir die Ernsthaftigkeit dieses Hauses auch so wahren, wie es<br />

dieses Haus und vor allem die Menschen, die wir vertreten, verdienen. (Beifall bei der<br />

SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Petzner.)<br />

Auf jeden Fall meine ich, dass es ganz wesentlich ist, die Betriebe der Freizeit- und<br />

Tourismuswirtschaft dahin gehend einzubeziehen, dass sie auch diese Regelungen<br />

entsprechend mittragen. Wir haben ja nicht zuletzt auch aus diesem Grund diese<br />

Übergangsfristen geschaffen, damit genau jene Betriebe, die Arbeitgeber sind, zugleich<br />

aber auch den Qualitätstourismus ansprechen, einen entsprechenden Zeitraum<br />

haben, diese Regelung auch umzusetzen.<br />

Wir sind jedenfalls weiterhin mit der Tourismusbranche und mit der Freizeitwirtschaft in<br />

Verbindung, um zu schauen, wie wir weitere Verbesserungen anstreben können. Die<br />

Vorschläge, die von Ihnen gemacht worden sind, sind jedenfalls keine positiven<br />

Lösungen für diese Fragen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)<br />

15.35<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Weinzinger zu<br />

Wort. 3 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.<br />

15.35<br />

Abgeordneter Lutz Weinzinger (FPÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Meine Damen<br />

und Herren! Es wurde mir von den Vorrednern schon mitgeteilt, dass ich nicht von<br />

mündigen Bürgern reden darf. Ich darf auch nicht populistisch sein. Ich darf also nicht<br />

das sagen, was das Volk im Allgemeinen sagt. Das wäre nicht der Würde dieses<br />

Hohen Hauses entsprechend. Und jemand hat sogar gesagt, wir sind ja kein „niedriges<br />

Haus“, ohne an die Baugeschichte dieses Hauses zu denken, dass es deswegen<br />

Hohes Haus genannt wird, weil es so hoch die Grundfesten aufgebaut hat.<br />

Aber sei es, wie es sei. Wir haben also jetzt ein Rauchergesetz, das sehr viele unbefriedigende<br />

Entwicklungen mit sich gebracht hat – zutiefst unbefriedigende Entwicklungen!<br />

Und da muss man doch nachdenken. Es sind die Bürger nicht zufrieden, zu<br />

einem großen Teil sind die Raucher nicht zufrieden, zu einem großen Teil sind die<br />

Nichtraucher nicht zufrieden, zum Teil sind die Gastronomen nicht zufrieden. Und es<br />

gibt auch entsprechende Einbußen in der Wirtschaft.<br />

Schauen Sie sich bitte am Flughafen Wien an, wie die dortigen Restaurants gehen, wie<br />

die dortigen Kaffeehäuser gehen! Schauen sie sich an, wie es nach meiner<br />

Überzeugung eigentlich verächtlich ist, wie die Raucher vor die Tür gestellt werden und<br />

draußen irgendwo um einen Aschenbecher herum versammelt stehen!<br />

Wie kommen wir dazu – ich bin Raucher und bekenne mich dazu –, dass wir nicht<br />

einmal auf den Bahnsteigen im Freien, in der Öffentlichkeit rauchen dürfen, wo der


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 139<br />

Abgeordneter Lutz Weinzinger<br />

Wind immer bläst? Da gibt es kleine „Orterl“, dort darf man sich versammeln und mit<br />

ein paar anderen Ausgestoßenen eine Zigarette rauchen.<br />

Wie kommen wir dazu, dass in den Zügen, mit denen wir gerne fahren würden, nicht<br />

einmal mehr ein Waggon, der ja bitte von den anderen abgetrennt ist, zur Verfügung<br />

steht, um dort zu rauchen? Wie kommen die Betreiber der Speisewägen und der<br />

Wägen in den Zügen, wo man Getränke ausschenkt, dazu, dass dort nicht mehr<br />

geraucht werden darf und die Leute nicht mehr hingehen? Früher hat man sich in einer<br />

Runde zusammengesetzt, hat gesagt, vier Stunden oder fünf Stunden fahren wir, da<br />

spielen wir Karten und rauchen die eine oder andere Zigarette dabei.<br />

Dann kommt noch etwas dazu: Dieses Rauchen ist jahrzehntelang, jahrhundertelang<br />

ein Teil unserer Kultur gewesen. Und zu unserer Kultur hat gehört, dass wir auch<br />

entsprechend erzogen waren, dort nicht zu rauchen, wo Nichtraucher waren. Dort, wo<br />

ein Nichtraucher am Tisch gesessen ist, hat man gefragt: Stört es dich? Und wenn<br />

jemand am Tisch aß, dann hat man natürlich nicht geraucht, weil man die entsprechende<br />

Erziehung hatte.<br />

Aber was bekommen wir jetzt statt Erziehung? – Gebote, Verbote, Verfolgung. Lassen<br />

Sie das doch! Lassen Sie den Bürger wirklich frei entscheiden, ob er in ein Lokal geht,<br />

in dem geraucht wird, oder ob er nicht in ein Lokal geht, wenn es entsprechend<br />

gekennzeichnet ist! (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)<br />

Lassen Sie den Wirten, den Gastronomen frei entscheiden, ob er ein Lokal haben will,<br />

in dem geraucht wird, oder ob er ein Lokal haben will, in dem nicht geraucht wird. Er<br />

weiß, er muss dann auf einen Teil seiner Kundschaft verzichten. Im Nichtraucherlokal<br />

ist es das Gleiche – nur umgekehrt.<br />

Und wenn die Möglichkeit besteht – Sie haben schon recht, im derzeit bestehenden<br />

Gesetz ist das in etwa geregelt –, dann soll man sich eben entscheiden können, hier<br />

kann geraucht werden und dort nicht. Aber machen Sie eine klarere, bessere<br />

Regelung!<br />

Das ist notwendig, und unser Antrag entspricht dem. (Beifall bei der FPÖ sowie bei<br />

Abgeordneten des BZÖ.)<br />

15.39<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Obernosterer<br />

zu Wort. 2 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte. (Abg. Petzner – in Richtung des sich<br />

zum Rednerpult begebenden Abg. Obernosterer –: Gabriel, du bist ein Wirt! Erzähl, wie<br />

das ist! – Abg. Obernosterer: Ja, ich bin ein Wirt!)<br />

15.39<br />

Abgeordneter Gabriel Obernosterer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Minister! Liebe<br />

Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Als Wirt und Hotelier weiß ich, wovon wir jetzt<br />

wirklich sprechen. (Beifall des Abg. Dr. Rasinger.)<br />

Dieses Nichtraucherschutzgesetz, so, wie es jetzt auf dem Tisch liegt, ist eines der<br />

liberalsten in Europa. Man kann es mit dem spanischen Modell vergleichen. Jeder der<br />

Vorredner, die heute hier zu diesem Tagesordnungspunkt gesprochen haben, hat zum<br />

Teil recht, das muss ich auch sagen, aber wir müssen den Tatsachen auch ins Auge<br />

sehen.<br />

Es hat aber auch seinen Grund gehabt, warum dieses Gesetz so vage formuliert<br />

wurde. Ich sage jetzt auch, warum: In der Hotellerie brauchen wir kein Gesetz! Ich<br />

habe ein Hotel, in dem seit sechs Jahren Rauchverbot gilt. In der Hotellerie gibt es<br />

viele kleine Räumlichkeiten, in die die Leute sich am Abend mit einem Kaffee, einem


140 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Gabriel Obernosterer<br />

Cognac oder einem Glas Wein zurückziehen und eine Zigarre oder eine Zigarette<br />

rauchen können.<br />

Wen wir schützen wollten, das waren die vielen kleine Pubs in den Städten (Ruf bei der<br />

ÖVP: Genau!), und das waren die Landgasthäuser. Ein Landgasthaus kann zusperren!<br />

Ich habe selbst eines in einem 350-Einwohner-Ort und weiß: Es kommt am Abend,<br />

nach den Vereinen, nach den Proben niemand mehr ins Gasthaus, wenn er im<br />

Vereinslokal rauchen kann, aber im Gastlokal nicht mehr.<br />

Warum wurde dieses Gesetz so vage formuliert mit dem „Hauptraum“ und dem<br />

„Nebenraum“, was sicherlich eine gewisse Unzufriedenheit zur Folge hat? – Aus einem<br />

ganz einfachen Grund: Weil wir es nicht auf den Quadratmeter ausrichten konnten,<br />

weil jedes Landgasthaus andere Räumlichkeiten hat, mit dem Gastzimmer, mit den<br />

Nebenstübchen, mit dem Speisesaal und so weiter und so fort.<br />

Herr Minister, ich möchte Ihnen wirklich danken, dass Sie eine ganz klare Aussage<br />

getätigt haben: Ich schaue mir dieses Gesetz im ersten Jahr einmal an! – Wir von der<br />

Berufsvertretung, auch von der Wirtschaftskammer selbst haben gesagt: Schauen wir<br />

uns das einmal an, schauen wir, wo die Schwachstellen sind, und dann werden wir<br />

diese Schwachstellen ausmerzen!<br />

Eines sage ich nämlich ganz klar: Es gibt keine Alternative zu dieser Freiheit, rauchen<br />

oder nicht rauchen. Ich sage euch das als Wirt. Schaut den Tatsachen auch ins Auge!<br />

Entweder wir merzen diese Schwachstellen aus – oder es gibt die zweite Variante,<br />

aber die möchten wir nicht, nämlich das generelle Rauchverbot. Dann geht es wirklich<br />

in die Struktur der kleinen Betriebe, der Arbeitsplätze, und ich glaube, das ist nicht das,<br />

was wir wollen, auch nicht das, was die Opposition will.<br />

Schauen wir uns die Schwachstellen an, versuchen wir, sie in der zweiten Hälfte des<br />

Jahres auszumerzen und ein Gesetz zu schaffen, mit dem alle zufrieden sind, mit dem<br />

die kleinen Wirte leben können, die kleinen Pubs leben können, das dem Tourismus<br />

dient, ein Gesetz, mit dem wir alle leben können! Im Sinne der Allgemeinheit bitte ich<br />

euch: Helfen wir da zusammen, denn sonst – ich habe mit Ihnen, Herr Abgeordneter,<br />

schon gesprochen –, wenn es in Richtung dessen geht, was Sie wollen, bekommen wir<br />

das generelle Rauchverbot! Helfen wir zusammen, damit wir ein liberales Gesetz<br />

haben! Dafür stehen wir bereit, wir als Koalitionspartner gemeinsam mit der Opposition.<br />

– Danke schön. (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der FPÖ sowie der Abg.<br />

Hagenhofer.)<br />

15.42<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Keck zu Wort.<br />

2 Minuten. – Bitte.<br />

15.43<br />

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Meine Damen<br />

und Herren! Es war schon ein starkes Stück, im Gesundheitsausschuss einen Antrag<br />

vorgelegt zu bekommen, mit dem man den Nichtraucherschutz aufheben will, und zwar<br />

deshalb aufheben will – heute haben wir es vom Antragsteller, von Herrn Petzner,<br />

erfahren –, weil es am Villacher Fasching hinsichtlich der Frage Probleme gegeben<br />

hat, ob man dort jetzt rauchen darf oder nicht. (Abg. Petzner: Das ist ein Beispiel! Ein<br />

Beispiel, Herr Kollege! Lesen Sie nicht die Zeitung?)<br />

Kollege Petzner, ich kann Ihnen eines sagen: Wenn man drei Juristen an einem Tisch<br />

hat, dann hat man sechs verschiedene Meinungen. Da muss man schauen, dass sich<br />

diese klar werden, damit man zu einer Lösung kommt.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 141<br />

Abgeordneter Dietmar Keck<br />

Aber, meine Damen und Herren, wissen Sie, wenn ich jetzt hier im Haus in die<br />

Cafeteria gehe – und ich bin auch schon seit sieben Jahren in diesem Haus (Abg.<br />

Grosz: Wahrscheinlich mehr in der Cafeteria, wie wir alle wissen!) und habe auch sehr<br />

stark geraucht! –, dann ist es angenehm, in den ersten Raum zu kommen, der rauchfrei<br />

ist. Ich habe 38 Jahre lang geraucht und rauche seit 15 Monaten nicht mehr. (Abg.<br />

Dolinschek: Du hast dich vom Saulus zum Paulus gewandelt!)<br />

Ich habe beides probiert, ich weiß, wie beides ist, und mir ist jetzt bewusst, meine<br />

Damen und Herren – und ich sage das hier wirklich ganz offen –, was ich in diesen<br />

38 Jahren angerichtet habe! Mir ist vollkommen bewusst, was ich gemacht habe, wenn<br />

ich in einem Raum, in einem Lokal geraucht habe, wo auch Nichtraucher waren. Mir ist<br />

vollkommen bewusst, was ich angerichtet habe, wenn ich geraucht habe, wo vielleicht<br />

auch Kinder anwesend waren, etwa in einem Zugabteil, wo das Rauchen erlaubt war,<br />

wo aber Mütter mit ihren Kindern gesessen sind, weil sie keine Plätze in einem<br />

Nichtraucher-Abteil gefunden haben – und ich habe da drinnen geraucht, meine<br />

Damen und Herren! Mir ist das vollkommen bewusst!<br />

Und ich kann Ihnen auch Folgendes sagen, Kollege Lutz Weinzinger: Auch ich war gut<br />

erzogen, ich habe natürlich gefragt, ob ich rauchen darf oder nicht. Man hat sich eben<br />

öfters eine Zigarette angezündet, weil die Leute dann selbstverständlich gesagt haben:<br />

Na, rauchen Sie halt eine!, weil sie sich zu einem Raucher nicht zu sagen getraut<br />

haben, er darf nicht rauchen.<br />

Ich kann Ihnen nur eines sagen: Für mich zählt die Gesundheit der Österreicherinnen<br />

und der Österreicher, für mich zählt die Gesundheit unserer Kinder hier in Österreich!<br />

Und für mich zählt auch der Arbeitnehmerschutz in der Gastronomie, für mich zählt<br />

auch der Arbeitnehmerschutz für die Beschäftigten, und wir sind nicht dafür, dass<br />

dieser vonseiten des BZÖ eingebrachte Antrag angenommen wird. (Beifall bei der<br />

SPÖ.)<br />

Wir werden diesen Antrag nicht unterstützen, Kollege Petzner. Schauen Sie, dass Sie<br />

in Villach beim Fasching zusammenkommen (Abg. Petzner: Das ist ein Beispiel!) –<br />

aber nur für den Villacher Fasching werden wir die Gesundheit der Österreicherinnen<br />

und Österreicher nicht aufs Spiel setzen! (Beifall bei der SPÖ.)<br />

15.45<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die<br />

Debatte ist geschlossen.<br />

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.<br />

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.<br />

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses,<br />

seinen Bericht 141 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.<br />

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes<br />

Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.<br />

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses,<br />

seinen Bericht 142 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.<br />

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes<br />

Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.


142 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer<br />

12. Punkt<br />

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 284/A(E) der Abgeordneten<br />

Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend elektronische<br />

Gesundheitskarte („e-card“) mit Aufdruck in Brailleschrift (143 d.B.)<br />

13. Punkt<br />

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 187/A(E) der Abgeordneten<br />

Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend<br />

Umstellung auf e-card mit Foto und Ausweispflicht für noch nicht umgestellte<br />

Karten (144 d.B.)<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zu den Punkten 12 und 13 der<br />

Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.<br />

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.<br />

Wir gehen in die Debatte ein.<br />

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Ing. Hofer mit einer gewünschten Redezeit von<br />

2 Minuten zu Wort. – Bitte.<br />

15.46<br />

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer (FPÖ): Geschätzte Frau Präsident! Herr Bundesminister!<br />

Meine Damen und Herren! Zunächst darf ich mich ganz besonders bei<br />

den Kollegen in den anderen Fraktionen für die Unterstützung dieses Anliegens sehr<br />

herzlich bedanken. Es ist natürlich eine Maßnahme, die nicht viel Geld kostet, aber es<br />

ist dennoch eine sehr, sehr wichtige Maßnahme für alle Menschen, die mit einer<br />

Sehbehinderung zu kämpfen haben. Ich darf die Gelegenheit nutzen, um Ihnen zu<br />

erzählen, welche Probleme es da noch gibt.<br />

Ich habe letzte Woche mit einem Betroffenen ein Gespräch geführt, der sagte – Lutz<br />

Weinzinger hat vorher davon gesprochen, welche Probleme er als Raucher jetzt im<br />

Zug hat –, wenn er im Zug sitzt, dann kommt die Ansage, in welchen Bahnhof er<br />

einfährt, es gehen aber immer beide Türen auf, die linke und die rechte. Der sehbehinderte<br />

Mensch muss also wissen, auf welcher Seite er aussteigen kann. (Abg.<br />

Dr. Oberhauser: Bei der U-Bahn ist es schon!) – Bei der U-Bahn wird es durchgesagt,<br />

ja. (Abg. Dr. Oberhauser: In manchen Zügen ...!) – In manchen Zügen auch? Das<br />

freut mich sehr. Wir müssen das wirklich flächendeckend machen, damit das abgesichert<br />

ist.<br />

Ein anderes Beispiel: Ein Gebäude wurde neu errichtet, eine automatische Tür wurde<br />

eingebaut. Auf der Tür war eine Aufschrift, in welchen Raum diese Tür führt. Man<br />

wollte sehbehinderten Menschen entgegenkommen und hat dann eben auch in<br />

Blindenschrift unten angeführt, wohin diese Tür führt. Nur: Wenn der blinde Mensch<br />

dann vor die Tür getreten ist, ist sie aufgegangen, und man konnte nicht mehr ertasten,<br />

was da geschrieben steht.<br />

Ein letzter Bereich, der mir ein großes Anliegen ist und den ich auch mit einem Antrag<br />

festhalten möchte, ist die Mindesthöhe bei Verkehrszeichen. Meine Damen und<br />

Herren, ein blinder Mensch, ein sehbehinderter Mensch kann sich sehr leicht an Verkehrszeichen<br />

verletzen, wenn sie zu niedrig positioniert sind. Das ist schon sehr, sehr<br />

oft vorgekommen.<br />

Daher bringe ich folgenden Entschließungsantrag der Abgeordneten Hofer, Vilimsky<br />

ein:


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 143<br />

Abgeordneter Ing. Norbert Hofer<br />

„Der Nationalrat wolle beschließen:<br />

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesvorschlag<br />

vorzulegen, der vorsieht, dass Straßenverkehrszeichen auf Gehwegen, Gehsteigen,<br />

Radwegen, Geh- und Radwegen und Schutzinseln nur ab einer Mindesthöhe, die<br />

geeignet ist, die Verletzungsgefahr für blinde und stark sehbehinderte Personen durch<br />

Straßenverkehrszeichen wesentlich zu reduzieren, angebracht werden dürfen.“<br />

*****<br />

Ich bitte um Ihre Unterstützung. (Beifall bei der FPÖ.)<br />

15.49<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Hofer, Sie machen es mir<br />

manches Mal nicht leicht (Abg. Grosz: Auch heute nicht!), auch heute nicht, weil es<br />

natürlich schon einer sehr weitgehenden Interpretation bedarf, den Zusammenhang<br />

herzustellen, weil man natürlich alles unter dem Gesichtspunkt der Gesundheit<br />

diskutieren kann. (Abg. Grosz: Aber Sie drücken ein Auge zu!)<br />

Ich drücke nicht ein Auge zu, denn das Auge-Zudrücken würde bedeuten, einen<br />

Präzedenzfall zu schaffen. Ich habe mir nur angesehen, dass wir vergleichbare<br />

Situationen bereits hatten, das heißt, die Präzedenzfälle bereits geschafften wurden,<br />

und ich deswegen hier auch keine Ausnahme machen möchte und daher den Antrag<br />

auch zulasse. Er ist auch ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.<br />

Ich möchte nur an dieser Stelle noch einmal sehr inständig an alle Fraktionen appellieren,<br />

bei der Stellung von Entschließungsanträgen meine Interpretationsspielräume<br />

nicht restlos bis zum letzten Zentimeter und Millimeter auszunützen. – Danke<br />

schön.<br />

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:<br />

Entschließungsantrag<br />

der Abgeordneten Ing. Hofer, Vilimsky und weiterer Abgeordneter betreffend Mindesthöhe<br />

von Verkehrszeichen zum Schutze blinder und stark sehbehinderter Personen<br />

eingebracht in der 17. Sitzung des Nationalrates, XXIV. GP, am 12. März 2009 im<br />

Zuge der Behandlung des Berichts des Gesundheitsausschusses über den Antrag<br />

284/A(E) der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Kolleginnen und Kollegen betreffend<br />

elektronische Gesund¬heitskarte („e-card“) mit Aufdruck in Brailleschrift (143 d.B.)<br />

Auf Gehwegen aufgestellte Verkehrszeichen können für blinde und stark sehbehinderte<br />

Menschen eine Verletzungsgefahr darstellen, wenn die Schilder nicht hoch<br />

genug angebracht sind. Es gab schon zahlreiche Fälle, in denen blinde oder stark<br />

sehbehinderte Personen auf Gehwegen oder Schutzinseln gegen in zu geringer Höhe<br />

montierte Verkehrszeichen gelaufen sind und sich dabei verletzt haben. Aufgrund ihrer<br />

Behinderung ist es diesen Menschen nicht möglich, diese Gefahr zu erkennen, da mit<br />

dem häufig verwendeten Langstock nur der bodennahe Bereich abgetastet werden<br />

kann.<br />

Solange es für die Mindesthöhe von Verkehrszeichen auf Gehwegen keine spezielle<br />

Regelung gibt, müssen die Betroffenen mit dieser unnötigen Gefahr leben. Um der<br />

Verletzungsgefahr vorzubeugen und auch blinden und stark sehbehinderten Menschen<br />

eine möglichst große Sicherheit im Straßenverkehr zu gewährleisten, soll eine geeignete<br />

Mindesthöhe gesetzlich festgelegt werden.


144 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer<br />

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden<br />

Entschließungsantrag<br />

Der Nationalrat wolle beschließen:<br />

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesvorschlag<br />

vorzulegen, der vorsieht, dass Straßenverkehrszeichen auf Gehwegen, Gehsteigen,<br />

Radwegen, Geh- und Radwegen und Schutzinseln nur ab einer Mindesthöhe, die<br />

geeignet ist, die Verletzungsgefahr für blinde und stark sehbehinderte Personen durch<br />

Straßenverkehrszeichen wesentlich zu reduzieren, angebracht werden dürfen.“<br />

*****<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete<br />

Dr. Oberhauser zu Wort. 3 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.<br />

15.50<br />

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister!<br />

Frau Präsidentin, danke schön für die Auslegung. Ich glaube, dass der Antrag<br />

es absolut wert ist, darüber zu reden. Wir sollten mit der Verkehrsministerin und im<br />

Verkehrsausschuss über diese Fragen wirklich reden, denn angesichts der Schilderungen<br />

der Situation einerseits in der U-Bahn, in der Bahn, andererseits aber auch,<br />

was die Verkehrszeichen betrifft, ist das, soweit mir unsere Behindertensprecherin das<br />

gesagt hat, auch ein Anliegen von uns.<br />

Ich glaube also, dass wir uns bei diesem Antrag, genauso wie bei Ihrer Initiative<br />

hinsichtlich der Frage der Brailleschrift auf den e-cards, durchaus finden könnten und<br />

wieder versuchen könnten, eine Fünf-Parteien-Einigung in diesen Fragen zu erzielen,<br />

denn ich glaube, dahin sollte es im Sinne der behinderten Menschen führen.<br />

(Demonstrativer Beifall bei der FPÖ.)<br />

Ich habe schon gesagt, der Gesundheitsausschuss hat sich zu einem Allparteienantrag<br />

gefunden, wonach darauf hingewirkt werden soll, dass auf den neuen e-cards – 2010<br />

sollen 4,6 Millionen e-cards ausgetauscht werden – für die sehbehinderten Menschen<br />

in Österreich eine Kennzeichnung in Brailleschrift erfolgt. Es gibt Zahlen, wonach jeder<br />

dritte Mensch in Österreich sehbehindert ist. Das sind vor allem ältere Menschen, aber<br />

durchaus auch Menschen mit angeborener Blindheit, und es sind sehr viele Frühgeborene,<br />

die im späteren Leben auch unter starken Sehbehinderungen leiden.<br />

Für diese Menschen ist es extrem schwierig, in der Kartenflut, die wir haben – und wir<br />

alle kennen das –, herauszufinden, welche die e-card ist. Mit der Entschließung, in der<br />

wir uns dafür ausgesprochen haben, dass der Gesundheitsminister im Rahmen seiner<br />

Aufsichtspflicht darauf drängen soll, dass diese Karten mit dem Zeichen „SV“ in<br />

Brailleschrift ausgestattet werden, ist es uns, glaube ich, wirklich gelungen, über alle<br />

politischen Grenzen hinweg für die sehbehinderten Menschen in Österreich etwas zu<br />

erreichen.<br />

Zum zweiten Antrag, zur Frage des Fotos auf der e-card, gibt es unterschiedliche<br />

Erfahrungen und unterschiedliche Zugänge. Nun weiß ich, dass vom freiheitlichen<br />

Lager die Frage des Fotos auf der e-card immer ganz gerne mit der Frage des<br />

Missbrauchs und mit der Frage eines Missbrauchs durch Asylanten, Migranten<br />

verknüpft wird – diese Diskussion haben wir schon gehabt –, ich weiß aber auch, dass<br />

Seniorenverbände immer wieder ein Foto auf der e-card gefordert haben, in diesem


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 145<br />

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser, MAS<br />

Fall nicht zum Zweck der Identifizierung, sondern zum Zweck der Verwendung als<br />

Bürgerkarte.<br />

So haben wir uns diesmal nicht einstimmig, aber doch entschlossen, im Ausschuss zu<br />

sagen, dass wir den Minister auffordern, zu überprüfen, wie es ausschaut mit der<br />

Frage: Rentiert es sich, ein Foto oder ein anderes Identitätsmerkmal auf der e-card<br />

aufzubringen? – Studien in Deutschland haben gezeigt, es bringt nichts. Berechnungen<br />

in Österreich besagen, es würde allein die Foto-Logistik 18 Millionen € kosten. Wenn<br />

wir uns die beschränkten Gesundheitsbudgets anschauen, sollten wir uns diese Frage,<br />

glaube ich, sehr gut überlegen. (Beifall bei der SPÖ.)<br />

15.53<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Spadiut mit<br />

einer gewünschten Redezeit von 2 Minuten zu Wort. – Bitte.<br />

15.53<br />

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Gesundheitsminister!<br />

Hohes Haus! 0,1 Prozent der Österreicher – das sind 7 800 Personen – sind<br />

ganz blind, 3 087 000 Menschen haben eine Sehbehinderung. Für viele Menschen ist<br />

also die e-card ohne Brailleschrift von anderen Karten nicht zu unterscheiden.<br />

Deswegen unterstützen wir den Antrag, die e-card mit der Brailleschrift zu versehen.<br />

Zur Ausstattung der e-card mit einem Foto: Meine Damen und Herren! Der Missbrauch<br />

der e-card ist sehr groß. Die Anzahl von 30 Fällen, die von der grünen Fraktion beim<br />

Gesundheitsausschuss kolportiert wurde (Abg. Öllinger: Nicht von uns! Vom<br />

Hauptverband!), mag stimmen, nur: Die Dunkelziffer dürfte um ein Vielfaches höher<br />

sein. Das zeigt das Beispiel Deutschland: Da wird gerechnet, dass ungefähr 2 Millionen<br />

vagabundierender e-cards unterwegs sind, und das macht einen Schaden von<br />

1 Milliarde € aus.<br />

Auch die Senioren fordern schon lange eine e-card mit Foto, um diese gleichzeitig als<br />

Bürgerkarte verwenden zu können. Da die e-card im Jahr 2010 neu gestaltet werden<br />

soll, fordern wir überhaupt eine Aufwertung der e-card – genug Platz ist ja auf der ecard,<br />

um Daten zu speichern.<br />

Deswegen bringen wir folgenden Antrag ein:<br />

Entschließungsantrag<br />

der Abgeordneten Dr. Spadiut, Ursula Haubner, Dolinschek<br />

„Der Bundesminister für Gesundheit wird ersucht, beim vorgesehenen umfassenden<br />

Austausch der e-cards im Jahr 2010 nachstehende zusätzliche Funktionen auf Wunsch<br />

der Versicherten möglich zu machen und dem Nationalrat ehestmöglich die entsprechenden<br />

Gesetzesvorschläge zu übermitteln:<br />

Nutzung als Personalausweis mit verpflichtendem Foto<br />

Eintragung der Blutgruppe<br />

Eintragung von Informationen über Medikamentenunverträglichkeiten<br />

Nutzung zur Realisierung des Arzneimittelsicherheitsgurtes<br />

Eintragung von Schutzimpfungen<br />

Eintragung des Bestandes und Hinterlegungsorts von Patientenverfügungen<br />

Eintragung von Notfalldaten


146 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut<br />

Eintragung von Informationen über die Registrierung zum Beispiel von Implantaten,<br />

Medizinprodukten.“<br />

*****<br />

Da es sich dabei um keine intimen Daten handelt, dürfte es auch mit dem Datenschutz<br />

kein Problem geben. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)<br />

15.56<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag<br />

ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.<br />

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:<br />

Entschließungsantrag<br />

der Abgeordneten Dr. Spadiut, Ursula Haubner, Dolinschek, Kollegin und Kollegen<br />

betreffend Aufwertung der e-Card durch zusätzliche Funktionen<br />

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Gesundheitsausschusses über<br />

den Antrag 187/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen<br />

und Kollegen betreffend Umstellung auf e-card mit Foto und Ausweispflicht für<br />

noch nicht umgestellte Karten (144 d.B.)<br />

Mit der 56. ASVG-Novelle wurde dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger<br />

die Aufgabe übertragen, eine SV-Chipkarte (e-card) als Grundlage<br />

für ein elektronisches Verwaltungssystem (ELSY) in der österreichischen Sozialversicherung<br />

zu schaffen. Im Jahr 2005 wurde dann für die rund 8 Mio. Versicherten in<br />

Österreich der Großteil der e-cards ausgestellt, wobei die ausgestellten Karten für die<br />

PatientInnen mehr als nur ein Krankenschein in Scheckkartenformat sind. Denn die e-<br />

Card ist der Schlüssel zum Gesundheitssystem und ermöglicht durch die Bürgerkartenfunktion<br />

auch den Zugang zu Services des E-Government.<br />

Österreichweit ist diese Karte bei allen Vertragsärzten und -einrichtungen gültig. Doch<br />

derzeit sind auf der e-card keine Gesundheitsdaten gespeichert, sondern nur die<br />

Personendaten des Karteninhabers, wie z.B. Titel, Name, Versicherungsnummer. Beim<br />

Einlesen der e-card wird nur überprüft, ob und bei welchem Krankenversicherungsträger<br />

ein Patient versichert ist. Die Rückseite der e-card ist als Europäische<br />

Krankenversicherungskarte (EKVK) gültig und ersetzt den „Urlaubskrankenschein“ bei<br />

Aufenthalten in EU-Mitgliedsstaaten, EWR-Staaten und der Schweiz.<br />

Doch angesichts der Neugestaltung der e-Card für 2010 ist eine generelle Aufwertung<br />

dieser Karte dringend erforderlich. Mit einer längst fälligen Ausstattung könnte die e-<br />

Card als Personalausweis mit Foto insbesondere für PensionistInnen und Jugendliche<br />

verwendet werden, ohne zusätzliche Ausweise produzieren zu müssen. Für<br />

Jugendliche und PensionistInnen würde durch diese unbürokratische kostengünstige<br />

Lösung eine echte Verbesserung eintreten. Denn die e-Card mit Foto könnte als<br />

Ausweis nicht nur helfen, den Missbrauch einzudämmen, sondern böte z.B. auch die<br />

Möglichkeit, dass beispielsweise Jugendliche und PensionistInnen dadurch Vergünstigungen<br />

bei öffentlichen Verkehrsmitteln erhalten könnten.<br />

Zudem sollten auf der e-Card nicht nur die Personendaten, sondern auch die Blutgruppe<br />

angegeben werden können. Zusätzlich müsste es zu einer Erweiterung der<br />

Funktion der e-Card kommen, damit im Interesse der PatientInnen die Karte auch<br />

Informationen über Medikamentenunverträglichkeit vermitteln kann. Damit könnte auch<br />

der Arzneimittelsicherheitsgurt umgesetzt werden.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 147<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer<br />

Weiters könnte durch die Einführung eines an die e-card gekoppelten elektronischen<br />

Impfpasses die Dokumentation verbessert erreicht werden, zumal die Dokumentation<br />

von Impfungen in Österreich nicht einheitlich und in manchen Bereichen sogar<br />

lückenhaft erfolgt. Eine aktuelle Studie zum Thema e-Impfpass und Impfinformation in<br />

Österreich haben gezeigt, dass 57 Prozent der österreichischen Bevölkerung manchmal<br />

bis sehr oft die Auffrischung von Impfungen vergessen haben. Die Gründe dafür<br />

sind evident: Denn ein nicht unbeträchtlicher Anteil der österreichischen Bevölkerung<br />

besitzt zwei Impfpässe (21 %), wodurch immer wieder in mehreren Impfpässen<br />

nachgeschaut werden muss, wenn man sich einen Überblick über die potentiell<br />

anstehenden Auffrischungsimpfungen machen will. Zudem werden derzeit nur 6 % der<br />

österreichischen Bevölkerung von ihren Ärzten an Auffrischungsimpfungen erinnert.<br />

Daher würden rund 86 % der Bevölkerung eine automatische Verknüpfung des<br />

Impfpasses mit der e-Card begrüßen. Sogar 79 % der ÖsterreicherInnen würden einer<br />

Aufnahme von persönlichen Impfdaten in einer zentralen Datenbank zustimmen.<br />

Aber auch Informationen über Notfalldaten oder das Vorhandensein von Patientenverfügungen<br />

könnten durch die zusätzliche Funktion der e-Card ermöglicht werden.<br />

Zudem könnte die e-Card für einen bestimmten Personenkreis Auskunft über die<br />

Eintragung in Registern beispielsweise über implantierte Herzschrittmacher, Defibrillatoren<br />

und Loop-Recorder geben.<br />

Dabei muss aber allerhöchster Wert auf die Wahrung von Patientenrechten und der<br />

Einhaltung des Datenschutzes gelegt werden.<br />

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden<br />

Der Nationalrat wolle beschließen:<br />

Entschließungsantrag:<br />

„Der Bundesminister für Gesundheit wird ersucht, beim vorgesehenen umfassenden<br />

Austausch der e-Cards im Jahr 2010 nachstehende zusätzlichen Funktionen auf<br />

Wunsch der Versicherten möglich zu machen und dem Nationalrat ehestmöglich die<br />

entsprechenden Gesetzesvorschläge zu übermitteln:<br />

Nutzung als Personalausweis mit verpflichtendem Foto<br />

Eintragung der Blutgruppe<br />

Eintragung von Informationen über Medikamentenunverträglichkeiten<br />

Nutzung zur Realisierung des Arzneimittelsicherheitsgurtes<br />

Eintragung von Schutzimpfungen<br />

Eintragung des Bestandes und Hinterlegungsorts von Patientenverfügungen<br />

Eintragung von Notfalldaten<br />

Eintragung von Informationen über die Registrierung z.B. von Implantaten, Medizinprodukten.“<br />

*****<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mag. Aubauer<br />

zu Wort. 3 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.


148 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer<br />

15.56<br />

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen<br />

und Kollegen! Hohes Haus! An meinen Vorredner: Es weiß natürlich niemand, wie viele<br />

Fälle von Missbrauch es gibt, wie oft die e-card missbräuchlich verwendet wird.<br />

Tatsache ist aber, dass wir in den Medien immer häufiger darüber lesen. Ich zitiere aus<br />

der Zeitung „Heute“ vom 17. Februar:<br />

Frecher Betrugsversuch mit der e-card aufgedeckt! Kranker Gastarbeiter flog in seine<br />

Heimat, ein Bekannter sollte an seiner Statt zur Chefarzt-Kontrolle gehen. – Zitatende.<br />

Nur ein Einzelfall? – Wie auch immer. Wir brauchen zusätzliche Sicherheit. Das<br />

wünschen sich auch jene Menschen, die brav in die Krankenversicherung einzahlen.<br />

Wie soll nun ein zusätzliches Sicherheitsmerkmal ausschauen? – Dazu gibt es viele<br />

Vorschläge, Frau Dr. Oberhauser hat das schon angerissen. Es macht Sinn, dass nun<br />

überprüft wird, welches Sicherheitsmerkmal am geeignetsten ist.<br />

Herr Minister! Ich möchte Ihnen dazu wirklich die Wünsche der Senioren ans Herz<br />

legen. Bitte bringen Sie das in die Prüfung ein! Das sind nicht Wünsche aus Jux und<br />

Tollerei der Senioren, sondern es gibt berechtigte Gründe:<br />

Erstens: eindeutige Zuordnung. Zweitens: Ein Foto würde für Senioren auch die<br />

Chance bringen, einen europaweiten Seniorenausweis zu gewinnen. Was heißt das? –<br />

Das heißt, man kann sich alle anderen Ausweise ersparen. Man bekommt die<br />

Seniorenermäßigung in der Bahn, im Museum. Was nützt mir dort ein Fingerprint? Im<br />

Museum wird es wahrscheinlich die dafür notwendige Einrichtung kaum geben. – Aber<br />

wie gesagt, es sollen alle Möglichkeiten getestet und geprüft werden.<br />

Zu den Kosten, die Frau Kollegin Oberhauser angesprochen hat: Man könnte auch<br />

prüfen, wie weit es möglich wäre, auf die vorhandene Datei der Passfotos zurückzugreifen.<br />

Man könnte vielleicht auch prüfen, ob nur eine bestimmte Personengruppe<br />

eine e-card mit einem Foto bekommen könnte. – Es gibt verschiedene Möglichkeiten.<br />

Jedenfalls, Herr Minister, soweit ich Sie kenne, sind Sie ein Mann der Tat, und Sie<br />

werden nicht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag prüfen. Wir hoffen auf gute Ergebnisse.<br />

Es muss schließlich in unser aller Interesse sein, dass mit den Geldern sorgsam<br />

umgegangen wird. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)<br />

15.58<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete<br />

Dr. Belakowitsch-Jenewein. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.<br />

15.58<br />

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine<br />

Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Frau Kollegin Aubauer, Sie haben es gerade<br />

gesagt: In den Medien liest man immer wieder vom Missbrauch der e-card. Das ist also<br />

schon ein ganz, ganz großes Problem.<br />

Aber ich muss sagen, Ihre Rede war ein bisschen unbefriedigend. Sie stellen sich<br />

hierher und sagen, der Herr Minister soll prüfen, es gebe da viele verschiedene<br />

Möglichkeiten – Sie führen aber nicht eine einzige davon an.<br />

Wir haben da ein konkretes Projekt gefordert. Wir wollten, dass ein Foto auf die e-card<br />

kommt, um da auch ein bisschen eine Hemmschwelle zu schaffen, um den Missbrauch<br />

hintanzuhalten.<br />

Der Abänderungsantrag, der dann von den beiden Regierungsparteien im Gesundheitsausschuss<br />

eingebracht worden ist, hat mit dem ursprünglichen Antrag überhaupt<br />

nichts mehr zu tun. Wir haben eine konkrete Forderung gestellt – und jetzt gibt es eine


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 149<br />

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein<br />

Wischiwaschi-Forderung. Das heißt, der Herr Minister soll irgendwas irgendwann<br />

irgendwo prüfen, und vielleicht bekommen wir einmal Ergebnisse. Es gibt nicht einmal<br />

einen Zeitrahmen, in dem er das prüfen soll.<br />

In Wirklichkeit ist dieser Antrag ein Antrag, der ins Leere geht, der verpuffen wird. Und<br />

wenn Sie beide Parteien das Glück haben, kommt irgendwann eine neue Gesetzgebungsperiode<br />

– und alles ist sowieso wieder vergessen.<br />

Meine Damen und Herren! Ich möchte schon sagen, diesem Abänderungsantrag kann<br />

ich in keiner Weise zustimmen, denn ich glaube, das ist auch eine relative Unart<br />

Ihrerseits, dass Sie einen Abänderungsantrag, der einen vollkommen anderen Inhalt<br />

hat, einbringen und damit den ursprünglichen Antrag in Wirklichkeit abwürgen. Das ist<br />

Ihre Art und Weise, mit der Opposition umzugehen – wir werden uns das merken.<br />

Wir werden diesem Abänderungsantrag in keiner Weise zustimmen. (Beifall bei der<br />

FPÖ.)<br />

16.00<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter<br />

Öllinger. 3 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.<br />

16.00<br />

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen<br />

und Herren! Herr Bundesminister! Den Anträgen des Kollegen Hofer bezüglich<br />

Brailleschrift sowie Verkehrszeichen werden wir zustimmen. Den Anträgen – Kollegin<br />

Belakowitsch-Jenewein hat das schon erklärt – der Freiheitlichen in Bezug auf die ecard<br />

hätten wir nicht zugestimmt, und wir werden auch diesem Antrag nicht zustimmen,<br />

der jetzt in abgeänderter Form eingebracht wird. Das Argument dafür hat Kollegin<br />

Oberhauser schon geliefert: Man kennt das Ergebnis ja schon, es ist ja alles klar. Ich<br />

finde, Frau Kollegin Aubauer, wir brauchen nicht darum herumzureden: Das ist eine<br />

sinnlose Aktion.<br />

Ich verstehe schon, die Seniorenverbände haben Interesse daran, dass ein Foto drauf<br />

sein soll. Das, vermute ich einmal, deshalb, damit man – Sie haben es auch erwähnt –<br />

zu den Begünstigungen kommt. Nur: In einem Museum in Spanien spielt das keine<br />

Rolle, ob da irgendein Zeichen drauf ist, das dort vermutlich nicht einmal ausgelesen<br />

werden kann, weil die entsprechenden Eingabegeräte nicht vorhanden sind. Aber sei’s<br />

drum.<br />

Ich halte die Debatte für sinnlos. Es gibt ein sehr beschränktes Potenzial von Missbrauch,<br />

und es hilft auch nicht, wenn Sie einen Artikel über einen versuchten<br />

Missbrauch vorbringen. Dieser ist Gott sei Dank aufgedeckt worden; ich habe diesen<br />

Artikel auch gelesen. Natürlich wissen wir: Es gibt Missbrauchsversuche!, aber was wir<br />

ebenso wissen, und das ist klar, ist, dass ein Foto, aufgebracht auf einer Karte,<br />

überhaupt kein Mittel dafür ist, den Missbrauch zu verhindern. (Abg. Amon: Na ja!)<br />

Ich habe Ihnen das schon im Ausschuss erklärt. Dieses Foto auf der ÖBB-Card (der<br />

Redner hält die betreffende Karte in die Höhe) ist ungefähr vor 30 Jahren gemacht<br />

worden; ich habe die ÖBB-Vorteilscard schon lange. (Abg. Amon: Die gibt es ja noch<br />

gar nicht so lange!) Die Karte wird immer wieder erneuert, aber auf diesem Foto sehe<br />

ich wahrscheinlich ungefähr so aus wie Herr Amon, für ihn könnte man mich auf<br />

diesem Foto auch halten. (Rufe beim BZÖ: Ihr schaut euch ja gar nicht ähnlich!) Das<br />

ist sinnlos. (Abg. Grosz: Ihr schaut euch ja gar nicht ähnlich!) – Können Sie sich<br />

beruhigen? Ich versuche, hier ein Argument vorzubringen, Herr Grosz!<br />

Ich sage Ihnen eines: Wenn Sie das Foto wirklich fälschungssicher machen müssen,<br />

dann müssen Sie dem Fotografen abverlangen, sich von jedem, der bei ihm das Foto<br />

machen lässt, einen Ausweis zeigen zu lassen. Sie müssen den Fotografen zu


150 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Karl Öllinger<br />

demjenigen machen, der überprüft, ob derjenige, der zu ihm kommt und sich als Karl<br />

Öllinger fotografieren lassen will, auch tatsächlich Karl Öllinger ist, der auf dem Foto<br />

sein soll. – Sinnlos, absolut sinnlose Maßnahme! Sie wissen es.<br />

Sie führen eine Debatte – und dann kommt das BZÖ witzigerweise noch mit dem<br />

Antrag, dass auch die Blutgruppe und die Notfalldaten auf der e-card registriert werden<br />

sollen. (Zwischenrufe beim BZÖ.)<br />

Darf ich Sie daran erinnern, dass Ihr BZÖ-Sozial- oder Gesundheitsminister kläglich<br />

daran gescheitert ist, seinen eigenen Antrag, nämlich Notfalldaten auf der e-card<br />

registrieren zu lassen, durchzusetzen. Er hat nicht einmal Notfalldaten sozusagen<br />

eindeutig identifizieren können. (Abg. Grosz: Weil Sie dagegen waren! Datenschutz!)<br />

Sie waren das, Herr Grosz, und Ihr Minister! Und jetzt stellen Sie sich hierher und<br />

sagen, Minister Stöger soll dafür sorgen, dass die Notfalldaten als solche auf der ecard<br />

abgespeichert beziehungsweise registriert werden.<br />

Wir hatten die Debatte auch im Ausschuss, wo eindeutig erklärt wurde, von allen, die<br />

diskutieren wollten, dass die Blutgruppe, wenn sie abgespeichert ist, im Notfall<br />

überhaupt kein Kriterium ist für den Arzt, weil er selbstverständlich auch den Gegencheck<br />

machen muss, ob die Notfalldaten, ob die Blutgruppe auf dem Ausweis<br />

tatsächlich mit der Blutgruppe des Betroffenen übereinstimmt. Es kann ja auch zufällig<br />

jemand eine andere e-card eingesteckt haben. Der Arzt, würde er nicht überprüfen,<br />

wäre dann eigentlich für eine fahrlässige Handlung verantwortlich.<br />

Das heißt, selbstverständlich nützen weder Notfalldaten noch die Blutgruppe, noch das<br />

Foto etwas. Das würde nur die Kosten eminent erhöhen – und Sie haben uns allen<br />

nicht die Frage beantworten können oder wollen, wer diese Kosten eigentlich übernehmen<br />

soll. (Beifall bei den Grünen.)<br />

16.05<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun Herr Bundesminister Stöger zu<br />

Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.<br />

16.05<br />

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Sehr geehrte Frau Präsidentin!<br />

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Lassen Sie mich ein<br />

paar Worte zur künftigen Ausstattung der e-card mit Brailleschrift sagen.<br />

Im Jahr 2010 muss rund die Hälfte der e-cards ausgetauscht werden. Grund dafür ist,<br />

dass die auf der Rückseite befindliche europäische Krankenversicherungskarte nur<br />

fünf Jahre gültig ist. Das bedeutet wiederum, dass all jene Personen betroffen sind, die<br />

im Jahr 2005 als ArbeitnehmerInnen gemeldet waren. Auf der neuen Karte soll auch<br />

ein Zeichen in Blindenschrift enthalten sein. Die Kennzeichnung erfolgt mit den<br />

Buchstaben SV.<br />

Ich freue mich, sehr geehrte Damen und Herren, dass es dadurch möglich sein wird,<br />

erstens eine Karte für Blinde und Sehbehinderte leichter erkennbar zu machen, und<br />

zweitens, den Zugang zu medizinischen Dienstleistungen deutlich zu verbessern.<br />

Damit ist ein wichtiger Schritt für die Menschen in diesem Land gesetzt worden. –<br />

Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)<br />

16.06<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter<br />

Dr. Karlsböck. 2 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.<br />

16.06<br />

Abgeordneter Dr. <strong>Andrea</strong>s Karlsböck (FPÖ): Frau Präsident! Herr Minister! Hohes<br />

Haus! Ein System, das ernst genommen werden will, muss dafür sorgen, dass die


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 151<br />

Abgeordneter Dr. <strong>Andrea</strong>s Karlsböck<br />

Einhaltung seiner Regeln und Vorschriften respektiert wird. Dafür braucht man leider<br />

Kontrollmaßnahmen. In unserem Fall ist eine Überwachung der Gesetze nur durch<br />

eine eindeutige Identifizierung des Patienten möglich, durch Definition eines Identifikationsmerkmales,<br />

wobei wir ein Foto für geeignet halten.<br />

Grundsätzlich muss gesagt werden, wer nicht bereit ist, ein Minimum an Überwachung<br />

zur Einhaltung der selbst gestellten Regeln zu leisten, verliert die Achtung vor sich<br />

selbst. Wir dürfen uns nicht wundern, wenn wir als Land, als Gesellschaft nicht mehr<br />

wahrgenommen werden, nicht mehr ernst genommen werden – allein schon deshalb<br />

ist ein Foto Pflicht. (Abg. Bucher: Wer wird nicht ernst genommen?)<br />

Laut Gesetz hat der Arzt heutzutage das Recht, bei begründetem Verdacht auf Missbrauch<br />

einen Ausweis zu verlangen. Ich betone, er hat das Recht, nicht die Pflicht.<br />

Das ist ein himmelhoher Unterschied, allein schon wegen der Haftungsfragen; da gibt<br />

es oft ein Missverständnis in der Begrifflichkeit.<br />

Herr Minister, weil Sie aus mir nicht verständlichen, fast schon dogmatischen Gründen<br />

kein Foto zur Identifizierung auf der e-card wollen, soll nun die Ärzteschaft als<br />

Kontrollorgan verpflichtet werden. Die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte werden<br />

aber nicht die Polizei des Hauptverbandes spielen und jeden ihnen nicht bekannten<br />

Patienten einer genauen Identitätsprüfung unterziehen. (Abg. Öllinger: Wer macht es<br />

dann?)<br />

Aufgabe des Arztes und seines Ordinationsteams ist es, zu diagnostizieren und zu<br />

therapieren, jene des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger,<br />

zu administrieren. Jeder soll seinen Part zufriedenstellend lösen. Unsinnig ist es, wenn<br />

der Hauptverband die Administrationsprobleme auslagern will und eine Identitätskontrolle<br />

in den Ordinationen verlangt. – Also wieder einmal eine subtile Unterstellung<br />

einer Schuld der Ärzte am e-card-Missbrauch.<br />

Das Kostenargument ist auch keines. Jeder Staatsbürger besitzt heute ein Foto, einen<br />

Pass mit Foto, er besitzt einen Führerschein. Er muss sich nur irgendwo identifizieren,<br />

dann wird es angefertigt. Also wenn man will, kann das relativ unkompliziert und<br />

günstig ablaufen.<br />

Herr Minister, sorgen Sie bitte durch die Verpflichtung des Anbringens eines Fotos auf<br />

der e-card dafür, dass die Republik Österreich ihre Vorschriften durchsetzen und somit<br />

dem Betrug weitgehend ein Riegel vorgeschoben werden kann! (Beifall bei der FPÖ.)<br />

16.09<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Rasinger<br />

mit einer 2-minütigen gewünschten Redezeit zu Wort. – Bitte.<br />

16.09<br />

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr<br />

geehrter Herr Minister! Hohes Haus! Lieber Kollege Karlsböck, ich habe den Eindruck,<br />

ich muss dich bald einmal retten, wenn du so schnell und so hektisch redest und<br />

vielleicht einmal mit einem Herzinfarkt zusammenbrichst. – Nein, Spaß beiseite, zum<br />

Thema!<br />

Zur Sache mit dem Foto. – Ich bin an und für sich auch für das Foto, aber ich weiß aus<br />

der Diskussion in Deutschland, wie schwierig das ist, ein Foto von allen zu bekommen;<br />

die Passfotos werden ja leider nicht gespeichert. Daher, denke ich, ist unser Antrag<br />

sehr wohl richtig, dass wir sagen, man möge eine bessere Identifikation überlegen.<br />

Man kann nicht immer mit dem Kopf durch die Wand und sagen, nur das Foto sei das<br />

einzig Seligmachende auf der Welt, und das mit dem Missbrauch begründen. Ich kann<br />

dir sagen (in Richtung des Abg. Dr. Karlsböck), du bist Insider, ich bin Insider, ich stehe<br />

jeden Tag in der Praxis mit den sogenannten Betrügern: Ich sehe die Betrüger nicht


152 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger<br />

flächendeckend, die mich ausnützen wollen, ich räume aber ein, dass es möglicherweise<br />

betrügerische Handlungen gibt, von Drogensüchtigen, von anderen, die jetzt<br />

schon etwas wollen.<br />

Aber das muss alles in einer gewissen Verhältnismäßigkeit sein. Die Kosten für diese<br />

Identifikationssysteme müssen niedriger sein als das, was wir dadurch verlieren.<br />

Ich möchte aber auf etwas viel Wichtigeres zu sprechen kommen, etwas, das mir am<br />

Herzen liegt. Wir reden jetzt eigentlich über die Blinden, und eigentlich ist das das<br />

Kernstück einer sozialen Krankenversicherung: wie sie mit den Schwächsten in der<br />

Gesellschaft umgeht; nicht mit den Hofräten, nicht mit den Managern, nicht mit den<br />

Jungen, die sich alles leisten können und die auch den Ellbogen haben und den<br />

Intellekt, sich durchzusetzen.<br />

Wir haben in das Regierungsprogramm einen sehr wichtigen Satz zum wiederholten<br />

Male hineingeschrieben, nämlich: eine bestmögliche Versorgung, unabhängig von Alter<br />

und Einkommen. Deshalb ist, glaube ich, auch diese kleine Maßnahme, die wir jetzt<br />

umsetzen, die Aufschrift für Blinde, damit diese das besser erkennen, ein Weg in die<br />

richtige Richtung – genauso wie die 2-Prozent-Beschränkung bei den Rezeptgebühren<br />

eine richtige Maßnahme war.<br />

Ich denke, man sollte uns an diesen Taten messen und nicht an, wie Kollege Öllinger<br />

sagt, sinnlosen Aktionen. So sinnlos sind Aktionen in Österreich nicht, auch nicht in der<br />

Gesundheitspolitik. (Beifall bei der ÖVP.)<br />

16.12<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Neubauer mit<br />

einer zweiminütigen Redezeit zu Wort. – Bitte.<br />

16.12<br />

Abgeordneter Werner Neubauer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter<br />

Herr Bundesminister! Ich möchte mich kurz ein bisschen auf die Vorgehensweise<br />

im Ausschuss beziehen. Kollege Großruck hat sich da wunderbar versprochen.<br />

Er hat gesagt, es sei geübte Praxis, Anträge zu vertagen. Damit hat er zum Ausdruck<br />

gebracht, was derzeit wirklich in allen Ausschüssen übliche Praxis ist, nämlich: gute<br />

Anträge der Opposition immer wieder einfach zu vertagen und damit auch die<br />

Verantwortung von sich zu schieben, gute Anträge tatsächlich auch als das zu werten,<br />

was sie sind, und anzuerkennen, dass die Opposition auch tatsächlich gute Ideen hat.<br />

Wenn man Anträge permanent vertagt und damit schubladisiert, so haben wir damit<br />

naturgemäß keine wirklich große Freude.<br />

Die Anträge, die dann in weiterer Folge eingebracht wurden, nämlich den Herrn Gesundheitsminister<br />

damit zu beauftragen, hier zu prüfen, ohne eine Fristsetzung<br />

einzuräumen, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind wirklich ein starkes Stück,<br />

damit wird der Parlamentarismus auf eine hohe Geduldsprobe gestellt. Einfach<br />

herzugehen und zu sagen: Jetzt lassen wir einmal so lange alle Rahmenbedingungen<br />

prüfen, bis niemand mehr daran denkt, dass es überhaupt einen Antrag gibt!, das ist<br />

wirklich letztklassig, wie man hier mit diesen Anträgen umgeht.<br />

Herr Kollege Öllinger, zur e-card darf ich Ihnen noch Folgendes sagen: Laut Auskunft<br />

des Hauptverbandes selbst, vom 2. April 2008, sind insgesamt 117 763 e-cards als<br />

verloren, 45 776 als gestohlen und 127 229 als defekt gemeldet gewesen. Mir ist es<br />

schleierhaft, wie man heute von 30 anhängigen Fällen reden kann, wenn es um<br />

300 000 Karten geht, die heute nicht mehr existieren oder defekt sind oder gestohlen<br />

wurden, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)<br />

Wenn slowakische Reisebüros – und das berichtet die „Presse“, die unverdächtig<br />

erscheint –, wenn ausländische Reiseunternehmen Touristen Ärztebesuche in Öster-


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 153<br />

Abgeordneter Werner Neubauer<br />

reich mit gefälschten e-cards anbieten, meine sehr geehrten Damen und Herren, dann<br />

haben auch bei Ihnen als Regierungsparteien endlich die Alarmglocken zu läuten!<br />

(Beifall bei der FPÖ.)<br />

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich freue mich, dass Kollegin Aubauer unseren<br />

Antrag vom Ausschuss angenommen hat. Ich gehe deshalb davon aus, dass Sie<br />

unseren Antrag auch mittragen können, der darauf abzielt, dass man für die Pensionisten,<br />

nach 15 Jahren eines gemeinsamen Antrags im Hauptverband und im<br />

Seniorenrat, die e-card so ausstattet, um damit in Österreich, in dieser Republik<br />

endlich auch für die Pensionisten einen offiziellen Pensionistenausweis zu bekommen.<br />

Dann können wir alle glücklich sein. Ich freue mich auf die Unterstützung von Kollegin<br />

Aubauer. (Beifall bei der FPÖ.)<br />

16.15<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, ich stelle nur fest, Sie<br />

haben keinen Antrag eingebracht. (Abg. Neubauer: Ja, das war nur eine Zwischenbemerkung!)<br />

– Okay. Es war mir nämlich ein Antrag angekündigt. (Ruf: Tatsächliche<br />

Berichtigung: Abgeordneter Maier!)<br />

Nun ist Herr Abgeordneter Ing. Lugar mit einer zweiminütigen Redezeit zu Wort<br />

gemeldet; die tatsächliche Berichtigung wird danach aufgerufen. – Bitte.<br />

16.16<br />

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ja, es gibt<br />

Probleme mit der e-card, ja, es gibt Betrug mit der e-card. Jede Maßnahme, die hier<br />

Verbesserungen schafft, ist auf jeden Fall zu begrüßen. Ob jetzt ein Foto oder<br />

zusätzliche persönliche Daten – all das kann eine Verbesserung bringen, aber in einem<br />

zweiten Schritt müssen wir (Abg. Öllinger: Eine Speichelprobe machen!) auch die<br />

Ärzte in die Pflicht nehmen. Wir müssen die Ärzte in die Pflicht nehmen, hinzuschauen<br />

und nicht wegzuschauen.<br />

In der Vergangenheit war es so, dass die Ärzte überhaupt kein Interesse daran hatten,<br />

einen Missbrauch aufzudecken, weil das, wie wir schon gehört haben, nicht ihre Pflicht<br />

war und sie das auch nicht als ihre Pflicht angesehen haben. Das heißt, wir müssen<br />

die Ärzte in die Pflicht nehmen. Da höre ich aber schon wieder den Aufschrei von der<br />

Gewerkschaft, dass das unzumutbar ist, dass es unzumutbar ist, den Ärzten eine<br />

gewisse Sorgfaltspflicht aufzubürden.<br />

Das zeigt das Problem in unserem gesamten System: Immer dann, wenn es darum<br />

geht, irgendetwas zu verändern, wird geblockt, wird gemauert. Wenn es das Gesundheitssystem<br />

betrifft, wo Veränderungen angesagt sind, heißt es sofort: Streikdrohung.<br />

Ob bei den Lehrern, ob im öffentlichen Dienst, ganz egal, es steht immer gleich das<br />

Wort „Streikdrohung“ im Raum. Deswegen fordere ich hier die Solidarität des öffentlichen,<br />

des geschützten Bereichs mit der Privatwirtschaft ein. Es hat keiner in der<br />

Privatwirtschaft Interesse beziehungsweise Verständnis dafür, dass die, die im geschützten<br />

Bereich arbeiten, mit Arbeitsverweigerung reagieren, wenn die anderen ihren<br />

Job durch Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit verlieren. (Beifall beim BZÖ.)<br />

Gerade bei der Gewerkschaft öffentlicher Dienst habe ich den Eindruck, dass man dort<br />

noch nichts von Perestroika gehört hat. Wenn es um Veränderungen geht, höre ich<br />

aus dieser Richtung immer ein Njet. Sie sollten wirklich einmal zuhören und auf die<br />

Bedürfnisse der Menschen hören. Es hat keiner Verständnis dafür, dass sofort<br />

gestreikt wird, wenn Veränderungen, sinnvolle Veränderungen im Raum stehen.<br />

Deshalb fordere ich an dieser Stelle – hören Sie gut zu! – ein Streikverbot, ein zeitlich<br />

befristetes Streikverbot (Abg. Dr. Oberhauser: Bei e-card-Missbrauch?), und zwar für<br />

alle systemrelevanten Bereiche. Für alle systemrelevanten Bereiche brauchen wir ein


154 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Ing. Robert Lugar<br />

Streikverbot so lange, bis die Krise vorbei ist. Dann können wir wieder über alles<br />

reden. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)<br />

16.18<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich<br />

Herr Abgeordneter Mag. Maier zu Wort gemeldet. Herr Abgeordneter, Sie kennen die<br />

Bestimmungen; 2 Minuten. – Bitte.<br />

16.18<br />

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister!<br />

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Einer meiner Vorredner,<br />

Kollege Neubauer von der FPÖ, hat Zahlen genannt, Zahlen von e-cards, die verlustig<br />

gegangen sind, gestohlen wurden beziehungsweise defekt waren, und in seinen<br />

Ausführungen dargestellt, dass damit Missbrauch betrieben werden kann. – Das ist<br />

unrichtig!<br />

Ich stelle richtig, Kollege Neubauer: Diese Karten sind gesperrt und können nicht<br />

verwendet werden!<br />

Ich stelle weiters richtig: Sie haben eine Zahl von 30 genannt.<br />

Ich halte Ihnen entgegen: Genau diese Zahl stammt vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger<br />

und wurde mir in einer parlamentarischen Anfragebeantwortung<br />

bekannt gegeben.<br />

Weiters haben Sie behauptet, dass slowakische Reisegruppen nach Österreich kommen,<br />

und Sie haben aus einer Zeitung zitiert.<br />

Ich stelle richtig: Es handelt sich dabei um Menschen, die nach europäischem<br />

Krankenversicherungsrecht in Österreich auch versichert sind, genauso wie Österreicher<br />

in der Slowakei versichert sind. (Beifall bei der SPÖ.)<br />

16.20<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren, ich darf nunmehr um<br />

etwas Aufmerksamkeit bitten. Die Abstimmung ist etwas verändert.<br />

Ich frage noch einmal: Die Freiheitliche Partei hat den bei uns am Präsidium schriftlich<br />

aufliegenden Antrag nicht gestellt? – Nein.<br />

Somit ist dazu niemand mehr zu Wort gemeldet.<br />

Die Debatte ist geschlossen.<br />

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.<br />

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.<br />

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 143 der Beilagen<br />

angeschlossene Entschließung.<br />

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung.<br />

– Das ist einstimmig angenommen. (E 18.)<br />

Der von Herrn Abgeordnetem Ing. Hofer eingebrachte Entschließungsantrag wurde<br />

wieder zurückgezogen. – Alle Abgeordneten, die den Antrag gestellt haben, haben<br />

auch die Zurückziehung unterschrieben.<br />

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 144 der<br />

Beilagen angeschlossene Entschließung.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 155<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer<br />

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung.<br />

– Das ist mit Mehrheit angenommen. (E 19.)<br />

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der<br />

Abgeordneten Dr. Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Aufwertung der e-card<br />

durch zusätzliche Funktionen.<br />

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes<br />

Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.<br />

14. Punkt<br />

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 400/A(E) der Abgeordneten<br />

Gerald Grosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Einführung einer<br />

bundesweiten Skihelmpflicht bis zum 14. Lebensjahr (145 d.B.)<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 14. Punkt der Tagesordnung.<br />

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.<br />

Wir gehen daher in die Debatte ein.<br />

Als Erster gelangt Herr Abgeordneter Grosz mit einer Redezeit von 2 Minuten zu<br />

Wort. – Bitte.<br />

16.22<br />

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister!<br />

Ich möchte im Rahmen dieser Debatte schon einmal die Frage stellen, wie<br />

viele Winter eigentlich noch vergehen müssen, bevor die Politik endlich Regeln<br />

einführt, damit wir nicht weitere Tote auf Österreichs Skipisten zu verzeichnen haben.<br />

Auch in diesem Winter gab es nicht nur den Fall Althaus – einer der prominenten<br />

Fälle –, sondern es sind auch wieder viele Jugendliche zu Tode gekommen, weil sie<br />

keinen Skihelm getragen haben.<br />

Sie können jetzt unterstellen, dass ein Abgeordneter dieses Hauses unbedingt einen<br />

Antrag zur Skihelmpflicht durchbringen will, aber es ist tatsächlich so – führende<br />

Chirurgen und Mediziner bestätigen das –, dass bei 70 Prozent der Skiunfälle mit<br />

tödlichem Ausgang der tödliche Ausgang verhindert werden könnte, wenn – gerade für<br />

Jugendliche bis zum 14. Lebensjahr – eine Skihelmpflicht eingeführt würde. (Beifall<br />

beim BZÖ.)<br />

Ich darf Sie, sehr geehrte Damen und Herren von SPÖ und ÖVP, an den 6. Jänner<br />

2009 erinnern, als Frau Landeshauptfrau Gabi Burgstaller noch vehement eingefordert<br />

hat, eine Skihelmpflicht für ihr Bundesland zu verordnen und zu beschließen.<br />

Ich darf Sie von der ÖVP auch daran erinnern, dass der von Ihnen geschätzte<br />

Landeshauptmann Pröll, wo normalerweise ein Zittern wie Espenlaub durch Ihre<br />

Fraktion geht, wenn man nur den Namen erwähnt, das Gleiche gefordert und bereits<br />

umgesetzt hat.<br />

Wir sind der Meinung, bevor wir in Österreich einen Fleckerlteppich bekommen, wollen<br />

wir eine einheitliche Regelung, damit Österreich als Tourismus- und als Skination<br />

Kinder und Jugendliche zumindest für den kommenden Winter optimal vor lebensgefährlichen<br />

Verletzungen schützen kann. – Das können wir erreichen, indem wir eine<br />

Skihelmpflicht fordern.<br />

Daher halte ich es für völlig falsch, dass Sie heute einmal mehr diesen Antrag, den wir<br />

beschließen könnten, schubladisieren, ihn an einen anderen Ausschuss weiterreichen,


156 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Gerald Grosz<br />

um ihn dort weiter zu schubladisieren. Ich halte sehr viel davon, dass wir das endlich<br />

einmal beschließen und dass wir auch die Bundesregierung auffordern, in Österreich<br />

anstatt eines Fleckerlteppichs eine wasserdichte Regelung einzuführen, zumal ja<br />

einige prominente Vertreterinnen und Vertreter Ihrer beiden Fraktionen mittlerweile<br />

derselben Meinung sind wie wir. – Ich danke Ihnen. (Beifall beim BZÖ.)<br />

16.25<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Ing. Kaipel zu<br />

Wort. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.<br />

16.25<br />

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister!<br />

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zweifellos haben die in letzter Zeit häufiger<br />

auftretenden Skiunfälle und auch prominente Skiunfallopfer einen Beitrag dazu<br />

geleistet, dass die Diskussion in Bezug auf Skihelmpflicht forciert geführt wird.<br />

Dazu beigetragen hat aber auch die Meinung des KfV, dass es in der Wintersaison<br />

2008/2009 insgesamt 55 000 Verletzte auf Österreichs Skipisten geben wird und dass<br />

10 Prozent davon Kopfverletzungen aufweisen werden.<br />

Wenn man diesen Zahlen den 3 500 Motorradunfällen im Jahr gegenüberstellt, wo es<br />

ja eine Helmpflicht gibt, dann wird sich wohl kein vernünftiger Grund gegen Skihelmpflicht<br />

finden.<br />

Der Antrag, den wir diskutieren, umfasst nur Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren.<br />

Die Diskussion soll im Sportausschuss weitergeführt werden, was wir auch gerne<br />

unterstützen. Ich denke aber, dass es auch sinnvoll ist, mit zu berücksichtigen, dass<br />

71 Prozent der Unfälle in der Gruppe der 15- bis 60-Jährigen erfolgen.<br />

Die Landeshauptleutekonferenz hat sich diesem Thema im Jänner auch gewidmet und<br />

strebt ebenfalls eine gemeinsame 15a-Vereinbarung an. Wenn eine einheitliche<br />

Regelung für Österreich erfolgen kann, dann ist das durchaus sinnvoll, zumal dann<br />

auch eine leichtere Kontrollierbarkeit gegeben ist, was wir auch entsprechend unterstützen<br />

wollen.<br />

Aus der Diskussion unter den Landeshauptleuten ging aber auch der Wunsch nach<br />

einer einheitlichen Helmpflicht für Fahrradfahrer bis 15 Jahre hervor. Begründet wird<br />

das mit etwa 7 000 Unfällen bei den Radfahrern unter 14 Jahren; 35 Prozent davon<br />

sollen mit Kopfverletzungen ausgehen.<br />

Meine Informationen gehen dahin, dass die Landtage bereits entsprechende Anträge<br />

vorbereiten. Die Verbindungsstelle wird auch einen Vorschlag an den Bund weiterreichen.<br />

Ebenso wird das Verkehrsministerium noch im Jänner eine entsprechende<br />

Unfallanalyse zugestellt bekommen, und ich denke, dass es sinnvoll ist, auch diese<br />

noch abzuwarten, um dann eine umfassende Helmpflichtdiskussion zu führen. Jedenfalls<br />

werden wir alle Lösungen unterstützen, die dahin führen, dass die Häufigkeit und<br />

die Schwere der Unfälle verringert werden kann. (Beifall bei der SPÖ sowie bei<br />

Abgeordneten der ÖVP.)<br />

16.28<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Walser zu<br />

Wort. 2 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.<br />

16.28<br />

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich hätte<br />

heute nicht gedacht, dass ich dem BZÖ noch einmal zustimmen kann, nach dem<br />

verbalen Kraftakt von Ing. Lugar (Abg. Grosz: Dafür bin jetzt ja ich gekommen!) – ja,<br />

er hat sich gestärkt nach dem Kraftakt, er ist offensichtlich in der Cafeteria. Er hat hier


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 157<br />

Abgeordneter Dr. Harald Walser<br />

allen Ernstes gefordert, das Streikrecht befristet abzuschaffen. – Das erinnert uns an<br />

Zeiten in den dreißiger Jahren, die wir nicht mehr erleben wollen! (Beifall bei den<br />

Grünen. – Abg. Grosz: Aber nur mit Skihelmpflicht! Streik, aber nur mit Skihelmen!)<br />

Kommen wir zum Thema: Die Skihelmpflicht ist etwas ganz Wichtiges. Ich spreche<br />

hier auch als Direktor einer großen Schule, in der wir versucht haben, das durchzusetzen,<br />

und es ist uns auch gelungen. In Zeiten wie diesen sollten wir der Sicherheit,<br />

glaube ich, sehr, sehr großes Augenmerk schenken. Es gilt hier, als Gesetzgeber eine<br />

Vorbildwirkung wahrzunehmen.<br />

Die Zustimmung zur Skihelmpflicht – zumindest verbal – ist da. Wir hören das von allen<br />

Seiten – in Oberösterreich, in Salzburg, auch in Tirol und Vorarlberg, überall wird es<br />

inzwischen diskutiert. Ich glaube, wir sind gut beraten, diesem Antrag zuzustimmen,<br />

zumal – darauf möchte ich hinweisen – große Teile der Bevölkerung dahinterstehen.<br />

Laut einer OGM-Umfrage sind 62 Prozent der Bevölkerung für die Skihelmpflicht für<br />

Jugendliche, und nur 25 Prozent sind dagegen. Die Zahl ist sogar noch gestiegen, als<br />

man die Skihelmpflicht in Italien eingeführt hat. Ich bitte also darum, dass wir das<br />

durchführen und dass wir es den Schulen und vor allem auch den Eltern erleichtern,<br />

ihren Kindern klarzumachen, warum das wichtig ist.<br />

Es herrscht leider immer noch die Vorstellung vor, es sei nicht cool, mit dem Skihelm<br />

auf die Piste zu gehen. Bei dieser Gelegenheit möchte ich übrigens die Vertreterinnen<br />

und Vertreter des Vereins „Coole Schule“ begrüßen, die uns hier zuhören.<br />

Es wäre sinnvoll, wenn wir als Gesetzgeber diese Vorbildwirkung wahrnehmen<br />

würden. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)<br />

16.30<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Mag. Haider zu<br />

Wort. 2 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.<br />

16.30<br />

Abgeordneter Mag. Roman Haider (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes<br />

Haus! Als dreifacher Vater, der seine Kinder noch nie einen Tag ohne Helm hat Ski<br />

fahren lassen, und als Oberösterreicher freut es mich ganz besonders, dass der<br />

Oberösterreichische Landtag vor wenigen Wochen ein Landesgesetz beschlossen hat,<br />

mit dem die Ski- und Snowboardhelmpflicht für Kinder und Jugendliche bis zum<br />

vollendeten 15. Lebensjahr beschlossen wurde.<br />

Dieses Gesetz tritt am 1. November 2009 in Kraft. Da die Landeshauptleute sich<br />

abgesprochen haben, diese Materie landesgesetzlich regeln zu wollen, sehen wir es<br />

als sinnvoll an, wenn dieser vorliegende Antrag dem Sportausschuss zugewiesen wird.<br />

(Beifall bei der FPÖ.)<br />

16.31<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die<br />

Debatte ist geschlossen.<br />

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.<br />

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen<br />

Bericht 145 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.<br />

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes<br />

Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.<br />

Ich weise den Antrag 400/A(E) dem Ausschuss für Sportangelegenheiten zu.


158 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer<br />

15. Punkt<br />

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 139/A(E) der Abgeordneten<br />

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend<br />

Kennzeichnungspflicht für verarbeitete Eier (146 d.B.)<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 15. Punkt der Tagesordnung.<br />

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.<br />

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Huber mit 2 Minuten gewünschter<br />

Redezeit. – Bitte.<br />

16.32<br />

Abgeordneter Gerhard Huber (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus!<br />

Liebe Zuschauer auf den Rängen! Grundsätzlich ist die Ausweitung der Kennzeichnungspflicht<br />

zu begrüßen und zu unterstützen. Die Konsumentinnen und Konsumenten<br />

sollen wissen, ob sie Nahrungsmittel oder Lebensmittel bekommen und welche<br />

Zusatzstoffe darin enthalten sind. Es sollte aber eine klare Kennzeichnungsbestimmung<br />

geben.<br />

Seit 2004 gibt es eine EU-weite Regelung bezüglich der Eierkennzeichnung. Aber nicht<br />

das Ei ist das Problem, sondern das Problem ist, was wir der Henne zu fressen<br />

geben. Das ist der Punkt. Meine Herren von der ÖVP, solange wir 600 000 Tonnen<br />

gentechnisch verändertes Soja verfüttern, soll man auch den Konsumenten sagen,<br />

dass jedes Ei, das sie kaufen und konsumieren, zu 95 Prozent verseucht ist. „Toni’s<br />

Freilandeier“ sind vielleicht ausgenommen, aber der Rest nicht. Das kann nicht<br />

verantwortet werden. Denken Sie um! Und da soll auch die SPÖ mithelfen. (Beifall<br />

beim BZÖ.)<br />

Ich habe dazu eine Petition eingebracht: Machen wir einen Feinkostladen Österreich,<br />

machen wir eine Modellregion – gentechnikfrei! (Beifall beim BZÖ.)<br />

16.34<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Keck<br />

zu Wort. 2 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.<br />

16.34<br />

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Minister! Seit 1. Jänner<br />

2009 gibt es ein Käfigverbot für Hennen in Österreich. Österreich ist damit europäisches<br />

Vorzeigeland. Die Verhandlungen zu diesem Käfigverbot waren sehr, sehr<br />

schwierig. Das war wichtig für den Tierschutz, aber es hat natürlich einen Wettbewerbsnachteil<br />

für die Eierproduzenten in Österreich gegenüber jenen in anderen<br />

Ländern gebracht.<br />

Jüngste Aussendungen von Tierschutzorganisationen zeigen, dass es wichtig war, so<br />

vorzugehen, dass es aber auch wichtig ist, etwas für die Eierproduzenten zu tun. Das<br />

heißt, der Konsument soll erfahren, ob in einem bestimmten Produkt Eier aus einer<br />

tierschutzfreundlichen Produktion enthalten sind, denn das weiß er derzeit nicht. Es<br />

gibt die Kennzeichnungspflicht bei Eiern, meine Damen und Herren. Das heißt, da<br />

weiß man, ob das Ei von Hühnern aus Käfighaftung, aus Bodenhaltung oder aus<br />

Freilandhaltung stammt. – Bei den Eiern weiß man das, aber nicht bei den Produkten<br />

aus Eiern.<br />

Wir wissen, dass die EU daran arbeitet, eine solche Verordnung zu erstellen, doch wir<br />

glauben, dass es notwendig ist, dass Österreich wieder eine Vorreiterrolle einnimmt.<br />

Daher haben wir in diesen Antrag eine freiwillige Kennzeichnung von Produkten<br />

aufgenommen, in denen Eier verarbeitet sind, um auch da zu wissen, welche Eier zur


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 159<br />

Abgeordneter Dietmar Keck<br />

Erzeugung dieser Produkte verwendet wurden – Eier von Hühnern aus Käfighaltung<br />

oder aus Boden- oder Freilandhaltung.<br />

So kann sich der Konsument – genauso wie er es beim Käfigverbotsgesetz gemacht<br />

hat – entscheiden, welche Produkte er nimmt, und sich so auch für den Tierschutz<br />

entscheiden. (Beifall bei der SPÖ.)<br />

16.35<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber<br />

mit 3 Minuten Redezeit zu Wort. – Bitte.<br />

16.36<br />

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Frau Präsidentin! Herr<br />

Bundesminister! Kolleginnen und Kollegen! (Ruf beim BZÖ: Der Eiersprecher der<br />

Grünen! – Abg. Dr. Cap: Wie war das heutige Ei?) – Nicht das „heutige Ei“, sondern es<br />

geht um ein Kerninteresse der Konsumentinnen und Konsumenten, nämlich im Prinzip<br />

um eine transparente und klare Produktkennzeichnung.<br />

Das ist eigentlich der gesamte Kontext dieser Fragestellungen. Auf Basis unseres<br />

Antrages haben Sie einen gesamtändernden Abänderungsantrag eingebracht, der<br />

heute beschlossen wird, dem wir unsere Zustimmung allerdings nicht geben, weil Sie<br />

genau das nicht machen, was Sie ankündigen, nämlich Vorreiter zu sein.<br />

Wenn Sie wirklich Vorreiter sein wollen, Kollege Keck, dann müssten Sie eine verpflichtende<br />

Kennzeichnung beschließen. Das ist EU-rechtlich sehr wohl möglich, weil<br />

selbstverständlich auch andere Länder solche eigenständigen Kennzeichnungssysteme<br />

entwickelt haben, aus denen wir ja auch etwas lernen können.<br />

Ich nenne nur ein Beispiel, Herr Bundesminister, zu dem wir hoffentlich in den<br />

nächsten Monaten auch eine Vorlage bekommen werden, nämlich die sogenannte<br />

Ampelkennzeichnung. Dabei geht es um die Frage einer konsumentenorientierten,<br />

klaren, transparenten Kennzeichnung von Problemstoffen in Lebensmitteln. Das kann<br />

einerseits die Kalorienmenge, das kann der Fettgehalt oder der Zucker- oder Salzgehalt<br />

von Lebensmitteln sein.<br />

Diese Art von Kennzeichnung ist in Großbritannien sehr erfolgreich eingeführt worden.<br />

Sie lachen über die „Ampelkennzeichnung“. – Rot, gelb, grün kennt eben jeder<br />

Mensch. Da weiß jeder Mensch, was damit gemeint ist, und es gibt auch gute<br />

Analysen der Arbeiterkammer, die zeigen, dass so etwas sehr rasch und gut umsetzbar<br />

wäre.<br />

Genau in diesem Kontext gibt es auch im Regierungsübereinkommen einige Punkte.<br />

Herr Kollege Cap, wir sind neugierig, wann diese Vorlagen im Haus diskutiert werden.<br />

Wir haben heute einen Vorstoß gemacht. Sie sind jetzt noch nicht so mutig, um diese<br />

Verpflichtung bei den Eiern umzusetzen. Das ist sehr schade – vor allem auch in<br />

Richtung ÖVP. Das wäre doch eine gute Gelegenheit gewesen, gerade jenen<br />

Bäuerinnen und Bauern, die eben aus der Käfighaltung ausgestiegen sind, klar zu<br />

signalisieren, ja, eine richtige Entscheidung, wir setzen das jetzt auch in der<br />

Kennzeichnung der Verarbeitungsprodukte um, damit eure Eier dort verarbeitet werden<br />

können und das auch gekennzeichnet wird.<br />

Ein Stichwort noch, Herr Bundesminister. In diesem gesamten Ursprungs- und Herkunftsbereich<br />

geht es ja darum, die Rohstoffe in Lebensmitteln umfassend und<br />

ernsthaft zu kennzeichnen und auszuloben. Folgendes ist ja derzeit ein Manko, und<br />

das diskutieren wir jetzt seit einigen Jahren: Es kann sein, dass Fleisch, auf dem ein<br />

Schlachtstempel, das Genusstauglichkeitszeichen oder eine Österreich-Auslobung im<br />

Sinne einer geografischen Ursprungsbezeichnung – Stichwort der bekannte Speck aus<br />

Tirol – drauf ist, mit Rohstoffen produziert wird, die irgendwo in Europa hergestellt


160 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber<br />

werden, unter industriellen Bedingungen, die eigentlich für die österreichische Landwirtschaft<br />

wettbewerbsverzerrend sind.<br />

Das kann es nicht sein, und daher ersuche ich Sie, Herr Bundesminister, in dieser<br />

Sache zügig und rasch die entsprechenden Vorlagen ins Haus zu bringen, damit wir<br />

das umsetzen, was die österreichischen Konsumentinnen und Konsumenten und auch<br />

die Bäuerinnen und Bauern eigentlich wollen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)<br />

16.39<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Höllerer zu<br />

Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.<br />

16.40<br />

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werter Herr<br />

Bundesminister! Von der Ampel-Kennzeichnung jetzt wieder zurück zu den bald rot,<br />

weiß, gelb, grün gefärbten Eiern, weil Ostern schon so nahe ist.<br />

Das Informationsbedürfnis der Konsumentinnen und Konsumenten bezüglich der<br />

Lebensmittel hat sich in den letzten Jahren grundlegend geändert. Die Konsumenten<br />

wollen nicht nur über das Produkt Bescheid wissen, sie wollen auch wissen, welche<br />

Rohstoffe verarbeitet wurden. Sie wollen über die Produktverfahren informiert werden<br />

und auch über Erzeugungsbedingungen und Herstellungsorte Bescheid wissen.<br />

Beim Kauf von Eiern entscheiden die Konsumenten sehr bewusst über die Haltung der<br />

Legehennen, die dahinter steht. Es hat auch der Handel darauf reagiert. Beim Rohei<br />

werden ja mittlerweile Bodenhaltungseier und Freilandeier angeboten.<br />

Man erkennt hier sehr wohl den Willen des Konsumenten, der dahinter steht. Wir<br />

wissen, dass in Österreich im Durchschnitt pro Kopf zirka 230 Eier im Jahr verbraucht<br />

werden. Ein Drittel davon wird als Frischei gekauft, zwei Drittel werden in verarbeiteten<br />

Speisen verkonsumiert. Diese werden von der Gastronomie, von der Hotellerie, von<br />

Großküchen, von der Verarbeitungsindustrie verwendet. Diese Käufergruppen, wissen<br />

wir aber auch, sind besonders preissensibel und haben bisher auch Käfigeier gekauft.<br />

Seit 1. Jänner 2009 ist die Käfighaltung in Österreich verboten, in den anderen<br />

Ländern aber erlaubt. Herr Abgeordneter Pirklhuber, natürlich – da haben Sie recht! –<br />

befürchten die Bäuerinnen und Bauern dadurch einen Wettbewerbsnachteil. Wir<br />

wissen aber auch, dass wir mit den Eiern, die bei uns in Österreich produziert werden,<br />

nur zu zirka 70 bis 75 Prozent Selbstversorger sind<br />

Es ist auch ein Ziel, die Herkunftsbezeichnung auf allen Produkten, in denen Eier<br />

verarbeitet werden, anzubringen. Wir wissen auch, dass das ein Prozess ist, weil ja<br />

natürlich auch von Ländern, die diese Produktkennzeichnung nicht haben, wenn die<br />

Österreicher das jetzt einführen würden, Produkte nach Österreich kommen, die dann<br />

nicht gekennzeichnet werden. Es könnte eine Verwirrung bei den Konsumenten<br />

entstehen, und das wollen wir natürlich nicht.<br />

Wir wollen auf jeden Fall, dass diese verpflichtende Kennzeichnung bei den verarbeiteten<br />

Eiern auch auf EU-Ebene eingeführt wird. Und wir wollen in diesem Sinne<br />

diesen gemeinsamen Entschließungsantrag mittragen. Ich denke, dass auch die<br />

Grünen die Möglichkeit hätten, hier mitzustimmen. Es steht nämlich die Hoffnung<br />

dahinter, dass mittel- oder langfristig die Konsumentinnen und Konsumenten ausreichend<br />

über die Herkunft der verarbeiteten Eier informiert werden, so dass dann<br />

tatsächlich keine „faulen“ Eier auf die Teller der Konsumentinnen und Konsumenten<br />

rutschen können. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)<br />

16.42


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 161<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Vock.<br />

2 Minuten. – Bitte.<br />

16.42<br />

Abgeordneter Bernhard Vock (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr<br />

geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Die Absicht dieses Antrages ist wichtig und<br />

richtig. Sosehr ich diesen Antrag persönlich auch begrüße, sowohl den Antrag selbst<br />

als auch den Abänderungsantrag, so sehr möchte ich einige Probleme nicht übersehen.<br />

Da haben wir einmal das Problem der Verpackung an sich. Wenn ich etwa dieses<br />

Produkt als Beispiel hernehme (der Redner hält ein Päckchen in die Höhe): In diesem<br />

Produkt ist ein verarbeitetes Ei drinnen, und ich kann natürlich aufgrund der geringen<br />

Schriftgröße kaum lesen, was die Inhaltsstoffe sind. Und wenn dann noch die Verarbeitung<br />

angegeben sein soll und vielleicht auch noch, wie das „Hendl“ gefüttert<br />

wurde, wie das vom BZÖ heute vorgeschlagen wurde, dann wird die Schrift immer<br />

kleiner. (Abg. Großruck: Das sind ja Erdnüsse!) Das Problem ist: Die Schriftgröße auf<br />

dieser Packung kann wahrscheinlich ein Senior oder ein Weitsichtiger schon jetzt nicht<br />

mehr lesen, und es wird dann immer schwieriger, das zu erkennen, wenn noch mehr<br />

draufstehen soll.<br />

Es ist aber hier zum Beispiel ein Österreich-Zeichen drauf, wenn auch kein Gütesiegel.<br />

Aber das wäre zum Beispiel wichtig, dass man ein derartiges Gütesiegel macht, um<br />

eben „Made in Austria“ sicherzustellen. Wir wissen, dass die EU genau das Gegenteil<br />

plant. Natürlich sollen Kontrollen sicherstellen, dass die Gesetze auch eingehalten<br />

werden. Ich darf in die Reihen der ÖVP schauen: Bürgermeister Latschenberger aus<br />

Biberbach ist Ihnen sicherlich bekannt. Er hat im Oktober noch vollmundig gesagt: Da<br />

muss ich meinen Betrieb zusperren – mit 36 Mitarbeitern –, wenn das Gesetz durchgezogen<br />

wird! Im Jänner gab er sich schon ein bisschen kleinlauter im „Kurier“, aber<br />

trotzdem droht er hier und will bis April, bis zu Ostern, die Hühner noch immer quälen.<br />

(Abg. Dr. Cap: Wo ist er?)<br />

Wir sollten daher künftig darauf achten, dass wir unsere strengen Lebensmittelauflagen<br />

nicht durch die EU verwässern lassen und die Einhaltung dieser Auflagen auch streng<br />

kontrollieren und sanktionieren. Unser gemeinsames Ziel muss sein: Wo Österreich<br />

draufsteht, muss auch österreichische Qualität drinnen sein. (Beifall bei der FPÖ.)<br />

16.44<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Eßl zu Wort.<br />

2 Minuten Redezeit. – Bitte.<br />

16.44<br />

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister!<br />

Meine geschätzten Damen und Herren! Grundsätzlich will der Konsument natürlich<br />

über das Produkt, das er kauft, informiert werden. Bei den Lebensmitteln ist der<br />

Konsument selbstverständlich ganz besonders sensibel. Er will wissen, was er isst,<br />

welches Produktionsverfahren dahintersteckt. Das wollen wir auch, und darum sollte<br />

man ihm die nötigen Informationen auch geben.<br />

Die nötigen Informationen, was Ei-Produkte betrifft, hat er derzeit nur bei den Schaleneiern,<br />

bei den Frischeiern. Da hat er vollständige Information, nicht aber bei den<br />

Verarbeitungsprodukten und bei den Fertigprodukten. Darum ist es wichtig, dass wir<br />

hier europaweit eine Kennzeichnung schaffen, damit der Konsument die entsprechenden<br />

Informationen erhält.<br />

Der zweite Punkt ist der wirtschaftliche Aspekt. Wir haben im Jahr 2005 das Tierschutzgesetz<br />

beschlossen und damit auch festgelegt, dass Mitte 2009 die Käfighaltung


162 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Franz Eßl<br />

in Österreich ausläuft. Das war ein Wunsch der Konsumenten, und es stehen Tierschutzgründe<br />

dahinter. Die Bauern haben sich bemüht, und in der Zwischenzeit<br />

wurden 100 Millionen € investiert. Die Anzahl der Legehennen wird sich in Österreich<br />

um 600 000 verringern.<br />

Wir müssen aber auch diesen Geflügelbauern in Österreich eine Chance geben. Sie<br />

produzieren aufgrund der Auflagen, die es in anderen Ländern nicht gibt, teurer, und<br />

der Konsument wäre auch unter Umständen bereit, hier mehr zu bezahlen, wenn er die<br />

nötigen Informationen hätte. Darum, glaube ich, ist es richtig und wichtig, dass wir<br />

diesem Entschließungsantrag unsere Zustimmung geben.<br />

Geben wir den Geflügelhaltern in Österreich eine wirtschaftliche Chance! Wir helfen<br />

damit auch den Konsumenten. Meine geschätzten Damen und Herren, ich ersuche<br />

Sie: Stimmen Sie diesem Antrag zu! (Beifall bei der ÖVP.)<br />

16.47<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die<br />

Debatte ist geschlossen.<br />

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.<br />

Wir kommen daher zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 146 der Beilagen<br />

angeschlossene Entschließung.<br />

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung.<br />

– Das ist die Mehrheit und damit angenommen. (E 20.)<br />

16. Punkt<br />

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 141/A(E) der Abgeordneten<br />

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend<br />

Einführung eines gesetzlichen Grenzwertes für trans-Fettsäuren in Lebensmitteln<br />

(147 d.B.)<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen zum 16. Punkt der Tagesordnung.<br />

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.<br />

Wir gehen in die Debatte ein.<br />

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Maier mit 3-minütiger Redezeit. –<br />

Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Kommen wir vom Ei zu den Fetten! Kulinarisch heute!)<br />

16.48<br />

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister!<br />

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir können heute hier eine<br />

Diskussion über ein Problem, mit dem wir uns im Parlament seit drei Jahren<br />

auseinandergesetzt haben, nämlich über Transfettsäuren, vorläufig abschließen. Ich<br />

halte das für einen großen Erfolg, für einen Erfolg aller fünf Fraktionen hier in diesem<br />

Haus, die dieses Problem in den letzten Jahren ernsthaft im Konsumentenschutzausschuss,<br />

aber auch im Gesundheitsausschuss diskutiert haben.<br />

Mit der heutigen Beschlussfassung wird auch ein Teil des gemeinsamen Regierungsübereinkommens<br />

von SPÖ und ÖVP umgesetzt. Wir haben das gemeinsam vereinbart,<br />

weil wir es als notwendig erachtet haben, dass hier auf Basis wissenschaftlicher<br />

Erkenntnisse die notwendigen Schlussfolgerungen getroffen werden.<br />

Ich bedanke mich bei Herrn Bundesminister Alois Stöger, der einen Verordnungsentwurf<br />

in Begutachtung geschickt hat und diesen Begutachtungsentwurf so rasch wie


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 163<br />

Abgeordneter Mag. Johann Maier<br />

möglich umsetzen wird, verbunden natürlich mit den entsprechenden Kontrollmaßnahmen,<br />

dass nämlich der Grenzwert oder Schwellenwert auch tatsächlich eingehalten<br />

wird. (Beifall des Abg. Krainer.)<br />

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Transfettsäuren stellen ein<br />

enormes gesundheitliches Risiko dar. Sie werden für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, für<br />

Diabetes und verschiedene Krebserkrankungen verantwortlich gemacht.<br />

Wir werden in Zukunft über eine Regelung verfügen, die europarechtskonform ist, eine<br />

Regelung, die in Europa nach Dänemark die zweite ist, und wir können nur hoffen,<br />

Herr Bundesminister, dass – und das ist unser zweites Anliegen – auf europäischer<br />

Ebene die Mitgliedstaaten zu einer ähnlichen Haltung finden. Die Unterstützung durch<br />

uns Parlamentarier haben Sie, und wir dürfen Sie ersuchen, genau dieses Thema auf<br />

europäischer Ebene weiter zu betreiben.<br />

Ich möchte mich an dieser Stelle aber auch bei der Arbeiterkammer recht herzlich<br />

bedanken. Die ersten Studien kamen von der Arbeiterkammer Wien, aber auch von der<br />

AGES, die die aktuellen Ergebnisse erst vor Kurzem publiziert hat. 2008 kam es zu<br />

einer großen Untersuchung, aus der ich kurz zitieren möchte:<br />

Auffallend sind die hohen Gehalte an künstlichen Transfettsäuren mit durchschnittlich<br />

14,2 des Fettes in den Krapfen. Bei einem durchschnittlichen Fettgehalt aller<br />

30 Proben von 16,1 Prozent beträgt der Gehalt an künstlichen Transfettsäuren<br />

2,36 Gramm pro 100 Gramm Krapfen. Bei einem Krapfen mit 75 Gramm liegt die TFA-<br />

Aufnahme bei 1,76 Gramm pro Krapfen. Damit wird die maximal empfohlene Aufnahmemenge<br />

von 2 Gramm Transfettsäure pro Tag mit einem einzigen Krapfen bereits<br />

zu 88 Prozent ausgeschöpft. – Zitatende.<br />

Hohes Haus! Ich empfehle Ihnen, diese Untersuchung zu lesen, denn sie zeigt die<br />

Problematik auf. Ich freue mich, dass wir das heute gemeinsam beschließen. (Beifall<br />

bei der SPÖ.)<br />

16.51<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Höllerer zu<br />

Wort. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.<br />

16.51<br />

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter<br />

Herr Bundesminister! Zum Frühstück eine frische Topfengolatsche, mittags ein knuspriges<br />

Schnitzerl, am Abend Pommes mit Burger und dann noch Chips vor dem<br />

Fernseher – das ist ein Tagesmenü, das für manche Menschen gar nicht ungewöhnlich<br />

ist, das auch als schmackhaft empfunden wird, aber dem menschlichen Körper<br />

„schmeckt“ es auf Dauer nicht, denn bei dieser Speisenfolge könnten 8 bis 10 Gramm<br />

Transfettsäuren an einem Tag verzehrt werden. Genau kann man es nicht einmal<br />

sagen, weil es ja keine Obergrenzen gibt. Aber das wird sich aufgrund der heute in<br />

Diskussion stehenden Verordnung bald ändern.<br />

Schon der regelmäßige Verzehr von 5 Gramm Transfettsäuren am Tag erhöht das<br />

Risiko, eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu bekommen, um 25 Prozent. Transfettsäuren<br />

sind industriell gehärtete Öle und Fette. Auch Fette, die wiederholt zum Frittieren<br />

gebraucht werden, wie es in privaten Haushalten häufig der Fall ist, enthalten einen<br />

sehr hohen Anteil an Transfettsäuren. Bei diesen Vorgängen wird die ungesättigte<br />

Fettsäure zur gefährlichen Transfettsäure, die unsere Gesundheit sehr beeinträchtigen<br />

kann.<br />

Solche Fette findet man in Frittiertem, in Backwaren und Fertigprodukten und vor allem<br />

auch bei den Fastfood-Produkten, die unsere Kinder so gerne essen. Man muss aber<br />

auch wissen, dass die Toleranzgrenze für Kinder aufgrund des geringen Kalorien-


164 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordnete Anna Höllerer<br />

bedarfs wesentlich unter jener der Erwachsenen liegt. Wir wissen aus den letzten<br />

Jahren, und wahrscheinlich ist es aufgrund dieser intensiven Diskussion dazu gekommen,<br />

dass eine Sensibilisierung bei der verarbeitenden Industrie stattgefunden hat und<br />

dass es nun wesentlich weniger Prozent an Bestandteilen der Transfettsäure in den<br />

verarbeiteten Lebensmitteln gibt.<br />

Wir befürworten jedenfalls diese Grenzwerteinführung von 2 Prozent bei den Transfettsäuren<br />

bei allen Fetten, die in Lebensmitteln enthalten sind, weil dadurch auch eine<br />

Maßnahme gesetzt wird, die die Gesundheitsgefährdung, die durch die Fette entsteht,<br />

hintanhält.<br />

Nach Dänemark ist nun auch Österreich als zweites EU-Land in der Lage, diesen<br />

Grenzwert einzuführen. Es geht aber natürlich auch darum, diese Grenzwerte zu<br />

kontrollieren. Es wird also, wie gesagt, zukünftig möglich sein, einen genussreichen<br />

Biss in so eine knackige Schnitzel- oder Burgersemmel zu wagen. Allerdings muss<br />

man wissen, dass der Gesamtfettgehalt der Speisen durch eine Verordnung, wie wir<br />

sie heute beschließen, nicht verändert wird, sondern die Speisen nach wie vor<br />

entsprechend viel Fett enthalten, und man sollte so etwas nur unter der Prämisse<br />

essen: mäßig, nicht regelmäßig. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Abg.<br />

Dr. Pirklhuber.)<br />

16.54<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck<br />

zu Wort. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.<br />

16.54<br />

Abgeordneter Dr. <strong>Andrea</strong>s Karlsböck (FPÖ): Frau Präsident! Herr Minister! Hohes<br />

Haus! Herr Minister, wir begrüßen die Initiative zu einer österreichischen Transfetteverordnung.<br />

Transfette haben, wie schon von der Vorrednerin erwähnt, eigentlich in<br />

Lebensmitteln keine wirklich notwendige Funktion, fördern aber eine Reihe von<br />

schlimmen Erkrankungen, die auch schon aufgezählt worden sind; das können wir uns<br />

daher ersparen. Kurzum: Sie sind wahre „Killer“!<br />

Angesichts der Zunahme der Anzahl übergewichtiger Kinder und Jugendlicher in den<br />

letzten Jahren ist ein gesetzlich festgelegter Transfettsäurewert längst überfällig.<br />

Kinder sollten täglich nicht mehr als 1,5 Gramm zu sich nehmen, aber aufgrund der<br />

Ernährungsgewohnheiten in Freizeit, Schule und daheim schaut es so aus, dass sie<br />

meistens über 8 Gramm kommen, was natürlich ein verheerender Wert ist.<br />

Deshalb wäre anzuregen, einen weiteren Schritt dahin zu setzen, ein Verbot von Fast<br />

Food und ähnlichen ungesunden Nahrungsmitteln in sämtlichen öffentlichen Bildungseinrichtungen<br />

anzustreben.<br />

Europäischer Vorreiter in der Begrenzung der Transfette ist, wie auch schon gesagt<br />

worden ist, Dänemark. Österreich wird nun das zweite Land mit einer solchen<br />

Begrenzung sein. Das dänische Beispiel zeigt, dass es weder zu einer Verteuerung der<br />

Lebensmittel gekommen ist noch zu einer Verengung des Angebotes kommen wird.<br />

Dänemark hat auch aufgezeigt, dass es dort de facto nicht mehr möglich ist, durch<br />

Unachtsamkeit der Konsumenten über die gesundheitsgefährdende Menge an künstlichen<br />

Transfettsäuren zu kommen. Wir müssen die Bevölkerung aber trotzdem dabei<br />

unterstützen, dass sie den langfristigen Wert einer bewussten Ernährung für die eigene<br />

Gesundheit erkennt.<br />

Insbesondere in wirtschaftlich schwierigen Zeiten greifen viele Menschen wieder<br />

vermehrt auf Burger, Pommes frites, Schnitzel und dergleichen zurück, weil ihnen<br />

einfach das Geld für eine gesunde Ernährung fehlt. Deshalb ist das Verbot ein


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 165<br />

Abgeordneter Dr. <strong>Andrea</strong>s Karlsböck<br />

wichtiger Beitrag zur Volksgesundheit, zum Schutz der Konsumenten und ein wichtiges<br />

Zeichen im Sinne der Gesundheitsvorsorge.<br />

Herr Minister, wir werden deshalb diesem Antrag mit Freude zustimmen. (Beifall bei<br />

der FPÖ sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)<br />

16.56<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter<br />

Dr. Spadiut. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.<br />

16.57<br />

Abgeordneter Dr. Wolfgang Spadiut (BZÖ): Geschätzte Frau Präsidentin! Herr<br />

Minister! Hohes Haus! Transfette entstehen durch die industrielle Härtung von Ölen zur<br />

Herstellung von halbfesten und festen Speisefetten. Beim Verzehr dieser Speisen<br />

kommt es zu koronaren Herzkrankheiten, Arteriosklerosen und Herzinfarkt. Dem Konsumenten<br />

ist es nicht möglich, an der Verpackung zu erkennen, ob Transfette im<br />

betreffenden Produkt enthalten sind. Er kann es sich höchstens denken, wenn auf der<br />

Verpackung steht: Mit Gehalt von gehärteten Fetten.<br />

Dänemark hat den Gehalt von Transfetten auf 2 Prozent gesenkt. In New York ist es<br />

verboten, in Cafés, Lokalen und Konditoreien Transfette zu verwenden. In Kalifornien<br />

wird ab 2010 dieses Verbot in Restaurants schlagend.<br />

Mit der heute zu beschließenden Beschränkung auf 2 Prozent an Transfetten ist ein<br />

Etappenziel erreicht. Das Endziel muss aber das gänzliche Verbot von Transfetten in<br />

der Nahrung sein.<br />

Mir ist ganz klar, dass es nach EU-Recht nicht möglich sein wird, in nächster Zeit diese<br />

Forderung durchzusetzen. Deswegen fordern wir für diese Zeit eine Kennzeichnung<br />

der Lebensmittel, die Transfette enthalten, und zwar nach dem Modell der Zigarettenpackungen.<br />

So kann zum Beispiel oben stehen: Transfette gefährden Ihre Gesundheit.<br />

(Beifall beim BZÖ.)<br />

Wir bringen daher heute folgenden Antrag ein:<br />

Entschließungsantrag<br />

der Abgeordneten Dr. Spadiut, Ursula Haubner, Dolinschek, Huber, Kollegin und Kollegen<br />

Der Nationalrat wolle beschließen:<br />

„Der Bundesminister für Gesundheit wird ersucht, im Interesse der Gesundheit der<br />

Bevölkerung rasch ein Verbot von künstlichen Trans-Fettsäuren in Lebensmitteln, die<br />

bei der Härtung von Pflanzenfett erzeugt wurden oder durch langes Erhitzen von Fett<br />

entstanden sind, unter Berücksichtigung von neuen technologischen Maßnahmen im<br />

Rahmen der Härtung von Fetten bzw. durch Rezepturänderungen von Produkten umzusetzen.“<br />

Danke. (Beifall beim BZÖ.)<br />

16.59<br />

*****<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag<br />

ist ausreichend unterstützt, wurde auch korrekt eingebracht und steht damit mit in<br />

Verhandlung.


166 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer<br />

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:<br />

Entschließungsantrag<br />

der Abgeordneten Dr. Spadiut, Ursula Haubner, Dolinschek, Huber, Kollegin und Kollegen<br />

betreffend Verbot von Trans-Fettsäuren in Lebensmitteln<br />

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Gesundheitsausschusses über<br />

den Antrag 141/A(E) der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen<br />

und Kollegen betreffend Einführung eines gesetzlichen Grenzwertes für Trans-<br />

Fettsäuren in Lebensmitteln (147 d.B.)<br />

Als „pures Gift“ bezeichnete der angesehene Harvard-Professor Walter Willett die<br />

Trans-Fettsäuren, die vor allem in Lebensmitteln zu finden sind, die mit industriell<br />

gehärteten Ölen hergestellt werden. Obwohl der Gehalt dieser minderwertigen Fette in<br />

der Nahrung in den letzten Jahren rapide zurückgegangen ist, kann noch keine<br />

Entwarnung gegeben werden. Denn die Industrie setzt noch immer Trans-Fette ein,<br />

weil sie haltbarer und billiger sind – so etwa als Ziehmargarine in Gebäck aus Plunderoder<br />

Blätterteig oder als Frittierfette.<br />

Trans-Fettsäuren (TFS) gelten als gesundheitsgefährdend, wenn sie im Übermaß<br />

aufgenommen werden. Laut wissenschaftlichen Studien wirken sie sich besonders<br />

ungünstig auf den Cholesterinspiegel aus, erhöhen das (schlechte) LDL-Cholesterin<br />

und erniedrigen das (gute) HDL-Cholesterin, sodass das Risiko für Herzinfarkt und<br />

Schlaganfall steigt.<br />

Allerdings muss in Bezug auf die Auswirkungen auf unsere Gesundheit unterschieden<br />

werden, ob die Trans-Fettsäuren natürlichen Ursprungs sind (im Pansen von Wiederkäuern,<br />

zum Beispiel Milch, Milchprodukte, Fleisch, Fleischprodukte), künstlich bei der<br />

Härtung von Pflanzenfetten erzeugt wurden oder durch langes Erhitzen von Fett<br />

entstanden sind (Frittierprozesse). Denn die im Wiederkäuerfett enthaltenen natürlichen<br />

Trans-Fettsäuren können nicht mit den negativen Effekten von künstlichen<br />

Trans-Fettsäuren in Verbindung gebracht werden.<br />

Für den Konsumenten in Österreich ist es derzeit unmöglich, Produkte nach ihrem<br />

Trans-Fettsäurengehalt zu unterscheiden, da in Europa (außer in Dänemark) keine<br />

Deklarationspflicht besteht. Der Aufdruck „enthält pflanzliche Fette gehärtet“ kann,<br />

muss aber nicht, ein Hinweis auf darin enthaltene künstliche Trans-Fettsäuren sein.<br />

Die WHO hat die tolerierbare Menge bei rund zwei Gramm Trans-Fettsäuren pro Tag<br />

festgelegt. Dänemark hat als erstes Land der Welt rechtliche Schritte gegen die Trans-<br />

Fettsäuren gesetzt: Dort sind Nahrungsmittel mit einem Trans-Fett-Gehalt von mehr als<br />

zwei Prozent verboten. In den USA und Kanada muss ihr Gehalt seit Jahresbeginn auf<br />

der Packung angegeben sein. Zumindest eine Deklarationspflicht für künstliche Trans-<br />

Fettsäuren wäre daher auch in Österreich wünschenswert. Denn sie sind meist auch<br />

ein Hinweis auf die Verwendung minderwertiger Fette. Noch besser wäre der Schutz<br />

der Bevölkerung aber durch ein Verbot künstlich hergestellter Trans-Fette sicherzustellen,<br />

zumal neue Methoden und Rezepturen Trans-Fette vermeidbar machen.<br />

Es steht fest, dass ein hoher Anteil der künstlichen Trans-Fettsäuren in Backwaren und<br />

Fast Food zu finden ist. Vor allem Produkte (Croissants, Frühstückskipferl, Topfengolatschen,<br />

Donuts) größerer Firmen weisen zu hohe TFS-Werte auf. Hinzu kommt,<br />

dass diese Produkte in Österreich gerne gegessen werden und ganz allgemein sehr<br />

viel Fett liefern. Bei einer für die Arbeiterkammer durchgeführten Studie zeigte sich,


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 167<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer<br />

dass 64 Prozent des getesteten Fast Foods über zwei Prozent Trans-Fett-Gehalt<br />

hatten.<br />

Um die Konsumenten vom Kauf und Verzehr von Lebensmitteln mit industriell<br />

produzierten Trans-Fettsäuren abzuhalten, muss daher rasch ein Verbot von künstlichen<br />

Trans-Fettsäuren in Lebensmitteln umgesetzt werden, das unter Berücksichtigung<br />

von neuen technologischen Maßnahmen im Rahmen der Härtung von<br />

Fetten oder durch Rezepturänderungen von Produkten auch umgesetzt werden kann.<br />

Aus diesen Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden<br />

Entschließungsantrag:<br />

Der Nationalrat wolle beschließen:<br />

„Der Bundesminister für Gesundheit wird ersucht, im Interesse der Gesundheit der<br />

Bevölkerung rasch ein Verbot von künstlichen Trans-Fettsäuren in Lebensmitteln, die<br />

bei der Härtung von Pflanzenfetten erzeugt wurden oder durch langes Erhitzen von<br />

Fett entstanden sind, unter Berücksichtigung von neuen technologischen Maßnahmen<br />

im Rahmen der Härtung von Fetten bzw. durch Rezepturänderungen von Produkten<br />

umzusetzen.“<br />

Wien, am 12. März 2009<br />

*****<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter<br />

Dr. Pirklhuber. 3 Minuten. – Bitte.<br />

16.59<br />

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Frau Präsidentin! Herr<br />

Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der gemeinsame Antrag ist ja auf<br />

Basis der grünen Initiative zustande gekommen und natürlich, Kollege Maier, auch auf<br />

Basis der Aktivitäten vieler, vieler Interessierter, insbesondere auch der Arbeiterkammer<br />

Wien. Da haben Sie völlig recht, und das will ich auch gar nicht unterschlagen. Wir<br />

haben ja schon in der vergangenen Legislaturperiode versucht, diesen Antrag positiv<br />

abzuschließen, aber das ist damals nicht gelungen.<br />

Jetzt kommt es zu einem positiven Abschluss, und das ist auf jeden Fall ein gutes<br />

Signal und ein wirklich entschiedener Schritt zu mehr Konsumentensicherheit und zu<br />

mehr Lebensmittelqualität. Das ist einmal festzuhalten. (Präsident Neugebauer übernimmt<br />

den Vorsitz.)<br />

Bei dieser Gelegenheit können wir auch einmal klipp und klar zeigen, dass es sehr<br />

wohl möglich ist, innerhalb der Europäischen Union Standards zu verbessern und<br />

voranzuschreiten, Vorbildwirkung zu haben und gemeinsam mit anderen Ländern – in<br />

diesem Fall mit Dänemark – in Europa eine Phalanx für gesündere Lebensmittel zu<br />

bilden.<br />

Unbestritten ist, dass diese Transfettsäuren Einfluss auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen<br />

haben. Herr Bundesminister! Danke für Ihren Verordnungsentwurf. Sie haben in dieser<br />

Angelegenheit durchaus positiv reagiert. Es ist eine erste Initiative einer Politik für<br />

Vorsorge und bessere Lebensmittel. Ich ersuche Sie, diese Strategie sehr konsequent<br />

und zügig auch auf europäischer Ebene umzusetzen und dort Ihre FachkollegInnen<br />

entsprechend zu informieren.


168 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber<br />

Kollege Spadiut, diesen Aspekt darf man nicht so defensiv sehen, wie Sie das tun! Sie<br />

haben gemeint, dass das auf europäischer Ebene schwierig sein werde. Genau darum<br />

geht es ja, nämlich aktiv Europapolitik zu betreiben, um diese Initiativen für die<br />

gesamte Lebensmittelwirtschaft in Europa umzusetzen. Daher ist es ja auch ein<br />

Kernziel unseres Antrags gewesen, auch auf EU-Ebene auf diese Verbote hinzuarbeiten.<br />

Was Sie vorschlagen, ist widersprüchlich. In Ihrer Rede haben Sie gesagt, man sollte<br />

es in Österreich kennzeichnen, bis die EU das macht, und andererseits fordern Sie ein<br />

sofortiges Verbot in Österreich.<br />

Ganz offen und ehrlich gesagt: Im Ziel stimme ich mit Ihnen überein; der Weg muss<br />

aber sein, das sauber umzusetzen und gleichzeitig eine europäische Initiative zu<br />

starten. Daher werden wir diesem Antrag des BZÖ nicht unsere Zustimmung geben<br />

und freuen uns, dass unser Antrag mit der gemeinsamen Entschließung hier jetzt<br />

umgesetzt wird. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)<br />

17.02<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Bundesminister Stöger. – Bitte.<br />

17.02<br />

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé: Herr Präsident! Meine sehr<br />

verehrten Damen und Herren! Nachdem das Thema bereits hier im Hohen Haus<br />

besprochen worden ist, möchte ich kurz meine Beweggründe darlegen, warum ich<br />

strenge Grenzwerte bei Transfetten in Lebensmitteln einführen werde.<br />

Künstliche Transfette sind gefährliche Fette. Sie haben im Lebensmittel keine<br />

notwendige Funktion, fördern allerdings Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Zusätzlich werden<br />

Zusammenhänge mit manchen Krebsformen, mit Diabetes und anderen häufigen<br />

Leiden diskutiert.<br />

Ich habe mich entschlossen, hier nicht weiter eine Beobachtungs- und Ankündigungspolitik<br />

zu betreiben, sondern zu handeln. Ich habe daher eine Transfettsäuren-<br />

Verordnung in Begutachtung geschickt. Die Begutachtungsfrist läuft noch bis Ende<br />

März. Die Verordnung dient der Begrenzung des Einsatzes von künstlichen Transfettsäuren<br />

in Lebensmitteln im Sinne eines vorsorgenden Gesundheitsschutzes.<br />

Der Entwurf sieht vor, dass ein In-Verkehr-Bringen von Fetten und Ölen in Österreich<br />

mit mehr als 2 Prozent künstlichen Transfettsäuren verboten ist. Bei zusammengesetzten<br />

Lebensmitteln mit einem Fettgehalt von weniger als 20 Prozent soll ein<br />

Transfettsäuregehalt von bis zu 4 Prozent erlaubt sein. Eine generelle Verringerung<br />

der Gesamtfettaufnahme ist ein gesundheitspolitisches Ziel, das mit dieser Maßnahme<br />

gefördert wird.<br />

Wir folgen – das ist schon angesprochen worden – dem Beispiel Dänemarks, wo eine<br />

ähnliche Regelung bereits seit einiger Zeit in Kraft ist. Die dänischen Erfahrungen<br />

zeigen breiteste Akzeptanz für diese Maßnahmen. Es ist in Dänemark weder zu einer<br />

Verteuerung der Lebensmittel noch zu einer Verringerung des Angebotes gekommen,<br />

wie ursprünglich von den Gegnern dieser Maßnahme sofort ins Treffen geführt worden<br />

ist.<br />

Eine wissenschaftliche Veröffentlichung zur Situation in Dänemark hat aufgezeigt, dass<br />

es dort de facto nicht mehr möglich ist, eine gesundheitsgefährdende Menge von<br />

künstlichen Transfettsäuren zu konsumieren. Das soll auch in Österreich in Zukunft der<br />

Fall sein.<br />

In Europa sind wir nach Dänemark das zweite Land, das diesen Schritt geht. Nach der<br />

aktuellen Planung sollte die Verordnung schon im Juni in Kraft treten können. Ich bin


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 169<br />

Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé<br />

überzeugt, dass es eine richtige Maßnahme im Interesse der Bevölkerung und ein<br />

wichtiges Ziel im Sinne der Gesundheitsvorsorge ist. – Danke sehr. (Beifall bei SPÖ<br />

und ÖVP.)<br />

17.05<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter<br />

Sacher. – Bitte. (Abg. Großruck: In der Sachertorte sind auch Transfette drinnen!)<br />

17.05<br />

Abgeordneter Ewald Sacher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr<br />

Bundesminister! Hohes Haus! Als uns Herr Bundesminister Stöger soeben seine Beweggründe<br />

erläutert hat, ist eindeutig klar geworden, dass wir in der österreichischen<br />

Gesundheitspräventionsarbeit einen wesentlichen Schritt nach vorne tun.<br />

Ich beziehe mich vor allem auf die Bedeutung dieses Schrittes für die Kinder, die ganz<br />

besonders gefährdet sind, wenn sie die kritische Menge an Transfettsäuren überschreiten,<br />

wenn sie kritische Produktgruppen wie Backwaren, Knabbereien und vor<br />

allem Fast Food im Übermaß zu sich nehmen. Daher möchte ich hier vor allem die<br />

Bedeutung dieser Maßnahmen für die Gruppe der Kinder und Jugendlichen erörtern.<br />

Wir brauchen gar nicht nach Amerika zu schauen, von wo die Fast-Food-Bewegung<br />

und -Gesinnung mit all ihren gesundheitlichen Folgen ihren Ausgang genommen<br />

haben, um zu erkennen, dass zu viel von diesen Produkten unseren Kids schadet.<br />

Eine Fast-Food-Kette hat ja bereits darauf reagiert, was sehr erfreulich ist.<br />

Das Problem von Speisen mit hohem Transfettgehalt liegt darin: Kinder gewöhnen sich<br />

an Speisen oder sie werden an Speisen gewöhnt durch geschäftstüchtige Werbung.<br />

Genau darin liegt das Problem, das wir angehen müssen. Tragischerweise äußern sich<br />

die Schäden besonders bei sozial schwächeren Schichten, die sich dieser sehr<br />

einseitigen, aber günstigen Angebote bedienen müssen, weil einfach das Geld für<br />

ausreichend gesunde Ernährung nicht vorhanden ist.<br />

Die gesundheitliche Gefahr für die Kinder liegt also in den Burgern, in den Pommes, in<br />

den Chips, in den Donuts, in den Süßigkeiten, in den süßen, fetten Backwaren. Sie alle<br />

enthalten hohe Transfettanteile. Auf diese Gefahr weist auch angesichts der nun zu<br />

beschließenden Verordnung des Herrn Bundesministers die Ärztekammer hin. Präsident<br />

Dorner sagt, dass angesichts immer mehr übergewichtiger Kinder die Festlegung<br />

dieses Grenzwertes längst überfällig ist. Kinder sollten täglich nicht mehr als<br />

1,5 Gramm Transfette zu sich nehmen; leider nehmen sie locker 8 oder mehr Gramm<br />

zu sich, warnt die Ärzteschaft.<br />

Wir nehmen uns mit diesem Beschluss dieser Sorge an und wollen in Österreich als<br />

zweitem Land in der EU Grenzwerte beschließen.<br />

Auch Amerika, das Fast-Food-Land schlechthin – wir haben es schon gehört –<br />

orientiert sich offensichtlich neu. Einer Pressemeldung ist zu entnehmen, dass in<br />

Amerika 24 000 Restaurants die schlechten Fette aus den Küchen verbannen.<br />

Lassen Sie mich so schließen: Anlässlich von 100 Tagen Bundesregierung haben die<br />

„Oberösterreichischen Nachrichten“ gestern die Ministerpersönlichkeiten analysiert und<br />

über Minister Stöger geschrieben: „Schaumgebremster Start ... Tastet sich bewusst<br />

vorsichtig in sein Amt, was kein Nachteil sein muss.“ – Zitatende.<br />

Herr Bundesminister, ich sage: sehr effizient. Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ und<br />

bei Abgeordneten der ÖVP.)<br />

17.08


170 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Präsident Fritz Neugebauer<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächste spricht Frau Kollegin Mag. Aubauer. 2 Minuten.<br />

– Bitte.<br />

17.08<br />

Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister!<br />

Hohes Haus! Auch aus unserer Sicht ist es eine wichtige Maßnahme, ein wichtiger,<br />

richtiger Schritt, die Transfette zu begrenzen.<br />

Nun hat mir ein Satz in Ihren Ausführungen, Herr Minister, ganz besonders gut<br />

gefallen. Sie haben gesagt, Sie wünschen sich, dass die Österreicher generell viel<br />

weniger Fett zu sich nehmen. Da teile ich ganz Ihre Meinung. Viele Österreicherinnen<br />

und Österreicher würden sich ja auch gerne gesünder ernähren, aber sie schaffen es<br />

nicht. Warum? – Weil sie in eine Fettfalle tappen, weil sie in eine Zuckerfalle tappen.<br />

Und warum das? – Weil sie ganz einfach die Aufschrift auf den Packungen nicht lesen<br />

können.<br />

Hier im Hause hat es im Vorjahr schon breite Zustimmung zu einem diesbezüglichen<br />

Antrag gegeben, viele Kollegen haben sich dafür ausgesprochen. Wir wollen lesbare<br />

Aufschriften!<br />

Herr Minister, ich ersuche Sie um Umsetzung, ich ersuche Sie in diesem Punkt um Ihre<br />

Unterstützung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Hagenhofer.)<br />

17.09<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Die vorläufig letzte Wortmeldung in dieser Debatte: Frau<br />

Kollegin Dr. Belakowitsch-Jenewein. – Bitte.<br />

17.10<br />

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Sehr<br />

geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesminister! Wir freuen uns natürlich, dass<br />

diese Novelle jetzt kommt. Was mir in dieser Diskussion schon ein bisschen auffällt, ist<br />

allerdings, dass immer der Hinweis darauf erfolgt, dass das EU-konform ist. Auch wenn<br />

es das nicht wäre, müssten wir es einfach durchsetzen. Dänemark hat das auch ausprobiert<br />

und geschafft. Eine Bewegung in Richtung gesunde Ernährung kann einfach<br />

nicht falsch sein. Das muss das Richtige sein, zumal wir ja in den letzten Jahren von<br />

der EU nicht unbedingt die gesündesten Verordnungen bekommen haben. Ich erinnere<br />

nur daran, dass die Pflanzenschutzmittel-Grenzwerte erhöht worden sind. Das heißt,<br />

Obst und Gemüse sind in den letzten Jahren in Wahrheit ungesünder, aber dafür EUkonform<br />

geworden.<br />

Ich freue mich ganz besonders, dass Sie es geschafft haben und dass Sie sich auch<br />

durchgerungen haben, das zu tun. Österreich kann in diesem Punkt Vorbild sein für<br />

viele, viele andere europäische Staaten. Ich würde mir wünschen, Herr Bundesminister,<br />

dass Sie in der EU auch wirklich hart auftreten, und zwar nicht nur, was die<br />

Transfettsäure anbelangt, sondern ich würde mir auch wünschen, dass Sie auftreten<br />

im Zusammenhang mit den Grenzwerten für Pflanzenschutzmittel, damit wir die<br />

vielleicht wieder senken können, sodass auch Obst und Gemüse, die wir ja als so<br />

gesund bezeichnen, vielleicht wieder niedrigere Pflanzenschutzmittelrückstände<br />

aufweisen. Ich würde mir auch wünschen, dass Sie sich dafür einsetzen, dass ein<br />

Acrylamid-Grenzwert festgelegt wird, wie das beispielsweise die Bundesrepublik<br />

Deutschland schon gemacht hat. Das wären also alles noch offene Punkte.<br />

Dennoch möchte ich das, was Sie jetzt gesagt haben, und diese Verordnung, die wir<br />

heute hier beschließen werden, nicht schlecht machen. Ich freue mich wirklich, habe<br />

aber Hoffnung, dass Sie auch in diese Richtung weitergehen werden. (Beifall bei der<br />

FPÖ.)<br />

17.11


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 171<br />

Präsident Fritz Neugebauer<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort dazu ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte<br />

ist geschlossen.<br />

Wir haben zwei Abstimmungen durchzuführen.<br />

Zunächst zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 147 der Beilagen angeschlossene<br />

Entschließung.<br />

Wer dieser beitritt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig<br />

beschlossen. (E 21.)<br />

Nunmehr kommen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten<br />

Dr. Spadiut, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbot von Trans-Fettsäuren in<br />

Lebensmitteln.<br />

Wer diesem Entschließungsantrag beitritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das findet<br />

keine Mehrheit und ist abgelehnt.<br />

17. Punkt<br />

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage<br />

(77 d.B.): Übereinkommen über Streumunition (100 d.B.)<br />

18. Punkt<br />

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage<br />

(75 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Verbot von Streumunition<br />

geändert wird (101 d.B.)<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nunmehr zu den Tagesordnungspunkten<br />

17 und 18, über welche wir die Debatte unter einem durchführen.<br />

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.<br />

Die erste Wortmeldung kommt von Frau Kollegin Dr. Plassnik. – Bitte.<br />

17.13<br />

Abgeordnete Dr. Ursula Plassnik (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes<br />

Haus! Aus einer Pressemeldung, die ich gestern während unserer Arbeit hier<br />

gelesen habe – ich zitiere –:<br />

Streubombengefahr für mehr als 160 000 Menschen in Serbien, rund 2 500 nicht<br />

explodierte Sprengsätze auf einer Gesamtfläche von rund 30 000 Quadratkilometern<br />

vermutet. – Zitatende.<br />

Das ist nur ein Beispiel dafür, dass auch schon in unserer weiteren Nachbarschaft<br />

dieses Thema ein sehr akutes ist, das eine besondere Gefahr für die Zivilgesellschaft,<br />

für Kinder darstellt.<br />

Ich möchte daher an dieser Stelle hier im Hohen Haus meinen und unseren besonderen<br />

Dank an das Außenministerium dafür aussprechen, dass es schon im Vorjahr<br />

gelungen ist, ein österreichisches Bundesgesetz zu beschließen, dass dies ein parteiübergreifendes<br />

Unterfangen war und auch ein Erfolg gemeinsamer österreichischer<br />

Außenpolitik ist. Nicht nur die Ministerien und das Hohen Haus, auch die Zivilgesellschaft,<br />

insbesondere die Internationale Koalition gegen Streumunition waren in<br />

dieser Angelegenheit sehr engagiert. Ich möchte hier Frau Judith Mailath namentlich<br />

hervorheben und ihr ganz besonders danken.


172 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordnete Dr. Ursula Plassnik<br />

Warum also heute diese Beschlussfassung, wenn wir vor Kurzem ohnehin ein Gesetz<br />

beschlossen haben? – Österreich war ein Vorreiter. Das Gesetz, das Sie hier im<br />

Hohen Haus beschlossen haben, hat international die Dynamik verstärkt, hat als<br />

Vorbild gewirkt sowohl für einzelne Interessengruppen, was die Begriffsdefinitionen<br />

anlangt, als auch für einzelne Staaten, die ihrerseits eine nationale Gesetzgebung<br />

entwickelt haben. Sie haben damit auch die Entwicklung des Textes des Übereinkommens<br />

mit beeinflusst.<br />

Dieses Übereinkommen liegt nunmehr vor. Es wurde in Helsinki am 3. und 4. Dezember<br />

des Vorjahres unterzeichnet. Wir werden also heute – davon gehe ich aus –<br />

sowohl die Konvention, den internationalen Verbotstext genehmigen als auch das im<br />

Vorjahr beschlossene Bundesgesetz, ein junges Bundesgesetz, novellieren, um es<br />

seinerseits jetzt an die endgültigen Formulierungen anzupassen, die im Konventionstext<br />

enthalten sind.<br />

Noch einmal herzlichen Dank! Es ist ein schöner Erfolg österreichischer Außenpolitik.<br />

Es ist ein konkreter Schritt der Abrüstung, und es ist auch ein klares humanitäres<br />

Signal. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)<br />

17.15<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächste gelangt Frau Kollegin Mag. Grossmann zu<br />

Wort. – Bitte.<br />

17.16<br />

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister!<br />

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Streumunition ist eine besonders menschenverachtende<br />

grausame Waffe. Sie tötet nicht nur während der Kampfhandlungen<br />

völlig undifferenziert, sie schafft auch nach Beendigung der bewaffneten Konflikte über<br />

Jahrzehnte eine unermessliche Gefahr für die Zivilbevölkerung, weil die Munition über<br />

ganze Landstriche verteilt wird und die Blindgängerrate äußerst hoch ist. Das heißt, die<br />

betroffene Bevölkerung lebt noch Jahrzehnte in Unsicherheit und kann sich im eigenen<br />

Land nicht wirklich frei und sicher bewegen. Wir alle kennen die Bilder der grausamen<br />

Verletzungen und wissen daher, was diese Waffen bewirken und wie durch sie<br />

Menschen zugerichtet werden können.<br />

Um dieses Leid beenden zu können, hat sich Österreich gemeinsam mit einer Kerngruppe<br />

von Staaten schon sehr früh für ein völkerrechtliches Verbot dieser Waffen<br />

eingesetzt. Es waren mit Österreich eigentlich nur sieben Staaten, die als Vorreiter<br />

letztendlich eine Staatengruppe von an die hundert Staaten zu einer Koalition gegen<br />

Streumunition bewegen konnten. Der sogenannte Oslo-Prozess wurde in Gang<br />

gesetzt. Dieses Übereinkommen, das am 3. Dezember 2008 in Oslo unterzeichnet<br />

wurde, stellt wohl den wichtigsten Abrüstungsvertrag seit dem Übereinkommen über<br />

Antipersonenminen im Jahr 1997 dar und bedeutet wirklich eine wesentliche Weiterentwicklung<br />

des humanitären Völkerrechts.<br />

Die Kernbestimmungen des Übereinkommens sehen ein umfassendes Verbot von<br />

Einsatz, Entwicklung, Herstellung, Erwerb, Lagerung, Zurückbehaltung und Weitergabe<br />

von Streumunition vor, die Räumung von Streumunitionsrückständen, die Vernichtung<br />

von Beständen verbotener Streumunition und die Verpflichtung von Staaten, auf deren<br />

Gebiet sich Opfer von Streumunition befinden, umfassende Unterstützungsleistungen<br />

zu gewähren, was medizinische, psychologische Betreuung betrifft, die Rehabilitation<br />

sowie die soziale und berufliche Wiedereingliederung.<br />

Zu betonen ist auch – wie das auch Kollegin Plassnik getan hat – die weitreichende<br />

Definition von Streumunition, die eigentlich nur hochtechnische Präzisionswaffen<br />

ausnimmt. Heute liegt es also an uns, dieses wichtige Übereinkommen zu ratifizieren.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 173<br />

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann<br />

Ich freue mich auf Ihre Zustimmung und hoffe, dass viele Staaten unserem Beispiel<br />

folgen und dieses Übereinkommen auch möglichst rasch umsetzen werden. (Beifall bei<br />

der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)<br />

17.18<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter<br />

Dr. Hübner. – Bitte.<br />

17.19<br />

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Hohes Haus! Die Ausführungen meiner<br />

beiden Vorrednerinnen waren natürlich richtig, und auch wir unterstützen diese<br />

Konvention. Wir müssen aber auch über dieses völkerrechtliche Abkommen die Wahrheit<br />

sagen und die Bürger vollständig informieren. Die Wahrheit ist leider, dass dieses<br />

Abkommen bis jetzt ein eklatanter Misserfolg ist. Es haben zwar über hundert Länder<br />

unterschrieben und sich zu den Dingen verpflichtet, die wir gehört haben, aber die<br />

wichtigsten Staaten verweigern die Unterschrift.<br />

Weder die USA noch China noch Russland haben dieses Abkommen unterschrieben,<br />

auch Israel nicht. Sie haben klargestellt, dass sie dieses Abkommen nicht unterschreiben<br />

werden. Die Bush-Regierung hat noch im Herbst bei den Vereinten Nationen<br />

eine Initiative gestartet, um Streumunition ausdrücklich legalisieren zu lassen.<br />

Präsident Obama hat jetzt einen leichten Kurswechsel gemacht, aber die Erklärung,<br />

die wir diesbezüglich von Russland an die Vereinten Nationen gehört haben, war die,<br />

dass man ab dem Jahr 2018 erwägen wird, Streumunition zu untersagen, und bis<br />

dahin wird man die Streumunition nur insoweit einsetzen, als dies sicherheitstechnisch<br />

unbedingt erforderlich erscheint. – Was das heißt, kann man sich vorstellen.<br />

Eingesetzt wurde und wird die Streumunition weiter: Die USA haben sie eingesetzt in<br />

Serbien, in Afghanistan, im Irak; Israel hat sie mit Sicherheit im Libanon eingesetzt und<br />

höchstwahrscheinlich auch im Gazastreifen – und von überall dort gibt es Widerstand.<br />

Das heißt, das Abkommen ist natürlich ein guter Schritt, aber es darf nicht so weit kommen,<br />

dass wir, wie das im Abkommen vorgesehen ist, jährlich mit den mehr als hundert<br />

Signatarstaaten zusammensitzen – auf unsere Kosten, weil wir ja die Kosten dieser<br />

Überprüfungskonferenzen anteilig tragen müssen – und uns dann gemeinsam mit dem<br />

Heiligen Stuhl, mit San Marino, Malta und einigen anderen Ländern freuen, dass wir<br />

das Abkommen einhalten, während diejenigen, die die Munition erzeugen, verwenden<br />

und einsetzen an den Linien sitzen und freundlich zusehen.<br />

Deshalb bitte ich alle Beteiligten – die Bundesregierung und jeden, der sich verantwortlich<br />

fühlt –, darauf hinzuwirken, dass das ein globales Abkommen wird und<br />

dass wir, soweit das überhaupt denkbar ist, Druck auf die wirklichen Verwender und<br />

Erzeuger der Munition, die ich genannt habe, ausüben, damit auch diese beitreten. –<br />

Danke. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)<br />

17.21<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.<br />

(Abg. Dr. Cap – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Scheibner –:<br />

Na ja, einmal eine gescheite Rede, das wäre gut!)<br />

17.21<br />

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Kollege Cap, Sie sind schon so defensiv<br />

und frustriert; ich weiß nicht, warum das so ist. (Zwischenruf des Abg. Faul.) – Na<br />

schau, der da oben, der ist lieb! Mit solchen Leuten könnt Ihr euch wirklich auszeichnen.<br />

(Abg. Faul: Ja, ja, „Eurolim“!) Lieber Freund, im Gegensatz zu euch unterstütze<br />

ich euren Klubobmann wirklich! Wir haben ja immer ein gutes Einvernehmen,


174 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Herbert Scheibner<br />

auch jetzt beim Thema Streumunition. (Abg. Faul: Eure Streumunition ist schon ...!) –<br />

Du solltest einmal ein Sakko anziehen, das würde auch nicht schaden, lieber Freund in<br />

der vorletzten Reihe.<br />

Ich denke, dass es sinnvoll und natürlich richtig ist, dass wir derartige Konventionen<br />

nicht nur erarbeiten und beschließen, sondern auch versuchen, sie in die Praxis<br />

umzusetzen, aber dazu sind die Möglichkeiten Österreichs begrenzt. Die Euphorie, die<br />

dabei immer wieder auftaucht, kann ich nur so verstehen, dass man eben in einer<br />

virtuellen Welt lebt und glaubt, dass Verhandlungssäle und nette Tagungsbüros, in<br />

denen man dann solche Beschlüsse abfeiert, schon ein Ergebnis sind. – Wenn einem<br />

das reicht, dann mag das wirklich Grund zur Euphorie sein, in der Praxis sieht das<br />

leider etwas anders aus.<br />

Mein Vorredner hat ja richtigerweise schon angemerkt, dass die Länder, die solche<br />

Dinge beschließen, in der Regel nicht jene sind, die diese verbotenen Waffen – für uns<br />

verbotenen Waffen – verwenden. (Abg. Mag. Lunacek: Und deshalb soll man es gar<br />

nicht machen?!) – Natürlich soll man es machen, das habe ich ja gesagt! Ich meine<br />

nur, das ist kein Anlass zur Euphorie, sondern man muss alles versuchen, damit auch<br />

jene Länder, die diese Waffen nach wie vor produzieren und sie nach wie vor<br />

verwenden, dazu gebracht werden, nicht nur Konventionen zu unterschreiben – denn<br />

die halten sie dann nicht ein –, sondern diese Waffen auch nicht einzusetzen.<br />

Darüber hinaus wird es notwendig sein, dass man sich endlich auch in Österreich –<br />

und dabei sind wir ja ein bisschen nur Zaungast – darauf verständigt, dass auch wir<br />

einen kleinen Beitrag dazu leisten sollten, dass man, wo immer auf der Welt es<br />

Krisenherde gibt, im Rahmen der Europäischen Union etwas zur Bewältigung dieser<br />

Krisen beiträgt, denn wenn es keine Krisen gibt, wenn es keine militärischen Konflikte<br />

gibt, dann werden solche auch Waffen nicht eingesetzt. (Beifall beim BZÖ.)<br />

17.23<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. –<br />

Bitte.<br />

17.24<br />

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und<br />

Herren! Ich möchte mit Anmerkungen zu meinen beiden Vorrednern beginnen. (Abg.<br />

Scheibner: Die Theoretikerin!) Sie beide haben gesagt, Sie unterstützen das Abkommen<br />

und Sie werden ihm zustimmen. – Das war bereits im Ausschuss so, und das<br />

finde ich auch erfreulich, aber ich möchte schon an die Entstehungsgeschichte dieses<br />

Abkommens beziehungsweise dieser Konvention in Österreich erinnern. (Neuerlicher<br />

Zwischenruf des Abg. Scheibner.)<br />

Insofern finde ich doch, dass wir uns darüber freuen können, dass Österreich einer der<br />

ersten Staaten war, der den Inhalt der Konvention zum Gesetz gemacht hat, denn<br />

noch ein paar Jahre zuvor hätte die damalige österreichische Bundesregierung es nicht<br />

gewollt. Ich erinnere Sie – diejenigen, die dabei waren – an Folgendes:<br />

2006 hatten wir eine Enquete hier im Parlament – es war keine parlamentarische<br />

Enquete, aber eine, die im Parlament stattfand –, und die Vertreter der internationalen<br />

Koalition gegen Streumunition, darunter Frau Mailath, der ich hiemit danken möchte,<br />

haben tatsächlich Menschen hierhergebracht, die uns geschildert haben, wie diese<br />

Munition funktioniert. Diese funktioniert nämlich in wirklich grauenhafter Art und Weise,<br />

indem sie nicht so, wie die Landminen, an einem Ort bleibt, dort explodiert und die<br />

Menschen verstümmelt, die darauf steigen, sondern die Streumunition fällt<br />

irgendwohin, wird aber dann, wie der Name schon sagt, über weite Gebiete verstreut<br />

und bleibt dann dort liegen. Manche Teile davon sehen aus wie kleines Spielzeug – in


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 175<br />

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek<br />

Rot, in Gelb, in Blau –, und Sie wissen, was dann passieren kann, wenn Kinder,<br />

möglicherweise Jahre später, herumlaufen und dieses Ding in die Hand nehmen,<br />

woraufhin es explodiert. – Mir wurde damals klar, wie gefährlich diese Streumunition<br />

ist!<br />

Damals, und zwar im Frühling 2006 – also noch unter Schwarz/Blau beziehungsweise<br />

damals schon Schwarz/Orange –, war ein Vertreter des Verteidigungsministeriums<br />

dabei und eine Vertreterin des Außenministeriums, und beide haben gesagt: Ja, wir<br />

sind auch gegen eine Produktion solcher Waffen, aber Österreich kann solch einem<br />

Vertrag nicht zustimmen! – Der Hintergrund war, dass sehr wohl auch das österreichische<br />

Bundesheer noch Streumunition gelagert hatte und diese nicht vernichten<br />

wollte. Ich habe mir damals gedacht: Wenn man sie nicht einsetzen will, warum sollte<br />

man sie dann weiterhin lagern? – Das verstehe ich nicht! (Beifall bei den Grünen.)<br />

Es kamen Neuwahlen, und danach war es dann tatsächlich so – diesmal unter<br />

Rot/Schwarz; in diesem Fall muss ich das lobend erwähnen –, dass ein neuer<br />

Verteidigungsminister nach weiteren Informationen, und zwar auch Informationen von<br />

NGOs und von Menschen, die unter Streumunition gelitten haben, gesagt hat: Gut,<br />

auch Österreich wird Streumunition abschaffen und vernichten! – Ehrlich gesagt, weiß<br />

ich jetzt nicht, ob das tatsächlich schon geschehen ist. Das ist ein Grund für eine<br />

Anfrage an Herrn Minister Darabos; ich nehme mir das vor.<br />

Dann war es möglich, dass die österreichische Bundesregierung gesagt hat: Österreich<br />

wird einer der ersten Staaten sein, der dieser Konvention beitritt und sie ratifiziert<br />

beziehungsweise ein diesbezügliches Gesetz beschließt! – Insofern ist die halbherzige<br />

Zustimmung schade, die ich jetzt von meinen Vorrednern vernommen habe. Ich freue<br />

mich darüber, dass sie zustimmen, aber ich finde diese Konvention schon wichtig,<br />

auch wenn die großen Staaten jetzt nicht dabei sind.<br />

Das war bei der Landminenkonvention auch so: Da waren und sind die Großen immer<br />

noch nicht dabei, und dennoch ist es wichtig, dass das geschehen ist, dennoch rettet<br />

sie Leben und Minen verstümmeln nicht weiterhin Menschen. – Das trifft nich auf alle<br />

zu, denn es gibt immer noch zu viele dieser Waffen, aber es ist wichtig, dass es<br />

geschieht, und insofern freue ich mich sehr, dass das heute der Fall ist. Darüber<br />

hinaus hoffe ich sehr, dass auch und gerade im Zuge der österreichischen Mitgliedschaft<br />

im Sicherheitsrat weitere Abrüstungsinitiativen von österreichischer Seite initiiert<br />

werden. (Beifall bei den Grünen.)<br />

Lassen Sie mich zum Schluss kurz noch ein ganz anderes außenpolitisches Thema<br />

erwähnen: Ich möchte von dieser Stelle aus dem bisherigen österreichischen Botschafter<br />

in Slowenien, Herrn Valentin Inzko, herzlich dazu gratulieren, dass er jetzt<br />

doch zum Hohen Beauftragten der Internationalen Gemeinschaft für Bosnien und<br />

Herzegowina nominiert wurde.<br />

Ich freue mich sehr darüber und ich finde es großartig, dass wieder und damit schon<br />

zum zweiten Mal ein österreichischer Diplomat diese hohe Funktion einnehmen wird.<br />

Und was mich darüber hinaus besonders freut: Es ist zum zweiten Mal ein Kärntner<br />

Slowene. Zweisprachigkeit bringt’s, meine Damen und Herren! – Danke. (Beifall bei<br />

den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)<br />

17.28<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Nun gelangt Herr Bundesminister Dr. Spindelegger zu<br />

Wort. – Bitte, Herr Minister.<br />

17.28<br />

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Michael<br />

Spindelegger: Herr Präsident! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Lassen


176 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Michael<br />

Spindelegger<br />

Sie mich einige wenige Bemerkungen zu diesem Übereinkommen und zur Änderung<br />

des österreichischen Bundesgesetzes machen.<br />

Es ist richtig, dass auch wir in Österreich eine intensive Diskussion darüber geführt<br />

haben, vor allem über Definitionsfragen, was Streumunition eigentlich ist. Das hat auch<br />

eine gehörige Zeit gedauert, aber ich glaube schon, dass man heute sagen kann, dass<br />

sich diese Bemühungen, die es in Österreich gegeben hat und die in anderen Staaten<br />

stattgefunden haben, gelohnt haben, da wir heute ein Übereinkommen dieser Art<br />

vorliegen haben, das in Oslo bereits 94 Staaten unterzeichnet haben.<br />

Wir dürfen das nicht überbewerten, das ist schon richtig, aber wir dürfen durchaus<br />

sagen, dass aus solchen Initiativen sehr wertvolle, große Initiativen werden. Ich darf<br />

Sie etwa nur an das Übereinkommen betreffend die Ächtung der Antipersonenminen<br />

erinnern, das zunächst ebenfalls klein begonnen hat, und mittlerweile haben nunmehr<br />

156 Staaten die Antipersonenminenkonvention unterzeichnet. – Es ist etwas möglich,<br />

und wir werden uns auch sehr bemühen und anstrengen, dass mehr als die jetzt 94<br />

Staaten, die in Oslo unterzeichnet haben, dieser Konvention beitreten.<br />

Ich möchte mich in diesem Zusammenhang aber auch bei jenen bedanken, die in<br />

diesem Haus dazu beigetragen haben, dass es eine gute Zusammenarbeit zwischen<br />

Regierung, Parlament und der Zivilgesellschaft in Österreich gegeben hat. Das ist<br />

durchaus vorbildhaft für diese Art von Politik, und ich denke, das ist ein gutes Beispiel<br />

und eine gute Grundlage für künftige Fragen dieser Art.<br />

Wir werden uns sehr bemühen, dass wir weitere Abrüstungsbestrebungen, die wir uns<br />

vorgenommen haben und die im Regierungsprogramm stehen, mit Taten erfüllen. – So<br />

weit darf ich auch allen Rednerinnen und Rednern danken, die sich dafür eingesetzt<br />

haben.<br />

Ich darf bei dieser Gelegenheit noch etwas anmerken – Frau Abgeordnete Lunacek hat<br />

unseren Botschafter in Slowenien, Valentin Inzko, erwähnt –: Wir werden im Laufe<br />

dieses Monats so weit sein, dass er auch offiziell bestellt ist, aber so, wie es derzeit<br />

aussieht, hat er wirklich die besten Chancen, Hoher Repräsentant in Bosnien zu<br />

werden und diese Funktion im Laufe der nächsten Monate auch in die eines<br />

Repräsentanten der Europäischen Union in diesem Land überzuführen.<br />

Ich denke, dass er alle guten Voraussetzungen erfüllt, das auch in hervorragender<br />

Weise durchzuführen: Er spricht die Sprachen des Landes, er ist erfahren – er war<br />

bereits einmal Botschafter in Sarajevo –, und er hat auch als Person, so glaube ich,<br />

das Zeug dazu, diese Aufgabe hervorragend zu bewältigen.<br />

In diesem Sinn bedanke ich mich auch für das Lob für Valentin Inzko, dem ich mich nur<br />

vollinhaltlich anschließen kann. – Vielen Dank. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei<br />

Abgeordneten der Grünen.)<br />

17.31<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Großruck. – Bitte.<br />

17.31<br />

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter<br />

Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es war das Jahr 1995, als der Bürgerkrieg<br />

in Bosnien durch das Dayton-Abkommen beendet wurde, und ein halbes Jahr<br />

später hat es dort Wahlen gegeben.<br />

Ich kann mich daran erinnern, dass, als ich damals dort zum ersten Mal Wahlbeobachter<br />

war, die Instruktion des britischen Offiziers, den wir dort, in Banja Luka in der<br />

Republika Srpska,getroffen haben, sich nicht darauf bezog, uns in die Wahlen<br />

einzuführen und uns zu erklären, wie das geht, sondern die Hauptaufgabe war, uns vor


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 177<br />

Abgeordneter Wolfgang Großruck<br />

den Minen zu warnen. Er hat uns erklärt, wie sie funktionieren, diese Mutterminen mit<br />

den Streuminen und mit den Kinderminen, die in erster Linie darauf abgezielt haben,<br />

die Kinder dort zu töten und einfach das Volk zu demoralisieren.<br />

Wenn Sie heute nach Sarajevo kommen, dann finden Sie gerade auf dem Berg, auf<br />

dem die Olympischen Spiele stattgefunden haben, noch immer Gegenden, die Sie<br />

nicht betreten können, weil alles vermint ist. Und dann fragen Sie sich schon: Was soll<br />

das alles? – Ein Land, 15 Jahre nach einem Bürgerkrieg, kann größtenteils noch nicht<br />

betreten werden, weil eben die Leute Angst davor haben, dort hinzugehen. Deshalb,<br />

meine Damen und Herren, ist der Umstand, dass wir dieses Verbot heute beschließen,<br />

auch ein Meilenstein und ein wichtiger Schritt.<br />

Wenn Kollege Hübner von der FPÖ beklagt hat, dass es wenig Sinn hat beziehungsweise<br />

eigentlich sinnlos ist, das zu beschließen, weil andere Staaten nicht mittun, dann<br />

gebe ich ihm bedingt recht: Es stimmt, wir müssen natürlich schauen, dass auch all die<br />

Großen, die USA und so weiter, bei diesem Abkommen mittun, aber ich möchte doch<br />

auch eine Hoffnung wecken. Wenn man 150 Jahre zurückschaut zu den Schlachten<br />

von Solferino und Custozza, wo Henry Dunant als Einzelner das Rote Kreuz gegründet<br />

und damit begonnen hat, dann war das wahrscheinlich für ihn damals auch<br />

aussichtslos, und heute ist das, was dabei herausgekommen ist, die größte humanitäre<br />

Bewegung weltweit. – Man soll also die Hoffnung nicht aufgeben, denke ich.<br />

Wir sollten daran arbeiten und gerade auch unsere Position im Sicherheitsrat nützen,<br />

um auf den Standpunkt des Parlaments hinzuweisen – ich nehme an, dass all das<br />

einstimmig beschlossen wird –, dass wir gegen dieses Kriegsmaterial sind, gegen<br />

diese schrecklichen, vernichtenden Waffen, die in erster Linie auf Kinder abzielen –<br />

sechs von zehn Verletzten und Toten waren Kinder; ich meine, das spricht für sich –,<br />

und dass wir alle einhellig, massiv und vehement gegen sie sein müssen.<br />

Ich komme zum Schluss, meine Damen und Herren:<br />

Ein Vierzeiler kommt heute nicht,<br />

des Themas Ernst dagegen spricht.<br />

Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Abg. Dr. Van der Bellen.)<br />

17.34<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Bayr. – Bitte.<br />

17.34<br />

Abgeordnete Petra Bayr (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Dieses Abkommen<br />

über das Verbot von Streuminen ist zweifellos eine wesentliche Weiterentwicklung des<br />

humanitären Völkerrechts und stellt auch ganz sicher einen der wichtigsten Abrüstungsverträge<br />

der letzten Jahre dar, es ist somit sicherlich eine essentielle Friedensinitiative,<br />

die – und dazu komme ich dann noch – auch von unserer Seite natürlich<br />

auch noch weiter mit Leben zu erfüllen ist.<br />

Trotzdem glaube ich, dass wir auf die Rolle Österreichs und auch auf die Rolle des<br />

österreichischen Parlaments, das dabei gewiss eine Vorreiterrolle innegehabt hat, stolz<br />

sein könnten: Das ist wirklich fein, und so etwas könnte durchaus auch öfter passieren,<br />

gerade in diesem Bereich des Friedens und des Zusammenlebens der Menschen.<br />

Frau Kollegin Grossmann hat schon vor mir darauf hingewiesen, dass sich ein Teil<br />

dieses Abkommens damit beschäftigt, dass es eine Verpflichtung gibt, jene Staaten, in<br />

denen Opfer von Minen leben, zu unterstützen, einerseits im Sinne von medizinischer<br />

Versorgung, andererseits in Richtung Rehabilitation, psychische Betreuung, soziale<br />

und wirtschaftliche Eingliederung.


178 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordnete Petra Bayr<br />

Es ist mir wichtig, zu erwähnen, dass es auch ein österreichisches Projekt in diesem<br />

Sinne gibt, nämlich im Südwesten Algeriens, in der Gegend, wo seit über 30 Jahren<br />

viele, viele Tausende Menschen – Westsahauris – in Flüchtlingslagern sitzen, nicht<br />

wissend, wie es mit Ihnen weitergehen soll, und darauf wartend, dass die internationale<br />

Staatengemeinschaft eine Lösung für ihr Problem findet.<br />

Ich denke, auch daran sollten wir uns aktiv beteiligen! Das wird nicht ohne entsprechenden<br />

Druck auf Marokko abgehen, widerrechtlich annektiertes Gebiet abzutreten<br />

und es den Westsahauris zu geben, die völkerrechtlich gesehen darauf<br />

Anspruch haben. Ich glaube, wenn wir uns dort weiter engagieren, sowohl was den<br />

politischen Status der West-Sahara betrifft, als auch was das Minenopferzentrum in<br />

einem der vier Flüchtlingslager in Algerien betrifft, dann machen wir damit ganz sicher<br />

keinen Fehler, denn beides ist sehr, sehr wichtig.<br />

Ich hatte vor einigen Jahren die Möglichkeit, dieses Minenzentrum zu besuchen, wo<br />

nicht nur Wiederherstellungschirurgie betrieben wird, wo nicht nur Prothesen angefertigt<br />

werden, wo nicht nur versucht wird, den Leuten wieder zu ermöglichen, ein<br />

normales Leben zu leben, sondern wo auch operiert wird. Und auch wenn das jetzt<br />

möglicherweise nach Luxus klingt, es ist keiner: In einer Gegend, in der 40 Grad im<br />

Schatten keine besonders hohe, sondern eher eine Durchschnittstemperatur ist, ist<br />

zum Beispiel auch eine Klimaanlage in einem Operationssaal durchaus etwas, wozu<br />

von österreichischer Seite weiterhin beizutragen sinnvoll wäre.<br />

In diesem Sinne hoffe ich, dass wir dieses internationale Recht, diese internationale<br />

Verpflichtung, die wir aufgrund dieses Übereinkommens, dem wir mit einer Stimme<br />

beitreten, haben, auch wirklich mit Leben erfüllen und ihm so weit gehend und so gut<br />

wie möglich zum Durchbruch verhelfen. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei<br />

Abgeordneten der Grünen.)<br />

17.37<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Heinzl. – Bitte.<br />

17.37<br />

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister!<br />

Hohes Haus! Die internationale Friedensbewegung hat in Österreich eine lange Geschichte,<br />

nicht umsonst hat die erste österreichische Nobelpreisträgerin, Bertha von<br />

Suttner, den Friedensnobelpreis gewonnen.<br />

Die Waffen nieder!, forderte Bertha von Suttner in ihrem berühmtesten Werk. Die<br />

Waffen nieder!, ist auch für mich heute ein wesentlicher Grundsatz der österreichischen<br />

Außenpolitik, denn Abrüstung ist der erste Schritt zu einem dauerhaften<br />

Frieden.<br />

Das internationale Übereinkommen gegen Streubomben ist der wichtigste Abrüstungsvertrag<br />

seit dem Verbot der Antipersonenminen vor zirka zwölf Jahren. Österreich hat<br />

damit eine wichtige Initiative zur Weiterentwicklung des humanitären Völkerrechts<br />

gesetzt.<br />

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Streubomben sind – und wir haben das<br />

in den heutigen Reden schon sehr oft gehört – besonders heimtückische Waffen, die<br />

vor allem Zivilisten bedrohen: 98 Prozent der über 100 000 registrierten Opfern stammt<br />

eben aus der Zivilbevölkerung, davon sind 27 Prozent Kinder.<br />

Hohes Haus! Bereits im Jahr 2007, also schon zu Beginn des Osloer Prozesses, fand<br />

auf Einladung von Präsidentin Prammer im österreichischen Parlament das erste<br />

internationale Parlamentarierforum gegen Streumunition statt. Leider haben auch viele<br />

mitteleuropäische Staaten, darunter Deutschland, das Abkommen zum Verbot von<br />

Streubomben noch nicht unterzeichnet.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 179<br />

Abgeordneter Anton Heinzl<br />

Ich möchte daher Ihnen, sehr geehrter Herr Minister, und auch Frau Präsidentin<br />

Prammer und überhaupt allen Beteiligten, schon jetzt viel Kraft und Erfolg bei ihrem<br />

weiteren internationalen Engagement gegen Streumunition wünschen. – Danke.<br />

(Beifall bei der SPÖ.)<br />

17.39<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Hagenhofer. –<br />

Bitte.<br />

17.40<br />

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Kollege<br />

Hübner, es ist unbestritten, wie Sie sagen, dass die wichtigsten Staaten die Unterzeichnung<br />

dieses Übereinkommen verweigern. Aber genau an dem Beispiel, das wir<br />

jetzt erleben, nämlich, dass wir in einem Prozess von zwei Jahren im Rahmen des<br />

Parlaments, im Rahmen der Regierung und mit der Zivilbevölkerung etwas zustande<br />

gebracht haben, und zwar genau dort, wo es immer heißt, im Bereich der Abrüstung,<br />

da geht gar nichts, da können wir überhaupt nichts bewegen, hat sich gezeigt, dass wir<br />

doch etwas bewegen können. Also wenn wir etwas erreichen wollen, dann müssen wir<br />

draufbleiben, und da bitte ich auch Sie, wenn Sie international unterwegs sind,<br />

Lobbying zu betreiben, denn ich denke, das kommt uns allen zugute.<br />

Besonders erfreulich ist Folgendes – und das möchte ich noch einmal unterstreichen;<br />

die Kollegin Bayr hat das auch schon gesagt –: Es ist erstmals bei dem Streumunitionsverbot<br />

eine Rechtsbasis geschaffen worden, dass eben den Mienenopfern<br />

geholfen werden kann, also sinnvolle Hilfe geboten werden kann, dass also denen, die<br />

schon verletzt worden sind, und denen, die, wie wir schon gehört haben, vielleicht noch<br />

immer mit der Gefahr leben, auch verletzt werden zu können, eben entsprechend<br />

geholfen werden kann.<br />

Ich möchte noch eine Person nennen, die sich da besonders eingesetzt hat. Herr<br />

Außenminister, Sie können stolz sein auf Ihr Team. Botschafter Marschik – das habe<br />

ich selbst erlebt in Oslo – hat sich wirklich bemüht und war sehr engagiert, dieses<br />

Übereinkommen auch im Sinne von Österreich über die Runden zu bringen. Ich<br />

möchte Ihnen auch sagen, dass Österreich, dass das österreichische Parlament in<br />

Oslo als Vorreiter für dieses Übereinkommen von den Gästen dort zitiert worden ist.<br />

Ich denke, da ist auch ein Stück dabei, an dem unsere Präsidentin Prammer mitgewirkt<br />

hat, wie überhaupt die ganze Regierung. Es war schön, das erleben zu dürfen, und,<br />

wie gesagt, Herr Minister, Botschafter Marschik hat sich da wirklich alle Achtung<br />

verdient.<br />

Wie ich gehört habe, haben bereits 94 Länder, wie Sie gesagt haben, Herr Minister,<br />

dieses Übereinkommen unterzeichnet, und ich habe da sozusagen die Glocken läuten<br />

gehört, dass gestern im Parlament in Mexiko das vielleicht auch positiv über die Bühne<br />

gegangen ist. Dann wäre das wieder ein weiterer Schritt. Ich würde mir für Österreich<br />

wünschen, dass wir unter den ersten Zehn sind, die ans Ziel kommen, die das<br />

Abkommen dann auch tatsächlich ratifiziert haben. Ich weiß das bei Ihnen, Herr<br />

Minister, in besten Händen.<br />

Sie, Herr Minister, haben gesagt, die Einhaltung und Weiterentwicklung des humanitären<br />

Völkerrechtes wird ein Schwerpunkt während der zweijährigen Mitgliedschaft im<br />

Sicherheitsrat der Vereinten Nationen sein. Dafür wünsche ich Ihnen alles, alles Gute!<br />

(Beifall bei SPÖ und ÖVP.)<br />

17.43<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Die Debatte ist geschlossen.


180 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Präsident Fritz Neugebauer<br />

Wir nehmen nun drei Abstimmungen vor.<br />

Zunächst kommen wir zur Abstimmung, dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages<br />

in 77 der Beilagen gemäß Artikel 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz<br />

die Genehmigung zu erteilen.<br />

Wenn Sie hiezu Ihre Zustimmung geben wollen, bitte ich um ein entsprechendes<br />

Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.<br />

Abstimmung über einen Antrag, die arabische, chinesische, französische, russische<br />

und spanische Sprachfassung dieses Staatsvertrages gemäß Artikel 49 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz<br />

dadurch kundzumachen, dass sie zur öffentlichen Einsichtnahme<br />

im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten<br />

aufliegen.<br />

Ich bitte um ein positives Zeichen. – Dies erfolgt einstimmig. Angenommen.<br />

Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz<br />

über das Verbot von Streumunition geändert wird, samt Titel und Eingang in<br />

75 der Beilagen.<br />

Ich bitte um Zustimmung. – Das ist einstimmig beschlossen.<br />

In dritter Lesung bitte ich ebenfalls um Zustimmung.<br />

Auch diese Zustimmung in dritter Lesung ist erteilt. – Der Entwurf ist angenommen.<br />

19. Punkt<br />

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage<br />

(23 d.B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der<br />

Regierung der Tschechischen Republik über die Zusammenarbeit auf den<br />

Gebieten der Kultur, Bildung, Wissenschaft, Jugend und des Sports (102 d.B.)<br />

20. Punkt<br />

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage<br />

(24 d.B.): Übereinkommen zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes (103 d.B.)<br />

21. Punkt<br />

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage<br />

(26 d.B.): Erklärung europäischer Regierungen über die Phase des Einsatzes der<br />

Träger Ariane, Vega und Sojus vom Raumfahrtzentrum Guayana aus (104 d.B.)<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Wir kommen nun zu den Punkten 19, 20 und 21 der<br />

Tagesordnung, die unter einem debattiert werden.<br />

Zu Wort gemeldet ist als Erste Frau Abgeordnete Mag. Cortolezis-Schlager. – Bitte.<br />

17.45<br />

Abgeordnete Mag. Katharina Cortolezis-Schlager (ÖVP): Herr Präsident! Herr<br />

Bundesminister! Hohes Haus! Zwischen Österreich und der Tschechischen Republik<br />

gilt derzeit noch das Abkommen aus dem 1977. Im Hinblick auf die politische Wende<br />

1990, aber auch im Hinblick auf die Unabhängigkeit der Slowakischen Republik<br />

bestand der Wunsch nach einer Anpassung und Verhandlung eines neuen Abkommens.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 181<br />

Abgeordnete Mag. Katharina Cortolezis-Schlager<br />

Dieses neue Abkommen beinhaltet insbesondere die Intensivierung und Vertiefung der<br />

Zusammenarbeit zwischen beiden Staaten auf den Gebieten der Kultur, der Bildung,<br />

der Wissenschaft, der Jugend und des Sports.<br />

Es regelt demnach die bilaterale Zusammenarbeit von wissenschaftlichen Einrichtungen,<br />

vor allem aber aufgrund der gemeinsamen Tradition auch die Zusammenarbeit im<br />

Bereich der Allgemeinbildung und der Berufsbildung. Beide Länder haben hier traditionell<br />

eine gemeinsame Geschichte und zukunftsorientierte Kooperation in der<br />

Tradition sowohl der dualen Ausbildung als auch der berufsbildenden mittleren und<br />

höheren Schulen.<br />

Für Österreich ist dieses Abkommen ein weiterer Beitrag auch zur Umsetzung unseres<br />

Regierungsübereinkommens, denn wir haben uns den konsequenten Ausbau des<br />

bilingualen Schulangebotes zum Ziel gesetzt, vor allem in den grenznahen Regionen<br />

Österreichs, und wir wollen die interkulturelle Kompetenz der Schülerinnen und Schüler<br />

stärker noch als bisher forcieren und ausbauen, aber auch bestehende Initiativen<br />

zukünftig entsprechend weiterhin fördern.<br />

Zweisprachigkeit erhöht die Flexibilität und Mobilität unserer Schülerinnen und Schüler,<br />

sie schafft aber auch einen Wettbewerbsvorsprung in der Wirtschaft und ermöglicht<br />

ihnen, einen neuen kulturellen Raum intensiv kennenzulernen.<br />

Mich freut es, dass zwei Schulen auf österreichischer Seite exemplarisch für die vielen<br />

Schulpartnerschaften stehen, die hier vom Kindergarten bis zur Reifeprüfung bereits<br />

aufzeigen, wie wichtig das ist. Es sei hier die Komensky-Schule in Wien genannt, die<br />

vom Kindergarten bis zur Reifeprüfung den gesamten Bildungsweg tschechisch und<br />

österreichisch anbietet, aber auch die Handelsakademie Retz, die beispielhaft bereits<br />

im Jahr 1991 einen Schüleraustausch zwischen Retz und Znaim gefördert hat, zu<br />

einem Zeitpunkt, wo das noch ein echter Weitblick war.<br />

Diese Schulprojekte sollen mit diesem Dach auch, so hoffe ich, entsprechend gefördert<br />

werden. Budgetknappheit hin oder her – wir haben gestern gemeinsam viele Kontroversen<br />

ausgetragen –,ich glaube, hier sollten wir einen ganz klaren Schwerpunkt in der<br />

Bilingualität setzen und in den gemeinsamen Donauraum, in den gemeinsamen<br />

Mitteleuropagedanken investieren und hier die entsprechenden Campus-Modelle ermöglichen.<br />

Ich hoffe, dass das Campus-Modell Retz hier auch die entsprechende<br />

Unterstützung findet.<br />

Genauso wie der Ausbau der Auslandschulen. Gerade Prag hat, neben Istanbul, eine<br />

Herzeigschule, und diese Auslandsschulen Österreichs sind wichtige Wegbereiter für<br />

die künftigen kulturellen Beziehungen zwischen den Ländern auf bilateraler Ebene,<br />

aber auch auf europäischer Ebene, auf weltweiter Ebene.<br />

Die Schüler sind unsere Botschafterinnen und Botschafter der Zukunft. Daher bedanke<br />

mich herzlich auch bei Kollegin Plassnik, die ja zu diesem Zustandekommen des<br />

Abkommens wesentlich mit beigetragen hat. Ich freue mich, dass Herr Bundesminister<br />

Spindelegger diesen Raum in seinen politischen Schwerpunkt aufgenommen hat und<br />

hier künftig auch besondere Akzente setzen möchte.<br />

Ich empfehle daher uns allen die Zustimmung zu diesem Abkommen. (Beifall bei der<br />

ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)<br />

17.49<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Muttonen. –<br />

Bitte.


182 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen<br />

17.49<br />

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine<br />

Damen und Herren! Das Kulturabkommen mit der Tschechischen Republik ist sehr zu<br />

begrüßen, denn eine intensive Zusammenarbeit und eine Auseinandersetzung auf dem<br />

Gebiet der Bildung und der Kultur mit unserem Nachbarland war uns immer schon ein<br />

sehr großes und wichtiges Anliegen.<br />

Auch die Ratifizierung der UNESCO-Konvention zur Erhaltung des immateriellen<br />

Kulturerbes durch das österreichische Parlament ist sehr positiv zu bewerten. Das<br />

Übereinkommen schließt eine Lücke, nämlich die Lücke zwischen dem Welterbe-<br />

Übereinkommen von 1972 und dem 2006 verabschiedeten Übereinkommen zum<br />

Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen. Das haben wir hier<br />

alle gemeinsam im Parlament beschlossen.<br />

Ziel der heute zu ratifizierenden UNESCO-Konvention ist die Erhaltung des immateriellen<br />

Kulturerbes und gleichzeitig eine verstärkte Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung<br />

für dessen Bedeutung.<br />

Ein weiteres Ziel ist auch die Schaffung von kulturpolitischen Rahmenbedingungen, die<br />

die Weitergabe gelebter kultureller Ausdrucksformen ermöglichen. Das ist notwendig,<br />

denn in einer Vielzahl von Staaten wächst angesichts fortschreitender Globalisierung<br />

die Sorge über den drohenden Verlust ihres kulturellen Erbes.<br />

Aber was kann man unter diesem sehr weiten Begriff „immaterielle Kulturformen“<br />

verstehen? – Darunter sind Darbietungen, Ausdrucksformen, Kenntnisse und Fähigkeiten<br />

zu verstehen, also Sprachen von ethnischen Minderheiten oder die Schaffung<br />

von Objekten, Artefakten und Kulturräumen, alles, was Gemeinschaften als Bestandteil<br />

ihres Kulturerbes sehen.<br />

Beim Stichwort Kultur denken viele von uns sofort an großes Theater oder Orchester,<br />

vergessen aber dabei zum Beispiel die Kunst des Instrumentenbaus, eine Form<br />

immateriellen Kulturerbes.<br />

Diese Kulturformen sind ja nicht nur Ausdruck kultureller Vielfalt, sondern sie fördern<br />

auch Prozesse der Verständigung zwischen den Menschen, denn die Weitergabe<br />

kulturellen Erbes an die nächste Generation beinhaltet Bildungsprozesse, setzt diese in<br />

Gang, und der Zugang zu spezifischen Wissensräumen wird ermöglicht.<br />

Der Schutz des immateriellen Kulturerbes geht also weit über das Konservieren von<br />

Folklore hinaus. Das ist, glaube ich, ganz wichtig. Durch diese Weitergabe – und das<br />

erachte ich für besonders wichtig – erfolgt auch die Anbindung an zeitgenössische<br />

Ausdrucksformen und Kreativität. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)<br />

17.52<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Kollegin Mag. Unterreiner. –<br />

Bitte.<br />

17.52<br />

Abgeordnete Mag. Heidemarie Unterreiner (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident!<br />

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren aller Fraktionen!<br />

Wir Freiheitlichen unterstützen grundsätzlich jede Initiative, die zur Völkerverständigung<br />

Europas dient. (Abg. Dr. Van der Bellen: Oje!) Oje? Wieso sagen Sie das?<br />

(Abg. Dr. Van der Bellen: Grundsätzlich!) Es ist so! Wir unterstützen grundsätzlich<br />

alles, was zur Völkerverständigung in Europa dient, und in diesem Fall ganz besonders,<br />

weil (Abg. Dr. Van der Bellen: Aber?) – ohne Aber – Tschechien, und damit<br />

Böhmen und Mähren, mit Österreich aufgrund mehrerer Jahrhunderte gemeinsamer<br />

Geschichte in der Habsburgermonarchie außerordentlich verbunden ist.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 183<br />

Abgeordnete Mag. Heidemarie Unterreiner<br />

Ich möchte nur an die Geschichte unter Kaiser Karl IV. erinnern. Da blühte Prag als<br />

Hauptstadt des Heiligen Römischen Reiches in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts<br />

wirtschaftlich, kulturell und politisch auf vielen Gebieten. Da wurde im Jahre<br />

1348 die Karlsuniversität als erste Universität in Mitteleuropa gegründet. Die Prager<br />

Universität ist somit die erste deutsche Universität. Ebenso verweist auch literarisches<br />

Erbe auf Gemeinsamkeiten. Genannt seien Kafka, Rainer Maria Rilke, Werfel.<br />

Ich komme aber jetzt zu einer wichtigen Aussage. Die Geschichte des 20. Jahrhunderts<br />

hat mit ihren Irrungen und Wirrungen, mit ihren Diktaturen und mit ihren<br />

Unmenschlichkeiten tragische Differenzen zwischen europäischen Völkern verursacht,<br />

und wir sehen bei dem vorliegenden Abkommen, das wir unterstützen, die Gelegenheit,<br />

dass sich die Tschechische Republik ihrer historischen Verantwortung stellt<br />

und eine kritische Auseinandersetzung mit den Beneš-Dekreten sowie der Ermordung<br />

und Vertreibung der Deutschen zulässt. (Beifall bei der FPÖ.)<br />

Es gibt nämlich in diesem Abkommen sehr viele Absätze, die es möglich machen, dass<br />

man auf diesen wichtigen Punkt zurückkommt. Wir, sehr geehrte Damen und Herren,<br />

stimmen diesem Abkommen zu.<br />

Noch ein Satz ganz kurz zum immateriellen Kulturerbe. Auch das ist natürlich sehr<br />

wichtig. Immaterielle Kulturgüter sind nicht nur für jede einzelne Kultur, sondern auch<br />

für die Kultur der Menschheit von außerordentlicher Bedeutung. Wir müssen selbstverständlich<br />

so einem Übereinkommen zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)<br />

17.55<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.<br />

17.55<br />

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Selbstverständlich stimmen<br />

auch wir diesem Abkommen zu. Ich glaube, dass gerade Kontakte auf der kulturellen<br />

Ebene, auf der wissenschaftlichen Ebene einen wirklichen Beitrag nicht nur zur Völkerverständigung,<br />

sondern auch zu einer zukunftsorientierten Kooperation der Menschen,<br />

vor allem der jungen Menschen, leisten können. Gerade zwischen Österreich und<br />

Tschechien ist es wichtig, dass man zwar schon die Historie aufarbeitet, aber daraus<br />

auch die Konsequenz für die Zukunft zieht, die nur in einem möglichst engen gemeinsamen<br />

Wirken liegen kann, als gute Nachbarn aus diesen Erfahrungen zu schöpfen.<br />

In diesem Zusammenhang erwarten wir uns aber schon, Herr Außenminister, dass<br />

man auf diese historischen Fragen auch entsprechend Rücksicht nimmt, dass man<br />

über diese kulturellen Abkommen auch einen Beitrag leistet, die historischen Schätze<br />

in der Tschechischen Republik, die durchaus auch aus der deutschen Volksgruppe<br />

stammen können, zu schützen, dass man diese Entwicklung weiter fördert und dass<br />

man die kleinen Reste der deutschen Volksgruppe auch entsprechend unterstützt.<br />

Sie, Herr Außenminister, sollten, so wie wir das auch eingefordert haben und wie es<br />

vereinbart war bei der Zustimmung zur Mitgliedschaft Tschechiens in der Europäischen<br />

Union, dafür sorgen, dass es den Ausgleich, zumindest den symbolischen Ausgleich<br />

mit der Geschichte gibt, dass man darauf drängt, dass die Beneš-Dekrete aufgehoben<br />

werden und dass sich auch Tschechien zu diesen dunklen Kapiteln der eigenen<br />

Geschichte bekennt, so wie wir uns auch zu den dunklen Kapiteln des 20. Jahrhunderts,<br />

wo wir einen entsprechenden Beitrag zu leisten haben, bekennen. (Beifall<br />

beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)<br />

17.57<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Abgeordneter Dr. Van der Bellen. –<br />

Sie haben 4 Minuten Redezeit gewünscht. – Bitte.


184 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen<br />

17.57<br />

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Es sind drei<br />

gute Abkommen, denen die Grünen zustimmen werden. Namentlich kann ich jeden<br />

Satz unterschreiben, den Frau Cortolezis-Schlager vorhin über das Abkommen mit der<br />

Tschechischen Republik gesagt hat. Sicherlich eine wichtige Geschichte.<br />

Zu dem Übereinkommen mit der UNESCO möchte ich nur kurz etwas sagen. Das ist<br />

ein Papier – fünfeinhalb Jahre hat es gedauert, bis das irgendwie von Paris, oder wo<br />

immer das war, nach Wien durchgedrungen ist –, und da gibt es im Artikel 2 einen<br />

interessanten Punkt, das immaterielle Kulturerbe. Zunächst, als Allererstes werden<br />

mündlich überlieferte Traditionen, einschließlich der Sprache, als Träger des immateriellen<br />

Kulturerbes genannt.<br />

Da habe ich mir gedacht: Wie viele im Saale können ohne Kenntnis eines Satzkontexts<br />

mir ohneweiters übersetzen, was „icha“, „aucha“, „ocha“ und „ucha“ heißt? (Abg.<br />

Grosz: Schwierig!) Westtiroler bitte jetzt einmal still sein! In Innsbruck würden die<br />

Ausdrücke, nebenbei gesagt, völlig anders lauten.<br />

Ich erwähne das deswegen, weil Journalistinnen und Journalisten manchmal so ein<br />

bisschen gelächelt haben, wenn ich gesagt habe, ich bin in Tirol zweisprachig aufgewachsen:<br />

Hochdeutsch mehr oder weniger mit meinen Eltern, Kaunertaler Dialekt mit<br />

Freundinnen und Freunden. Aber ich traue mich zu wetten, dass sehr viele, speziell<br />

Wiener Journalisten selbstverständlich diese Worte nicht kennen, weil sie mit dem<br />

Hochdeutschen, meinem bescheidenen Verständnis nach, überhaupt nichts zu tun<br />

haben.<br />

Ich habe selbst überlegen müssen: Was meint der Bauer, als er mir gesagt hat:<br />

„D’Straß’ isch haal heit!“? (Abg. Großruck: Die Straße ist rutschig!) „Haal“ war eisglatt.<br />

Oder als ich neulich mit der alten Bäuerin geredet habe, mit der ich gut befreundet bin,<br />

hat sie gesagt, „Mer hat’s des nit gebe!“ Ich habe gedacht: Was hat sie mit „mer“<br />

gemeint? (Abg. Großruck: Herr Professor, Sie überfordern die Stenographen!) Ja, das<br />

stimmt. Ich werde dann versuchen, das phonetisch irgendwie wiederzugeben. Dieses<br />

„Mer“ heißt einfach „früher“. Also: Früher hätte es das nicht gegeben. Und, und, und.<br />

Weiß jemand, was „vorfert“ heißt? Josef Cap? (Heiterkeit.) Da muss er passen, so wie<br />

ich gepasst habe, als ich nach Wien gekommen bin und viele Ausdrücke nicht gekannt<br />

habe.<br />

Und jetzt muss ich zugeben, dass ich mich im oststeirisch-südburgenländischen<br />

Grenzgebiet sehr, sehr konzentrieren muss, um im Detail nachvollziehen zu können,<br />

was der befreundete Bauer zu mir sagt. Das halte ich für ein ganz wichtiges<br />

immaterielles Kulturerbe! Dieses UNESCO-Übereinkommen wird von alleine nichts<br />

dazu beitragen, dass wir das in Österreich erhalten!<br />

Dabei möchte Sie auf Folgendes aufmerksam machen: Wir haben für die Erhaltung der<br />

wunderschönen Architektur der Habsburger viel Geld ausgegeben – mit Recht, ich<br />

freue mich jedes Mal, wenn ich ein Barockschloss bewundern kann, das ist harte,<br />

angreifbare Architektur. Auch die Sprache erhält sich nicht von selbst. Und diese Art<br />

von Dialektvielfalt, die wir in Österreich Gott sei Dank haben, verschwindet. Sie<br />

verschwindet automatisch mit der zunehmenden Mobilität der Leute, mit dem<br />

Tourismus – das gilt insbesondere für Tirol –, mit der allgemeinen wirtschaftlichen<br />

Entwicklung. Das ist sozusagen ein Kollateralschaden der wirtschaftlichen Entwicklung.<br />

Ich finde, wir sollten ein bisschen Geld ausgeben und uns die Mühe machen, dieses<br />

immaterielle Kulturerbe – das ein akustisches Kulturerbe ist – zu bewahren. Es geht<br />

hierbei nicht nur um die Etymologie der Worte, sondern auch um die Aussprache und<br />

um das Idiomatische, das unwiederbringlich verloren geht.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 185<br />

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen<br />

Zum Beispiel: Manchmal, wenn ich spät am Abend im Parlament sitze und ich mich<br />

über irgendetwas ärgere – Ihnen geht es sicherlich genauso –, fällt mir ein Kaunertaler<br />

Spruch ein, der das gut trifft: „Do wersch manchmol hirewiati!“ – wörtlich übersetzt<br />

„hirnwütig“, heißt so viel wie „narrisch“. (Heiterkeit des Redners.) Ich finde, das hat<br />

seine ganz eigene Klangfarbe, eine ganz eigene Idiomatik, entspricht sozusagen den<br />

Stammesverhältnissen dort im Kaunertal, wobei die Mundarten von Tal zu Tal<br />

unterschiedlich sind.<br />

Ich erzähle nur die Tiroler Geschichte, weil ich sie gut kenne. Ich weiß noch, wie ich als<br />

Halbwüchsiger vom Kaunertal ins hintere Ötztal gereist bin – das ist das übernächste<br />

Tal, östlich – und die Leute nicht verstanden habe! Auch das waren Tiroler, auch das<br />

waren Bergbewohner, aber ich habe sie schlicht nicht verstanden. Man muss ein Jahr<br />

üben, dort leben, verstehen, dann geht es, wie mit jeder anderen Fremdsprache auch.<br />

Das sind Fremdsprachen hier im Land, aber unsere eigenen! Ich finde, wir sollten<br />

etwas tun für dieses wichtige immaterielle Kulturerbe! – Danke. (Allgemeiner Beifall.)<br />

18.02<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Glaser. – Bitte.<br />

18.02<br />

Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Herr Präsident! Herr Außenminister! Geschätzte<br />

Kolleginnen und Kollegen! Wir ratifizieren heute eine Konvention zur Erhaltung des<br />

immateriellen Kulturerbes. Das ist aus meiner Sicht ein sehr wichtiger Schritt, denn<br />

gerade kleinere Gruppen – und ich glaube, darum geht es hauptsächlich –, haben es<br />

oft schwer, ihr Kulturgut und ihre Sprache zu erhalten.<br />

Herr Professor Van der Bellen hat gerade gemeint, er glaube, dass das nur Papier sei<br />

und dass für die Sprachen, die wir sprechen, nichts getan werde. Er lebt zwar im<br />

Burgenland, weiß aber offenbar nicht, dass es dort den Hianzenverein gibt. Herr Professor,<br />

als halber Südburgenländer wissen Sie wahrscheinlich nicht, dass vom ehemaligen<br />

burgenländischen Landtagspräsidenten, DDr. Schranz der Hianzenverein<br />

gegründet wurde, und zwar zur Erhaltung des Hianzischen, sprich: des südburgenländischen<br />

Dialektes. (Abg. Dr. Van der Bellen: Sehr gut!)<br />

Ich darf Ihnen vielleicht das Schlagwort dieses Vereins übermitteln, das da heißt: „tuits,<br />

na tuits“ – Ich hoffe, Sie werden wissen, was das heißt. Tuats nur, tuats! Ich weiß gar<br />

nicht, wie man es ins Hochdeutsche übersetzen würde, jedenfalls heißt es soviel wie:<br />

Arbeitets weiter, tuats weiter! (Abg. Großruck: Lei lossn!) Ich glaube, es gibt in diesen<br />

Regionen sehr viele Unternehmungen, Vereinigungen, Personen, die sich mit der<br />

Sprache beschäftigen, was ich großartig und absolut wichtig finde.<br />

Wichtig ist das zum Beispiel auch für das Burgenlandkroatische. Vor einigen Tagen<br />

habe ich in der Zeitung gelesen, dass es eine Statistik gefährdeter Sprachen in Europa<br />

gibt, wobei konkret das Burgenlandkroatische angeführt wurde. Man kann also vieles<br />

wahrnehmen, was die Notwendigkeit dieser Konvention unterstreicht, damit wir nämlich<br />

dieses immaterielle Kulturerbe erhalten; wobei es meines Erachtens nicht nur darum<br />

geht, das einfach festzuschreiben und festzuhalten, sondern auch darum, es entsprechend<br />

zu fördern und zu unterstützen!<br />

In diesem Zusammenhang glaube ich, dass diese Konvention nicht nur Papier ist,<br />

sondern auch brauchbare Ansätze enthält, sodass daraus konkret etwas werden kann,<br />

denn in dieser Konvention sind rechtliche, strukturelle und finanzielle Maßnahmen<br />

vorgesehen. Es wird damit im Völkerrecht der Tatbestand verankert, dass es den<br />

Schutz des immateriellen Kulturerbes geben soll; es gibt aber andererseits durchaus<br />

auch Ansätze, dass es einen Fonds und entsprechende Strukturen geben soll, die das<br />

verwalten. Es ist, glaube ich, absolut wichtig und für jeden von uns verständlich, dass


186 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Franz Glaser<br />

das wichtig ist; denn jeder von uns bezieht sein Selbstverständnis, seine Identität aus<br />

dem Bereich, aus dem er kommt. Insofern ist es wichtig, dass das entsprechend<br />

gewahrt bleibt!<br />

Ich glaube, dass es gleichzeitig ein großer Beitrag zu Völkerverständigung sein kann,<br />

denn nichts ist schlimmer, als wenn Kulturen, die miteinander wohnen, einander nicht<br />

verstehen, wenn es zu Missverständnissen und Animositäten, häufig auch zu großem<br />

Leid kommt; weshalb ich glaube, dass es sehr, sehr wichtig ist, dass wir hier uns<br />

entsprechend bemühen. Es sollte dies sicherlich auch ein Beitrag dazu sein, dass wir<br />

das Fremde nicht als Bedrohung, sondern als Bereicherung empfinden.<br />

Ich freue mich sehr, dass wir heute dieses Abkommen hier gemeinsam, hoffe ich,<br />

beschließen können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)<br />

18.06<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann.<br />

– Bitte.<br />

18.06<br />

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (FPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister!<br />

Sehr geehrte Damen und Herren! In der vorletzten Sitzung haben wir uns mit dem<br />

Beitritt Österreichs zur ESO, zur Europäischen Südsternwarte befasst und einen für die<br />

österreichische astronomische Forschung sehr wichtigen Beschluss gefasst.<br />

Heute geht es um die europäische Weltraumforschung. Die freiheitliche Partei wird –<br />

das möchte ich vorausschicken – dieser Regierungsvorlage zustimmen, denn es geht<br />

in deren Kern um die Anpassung eines wichtigen Vertrages. Im Jahr 1980 wurde von<br />

den damaligen Mitgliedstaaten der ESA, der Europäischen Weltraumorganisation, eine<br />

Vereinbarung geschlossen, die die Beziehungen zwischen den Teilnehmern des<br />

Ariane-Entwicklungsprogrammes der ESA und der Arianespace, einer französischen<br />

privatrechtlichen Aktiengesellschaft, regelte.<br />

Da der ESA in Zukunft nicht nur die Ariane-Trägerrakete im französischen Raumfahrtzentrum<br />

in Französisch-Guayana zur Verfügung steht, sondern auch die Vega und<br />

die Sojus, musste neuen Verhältnissen Rechnung getragen und das alte Übereinkommen<br />

ergänzt beziehungsweise erweitert werden. Es ist dies ein wichtiger Schritt in<br />

die Zukunft und ein wichtiger Schritt für die europäische Raumforschung – wobei diese<br />

ja von Europa ihren Ausgang genommen hat; ich erinnere da an die Pioniere Wernher<br />

von Braun, aber auch an Professor Hermann Oberth.<br />

Europa sollte im eigenen Interesse alles daransetzen, die Führung in der Raumfahrtforschung<br />

wieder zu übernehmen. Dafür ist dieses Übereinkommen zwar nicht<br />

geeignet, aber es ist ein weiterer wichtiger Schritt. (Beifall bei der FPÖ.)<br />

18.08<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Mag. Darmann.<br />

– Bitte.<br />

18.08<br />

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann (BZÖ): Herr Präsident! Geschätzter Herr<br />

Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Natürlich wird, wie vom<br />

Kollegen Scheibner bereits festgehalten, das BZÖ diese Zusammenarbeit, dieses<br />

Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der<br />

Tschechischen Republik unterstützen, keine Frage. Eine Zusammenarbeit in dieser<br />

Form, eine Kooperation zur besseren gegenseitigen Kenntnisnahme und eine Förderung<br />

des Verständnisses ist natürlich zu unterstützen.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 187<br />

Abgeordneter Mag. Gernot Darmann<br />

Das ist grenzüberschreitend wie auch innerösterreichisch zu unterstützen, wie es<br />

immer zu unterstützen war, gute Ideen aus den Bundesländern an den Bund heranzutragen,<br />

wie wir das auf Landesebene von Kärnten heraus getan haben, und zwar<br />

genau in diesen Bereichen.<br />

Wir reden hier immer wieder von Kultur, Bildung, Wissenschaft, Jugend und Sport, und<br />

ich kann sagen: In all diesen Bereichen haben wir in Kärnten immer wieder Akzente<br />

gesetzt. Das gilt für den Bereich des Kindergeldes, für den Gratiskindergarten, den wir<br />

in Kärnten zuerst eingeführt haben, das gilt für das verpflichtende Kindergartenjahr, für<br />

die Lehre mit Matura – alles wichtige Projekte für den Bund, die natürlich auch<br />

grenzüberschreitend anzuwenden wären. (Beifall beim BZÖ.)<br />

Wenn ich hier Kärnten erwähne, dann nicht ganz ohne Grund. Das Stichwort Kärnten<br />

ist für mich ein wesentliches, da am 1. März einige wesentliche Entscheidungen in<br />

unserem schönen Land, dem Kärntner Land (Abg. Weinzinger: Sechs Mal!), aber<br />

auch für ganz Österreich gefallen sind.<br />

Das sind politische Entscheidungen, die zu wesentlichen Veränderungen in allen<br />

politischen Bereichen geführt haben. Ich werde jetzt kein Salz in die Wunden unserer<br />

politischen Mitbewerber streuen, Tatsache ist jedoch, dass es bei allen Fraktionen<br />

Veränderungen gegeben hat, wie es auch beim BZÖ-Kärnten und beim BZÖ österreichweit<br />

Veränderungen geben wird und gibt.<br />

In diesem Zusammenhang darf ich mich hiermit – Kollegin Muttonen, ich bitte um<br />

etwas Geduld –, von meinen Kolleginnen und Kollegen hier verabschieden. Ich werde<br />

den Weg in den Kärntner Landtag antreten, werde dort meine ganze politische und<br />

sonstige Kraft zum Vorteil für meine Kärntner Heimat einsetzen! (Abg. Weinzinger:<br />

Neunmal!)<br />

Danke meinem Klub aus dem Jahr 2006 unter der Führung von Peter Westenthaler,<br />

meinem Klub von der Nationalratswahl 2008 unter der Führung von Seppi Bucher,<br />

unseren parlamentarischen Mitarbeitern, den Mitarbeitern des Parlamentsklubs des<br />

BZÖ, unserem Sekretariat, natürlich der Parlamentsdirektion samt den Mitarbeitern<br />

und Ihnen, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, für die Zusammenarbeit in den<br />

letzten Jahren!<br />

Möge die Arbeit in den nächsten Jahren für die Zukunft unseres Landes hier im Hohen<br />

Haus gelingen, möge es im Sinne der Republik Österreich eine gute Arbeit sein! –<br />

Danke schön. (Beifall bei BZÖ, FPÖ, ÖVP, SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald. – Die<br />

Abgeordneten des BZÖ erheben sich von ihren Plätzen und reichen<br />

Abg. Mag. Darmann die Hand.)<br />

18.12<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Herr Mag. Darmann, auch ich darf Ihnen für Ihren weiteren<br />

Lebensweg alles erdenklich Gute wünschen.<br />

Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Mag. Hakl. – Bitte.<br />

18.12<br />

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Als<br />

Tirolerin danke ich einmal ganz herzlich für den Tirolerisch-Kurs, den der Herr Abgeordnete<br />

Van der Bellen heute den Abgeordneten hat angedeihen lassen. Ich bin sehr<br />

glücklich, dass Österreich eines jener Länder ist, die es sich leisten können und es<br />

sich auch leisten, phonetische Überlieferungen zu sammeln und anzulegen. Wir<br />

haben nämlich eine umfassende Sammlung von Volksmusikgut und Mundart in einer<br />

sehr großen Bibliothek, auch in Wien. Es gibt allerdings auch Länder, die sich das nicht<br />

leisten können, deswegen ist dieses UNESCO-Abkommen über den Schutz des<br />

immateriellen Kulturerbes so besonders wichtig.


188 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordnete Mag. Karin Hakl<br />

Ein Beispiel: Ein Österreicher arbeitet auf Tuvalu, einer kleinen Pazifik-Insel, die nur<br />

9 000 Einwohner hat, die eine Sprache haben, die niemals verschriftlicht wurde. Dort<br />

hat das Fernsehen Einzug gehalten, allerdings hatten alle neuen Dinge, wie zum<br />

Beispiel Satellitenschüsseln, Fernsehgeräte und andere Dinge niemals eine Bezeichnung<br />

in der Landessprache.<br />

Die UNESCO, wir und Australien, wir alle finanzieren die Verschriftlichung dieser<br />

Sprache, wobei ein Österreicher auf dieser Grundlage neue Wörter für Dinge findet, die<br />

man bisher nur mit englischen Ausdrücken benannt hat. So leitet er das neue Wort für<br />

„Satellitenschüssel“ vom Wort für „Schüssel“ in der Landessprache ab. So kann die<br />

alte Sprache auch weiterhin unterrichtet werden. Ich glaube, dass dieser Beitrag, den<br />

die UNESCO – und damit auch wir – dazu leistet, ein ganz wichtiger ist, weil Menschen<br />

überall auf der Welt nur dann andere Kulturen verstehen können, wenn sie ihre<br />

eigenen Wurzeln kennen.<br />

In diesem Sinne – Herr Dr. Van der Bellen, wir haben ja noch Zeitzeugen wie Sie<br />

(Heiterkeit bei den Grünen) – hoffen wir, dass wir rechtzeitig dran sind, anderen zu<br />

helfen, nämlich dort, wo es diese Zeitzeugen fast nicht mehr gibt! – Danke. (Beifall bei<br />

ÖVP und SPÖ.)<br />

18.14<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Ing. Kapeller. –<br />

Bitte.<br />

18.14<br />

Abgeordneter Ing. Norbert Kapeller (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister!<br />

Natürlich ist diesen beiden Abkommen, nämlich jenem mit der Tschechischen Republik<br />

und jenem über den Erhalt des immateriellen Kulturerbes zuzustimmen, darüber sind<br />

wir uns in diesem Hohen Haus einig.<br />

Ich möchte Ihnen an dieser Stelle eine gemeinsame Initiative mit den Vertriebenensprechern<br />

von SPÖ, BZÖ und FPÖ ankündigen, mit der auf europäischer Ebene ein<br />

ähnliches Programm stattfinden soll, nämlich ein EU-Programm zur Kulturpflege europäischer<br />

Minderheiten, die im 20. Jahrhundert Umsiedlung, Vertreibung und Genozid<br />

erleiden mussten. (Beifall der Abgeordneten Kitzmüller und Mag. Unterreiner.)<br />

Es geht dabei nicht nur um die 15 Millionen vertriebenen deutschsprachigen Deutschen<br />

östlich der Oder-Neiße-Grenze oder aus dem Donauraum, sondern es geht um<br />

das gesamte 20. Jahrhundert, das als Jahrhundert der Vertreibung in die Geschichte<br />

eingegangen ist.<br />

Es begann 1923 mit dem Vertrag von Lausanne, mit dem Bevölkerungstransfer der<br />

Türken und der Griechen, erstreckte sich über die Ereignisse im Zweiten Weltkrieg, als<br />

die Polen zu leiden hatten, die Tschechen zu leiden hatten, als die Option der<br />

Südtiroler stand … Am Ende des Zweiten Weltkrieges fand die Vertreibung von Millionen<br />

Deutschstämmiger statt, und später, während des Jugoslawien-Krieges, gab es<br />

wieder Vertreibungen.<br />

Ich denke, es wäre eine gute Initiative aus diesem Hohen Haus heraus, ein solches<br />

EU-Programm zu forcieren, um etwas für den Erhalt dieses immateriellen Kulturgutes<br />

zu tun, welches in diesen Vertreibungsgebieten noch da ist, heute von verschiedenen<br />

Nationen verwaltet wird und damit eine europäische Dimension hat. Dieses Kulturgut<br />

muss erhalten werden!<br />

Ich werde beizeiten mit meinen Kolleginnen und Kollegen auf Sie zukommen und bitte<br />

Sie dann um eine ebenso breite Zustimmung wie heute. (Beifall bei ÖVP, BZÖ und<br />

FPÖ.)<br />

18.16


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 189<br />

Präsident Fritz Neugebauer<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Es liegt hiezu keine Wortmeldung mehr vor.<br />

Die Debatte ist geschlossen.<br />

Wir gelangen nun zu den Abstimmungen. – Wir stimmen über insgesamt fünf Anträge<br />

ab.<br />

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses,<br />

dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Abkommen mit der<br />

Regierung der Tschechischen Republik über die Zusammenarbeit auf den Gebieten<br />

der Kultur, Bildung, Wissenschaft, Jugend und des Sports, in 23 der Beilagen, gemäß<br />

Art. 50 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.<br />

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich dafür aussprechen, um ein<br />

Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.<br />

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses,<br />

dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Übereinkommen zur<br />

Erhaltung des immateriellen Kulturerbes, in 24 der Beilagen, gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1<br />

des Bundes-Verfassungsgesetzes die Genehmigung zu erteilen.<br />

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich dafür aussprechen, um ein<br />

Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist einstimmig angenommen.<br />

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses,<br />

wonach der vorliegende Staatsvertrag in 24 der Beilagen im Sinne des<br />

Art. 50 Abs. 2 Z 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes durch Erlassung von Gesetzen zu<br />

erfüllen ist.<br />

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich dafür aussprechen, um ein<br />

Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.<br />

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag, die arabische, chinesische,<br />

französische, russische und spanische Sprachfassung dieses Staatsvertrages gemäß<br />

Art. 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes dadurch kundzumachen, dass sie zur<br />

öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für europäische und internationale<br />

Angelegenheiten aufliegen.<br />

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich dafür aussprechen, um ein<br />

Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.<br />

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Außenpolitischen Ausschusses,<br />

dem Abschluss des gegenständlichen Staatsvertrages: Erklärung europäischer<br />

Regierungen über die Phase des Einsatzes der Träger Ariane, Vega und<br />

Sojus vom Raumfahrtzentrum Guayana aus, in 26 der Beilagen, gemäß Art. 50 Abs. 1<br />

Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz die Genehmigung zu erteilen.<br />

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich dafür aussprechen, um ein<br />

Zeichen der Zustimmung. – Das erfolgt einstimmig und ist somit angenommen.<br />

22. Punkt<br />

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Jahrestätigkeitsbericht<br />

2007/2008 des Rechnungshofes, Reihe Bund 2008/13 (III-12/85 d.B.)<br />

23. Punkt<br />

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungshofes,<br />

Reihe Bund 2009/1; Band 1 – WIEDERVORLAGE (III-16/87 d.B.)


190 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Präsident Fritz Neugebauer<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Wir gelangen damit zu den Punkten 22 und 23 der<br />

Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.<br />

Eine mündliche Berichterstattung findet nicht statt.<br />

Die erste Wortmeldung kommt von Frau Abgeordneter Mag. Lapp. – Bitte.<br />

18.20<br />

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes!<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Rechnungshofes! Hohes Haus! Es<br />

freut mich, dass die Arbeit des Rechnungshofausschusses jetzt wieder in Gang kommt.<br />

Wir haben vor allem bei den vorliegenden Berichten und bei den Wiedervorlagen 3 Kilo<br />

Papier und 1 478 Seiten aufzuarbeiten. Es kommen auch ständig neue Berichte dazu.<br />

Das heißt, der Rechnungshofausschuss hat sein Arbeitsprogramm für das kommende<br />

Frühjahr bereits festgelegt.<br />

Ich möchte mich auch bei den Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen dafür<br />

bedanken, dass wir uns ein sehr großes Arbeitspensum vornehmen, damit wir mit<br />

unserer Arbeit auf gleich kommen. (Beifall bei der SPÖ.)<br />

Ich möchte mich dem Jahrestätigkeitsbericht zuwenden. Er bietet einen sehr großen<br />

Querschnitt der Arbeit, die in den vergangenen Jahren geleistet wurde, und reicht von<br />

Peer Revue, wo der Rechnungshof jetzt auch in Zukunft selbst von internationalen<br />

Organisationen geprüft wird, die eben auch im Kontrollbereich tätig sind, bis zur<br />

Buchhaltungsagentur des Bundes, bis zum Röntgenscanner für Eisenbahnfahrzeuge<br />

und bis zu Klimaschutzprogrammen.<br />

Das heißt, der Jahrestätigkeitsbericht ist nun modernisiert, nicht nur vom Layout, sondern<br />

auch von der Darstellung der Forderungen, die bereits erfüllt sind, und der<br />

Forderungen, die nach wie vor noch aufrecht und damit im Rahmen des Rechnungshofes<br />

noch nicht erfüllt sind. Das heißt, auch hier haben wir eine sehr gute Grundlage<br />

für die politische Arbeit, wo in der Verwaltung noch Dinge nachzuholen sind, aufzubessern<br />

sind, die vom Rechnungshof präsentiert wurden, analysiert wurden und vorgeschlagen<br />

wurden.<br />

Das ist sehr wichtig. Der Rechnungshof hat die Aufgabe, die ziffernmäßige Richtigkeit,<br />

die Rechtmäßigkeit, die Sparsamkeit, die Wirtschaftlichkeit und die Zweckmäßigkeit<br />

von Maßnahmen in der Verwaltung zu prüfen. Und der Rechnungshof des Bundes ist<br />

eine unabhängige Kontrollinstanz. Dieses ist hier festgeschrieben.<br />

Was uns auch in den kommenden Monaten intensiv begleiten wird und wo es darum<br />

geht, dass es Weiterentwicklungen im Kontrollbereich gibt, ist die Frage: Wie werden<br />

Gemeinden mit unter 20 000 Einwohnern geprüft, wie zum Beispiel – Sie alle kennen<br />

die Beispiele – Strem, Hartberg, Trieben? Es geht darum, dass unabhängige Kontrollinstanzen<br />

überprüfen müssen und dass unabhängige Kontrollinstanzen auch den<br />

Gemeinden zur Seite stehen. Es kann nicht so verstanden werden, dass Kontrolle<br />

sozusagen draußen vor der Tür bleibt, sondern wir müssen uns im 21. Jahrhundert<br />

auch für kleinste Einheiten in unserem Staat überlegen, welche Kontrollmechanismen<br />

es einzurichten gilt.<br />

Es geht darum: In Zeiten der wirtschaftlichen Krise ist die effiziente Verwendung von<br />

Steuergeldern ein immens wichtiger Auftrag, damit der Staat seinen Aufgaben nachkommen<br />

kann und damit auch Leerläufe, Spekulationen und Schludrigkeiten vermieden<br />

werden können.<br />

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die SPÖ ist für Kontrolle im Sinne der<br />

Zweckmäßigkeit. Die SPÖ ist auch dafür, dass unabhängige Instanzen in unserem<br />

Staat überprüfen – auch die Gemeinden. Es muss aber so sein, dass es nicht zusätz-


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 191<br />

Abgeordnete Mag. Christine Lapp<br />

liche Instanzen geben kann, die dann eine zusätzliche Kontroll- und Prüfungstätigkeit<br />

ausführen, dass dann die Institutionen des Staates von sieben verschiedenen Organisationen<br />

geprüft werden, sondern es ist wichtig, dass das in unser Staatsgefüge<br />

eingepasst wird. Dabei sind Fragen wie Unabhängigkeit und Weisungsungebundenheit<br />

sehr, sehr wichtig.<br />

Ich denke, auch mit der Arbeit in der Verwaltungsreformgruppe wird auch da ein<br />

richtiger Schritt in die Richtung gemacht werden, damit wir eben darauf achten können,<br />

dass Steuermittel effizient verwendet werden. (Beifall bei der SPÖ.)<br />

18.24<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gahr. – Bitte.<br />

18.24<br />

Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter<br />

Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Wir diskutieren<br />

heute Berichte aus dem vorigen Jahr. Und die neue Gesetzgebungsperiode<br />

verpflichtet uns dazu, dass Berichte zusammengefasst werden. Daher haben wir heute<br />

ein dickes Konvolut an Berichten. Aus dem Bericht III-16 möchte ich einige kleine<br />

Positionen herausnehmen und hier zur Diskussion stellen.<br />

Es ist so, dass der Rechnungshof insgesamt immer bewertet, wie die Dinge, die geprüft<br />

werden, umgesetzt werden. Ich habe da ein Beispiel von einer Follow-up-Prüfung<br />

der Bundespolizeidirektion Salzburg, wo der Rechnungshof geprüft hat, und im<br />

Vergleich dazu eine Prüfung bei der Bundespolizeidirektion Wien. Dieser Vergleich<br />

zeigt, dass in Salzburg zum Beispiel die Empfehlungen des Rechnungshofes sehr<br />

positiv und vorbildhaft umgesetzt wurden: etwa eine neue Organisation des Aufbaus<br />

der Polizeidirektion, Beschaffung von Dienstfahrzeugen, Vollzugskosten für Schubhäftlinge<br />

wurden evaluiert, Unfalldatenspeicher eingeführt. Im Vergleich dazu: Bei der<br />

Polizeidirektion Wien wurden mögliche Außendienst-Präsenzen nicht gemacht. Es<br />

hätte hier Einsparungsmöglichkeiten von 35 Millionen € gegeben, und das wurde nicht<br />

umgesetzt. Es wurden Doppelgleisigkeiten nicht abgebaut. Es wurden Mängel in der<br />

Planstellenbewirtschaftung nicht abgebaut. Einzig und allein dieser Unfalldatenspeicher<br />

wurde eingeführt. Das zeigt, inwieweit heute gerade in der Umsetzung<br />

Unterschiede gegeben sind.<br />

Ein weiteres Kapitel ist das Bundesbahnstrukturgesetz. Da geht es um das gemeinsame<br />

Dach der Österreichischen Bundesbahnen in Form einer Holding, unter dem vier<br />

operative Aktiengesellschaften agieren. Diese wurden im Jahr 2005 gestartet. Der<br />

Rechnungshof hat hier klare Empfehlungen abgegeben. Insgesamt lautet die Conclusio<br />

aus diesem Bericht: Der Rechnungshof hat klare Bedenken gegen das zentral<br />

geführte System, das schrittweise wieder faktisch vorgeschrieben wird. Der Rechnungshof<br />

hat also klar zur Vorsicht gemahnt, es wird aber leider nicht eingehalten.<br />

Es gibt weiters einen Bericht: Ruhestandsversetzungen bei den ÖBB. Die Pensionslast<br />

des Bundes bei den ÖBB ist von 2003 auf 2006 von 1,26 Milliarden € auf 1,43 Milliarden<br />

gestiegen, also um 13 Prozent. Das Pensionierungsalter ist nach wie vor<br />

52,45 Jahre. Wir diskutieren hier, dass die Menschen länger in der Arbeit bleiben, und<br />

bei den Bundesbahnen verändert sich sehr wenig.<br />

Insgesamt gäbe es noch viele Dinge zu berichten. Wir haben in den Ausschüssen<br />

intensiv diskutiert. Es wurde auch medial sehr gut nach außen transportiert. Ich kann<br />

mir nur wünschen, dass zukünftig solche Dinge, wie wir da heute präsentiert haben,<br />

besser umgesetzt werden, denn die Arbeit des Rechnungshofes soll auch honoriert<br />

werden. Es geht darum, dass wir sparsam wirtschaften und nicht öffentliches Geld<br />

verprassen. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)<br />

18.27


192 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Präsident Fritz Neugebauer<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Zanger. – Bitte.<br />

18.27<br />

Abgeordneter Wolfgang Zanger (FPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes!<br />

Angesichts der knappen Zeitvorgabe – ich könnte sonst auch ein paar<br />

Geschichten erzählen – möchte ich mich darauf beschränken, Ihnen für die bisher<br />

geleistete Arbeit zu gratulieren. Ich freue mich auf die arbeitsreichen Monate, die jetzt<br />

vor uns liegen. Der Rechnungshof grundsätzlich ist eine sehr spannende Materie, weil<br />

es eine sehr breit gefächerte Palette gibt, auch für uns Abgeordnete lebenslanges<br />

Lernen gleich hier in der Praxis zu betreiben. Wie gesagt, ich freue mich darauf.<br />

Vielleicht etwas Allgemeines: Mein Zugang zu Prüfungen, zu Revisionen, zum Rechnungshof<br />

ist jener, dass es – das habe ich auch im Ausschuss festgestellt – nichts<br />

Negatives ist, wenn man prüft oder geprüft wird, weil es immer auch die Chance<br />

beinhaltet, sich selbst sicherzustellen. Vor Fehlern ist niemand gefeit. Insofern würde<br />

ich es selbstverständlich begrüßen, dass die Kleingemeinden geprüft werden können.<br />

Überdies weiß ich aus der eigenen nahen Umgebung – ich bin selbst auch Gemeinderat<br />

–, dass die Bürgermeister beziehungsweise Gemeindebediensteten dieser Idee<br />

ebenfalls sehr positiv gegenüberstehen. Es wäre natürlich auch zu überlegen, ob man<br />

gewisse Doppelgleisigkeiten vermeiden kann und sich die Gemeindeaufsicht in den<br />

Bezirken, in den Ländern oder der Landesrechnungshof et cetera miteinander vereinen<br />

lassen oder ob es Synergien gibt.<br />

Was mich persönlich ein bisschen traurig stimmt, ist der Umgang in der Steiermark in<br />

der Causa Spielberg mit den ganzen Zahlungen an jene, die das Projekt verhindern<br />

wollten. Das Problem ist nicht, dass diese die Zahlungen erhalten haben, sondern<br />

grundsätzlich der Umgang mit Steuergeld. Wenn eine politische Vertretung nicht fähig<br />

ist, ein Projekt so zu planen, dass es nicht angreifbar ist, und dann sozusagen mit<br />

Schweigegeldzahlungen ihr Projekt durchbringen muss, dann halte ich das für sehr<br />

bedenklich und durchaus für durch den Rechnungshof prüfenswert. Dazu fehlt<br />

allerdings die Zuständigkeit des Bundes, das ist mir klar. Es wäre schön gewesen,<br />

wenn der Steiermärkische Landesrechnungshof da etwas hätte machen können.<br />

Noch ganz kurz zum Kapitel ASFINAG. Die Finanzierung ist ein bisschen inkongruent<br />

– wollen wir es so nennen. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal meiner<br />

Hoffnung Ausdruck geben, dass die Vignettenpreise für die Konsumentinnen und<br />

Konsumenten in diesem Land nicht teurer werden. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)<br />

18.30<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner ist Herr Kollege Grosz. – Bitte.<br />

18.30<br />

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr<br />

geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Ich darf Ihnen und Ihren Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeitern für den Prüfbericht und für Ihre Tätigkeiten danken, die Sie im<br />

Interesse der sparsamen und effizienten Gebarung der Republik Österreich tagtäglich<br />

durchführen, stelle mir aber angesichts des Tätigkeitsberichtes, der jetzt vorliegt, schon<br />

die Frage nach der Sinnhaftigkeit.<br />

Ich stelle den Rechnungshof nicht in Frage. Wir sind stolz darauf, dass wir den Rechnungshof<br />

haben und dass der Rechnungshof ein effizientes Prüforgan ist. (Beifall beim<br />

BZÖ.)<br />

Wenn ich aber in diesem Bericht lese, dass von 519 Empfehlungen im vorigen Jahr nur<br />

209 – also 40,3 Prozent – umgesetzt worden sind, dann frage ich mich schon, was<br />

diese Regierung im Umgang mit dem Rechnungshof und im Umgang mit dem<br />

Steuergeld zu unternehmen gedenkt, denn weder der Präsident des Rechnungshofes


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 193<br />

Abgeordneter Gerald Grosz<br />

noch seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter machen diese wichtige Prüfarbeit aus Jux<br />

und Tollerei, und der Rechnungshof ist auch nicht das Salzamt der österreichischen<br />

Bundesregierung, wo man irgendetwas hinschickt, dann eine Kritik bekommt und<br />

niemals mehr darauf reagieren muss.<br />

Die Bundesregierung und die Ministerien, das wird in diesem Bericht deutlich, missachten<br />

manche Empfehlungen des Rechnungshofes. Wir werden nicht müde, diese<br />

Missachtungen ständig zu thematisieren und auch eine Umsetzung der Empfehlungen<br />

einzufordern.<br />

Der Rechnungshof hat für die künftigen Jahre genug zu tun. Allein wenn ich an die<br />

Beraterkosten der Bundesregierung von 30,6 Millionen € im vorigen Jahr, an die<br />

Belohnungen für Ministerbüros in der Höhe von über 300 000 € im Jahr und an<br />

Inserate der Bundesregierung in der Wahlkampfzeit in der Höhe von 8,9 Millionen €<br />

denke (Zwischenruf des Abg. Mag. Gaßner), während wir Ende dieses Jahres knapp<br />

500 000 Arbeitslose haben werden, dann wird der Rechnungshof viel zu tun haben,<br />

und wir werden ihn auch unterstützen.<br />

Wir sagen auch, dass die Prüfkompetenz des Rechnungshofes ausgeweitet gehört. Sie<br />

gehört auch – und da war ich mit Abgeordnetem Kogler auch im Ausschuss einer<br />

Meinung – auf die Gemeinden ausgeweitet. Wenn wir an die kriminellen Machenschaften<br />

im roten Trieben und im schwarzen Hartberg oder an den Schuldenstand der<br />

Pleitestadt Graz mit 1,2 Milliarden € denken, dann ist es notwendig, dass der Rechnungshof<br />

da effizient prüft und auch Ratschläge gibt, damit in dieser Republik wieder<br />

einiges besser und anders läuft. – Danke. (Beifall beim BZÖ.)<br />

18.32<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kogler. –<br />

Bitte.<br />

18.32<br />

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Rechnungshofpräsident!<br />

Zwei Punkte sind jetzt zu verhandeln. Zu dem einen wird der Präsident ja<br />

vielleicht noch selbst Stellung nehmen, rund um den Tätigkeitsbericht ist es aber<br />

durchaus üblich und auch sinnvoll, besonderen Dank an den Präsidenten und seinen<br />

MitarbeiterInnenstab zu übermitteln, was die viele Arbeit betrifft, die geleistet wurde. –<br />

Letztlich ist ein Teil der Arbeit ja Zuarbeit für dieses Haus, um es in seiner Kontrollfunktion<br />

zu unterstützen.<br />

Ich nehme an, Sie werden selbst darauf eingehen, mache aber – so wie im Ausschuss<br />

– auch darauf aufmerksam, dass der Tätigkeitsbericht jetzt einen anderen<br />

Charakter hat als früher. Er ist jetzt grosso modo eine Follow-up-Prüfung, ein Kompendium<br />

des Follow-Up und damit auch immer ein gutes Nachschlagwerk, was in den<br />

letzten Jahren vom Rechnungshof gemacht wurde und insbesondere wo es noch<br />

nachzuhaken gilt.<br />

Das ist nämlich auch für jene Abgeordnete von Interesse und ein gutes Nachschlagwerk,<br />

die gar nicht im Rechnungshofausschuss sitzen oder sich primär damit<br />

befassen, weil es für Abgeordnete aller Fachausschüsse von Nutzen ist, nachzuschauen,<br />

wo es Empfehlungen gegeben hat und in welchem Umsetzungsstand sie<br />

sind. Insofern ist noch einmal bestätigt, dass der Rechnungshof als solcher, aber auch<br />

der diesbezügliche Ausschuss hier im Haus sich mit Querschnittsmaterien beschäftigt<br />

– das wäre ja nicht so aufregend – und da oder dort und eigentlich öfter, als man<br />

glaubt, sehr viel für die jeweilige fachpolitische Arbeit herangezogen werden kann.<br />

Ich sage es deshalb – und höre ohnehin schon damit auf, in dieser Art darauf hinzuweisen<br />

–, weil es eben im Vergleich zu der viele Jahre lang geübten Vorgangsweise


194 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Mag. Werner Kogler<br />

eine Umstellung ist. Präsident Moser versucht eben, das eine oder andere mit seinem<br />

Team anders zu gestalten, als das früher war. Ich halte das in diesem Falle durchaus<br />

für sinnvoll. Nutzen Sie diese Möglichkeit!<br />

Zwei inhaltliche Punkte, die natürlich weniger harmonisch anzusprechen sind: Es ist in<br />

gewisser Weise nicht nur das Vorrecht, sondern auch die Aufgabe der Opposition, auf<br />

die kritischen Punkte hinzuweisen, die wir dann immer wieder entdecken.<br />

Bleiben wir beim Tätigkeitsbericht: Er ist ja auch jener Bericht, wo die Rechnungshofarbeit<br />

grosso modo auch thematisiert wird. Sehen Sie sich die ersten Kapitel dieses<br />

Berichts an! Und ich komme noch einmal auf die Fragestellung der Überprüfung von<br />

Gemeinden, Gemeindeverbänden und auch unter Umständen Unternehmungen von<br />

Gemeinden jeweils zurück, die nicht mehr als 20 000 Einwohner haben, weil es seit<br />

längerer Zeit Gegenstand öffentlicher Debatte ist.<br />

Ich kann da jetzt sehr gut an die Rede der Frau Kollegin Lapp anknüpfen. Wenn ich<br />

das jetzt richtig verstanden habe, geht es in der Summe darum, dass wir nicht eine<br />

fünfte oder sechste Kontrollebene inszenieren. Das leuchtet mir ehrlich gesagt auch<br />

ein, noch dazu vor dem Hintergrund – wir haben das ja schon ein paar Mal hier<br />

diskutiert, vielleicht weniger brachial ausgedrückt als von meinem Vorredner Grosz,<br />

aber von der Tendenz her durchaus zutreffend –, dass es in Gemeinden so weit kommen<br />

kann, wie ja die einzelnen Beispiele zeigen – tragischerweise für Grosz und mich<br />

gerade in der Steiermark, jedenfalls auch in Niederösterreich und im Burgenland, die<br />

Fälle sind bekannt –, dass diese Dinge passieren, obwohl es zumindest theoretisch<br />

vier Prüfinstanzen gibt, und dass, wenn man in der Steiermark nachschaut – Spekulationsfall<br />

Hartberg –, bis heute unwidersprochen vom dortigen Bürgermeister behauptet<br />

werden kann, er hätte das ja mehr oder weniger im Austausch, in Absprache, mindestens<br />

aber unter Information jener Gemeindeaufsicht gemacht. – Ob es wirklich<br />

zutrifft, weiß ich nicht genau; das muss ich allerdings hinzufügen.<br />

Da ging es um Investments verschiedener Art, jedenfalls sind mittlerweile Millionen von<br />

Euro an Verlusten aufgetreten. Das eingesetzte Kapital beträgt zirka 50 Millionen € –<br />

für eine Bezirkshauptstadt nicht wenig. Alle vier Investments, die gemacht wurden,<br />

waren ein wunderbarer Sprung in den Fettnapf: Meinl ist dabei, Madoff ist dabei, eine<br />

Geschichte in der Karibik ist dabei, die vierte fällt mir gerade nicht ein, aber diejenigen,<br />

die die Wirtschaftsseiten lesen, werden vielleicht draufkommen, was das gewesen ist.<br />

Es ist alles dabei – alles, was man erwischen konnte –, es wurde nichts ausgelassen.<br />

Wie man zielsicher in jeden Fettnapf springen kann, ist mir schon schleierhaft! Und wie<br />

dann das Ganze mehr oder weniger unbehelligt bleibt, wenn es nicht irgendjemanden<br />

gibt, der das aufdecken würde, ist der nächste Punkt. Da sind wir beim Kontrollversagen,<br />

bei der Gemeindeaufsicht, die sich ihrerseits nicht einmal anschickt, sich zu<br />

wehren, dass der Bürgermeister hier die Unwahrheit sagt, wenn er behauptet, er hätte<br />

das mit ihr sozusagen abgesprochen.<br />

Stattdessen erhalten diejenigen, die es so wie ich aufdecken, schnoddrige Briefe, ich<br />

möge mich in der Öffentlichkeit nicht so äußern, denn das schade dem Ansehen der<br />

Beamtenschaft! Na gratuliere! Jetzt möchte ich wissen, wer mehr schadet: diejenigen,<br />

die das anrichten, oder diejenigen, die drauf hinweisen? Über die Wortwahl darf man<br />

jeweils streiten.<br />

Zweiter und letzter Punkt: Wir haben schon ein paar Mal auf die Malaisen der<br />

Buchhaltungsagentur hingewiesen; sie sind ja öffentlich bekannt. Ich sage nur noch<br />

einmal: Schauen Sie nach! Prophetisch geradezu ist der diesbezügliche Bericht des<br />

Rechnungshofs.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 195<br />

Abgeordneter Mag. Werner Kogler<br />

Und noch besser oder – wenn man so will – noch schlechter am Schluss: Auch der<br />

Follow-up-Bericht weist genau in die Richtung. Da ist etwas zu tun, es ist aber nicht<br />

geschehen. Was geschehen ist, ist die Tatsache, dass man locker 16 Millionen € auf<br />

die Seite räumen kann, obwohl das bei den Defiziten, die das Kontrollsystem dort<br />

aufweist, früher oder später geradezu passieren musste.<br />

Daher werden wir das ausführlich im Rechnungshofausschuss behandeln; der Bericht<br />

liegt ja noch vor. Und ich mache Sie drauf aufmerksam, dass wir noch nicht in der<br />

nächsten Sitzung, aber in der übernächsten Sitzung diese Personen samt Verantwortlichen<br />

laden werden – nur damit es da kein Missverständnis zwischen den Fraktionen<br />

gibt! Mit dieser frohen Botschaft darf ich Sie entlassen. (Beifall bei den Grünen.)<br />

18.39<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Gaßner.<br />

2 Minuten Redezeit. – Bitte.<br />

18.39<br />

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes!<br />

Wohl wissend, dass es hier wieder um die Prüfung der Gemeinden geht,<br />

habe ich mich erkundigt, wie denn das beim Oberösterreichischen Landesrechnungshof<br />

ausschaut. Und da bin ich auf interessante Tatsachen gestoßen: In Oberösterreich<br />

darf der Rechnungshof eine Gemeinde nicht prüfen, und die Gemeinde<br />

selbst kann sich über Antrag auch nicht vom Rechnungshof prüfen lassen, sondern die<br />

beiden Referenten für Gemeinden erstellen am Jahresanfang eine Liste der Gemeinden,<br />

die sie geprüft haben möchten, und dann kommt es zu keinem Prüfbericht,<br />

sondern nur zu einer gutachterlichen Tätigkeit; es wird ein Gutachten erstellt. Dieses<br />

Gutachten bekommen wieder die Landesräte. – Schön und gut.<br />

Wenn ich als Gemeinde eine Beratung in Form einer Überprüfung haben möchte, dann<br />

kann ich das gar nicht machen.<br />

Und jetzt kommt es noch besser. Oberösterreich ist da offensichtlich eine Ausnahme,<br />

denn in allen anderen Bundesländern gibt es auch diese gutachterliche Tätigkeit für<br />

Gemeinden nicht. Und ich frage mich jetzt tatsächlich, welche Bedeutung denn neun<br />

Landesrechnungshöfe für die Gemeinden haben. Wir streiten da herum, der Bundesrechnungshof<br />

darf nur prüfen ab 20 000 Einwohnern, und so weiter und so weiter. Die<br />

Landesrechnungshöfe gibt es offensichtlich für die Gemeinden überhaupt nicht. Und<br />

die Gemeinden werden trotzdem weiter nach und nach geprüft und mit allen möglichen<br />

Schikanen belegt. (Abg. Grosz: Das Problem ist die Gemeindeaufsicht!) Ja, ein<br />

Rechnungshof, eine Prüfung; der muss aber für die Gemeinden auch verfügbar sein,<br />

um dort auch ein Instrument zur Hand zu haben, die Gemeinden ordentlich zu führen.<br />

– Das zum einen.<br />

Zum Zweiten, zum Tätigkeitsbericht: Herr Präsident des Rechnungshofes, ich habe mir<br />

das Kapitel „Schutz vor Naturgefahren“ angesehen. Da haben Sie völlig korrekt und<br />

richtig festgestellt, es gibt in Österreich leider keine einheitliche Regelung für den<br />

Schutz vor Naturgefahren, und zwar deswegen, weil es eine Zersplitterung der Kompetenzen<br />

gibt: ein paar Ministerien, neun Bundesländer, verschiedenste Abteilungen.<br />

Und das führt dann dazu, dass eigentlich im Ganzen nicht so recht etwas weitergeht.<br />

Daher ist es notwendig, diese personellen Ressourcen aus allen Belangen zu konzentrieren,<br />

aber nicht in irgendeine Agentur auszulagern, sondern in einem Ministerium<br />

zu konzentrieren und wirklich Nägel mit Köpfen zu machen, wie man so schön sagt.<br />

Eine kleine Kritik muss ich anbringen, Herr Präsident des Rechnungshofes. Sie haben<br />

da drinnen geschrieben, dass Gemeinden wegen finanzieller Beteiligung den Bau von<br />

Schutzmaßnahmen behindern. – Das glaube ich nicht, denn die Gemeinden wissen


196 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner<br />

sehr wohl, was es kostet, wenn keine Schutzmaßnahmen errichtet wurden, also wenn<br />

der Schaden eintritt.<br />

Ein ganz Letztes: Wesentlich wäre auch, diese Ungleichheit zu beseitigen, dass in den<br />

verschiedenen Bundesländern heute immer noch verschieden hohe Schadensersätze<br />

geleistet werden. Es kann nicht sein, dass in Niederösterreich, Oberösterreich oder<br />

Tirol Schäden unterschiedlich abgegolten werden. Da gehört eine gemeinsame Bewertung<br />

her. Es ist ja ein Unding, in diesem Fall ungleiches Maß anzusetzen. – Danke<br />

schön. (Beifall bei der SPÖ.)<br />

18.42<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Als Nächster spricht Herr Abgeordneter Singer. – Bitte.<br />

18.42<br />

Abgeordneter Johann Singer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter<br />

Herr Präsident des Rechnungshofes! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem<br />

Bericht liegen uns die wichtigsten Aussagen der Rechnungshofprüfung aus dem<br />

Jahr 2008 vor. Neu und deshalb besonders erwähnenswert ist die Darstellung der<br />

Ergebnisse der sogenannten Nachfrageverfahren. Dazu hat der Rechnungshof bei<br />

allen Ministerien den Umsetzungsgrad der Empfehlungen aus dem Jahr 2007 erkundet.<br />

Diese Nachfrageverfahren stellen eine Stärkung der Wirkungskontrolle des Rechnungshofes<br />

dar. In dieser ersten Stufe wird bei den geprüften Stellen im Jahr nach der<br />

Berichtsveröffentlichung der Stand der Umsetzungen nachgefragt.<br />

In einer zweiten Stufe der Wirkungskontrolle werden bei Follow-up-Prüfungen im<br />

darauffolgenden Jahr im Rahmen der Vor-Ort-Erhebungen die tatsächlichen Umsetzungsmaßnahmen<br />

kontrolliert.<br />

Kollege Grosz hat angeführt, dass 519 Empfehlungen ausgesprochen, davon aber nur<br />

209 bereits umgesetzt wurden. Das ist richtig. Er hat allerdings übersehen, dass bei<br />

182 Empfehlungen die Umsetzung bereits zugesagt wurde und bei lediglich 24,6 Prozent<br />

die Umsetzung noch offen ist.<br />

Eines der ausgewählten und ausführlich dargestellten Themen in diesem Rechnungshofbericht<br />

bezog sich auf die Querschnittsüberprüfung des Rechnungshofes und die<br />

mögliche Ausdehnung der Prüfungskompetenz auf Gemeinden mit unter 20 000 Einwohnern.<br />

Hier meinte der Rechnungshof, dass bestehende Kontrolllücken auf dem<br />

Gebiet der Gemeindegebarung durch Erweiterung seiner Prüfungszuständigkeit geschlossen<br />

werden könnten.<br />

Sehr geehrte Damen und Herren! In den letzten Wochen wird immer wieder mit den<br />

Verlusten der Gemeinden bei Spekulationsgeschäften argumentiert, zuletzt in der<br />

neuesten Ausgabe von „NEWS“. Verhindert können solche Geschäfte jedoch nicht<br />

vom Rechnungshof, sondern vom Landesgesetzgeber durch Novellierung der Gemeindeordnung<br />

werden. In Oberösterreich zum Beispiel sind solche Geschäfte aufgrund der<br />

Gemeindeordnung gar nicht möglich.<br />

Als ehemaliger Gemeindeprüfer darf ich Ihnen sagen, dass Prüfungen zum Teil Jahre<br />

nach Abschluss von Projekten nicht der Weisheit letzter Schluss sind. Viel zielführender<br />

sind meiner Meinung nach eine begleitende Kontrolle und die Beratung während<br />

der Projektabwicklung.<br />

Wenn mit Systemmängeln argumentiert wird, dann muss ich sagen, diese sind auch<br />

bei Gemeinden mit über 20 000 Einwohnern erkennbar. Damit hat der Rechnungshof<br />

bereits jetzt die Möglichkeit, entsprechende Vorschläge an die Landesgesetzgeber zu<br />

verfassen.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 197<br />

Abgeordneter Johann Singer<br />

Insgesamt findet bereits heute eine Vielzahl – und das ist mehrfach schon angesprochen<br />

worden – von Prüfungen der Gemeinden statt.<br />

Aus all diesen Gründen sehe ich keinen Grund, eine weitere Prüfungsinstanz zu<br />

schaffen, die letztlich wieder einen zusätzlichen bürokratischen Aufwand bedeutet.<br />

(Abg. Mag. Kogler: Lesen Sie nicht runter, sondern erklären Sie uns, wie das funktioniert!)<br />

Gefragt sind meiner Meinung nach vielmehr die Landesgesetzgeber.<br />

Sehr geehrte Damen und Herren! Ausdrücklich erwähne ich die hervorragende Arbeit<br />

der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Rechnungshofes. Herzlichen Dank dafür.<br />

(Beifall bei der ÖVP.)<br />

18.45<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Jetzt spricht Kollege Gradauer. – Bitte.<br />

18.45<br />

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Sehr geehrte Herren Präsidenten! Meine sehr<br />

geehrten Damen und Herren! Herr Präsident Moser, gleich zu Beginn eine Frage an<br />

Sie: Gibt es Landesrechnungshöfe in Österreich, die ihre Berichte nicht veröffentlichen,<br />

und, wenn ja, können Sie uns sagen, warum das so ist?<br />

Nun aber zum Jahrestätigkeitsbericht. Ich möchte namens meiner Fraktion Ihnen, Herr<br />

Präsident des Rechnungshofes, und Ihren Mitarbeitern sehr herzlich für die wertvolle<br />

Arbeit danken, die Sie für unsere Republik leisten. Ich weiß, es ist eine mühsame<br />

Tätigkeit, für die man sehr viel Stehvermögen und Hartnäckigkeit braucht. (Beifall bei<br />

der FPÖ.)<br />

Zum Bericht über Ihre Jahrestätigkeit hat Herr Kollege Grosz ja schon angeführt, dass<br />

es einen Wertmutstropfen gibt, das ist der Bereich, wo unter „Nachgefragt“ steht, dass<br />

von 519 Ihrer Empfehlungen nur ein Drittel, nämlich 209, umgesetzt wurden. Vom<br />

Bundeskanzleramt über sämtliche Ministerien werden Empfehlungen nicht ausgeführt.<br />

Ich möchte zum Abschluss, weil die Zeit sehr, sehr knapp ist, folgende Feststellungen<br />

treffen:<br />

Punkt eins: Wir werden nicht locker lassen und fordern, dass Sie und die Landesrechnungshöfe<br />

in Hinkunft auch Gemeinden unter 20 000 Einwohnern prüfen dürfen,<br />

um Spekulationsverluste, wie es sie zum Beispiel in Hartberg gegeben hat, nicht mehr<br />

möglich zu machen.<br />

Punkt zwei ist, dass wir wünschen, dass Firmen, an denen der Staat oder die<br />

öffentliche Hand mit 25 Prozent am Stamm-, Grund- oder Eigenkapital beteiligt ist,<br />

auch durch die Rechnungshöfe geprüft werden können sollen.<br />

Punkt drei ist, dass wir verlangen und wünschen, dass überall dort, wo die Banken im<br />

Zuge des Bankenhilfspaketes Staatskredite bekommen, auch die Rechnungshöfe die<br />

Möglichkeit bekommen müssen, in die Bilanzen Einsicht zu nehmen. – Danke schön.<br />

(Beifall bei der FPÖ.)<br />

18.48<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Kollege Windholz. – Bitte.<br />

18.48<br />

Abgeordneter Ernest Windholz (BZÖ): Geschätzter Herr Präsident! Herr Rechnungshofpräsident!<br />

Hohes Haus! Alle Vorredner haben eigentlich klar zum Ausdruck<br />

gebracht, dass das, was uns vom Rechnungshof vorgelegt wurde, in höchstem Maße<br />

begrüßenswert ist. Ich darf dem Rechnungshofpräsidenten und seinem Team auch<br />

herzlich für das danken, was er dem Steuerzahler alles schon erspart hat. (Beifall beim<br />

BZÖ.)


198 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Ernest Windholz<br />

Die Prüfungen in Richtung Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit sollten ja<br />

für viele – ich sage jetzt nicht einmal, dass da die Furcht ausbricht, dass da Dinge<br />

aufgedeckt werden – wirklich eine Hilfestellung sein. Denn das Wesentliche ist ja: Wie<br />

macht man es in Zukunft besser? Wie macht man es effizienter? Und wie macht man<br />

es für den Steuerzahler günstiger?<br />

Wenn es jetzt die Debatte über Prüfungsmöglichkeiten für Gemeinden unter 20 000<br />

Einwohnern gibt, dann sehe ich das nicht so, dass man jetzt noch Überlegungen in<br />

Richtung einer zusätzlichen Kontrollinstanz anstellt. Man muss sich einmal Gedanken<br />

darüber machen, wie die Kontrollen jetzt funktionieren. Und wenn man hier vom<br />

Rednerpult aus sagt – das hat einer der ÖVP-Vertreter hier gemacht –, dass da alles in<br />

Ordnung wäre, muss ich dem entgegenhalten: Ich teile diese Meinung keinesfalls! Man<br />

sollte bei diesen Ebenen gesundschrumpfen und dem Bundesrechnungshof jedenfalls<br />

eine Prüfkompetenz geben.<br />

Der Rechnungshof gibt wirklich Hilfestellung, und bei vielen Gemeinden schüttelt man<br />

dann den Kopf. Ich kenne das von Prüfberichten und von Prüfmöglichkeiten, denn ich<br />

bin seit 1995 in einer niederösterreichischen Gemeinde geschäftsführender Gemeinderat.<br />

Also der erste Bereich, der aus dem Gemeinderat selbst kommt, da ist es schon<br />

einmal ganz, ganz schwierig, wenn in einem Fünfergremium drei Angehörige der<br />

Bürgermeisterpartei sind. Da gibt es schon einmal die ersten Einschränkungen.<br />

Und das Land selbst – das habe ich heute schon in einer Rede gesagt – hat eine<br />

eigene Abteilung für Abgaben, Steuern. Es hat sogar eine ÖVP-Bürgermeisterin aus<br />

Niederösterreich hier von diesem Rednerpult aus gesagt, drei Tage Prüfung, und was<br />

herauskommt, ist in aller Regel die Empfehlung, Abgaben, Gebühren, Steuern zu<br />

erhöhen. Also ich glaube, da sollte man wirklich nachdenken, versuchen, mehr Effizienz<br />

hineinzubringen. Dr. Moser und sein Team sind für mich Garanten dafür, dass<br />

das auch klappen wird. (Beifall beim BZÖ.)<br />

Zu den Empfehlungen: Der Jahresbericht hat ja klar vor Augen geführt, was es hier an<br />

Empfehlungen gibt, 519, die Zahl wurde schon genannt; auch von der ÖVP ein<br />

bisschen bagatellisiert: Nur 25 Prozent sind in etwa offen! – Es sind 128, die offen sind!<br />

Das ist somit auch ein Auftrag an uns Parlamentarier, dafür zu sorgen, dass diese Zahl<br />

auf null herunterkommt. 128 sind um 128 zu viel! Und ich kann jeden nur ermuntern,<br />

hier fleißig an die Arbeit zu gehen, das Anfragerecht zu nutzen, das Antragsrecht zu<br />

nutzen, denn all das bedeutet unnötigen Steuerverlust. Und gerade in Zeiten der<br />

knappen Budgets sollten wir darangehen, alles auszuschöpfen, um den Steuerzahler<br />

zu schonen. (Beifall beim BZÖ.)<br />

18.51<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Faul. – Bitte.<br />

18.52<br />

Abgeordneter Christian Faul (SPÖ): Meine Herren Präsidenten! Kolleginnen und<br />

Kollegen! Herr Präsident des Rechnungshofes, ich habe letztes Mal nach der Followup-Prüfung,<br />

nach der Sitzung über Sie nachgedacht, über die qualitätvolle Arbeit, die<br />

Sie und Ihre Beamten machen, und habe mich gefragt, wie es Ihnen gehen wird, wenn<br />

Sie die von den Kollegen angesprochene geringe Erfüllungsrate sehen. Bedeutet das<br />

jetzt eine Frustration oder nicht? Ist Ihnen das egal oder nicht?<br />

Ich habe zwei Dinge herausgenommen, das eine war die Bildung, und habe gesehen,<br />

dass aufgrund verschiedenster Umstände dort dem Prüfauftrag beziehungsweise den<br />

Empfehlungen noch nicht nachgekommen wurde, weil die Zeit nicht gereicht hat.<br />

Ich habe aber auf der anderen Seite auch die AMA-Prüfung gesehen. Dort hat man,<br />

obwohl man dort auch eine Prüfstelle und eine Qualitätsstelle ist, bewusst gesagt:


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 199<br />

Abgeordneter Christian Faul<br />

Nein, es interessiert uns gar nicht, welchen Prüfauftrag wir haben, wir machen es gar<br />

nicht!<br />

Ich glaube, hier muss die Frustration ohnehin bei uns Politikern liegen, Herr Präsident,<br />

Sie haben ja keine exekutive Gewalt, das umzusetzen. Es liegt letztlich bei uns.<br />

Herr Präsident Moser, zu den Ländervergleichen. Ich habe es toll gefunden, verschiedenste<br />

Institutionen in den Ländern zu vergleichen. Es schreit ja eigentlich<br />

danach, dass ein Rechnungshof in dem kleinen Österreich die Länder gleich mit prüft,<br />

die er sowieso im Vergleich und in der Statistik schon drinnen hat, denn dann würde<br />

auch die Rücksichtnahme auf die Befindlichkeiten der Landeshauptleute, oder wer<br />

immer da auch Einfluss nehmen will, wegfallen.<br />

Herr Präsident, Sie haben so vielen Institutionen in Österreich empfohlen, dass sie sich<br />

österreichweit vernetzen. Und diese lassen Ihnen durch mich ausrichten, sie müssen<br />

ihnen einmal zeigen, wie es geht. (Beifall bei der SPÖ.)<br />

18.53<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Herr Abgeordneter Höfinger ist der nächste Redner. –<br />

Bitte.<br />

18.53<br />

Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Präsident<br />

des Rechnungshofes! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, aus den<br />

Redebeiträgen meiner Vorredner geht eindeutig hervor, dass die Arbeit des Rechnungshofes<br />

in diesem Haus sehr geschätzt wird und dass wir sehr dankbar und stolz<br />

auf das sind, was immer wieder in den Ergebnissen nachzulesen ist, denn diese<br />

Untersuchungsergebnisse stellen eine gute Grundlage für die Standortbestimmung in<br />

den verschiedenen Bereichen unserer Ministerien und der Institutionen dar, und es<br />

werden natürlich auch ganz dezidiert die Problemfelder aufgezeigt. Das soll ja dann<br />

zum Handeln anregen. Und was natürlich positiv zu bewerten ist, das ist, dass<br />

mittlerweile drei Viertel aller Maßnahmen bereits in Umsetzung oder umgesetzt sind.<br />

Ja, es gibt natürlich einiges, auf das sehr eindringlich hinzuweisen ist. Das sind genau<br />

jene Punkte, die noch nicht umgesetzt sind. Da ist natürlich noch viel zu tun. Und da<br />

gibt es nur eine ganz besondere Aufforderung an alle Ministerien, die dafür zuständig<br />

sind und säumig sind, diese Empfehlungen auch wirklich umzusetzen.<br />

Hervorstechend von diesen Empfehlungen ist natürlich, wenn es darum geht, die ÖBB-<br />

Ruhestandsversetzungen zu diskutieren. Da, wissen wir – Sie haben es ja niedergeschrieben<br />

–, geht es auch um Steigerungen, die 1,2 Milliarden € betreffen.<br />

Ganz kurz zu den Ausweitungen der Kompetenzen, was auch im Hinblick auf die<br />

Gemeinden zu sehen ist. Ich denke, dass es wichtig sein wird, jetzt zum einen das<br />

Gespräch mit allen Beteiligten zu suchen. Zum Zweiten sollte man wirklich auch die<br />

verschiedenen Kontrollstandards der einzelnen Bundesländer durchleuchten und<br />

darüber nachdenken, wie man da eine Harmonisierung erreichen kann, denn natürlich<br />

sollen und wollen auch die Gemeinden gut geprüft und beraten sein; ganz wichtig<br />

natürlich auch in diesen Zeiten.<br />

Positiv sehe ich auch die Selbstüberprüfung des Rechnungshofes selbst. Ich denke,<br />

das ist auch eine wichtige Signalwirkung nach außen, aber natürlich auch eine eigene<br />

Standortbestimmung.<br />

Zum Schluss darf ich mich sehr herzlich bei Ihnen, Herr Präsident, und natürlich auch<br />

bei allen MitarbeiterInnen in Ihrem Haus für diese wertvolle Tätigkeit bedanken. (Beifall<br />

bei der ÖVP.)<br />

18.56


200 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Präsident Fritz Neugebauer<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Kollege Prähauser. – Bitte.<br />

18.56<br />

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Rechnungshofpräsident!<br />

Hohes Haus! Ich nehme mir die Freiheit, da ich hier nur 2 Minuten zur Verfügung<br />

habe, einen Punkt herauszugreifen, der mich auch in der Vergangenheit immer wieder<br />

veranlasst hat, das Wort zu ergreifen, und zwar den Lärmschutz an den Autobahnen.<br />

Aus meiner Sicht war dieses Mal die ASFINAG das erste Mal in der Ausschusssitzung<br />

in der Lage, mir schlüssig und plausibel zu erklären, warum verschiedene Maßnahmen<br />

eben gesetzt werden. Ich habe gefragt, warum sich Lärmschutzwände vom Westen<br />

nach Osten in der Größe verändern, warum plötzlich auch in der Mitte Lärmschutzwände<br />

gebaut werden.<br />

Ich habe den Eindruck gewonnen, dass auch aufgrund der Kontrolle des Rechnungshofes<br />

bewusster an die Bauten herangegangen wurde, wobei die Gemeinden, die ja<br />

bei Genehmigungen, bei Widmungen auch von sich aus immer wieder auf verstärkten<br />

Lärmschutz gedrängt haben, natürlich auch oft über das Ziel hinaus verhandelt haben.<br />

Ich glaube, wenn die ASFINAG unterstützt durch den Rechnungshof im Bewusstsein<br />

der Gemeinden in Zukunft zuwege bringt, das zu tun, was notwendig ist, sind wir in der<br />

Lage, entsprechende Mittel zu sparen und noch besser, effizienter für Lärmschutz an<br />

Autobahnen, Straßen zu sorgen.<br />

Der Ansatz ist ein guter. Die Hoffnung, dass das sehr „kostensparend“ – unter Anführungszeichen<br />

– gemacht wird, wird dadurch genährt, dass der Rechnungshof mit Kritik<br />

nicht spart, aber letztlich auch die Arbeit anerkennt. Und das ist eine gute Voraussetzung<br />

für zukünftiges Arbeiten in diesem Bereich. Der Rechnungshof war, man<br />

möchte fast sagen, noch nie so wertvoll wie heute. Das ist zwar nur eine Phrase, aber<br />

in Wahrheit wäre das gar nicht mehr anders vorstellbar. Man muss natürlich auch<br />

entsprechend für Kontrollen sorgen, wenn man einen sorgsamen Umgang mit Steuergeldern<br />

haben möchte. Und das wollen wir alle. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)<br />

18.58<br />

Präsident Fritz Neugebauer: Es spricht nun Kollege Ing. Kaipel. – Bitte.<br />

18.58<br />

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes!<br />

Meine Damen und Herren! Der Rechnungshof hat sich im vorliegenden<br />

Bericht auch mit der zentralen Bundesbeschaffung beschäftigt. Dazu einige Gedanken<br />

von mir. Diese zentrale Bundesbeschaffung beschafft für alle Bundesdienststellen<br />

österreichweit alle Beschaffungsgüter. Auch Nichtbundesdienststellen haben die Möglichkeit,<br />

sich einzuklinken.<br />

Das Ziel war ursprünglich die Einsparung von 10 Prozent. Das Ergebnis ist leider ein<br />

ganz anderes. Das Ergebnis ist, dass regionale Unternehmen sehr stark unter Druck<br />

kommen, dass regionale Jobs durch diese zentrale Beschaffung vernichtet werden,<br />

dass der ländliche Raum insgesamt geschädigt wird.<br />

Das ist nicht nur meine Kritik. Da gibt es mittlerweile auch eine sehr umfassende<br />

Untersuchung der KMU Forschung Austria, die all diese Kritikpunkte sehr umfangreich<br />

untermauert.<br />

Der Rechnungshof selbst führt zu seiner Prüfung aus, dass diese 10 Prozent Einsparungen<br />

nicht feststellbar sind, dass die Dienstleistungen dieser Beschaffungsstelle<br />

zu teuer sind. Gab es ursprünglich 20 Mitarbeiter – das sind die Ergebnisse bis 2006,<br />

so weit reicht der Untersuchungszeitraum –, so ist deren Zahl auf 61 Dienstnehmer<br />

angestiegen. Die aktuelle Zahl ist noch einmal um 15 höher, sie liegt jetzt bei 76.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 201<br />

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel<br />

Die Geschäftsführer haben Bezüge, die über dem Bezug des Finanzministers liegen.<br />

Die KMU Forschung Austria weist auch aus, dass 90 Prozent aller Unternehmen in<br />

Österreich Kleinstunternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern sind, und diese 90 Prozent<br />

der Unternehmen sind mit nicht einmal 15 Prozent an diesen Beschaffungsvorgängen<br />

der zentralen Beschaffungsstelle beteiligt. (Präsident Dr. Graf übernimmt<br />

den Vorsitz.)<br />

Nachdem der jetzige Wirtschaftsminister vor einiger Zeit gemeint hat, dass wir intelligente<br />

Wege bei der öffentlichen Beschaffung suchen müssen, mit der Begründung,<br />

dass die KMUs nicht ausreichend in diese Prozesse eingebunden sind, möchte ich<br />

anregen, dass wir rasch eine Arbeitsgruppe bilden, in der auch interessierte Abgeordnete<br />

mit dabei sind, und diese Gruppe neue Beschaffungskriterien entwickelt, wo es<br />

nicht nur um den niedrigsten Preis geht, sondern auch um regionale Wertschöpfung,<br />

Bestbieter und eine gesamtvolkswirtschaftliche Betrachtungsweise. Ich denke, dass<br />

das notwendig ist, wenn künftighin die regionalen Unternehmen und die regionale Beschäftigung<br />

wieder eine Chance haben sollen. (Beifall bei der SPÖ.)<br />

19.01<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter<br />

Sacher. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.<br />

19.01<br />

Abgeordneter Ewald Sacher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr<br />

Präsident des Rechnungshofes! Hohes Haus! Ich freue mich, Herr Präsident des Rechnungshofes,<br />

dass ich Ihnen auch auf dieser Ebene begegnen und mit Ihnen zusammenarbeiten<br />

darf, nachdem wir ja durch viele Jahre auf Landesebene im Bereich des<br />

Landes Niederösterreich in der Rechnungshofarbeit gut kooperiert haben. Und da<br />

möchte ich auch ansetzen mit meinen kurzen Ausführungen.<br />

Ich finde, dass diese Kooperation wichtig ist, dass sie aber auch noch intensiviert<br />

werden muss zum Wohle jener, die erwarten, dass Ihre Empfehlungen in der Realität<br />

dann auch durch die Politik umgesetzt werden, nämlich im Sinne des Bürgers, im<br />

Sinne des Steuerzahlers. Ich darf das an zwei ganz kurzen Beispielen aus meinem<br />

Bundesland Niederösterreich festmachen.<br />

Wenn Sie den Hochwasserschutz an der March zuletzt geprüft haben und hier feststellen,<br />

dass doch einiges unternommen werden sollte, damit die Baumaßnahmen<br />

beschleunigt, effizienter, eventuell sogar kostengünstiger werden, dann erwartet vor<br />

allem die Bevölkerung, dass das realisiert wird, was Sie empfehlen, denn das nächste<br />

Hochwasser kommt bestimmt.<br />

Ein zweites Beispiel: Wenn Sie im Nachfrageverfahren eine Prüfung der Strafvollzugsanstalt<br />

Stein – sie ist eine der wichtigsten Anstalten in Österreich – wieder aufgreifen<br />

und nachfragen, was von Ihren Empfehlungen umgesetzt wurde, so trifft das ganz<br />

direkt auch die Bürgerinnen und Bürger. Wir wissen wohl, dass in der Realität die<br />

Sicherheit dort eine sehr hohe ist. Etwas anderes ist aber das subjektive Sicherheitsempfinden<br />

der Bevölkerung. Und wenn nun die Bevölkerung aus den Medien<br />

erfährt, dass Ihre Empfehlungen zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Drogenproblem<br />

in der Anstalt noch nicht umgesetzt worden sind, dann verstehe ich als<br />

politischer Mandatar, dass die Bevölkerung in ihrem persönlichen, subjektiven Sicherheitsgefühl<br />

etwas misstrauisch ist.<br />

Daher hoffe ich, dass Ihre Empfehlungen raschestens umgesetzt werden, und in<br />

diesem Sinne freue ich mich auf eine sehr, sehr gute Zusammenarbeit im Sinne der<br />

Bürger und der Steuerzahler. (Beifall bei der SPÖ.)<br />

19.03


202 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt nun der Herr Präsident des Rechnungshofes<br />

Dr. Moser. – Bitte.<br />

19.03<br />

Präsident des Rechnungshofes Dr. Josef Moser: Sehr geehrter Herr Präsident!<br />

Hohes Haus! Ich möchte mich eingangs bei Ihnen allen sehr herzlich bedanken für die<br />

positiven Worte, die Sie für die Tätigkeit des Rechnungshofes gefunden haben. Ich<br />

werde natürlich diese positiven Worte sehr gerne an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

des Rechnungshofes weitergeben, denn Sie wissen ja, dass die Arbeit, die hier<br />

diskutiert wird, auf die Arbeit und die Erfahrungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

des Rechnungshofes zurückgeht.<br />

Es ist schon angesprochen worden, auf der heutigen Tagesordnung findet sich der<br />

Tätigkeitsbericht 2008 genauso wie 13 Berichte, die bereits in der XXIII. Gesetzgebungsperiode<br />

diskutiert worden sind, die aber aufgrund des Auslaufens der Gesetzgebungsperiode<br />

verfallen sind.<br />

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich bei Ihnen sehr herzlich zu bedanken, dass<br />

durch die beabsichtigte Reform der Geschäftsordnung des Nationalrates vorgesehen<br />

werden soll, dass es zu keinem Verfall der Rechnungshofberichte mehr kommt. Das<br />

heißt, dass eine Wiedervorlage, wie wir sie jetzt durchgeführt haben, in Zukunft nicht<br />

mehr erforderlich sein wird.<br />

Zum Tätigkeitsbericht, der von Ihnen mehrfach angesprochen worden ist: Da möchte<br />

ich genau das bestätigen, was Frau Abgeordnete Lapp gesagt hat, nämlich dass dieser<br />

Tätigkeitsbericht gänzlich modernisiert wurde – in Blickrichtung mehr Aussagekraft, in<br />

Blickrichtung mehr Wirksamkeit und natürlich auch in die Blickrichtung, dass die<br />

Empfehlungen des Rechnungshofes in Zukunft transparenter dargestellt werden und<br />

so mit mehr Effizienz umgesetzt werden.<br />

In den Ausführungen unter der Rubrik „Hauptprobleme der öffentlichen Finanzkontrolle“<br />

haben wir dargestellt, dass der Rechnungshof seinen verfassungsrechtlichen<br />

Auftrag als föderatives Bund/Länder-Organ sehr ernst nimmt und in dieser Funktion<br />

Querschnittsprüfungen durchführt. Sie haben in diesem Tätigkeitsbericht als Beispiel<br />

dafür auch den Ländervergleich zu den Kinderbetreuungseinrichtungen.<br />

Ein wichtiger Faktor, damit die Kontrolle auch ernst genommen wird – und dem fühlen<br />

wir uns als Organ des Nationalrates verpflichtet –, ist, dass sich auch die Kontrolle<br />

selbst einer Evaluierung unterzieht. Aus diesem Grund werden wir uns in diesem Jahr<br />

einem Peer-Review unterziehen, das unter der Leitung des deutschen Bundesrechnungshofes<br />

steht und in das auch die Eidgenössische Finanzkontrolle beziehungsweise<br />

der dänische Rechnungshof eingebunden sind, um eben eine Standortkontrolle<br />

durchzuführen und zu schauen, wo der österreichische Rechnungshof im<br />

internationalen Vergleich steht, wo es Verbesserungspotenziale gibt. Dies zeigt auch,<br />

dass Kontrolle nichts Negatives ist, sondern – wenn beide Teile zusammenwirken – für<br />

alle einen positiven Erfolg bringt.<br />

In diesem Zusammenhang möchte ich auch darauf hinweisen, dass wir, um Ihnen<br />

einen Überblick über den Stand der Umsetzung der Rechnungshof-Empfehlungen zu<br />

geben, erstmals ein Nachfrageverfahren zu den Empfehlungen durchgeführt haben,<br />

die im Jahr 2007 veröffentlicht worden sind. Zu diesem Zweck wurde bei den überprüften<br />

Stellen nachgefragt, welche Maßnahmen umgesetzt wurden, welche Empfehlungen<br />

sich in Umsetzung befinden beziehungsweise welche Empfehlungen offen sind.<br />

Ich möchte darauf hinweisen, dass das Bild nicht so schlecht ist, wie es Abgeordneter<br />

Grosz skizziert hat. 75 Prozent der Empfehlungen wurden entweder umgesetzt<br />

beziehungsweise befinden sich in Umsetzung. Es ist aber auch so, dass nach wie vor


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 203<br />

Präsident des Rechnungshofes Dr. Josef Moser<br />

25 Prozent der Empfehlungen offen sind und es wichtig wäre, gerade jene Empfehlungen<br />

umzusetzen, weil in diesem Bereich ein hohes Potenzial an Einsparung, an<br />

Optimierung und an Nutzen liegt. Ich kann daher nur appellieren, dass die Empfehlungen<br />

des Rechnungshofes auch in Blickrichtung Verwaltungsreform in Zukunft verstärkt<br />

umgesetzt werden.<br />

Weil immer wieder gefragt wurde, was der Rechnungshof tut: Er hat eine schwierige<br />

Funktion. Wir erfüllen unsere verfassungsmäßig vorgesehene Funktion. Aus diesem<br />

Grund führen wir auch ein Nachfrageverfahren durch. Wir werden auch, um die<br />

Wirksamkeit zu erhöhen, das Ergebnis des Nachfrageverfahrens zur Grundlage von<br />

Follow-up-Prüfungen machen, um Ihnen wiederum zu zeigen, wie die Realisierung<br />

ausschaut. Aber wir sind ein Organ des Nationalrates, und wenn es darum geht,<br />

Kontrolle zu leben und Kontrolle auch umzusetzen, kann ich nur darauf hinweisen: Sie,<br />

meine sehr geehrten Damen und Herren, sind die Hüter der Kontrolle! Wir haben ein<br />

abgeleitetes Kontrollrecht, und ich glaube, gemeinsam sind wir in der Lage, die<br />

Kontrolle so auszuüben, dass tatsächlich die Mittelverwendung in optimierter und<br />

optimaler Weise erfolgt. Ich ersuche Sie daher auch, die parlamentarischen Möglichkeiten<br />

der Interpellation zu nützen, um die Effizienz der Umsetzung der Empfehlungen<br />

noch weiter zu steigern.<br />

Was die 13 auf der Tagesordnung stehenden Berichte betrifft, die teilweise im Zuge<br />

der Debatte angesprochen wurden, kann ich auch hier darauf verweisen, dass in vielen<br />

Bereichen der Umsetzungswille sehr hoch ist, dass aber in einigen Bereichen der<br />

Umsetzungswille eben nicht gegeben ist. Es sind hier einige Bereiche angesprochen<br />

wie beispielsweise der Bericht betreffend Ruhestandsversetzung bei den ÖBB, wo es<br />

bei einer Empfehlung nicht darum geht, eine Verschlechterung durchzuführen. Nein, es<br />

geht darum, dass man – wenn ein Nebengebührendurchschnittssatz besteht, der sich<br />

nicht in den tatsächlich angefallenen Nebengebühren widerspiegelt, und hiedurch<br />

massive Mehrkosten entstehen – auf den tatsächlichen Wert und nicht auf den<br />

pauschalen Wert abstellt. Dadurch könnten massive Einsparungen für die ÖBB und<br />

natürlich auch für den Steuerzahler erzielt werden.<br />

Schlussendlich komme ich noch auf den Punkt „Kontrollfelder“, auch das wurde<br />

angesprochen. Ich kann – was die Gemeindeprüfungen betrifft – nur sagen, dass eine<br />

Rechnungshofprüfung drei Effekte erzielt: Wir haben den Effekt einer Kontrolle für den<br />

Gemeindebürger, damit er dann weiß, dass die Kanal-, Müll- und sonstigen Gebühren<br />

Gebühren und keine Steuern sind. Das heißt, dass das Kostendeckungsprinzip<br />

eingehalten ist. Und ich glaube, dass der Bürger Interesse und auch ein Recht darauf<br />

hat, zu wissen, ob die Gebühren Gebühren sind, das heißt, ob das Kostendeckungsprinzip<br />

eingehalten wird.<br />

Wir haben den Effekt für den Gemeinderat, der dann in die Lage versetzt wird, gewisse<br />

Bereiche zu prüfen, wenn er auf eine Kontrolle durch ein unabhängiges Kontrollorgan<br />

aufbauen kann. Das haben wir derzeit nicht.<br />

Und wir haben – auch das sei erwähnt – für die Gemeinde selbst einen Vorteil. Die<br />

Gemeinde hat enorme Aufgaben im Rahmen der Daseinsvorsorge zu erfüllen, und hier<br />

stellt sich die Frage, ob die Transfereinnahmen den Transferausgaben entsprechen.<br />

Und wer wäre ein besserer Hüter beziehungsweise objektiverer Befunder als der Rechnungshof?<br />

Wir haben dann die Möglichkeit, genau das Gleichgewicht oder Ungleichgewicht<br />

zwischen Transfereinnahmen und Transferausgaben darzustellen.<br />

Zum Punkt, den auch Herr Abgeordneter Gaßner angesprochen hat, betreffend Schutz<br />

vor Naturgefahren: Hier ist es nicht darum gegangen, dass wir kritisieren, sondern wir<br />

haben aufgezeigt, dass der kommunale Ausgleich unter den Gemeinden forciert<br />

werden muss. Denn die Gemeinde, die eine Schutzmaßnahme beantragt hat, hätte


204 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Präsident des Rechnungshofes Dr. Josef Moser<br />

vielfach auch allein die Kosten zu tragen, obwohl andere Gemeinden auch Nutznießer<br />

dieser Kostentragung wären. Die anderen Gemeinden – vielfach die Nutznießer –<br />

wären hingegen zum Teil aber nicht bereit, diese Kosten mitzutragen, damit tatsächlich<br />

Schutzmaßnahmen ergriffen werden können. Diese mangelnde Kooperation führt im<br />

Endeffekt dazu, dass erforderliche und bereits einbekannte Schutzmaßnahmen nicht<br />

ergriffen werden.<br />

Ich möchte abschließend noch einmal für die ausgezeichnete Zusammenarbeit danken,<br />

freue mich schon auf die weitere Zusammenarbeit mit Ihnen und ersuche Sie<br />

auch im Sinne der Steuerzahler, doch in die Richtung zu gehen, dass wir gemeinsam<br />

unsere Möglichkeiten nützen, dass die Empfehlungen umgesetzt werden und in<br />

Zukunft Optimierungspotenziale, Einsparungspotenziale und Effizienzsteigerungspotenziale<br />

tatsächlich genutzt werden. Danke für die Zusammenarbeit und für die<br />

Aufmerksamkeit. – Ich danke Ihnen. (Allgemeiner Beifall.)<br />

19.11<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Ich danke dem Herrn Präsidenten des Rechnungshofes.<br />

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Ich schließe die Debatte.<br />

Wünscht der Herr Berichterstatter ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.<br />

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.<br />

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses,<br />

den vorliegenden Bericht III-12 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.<br />

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes<br />

Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.<br />

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses,<br />

den vorliegenden Bericht III-16 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.<br />

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes<br />

Zeichen. – Das ist ebenfalls einstimmig angenommen.<br />

24. Punkt<br />

Bericht des Rechnungshofausschusses betreffend den Bericht des Rechnungshofes<br />

gemäß Art. 1 § 8 Bezügebegrenzungsgesetz für die Jahre 2006 und 2007,<br />

Reihe Bund 2008/1 (III-13 und Zu III-13/86 d.B.)<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zum Punkt 24 der Tagesordnung.<br />

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.<br />

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mag. Becher. Gewünschte Redezeit:<br />

2 Minuten. – Bitte.<br />

19.13<br />

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Herr Präsident! Herr Präsident des Rechnungshofes!<br />

Die nackten Zahlen des Rechnungshofberichtes belegen eindeutig, dass<br />

die Einkommensschere zwischen Männern und Frauen in den letzten Jahren weiter<br />

aufgegangen ist. Zusammengefasst weist der Rechnungshofbericht auch aus, dass<br />

Frauen überproportional im Dienstleistungsbereich tätig sind, überproportional Hilfstätigkeiten<br />

verrichten, das heißt, in schlechter bezahlten Berufen tätig sind und sehr


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 205<br />

Abgeordnete Mag. Ruth Becher<br />

häufig auch Teilzeitarbeit machen. Innerhalb der verschiedenen Wirtschaftsbranchen<br />

sind natürlich auch deutliche Differenzen feststellbar.<br />

Der vorliegende Rechnungshofbericht ist wie immer auch als ein Handlungsauftrag an<br />

die Regierung, an die heimische Wirtschaft zu sehen. Die Frauen in Österreich verdienen<br />

natürlich einen gleichberechtigten Platz, daher ist es in wirtschaftlich schwierigen<br />

Zeiten ganz besonders wichtig, dass die Frauen aktiv am Arbeitsplatz, am<br />

Arbeitsmarkt unterstützt werden. Da gibt es eine Reihe von Maßnahmen, die ich sehr<br />

positiv sehe. Vor allem die Einführung des Mindestlohnes – diese wird voraussichtlich<br />

mit Sommer abgeschlossen sein, werden doch bis dahin alle Kollektivverträge<br />

unterzeichnet sein – und auch der Mehrarbeitszuschlag für Teilzeitbeschäftigte sind als<br />

sehr positiv hervorzuheben.<br />

Im Regierungsübereinkommen ist festgehalten, dass den Frauen 50 Prozent der Mittel<br />

für aktive Arbeitsmarktpolitik zustehen. Darüber hinaus stellt die Bundesregierung auch<br />

75 Millionen € im zweiten Konjunkturpaket für die Schaffung von Arbeitsplätzen und für<br />

Beschäftigungsmaßnahmen für Frauen zur Verfügung.<br />

Frauenministerin Heinisch-Hosek möchte ich danken dafür, dass es unter ihrer Leitung<br />

erstmals zu einem nationalen Aktionsplan zur Gleichstellung kommen wird, von dem<br />

wir uns sehr viele positive Impulse erwarten. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)<br />

19.15<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete<br />

Schittenhelm. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.<br />

19.15<br />

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Sehr geehrte Herren Präsidenten!<br />

Hohes Haus! Dieser Einkommensbericht des Rechnungshofes ist ein Werk, möchte ich<br />

sagen, weil er nicht nur sehr gut durchdacht und sehr genau erarbeitet wurde, sondern<br />

vor allem auch in der Darstellung dokumentiert, wie sich die Einkommenssituation in<br />

der Republik allgemein, aber auch in den einzelnen Bundesländern darstellt.<br />

Ich habe mir natürlich auch die Einkommen der Männer und Frauen angesehen.<br />

Gerade heute haben wir diesen Plenartag mit einer Fragestunde an Frauenministerin<br />

Heinisch-Hosek begonnen, und es kam immer wieder die Frage an die Frau<br />

Bundesministerin: Warum bekommen Frauen bis zu 30 Prozent weniger Einkommen<br />

bei gleicher Stundenanzahl, bei gleichwertiger Arbeit?<br />

Mein besonderer Dank gilt Herrn Präsidenten Moser und seinem Team, die dieses<br />

Material ganz hervorragend – das haben wir auch im Ausschuss gesagt – erarbeitet<br />

und dokumentiert haben. Es ist schon so, dass dieser Bericht, den wir vorliegen haben,<br />

ein Bericht über das Einkommen der Frauen generell ist. Wir müssen uns schon<br />

fragen: Wo liegt denn hier Österreich im europäischen beziehungsweise im weltweiten<br />

Vergleich? – Zwischen Mosambik und Ecuador, natürlich nicht geographisch, aber<br />

wenn es um die Einkommen der Frauen geht. Das war für mich erschreckend, meine<br />

Damen und Herren, dass eigentlich seit dem Jahr 1996 ... (Abg. Mag. Lunacek: Und<br />

wie lange ist Ihre Partei an der Regierung?)<br />

Frau Kollegin, wir haben hier alle gemeinsam eine große Aufgabe vor uns, und ich<br />

meine, dass wir die Vorschläge und Maßnahmen, die wir heute Vormittag im Rahmen<br />

der Fragestunde eingebracht und auch angeregt haben, gemeinsam umsetzen sollten.<br />

(Abg. Mag. Lunacek: Machen Sie es einfach!)<br />

Klar ist auf jedenfalls – das zeigt sich eindeutig, denn es wurde auch die Teilzeitarbeit<br />

der Frauen genau unter die Lupe genommen –: Mit der Kindererziehungsphase, mit<br />

der Karenzzeit, aber auch mit der Pflege in der Familie findet ein Abbruch der<br />

Berufstätigkeit statt, wodurch es natürlich auch zu einem Einbruch beim Einkommen,


206 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm<br />

beim Gehalt kommt. Ich habe mir sagen lassen – und das ist das Ergebnis einer<br />

Studie –, dass durch die Karenzzeit, durch diese Karenzphase den Frauen bis zu<br />

60 000 € verloren gehen.<br />

Dieser Bericht dokumentiert auch, Frauen verdienen 56 Prozent des mittleren Männereinkommens<br />

im Handel, Kredit- und Versicherungswesen und in der Erbringung von<br />

sonstigen öffentlichen und persönlichen Dienstleistungen. Im Beherbergungs- und<br />

Gaststättenwesen ist der Unterschied mit 74 Prozent geringer. Sie kommen also in<br />

keinem Bereich, in keinem Dienstleistungsbereich, in keiner Berufsgruppe nur annähernd<br />

an die Herren heran.<br />

Wir haben uns auch angeschaut, und das ist auch sehr schön aufgelistet: Bei einer<br />

durchgängigen Betriebszugehörigkeit von 20 Jahren oder mehr gibt es eine Annäherung<br />

bis zu 89 Prozent des Einkommens von Männern. Auch da schaffen wir einfach<br />

keine Gleichheit.<br />

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser Einkommensbericht sollte Grundlage<br />

sein für den Nationalen Aktionsplan, den die Frau Bundesministerin heute angesprochen<br />

hat, wo wir uns quer durch alle Ministerien, quer durch alle Materien wirklich<br />

sehr, sehr anstrengen müssen, um das, was gerecht ist, auch Wirklichkeit werden zu<br />

lassen, nämlich gleicher Lohn für gleiche Arbeit. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie<br />

bei Abgeordneten der SPÖ.)<br />

19.19<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Gradauer.<br />

Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.<br />

19.19<br />

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ): Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren!<br />

Zum Einkommensbericht: Gratulation an den Rechnungshof! Er ist sehr übersichtlich,<br />

es gibt eine ganze Reihe von Neuerungen – bis hin zu einer CD, wodurch eine<br />

Weiterbearbeitung möglich ist.<br />

Zum Inhalt des Berichtes selbst: Er gibt einen sehr guten Überblick über das, was in<br />

Österreich im Einkommensbereich passiert. Was mir besonders aufgefallen ist, ist der<br />

Umstand, dass der Kaufkraftverlust seit 1998 besonders in den unteren Einkommensschichten<br />

zu verzeichnen ist und dass es einen Trend dahin gehend gibt, dass niedrige<br />

Einkommen langfristig sinken. Deshalb waren unsere Bemühungen bei der Steuerreform<br />

darauf gerichtet, dass wir besonders im unteren Einkommensbereich mehr tun,<br />

dass wir mehr Geld dafür aufwenden und dass wir einen anderen Einstiegssteuersatz<br />

einführen, nämlich 25 Prozent. Leider konnten wir uns mit unseren Vorstellungen nicht<br />

durchsetzen. Die Menschen draußen werden es erfahren.<br />

Ich sehe ein großes Problem, wenn es darum geht, Manager von staatsnahen Betrieben<br />

zu verabschieden, weil sie nicht ordentlich gearbeitet oder Dinge angestellt<br />

haben, die nicht passen, wie zum Beispiel Spekulationsgeschäfte betrieben haben, wie<br />

das etwa bei den ÖBB der Fall war. Da fehlen meiner Meinung nach klare Regeln, wie<br />

man damit umgeht, wie man mit Abfertigungsansprüchen dieser Manager umgeht und<br />

wie mit den Gehaltsvorstellungen umzugehen ist, welche Deckelung da möglich ist.<br />

Unserer Auffassung nach kann es nicht sein, dass, so wie es in der Vergangenheit<br />

war, große Schäden entstehen und die dafür verantwortlichen Manager, die sozusagen<br />

unglücklich agiert haben, auch noch Abfertigungsansprüche bekommen.<br />

Ich habe einen Wunsch – ich weiß, dass er wahrscheinlich nicht erfüllt werden wird –,<br />

und zwar wünsche ich mir, dass im Einkommensbericht für das Jahr 2009 drinnen<br />

steht, dass die Regierung viel Geld in die Hand genommen hat, nämlich, wie von der<br />

EU verlangt, 5 Prozent des BIP, um die Konjunktur in Österreich anzukurbeln, damit es


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 207<br />

Abgeordneter Alois Gradauer<br />

in Österreich zu keiner ausufernden Arbeitslosigkeit kommt. Wir kennen alle die<br />

Prognose, dass 500 000 Leute arbeitslos werden könnten, und um das zu vermeiden,<br />

würden wir dieses viele Geld brauchen. Aber ich wünsche mir auch, dass in diesem<br />

Bericht drinnen steht, dass Österreich per Gesetz veranlasst hat, dass diese Budgetmittel<br />

in fünf Jahren wieder zurückzuzahlen sind.<br />

Ich weiß, das ist ein Wunsch – aber vielleicht passiert noch ein Wunder! – Danke.<br />

(Beifall bei der FPÖ.)<br />

19.21<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete<br />

Schenk. Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.<br />

19.22<br />

Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ): Herr Präsident! Herr Rechnungshofpräsident!<br />

Sehr geehrte Damen und Herren! Für den erstellten Bericht des Rechnungshofes<br />

bedanke ich mich an dieser Stelle sehr herzlich beim Rechnungshofpräsidenten und<br />

bei seinen Mitarbeitern, die solch ein umfassendes Regelwerk mit weiteren Verbesserungen<br />

erarbeitet haben.<br />

Der nun vorliegende Bericht, der schon im Ausschuss behandelt wurde, liefert hauptsächlich<br />

Informationen zur Höhe und zur Struktur der Einkommensverteilung in den<br />

Jahren 2006 und 2007. Das heißt, er dokumentiert, wie viel Geld Personen in unterschiedlichen<br />

beruflichen Positionen in verschiedenen Branchen mit bestimmten Arbeitszeiten<br />

verdienen.<br />

Meine sehr geehrten Damen und Herren, was zeigt uns dieser Bericht? – Er zeigt uns<br />

nichts Neues, denn er zeigt einmal mehr auf, dass Frauen deutlich weniger verdienen<br />

als Männer. Und warum? – Weil Frauen überwiegend in Niedriglohnbranchen, nämlich<br />

in Hilfs- und Dienstleistungstätigkeiten, wie zum Beispiel im Pflege- und Betreuungsbereich,<br />

beschäftigt werden und der Frauenanteil in Führungspositionen äußerst gering<br />

ist.<br />

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Tatsache, dass Frauen aufgrund ihrer familiären<br />

Situation auf Teilzeitbeschäftigung angewiesen sind. Dabei besonders alarmierend ist<br />

folgendes Faktum: 2007 waren 89 Prozent aller Teilzeitbeschäftigten Frauen. Und das<br />

mittlere Einkommen von Frauen betrug nur 59 Prozent des mittleren Männereinkommens.<br />

Aber diese Tendenz hat sich schon vor langer Zeit abgezeichnet. Da hätte man schon<br />

viel früher reagieren sollen. Meines Erachtens sind da vor allem die Damen von der<br />

Gewerkschaft gefordert. Jetzt heißt es, nicht nur groß zu reden, sondern sich endlich<br />

bei Kollektivvertragsverhandlungen ein- und vor allem durchzusetzen. (Beifall beim<br />

BZÖ.)<br />

Gerade die Fraktion der Bundesministerin Heinisch-Hosek ist mehrheitlich in der<br />

Gewerkschaft vertreten, und als langjährige Frauen- und Gleichbehandlungssprecherin<br />

der SPÖ hätte sie schon längst reagieren sollen, ja sogar reagieren müssen. Ihre<br />

Aussage, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ, der Bericht sei ein<br />

klarer Handlungsauftrag, ist für mich daher unglaubwürdig. Für mich ist dieser Bericht<br />

quasi eine letzte Mahnung, bevor wir zum Schlusslicht in Europa werden.<br />

Wir vom BZÖ werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass unsere Frauen mehr verdienen.<br />

Zum Beispiel fordern wir die Forcierung der Ausbildung für Tagesmütter,<br />

Investitionen in Kinderbetreuungsplätze auch als Konjunkturmaßnahme und einen<br />

Mindestlohn von 1 000 € netto, denn Arbeit muss entsprechend und gerecht entlohnt<br />

werden. – Vielen Dank. (Beifall beim BZÖ.)<br />

19.24


208 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete<br />

Mag. Schwentner. Gewünschte Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.<br />

19.25<br />

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner (Grüne): Herr Präsident! Herr Rechnungshofpräsident!<br />

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die österreichische Frauenpolitik<br />

und der österreichische Fußball haben etwas gemeinsam: In beiden Sparten spielt<br />

Österreich in der untersten Liga. Wir stehen international an 121. Stelle von 130 Ländern,<br />

was die Einkommensdifferenz von Frauen und Männern anbelangt. Wir stehen<br />

im EU-Vergleich, wie wir es heute schon öfter gehört haben, an 26. Stelle von<br />

27 Ländern und damit an vorletzter Stelle. Die Frauenpolitik hat offensichtlich das<br />

gleiche Dilemma und braucht das Gleiche wie der österreichische Fußball: eine gute<br />

Trainerin! Und das seit Jahren, ja seit Jahrzehnten, würde ich behaupten. (Beifall bei<br />

den Grünen.)<br />

Deshalb ist es auch verwunderlich, dass die Kollegin von der ÖVP meinte, es müsse<br />

jetzt ganz dringend etwas passieren, zumal wir alle genau wissen, dass schon vor<br />

Jahrzehnten etwas hätte passieren müssen, aber eben leider nichts passiert ist.<br />

Wenn man sich diesen Bericht des Rechnungshofes anschaut und dabei lediglich die<br />

Überschriften liest, dann sieht man schon daran, dass er unter anderem ein wirklich<br />

alarmierendes Dokument von verfehlter Frauenpolitik ist, denn da steht: Frauen verdienen<br />

in allen Beschäftigungsgruppen weniger; Frauen sind überproportional in<br />

Branchen mit niedrigen Einkommen tätig, und auch innerhalb der Branchen verdienen<br />

Frauen weniger als Männer; überproportionale Beschäftigung von Frauen in Hilfs- und<br />

Dienstleistungstätigkeiten; geringer Anteil von Frauen in Führungspositionen; die Teilzeitarbeit<br />

ist ein weibliches Phänomen.<br />

Das waren jetzt nur die Überschriften – und es ist eigentlich erbärmlich, was schon aus<br />

diesen herauszulesen ist.<br />

Es ist zudem interessant, wann der Bericht des Rechnungshofes erscheint, und zwar<br />

dann, wenn sich Österreich im Tiefschlaf befindet, nämlich zwischen Weihnachten und<br />

Neujahr. Das heißt, es gab wenig Möglichkeit, die Ergebnisse der Prüfungstätigkeit des<br />

Rechnungshofes zu diskutieren. Und auch jetzt ist es Abend, und es scheint nur mehr<br />

wenige zu berühren, dass es wirklich eklatante Einkommensdifferenzen zwischen<br />

Frauen und Männern in unserem Land gibt.<br />

Die Ergebnisse der Prüfungstätigkeit des Rechnungshofes fallen aber nicht plötzlich<br />

vom Himmel, sondern diese Fakten gibt es schon seit Jahrzehnten. Es gibt schon<br />

jahrelang eine große Einkommensdifferenz zwischen Männern und Frauen als Folge<br />

einer verfehlten Frauenpolitik.<br />

Unzählige Versprechungen zum Internationalen Frauentag helfen uns da leider nur<br />

wenig, sind uns da wenig Trost, wenn nur drei Tage nach den unzähligen Versprechungen<br />

eine Steuerreform beschlossen wird, die 1,7 Millionen Frauen einfach<br />

nicht berücksichtigt, nämlich 1,7 Millionen Frauen, die unterhalb der Lohnsteuergrenze<br />

sind und daher nichts von der Steuerreform haben.<br />

Trotz der wirtschaftlich guten Zeiten war es so, dass 2007 die Einkommensunterschiede<br />

zwischen Männern und Frauen stark gewachsen sind. Jetzt stehen wir<br />

vor einer massiven Wirtschaftskrise, und man fragt sich: Wie wird sich das weiterentwickeln,<br />

wenn nicht ganz schnell etwas passiert, wenn nicht konkrete Maßnahmen<br />

durchgesetzt werden und wenn nicht ein Nationaler Aktionsplan so schnell wie möglich<br />

mit verbindlichen Handlungsaufträgen auf dem Tisch liegt? (Beifall bei den Grünen.)<br />

Konjunkturpakete, die nicht nur aus Umweltgründen, wie in den siebziger Jahren,<br />

geschnürt werden und in erster Linie die Bauwirtschaft berücksichtigen, kommen den


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 209<br />

Abgeordnete Mag. Judith Schwentner<br />

Frauen überhaupt nicht zugute. Und es ist auch zynisch, wenn die Frauenministerin<br />

oder die Infrastrukturministerin in diesem Zusammenhang dann meinen, dass es für<br />

Frauen sehr gut ist, wenn Bahnhöfe beziehungsweise der öffentliche Verkehr ausgebaut<br />

werden. Denn: Die Männer fahren ja mit dem Auto, und die Frauen dürfen<br />

dann, in ein paar Jahren, offensichtlich mit der Straßenbahn oder mit dem Zug zur<br />

Arbeit fahren. Das ist höchst „witzig“ in diesem Zusammenhang!<br />

Meine Damen und Herren! Wir brauchen mehr Kinderbetreuungsplätze. Wir brauchen<br />

mehr adäquate Vollzeitjobs für Frauen. Wir brauchen eine Förderung von Betrieben,<br />

die Frauen fördern. Wir brauchen eine flächendeckende Kinderbetreuung. Und wir<br />

brauchen einen gesetzlichen Mindestlohn von 1 000 € netto. Das möchte ich hier<br />

besonders betonen. Leider hat Herr Minister Hundstorfer die Umsetzung dieser Maßnahme<br />

offensichtlich wieder aufgeschoben, aus ich weiß nicht welchen Gründen – aus<br />

bürokratischen Gründen, wie es hieß –, und das ist enorm traurig. Wir brauchen auch<br />

ein Konjunkturpaket, das die Bereiche Soziales und Bildung und damit auch die<br />

Branchen, in denen Frauen aktiv und tätig sind, fördert. – Danke. (Beifall bei den<br />

Grünen.)<br />

19.28<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete<br />

Schönpass. Eingestellte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.<br />

19.29<br />

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich nehme<br />

Bezug auf den Einkommensbericht und habe eine Bitte an Sie, Herr Präsident Moser:<br />

Vielleicht könnte man auch einmal die Einnahmen der Gemeinden oder die Ungerechtigkeiten<br />

bei den Einnahmen der Gemeinden durchleuchten!<br />

Nun zum vorliegenden Bericht: Er belegt leider wieder, dass Frauen in Österreich in<br />

allen Beschäftigungsgruppen nach wie vor wesentlich weniger verdienen als Männer.<br />

In der Privatwirtschaft fällt dieser Unterschied noch immer viel stärker als im öffentlichen<br />

Bereich aus. Die Ursachen für die Einkommensschere wurden von meiner<br />

Kollegin Ruth Becher bereits ausführlich ausgeführt.<br />

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Frauen leisten so vielfältige und unverzichtbare<br />

Arbeit für unsere Gesellschaft, dass endlich mit der Unterbewertung und der Geringschätzung<br />

ihrer Arbeit Schluss sein muss.<br />

Sehr geehrte Damen und Herren! Es liegt an uns, den vorliegenden Bericht nicht nur<br />

zur Kenntnis zu nehmen, sondern auch Erkenntnisse daraus zu ziehen und demgemäß<br />

zu handeln. Ich appelliere an Sie alle: Unterstützen wir unsere Frauenministerin<br />

Heinisch-Hosek bei ihren Maßnahmen, damit der Rechnungshof in ein paar Jahren<br />

positive Berichte legen kann! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)<br />

19.30<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Lettenbichler.<br />

Redezeit: ebenfalls 2 Minuten. – Bitte.<br />

19.31<br />

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr<br />

geehrter Herr Rechnungshofpräsident! Hohes Haus! Vorweg ein Dank an alle<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rechnungshof für die, wie schon gewohnt, sehr<br />

gute Aufbereitung des Zahlenmaterials. Aber es gibt darunter doch einige Punkte, die<br />

einer Erklärung bedürfen. Im Hinblick darauf lassen Sie mich als Tiroler Abgeordneten<br />

auf die Untersuchung der Einkommenssituation bei den unselbständig Beschäftigten<br />

eingehen.


210 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Mag. Josef Lettenbichler<br />

Bei den unselbständig Beschäftigen liegt Tirol im Bundesländervergleich an letzter<br />

Stelle mit einem durchschnittlichen Einkommen in der Höhe von rund 21 900 €. Das<br />

sind fast 2 000 € Differenz zum Österreichdurchschnitt. Diese Zahlen kann ich so nicht<br />

im Raum stehen lassen, denn Tirol hat in den vergangenen Jahren nachweislich ein<br />

größeres Wirtschaftswachstum gehabt als Gesamtösterreich. Wir hatten bei der<br />

Arbeitslosigkeit, gemeinsam mit Oberösterreich und alternierend mit Salzburg, die<br />

niedrigsten Raten. Wir hatten Rekordbeschäftigung.<br />

Dazu muss man wissen, dass Tirol das Tourismusland Nummer eins ist. Wir verzeichnen<br />

mehr Nächtigungen als Griechenland. Das Zillertal alleine hat mehr Nächtigungen<br />

als das Burgenland. Erfreulicherweise finden Zehntausende Menschen auch<br />

in den zahlreichen Seitentälern in der Freizeitwirtschaft ihr berufliches Auskommen,<br />

und da vor allem in der Saisonbeschäftigung, und zwar im Winter.<br />

Hier kommt es in der statistischen Erhebung doch zu einer erheblichen Verzerrung. So<br />

wird zum Beispiel das Einkommen eines deutschen Saisonniers, etwa eines Kellners<br />

auf einer Schihütte, welches er nur für vier Monate bezogen hat, für die statistische<br />

Erhebung auf das gesamte Jahr umgelegt, und diese Verzerrung passiert in der<br />

Statistik tausendfach.<br />

Man braucht kein großer Rechner zu sein, um festzustellen, dass aus einem tatsächlichen<br />

Monatseinkommen von etwa 3 000 € brutto dann, wenn es auf ein ganzes<br />

Jahr umgelegt wird, plötzlich nur mehr 1 250 € pro Monat werden. Hält man sich vor<br />

Augen, dass die Versicherungsdauer einer im Tourismus beschäftigten Person in Tirol<br />

im Durchschnitt bei 173 Tagen liegt, dann weiß man, zu welchen Verzerrungen es hier<br />

kommt.<br />

Das Bedauerliche daran ist, dass mit diesen Zahlen Politik gemacht wird. So ging in<br />

Tirol ein ehemaliger Arbeiterkammerpräsident und ein im Nationalratswahlkampf kläglich<br />

Gescheiterter mit der Aussage: In Tirol verdient man am wenigsten, hausieren und<br />

stellte Tirol regelrecht als Armenhaus Österreichs dar. Dieses kümmerliche Schauspiel<br />

wiederholt sich nun leider auch im gerade stattfindenden AK-Wahlkampf. Aber das<br />

stimmt so nicht, und dagegen verwahre ich mich.<br />

Die Tiroler Wirtschaft und Industrie ist ein guter Arbeitgeber und bezahlt ihre Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter nicht schlechter als irgendwo anders in Österreich. Den<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Rechnungshofes ist hiebei jedoch kein Vorwurf<br />

zu machen, denn sie setzen lediglich die Berechnungen laut den vorgegebenen<br />

gesetzlichen Kriterien um.<br />

Wir als Parlamentarier sind da hingegen gefordert. Wir sollten uns Gedanken darüber<br />

machen, ob es nicht bessere Berechnungsmethoden gibt, die auch die tatsächliche<br />

Situation wiedergeben. Ich ersuche Sie dabei um Ihre Mithilfe. – Danke. (Beifall bei der<br />

ÖVP.)<br />

19.34<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter<br />

Mag. Kogler. Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.<br />

19.34<br />

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Herr Präsident! Herr Rechnungshofpräsident,<br />

dieser Bericht ist im Wesentlichen ein statistisches Werk, das zwar immer<br />

besser von Ihrem Haus aufbereitet wird, was aber, wie noch nicht erwähnt wurde, in<br />

einer durchaus zufriedenstellenden und sehr guten Zusammenarbeit mit der Statistik<br />

Austria passiert. Das sei auch hier im Haus anerkannt.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 211<br />

Abgeordneter Mag. Werner Kogler<br />

Wir hier sind es ja, die Sie, den Rechnungshof, dazu verdonnert haben, diese Berichte<br />

zu legen. Aber auch hier gilt wieder: Nach anfänglicher Skepsis stellen wir fest, dass<br />

das ein wunderbarer statistischer Apparat zur Politikberatung ist. Dafür vielen Dank!<br />

Nun gleich zu den inhaltlichen Aussagen, die wir aus diesem Bericht herauslesen<br />

können.<br />

Die Frage des „Gender Gap“ im Einkommen ist schon releviert worden, aber das, was<br />

man in der ganzen dramatischen Entwicklung, in der Dynamik auch sehr gut sehen<br />

kann, sind die Realeinkommensverteilungen, und zwar durchaus auch netto, also nach<br />

Abzug der Steuer, und da stellen wir fest, dass das untere Dezil, dass die untersten<br />

10 Prozent nicht nur eine Stagnation wie vor fünf oder vor zehn Jahren aufweisen,<br />

sondern wirklich real abnehmen, also auch nach Abzug der Steuer.<br />

Da sind wir wieder bei dem Punkt angelangt, wo wir gestern waren: dass die Steuerreform<br />

für diese Einkommensgruppe gar nichts tut. Das geht definitorisch gar nicht,<br />

weil in diesem Bereich gar keine Steuersenkung mehr erfolgen kann.<br />

Das zweite Auffällige ist, dass jene Anteile an den Erwerbstätigen, die jetzt schon seit<br />

fünf bis zehn Jahren in ihrem Einkommen stagnieren, immer größer werden. Mittlerweile<br />

sind wir bei einem Drittel, fast bei 40 Prozent angelangt, wo gilt, dass in den<br />

letzten Jahren nichts mehr hinzugekommen ist.<br />

Jetzt ist mit der starken Senkung der Inflationsrate, die für dieses Jahr erwartet wird,<br />

und mit der Wirkung der Steuerreform in diesen Einkommensbereichen schon eine<br />

Verbesserung zu erwarten. Okay! Aber grosso modo sind die Trends eindeutig. Das<br />

kann man aus diesem Bericht gut herauslesen. Das war aber nicht beabsichtigt.<br />

Ich sage es noch einmal: Das ist ein wunderbarer politischer Beratungsapparat!<br />

Letzter Punkt in diesem Zusammenhang: Wir haben heute hier in der Früh die<br />

Frauenministerin in der Fragestunde befragt, und sie hat darauf verwiesen, dass sie<br />

einen Anstecker hat, an welchem erkennbar ist, dass 1 € Einkommen für einen Mann<br />

ein wesentlich geringeres Einkommen als für eine Frau bedeutet. Wie man das jetzt<br />

auch immer berechnen mag, ohne Bereinigung – Vollzeitäquivalent, Teilzeitäquivalent<br />

– sind es überhaupt nur 60 Prozent plus/minus, und im bereinigten Bereich sind<br />

es immer noch 22 Prozent weniger. Wir wissen, dass das verschiedenste Ursachen<br />

hat. Ich brauche sie hier nicht zu wiederholen. Aber so viel sollte schon einmal klar<br />

werden: dass die Maßnahmen der Politik zumindest eine Trendwende einleiten<br />

müssen.<br />

Jetzt ist es so, dass wir feststellen müssen, auch wenn es gegenüber dem letzten<br />

Bericht nur 1 Prozent war, so hat es sich doch noch verschlechtert. Ich betone: Es hat<br />

sich verschlechtert! Das, meine Damen und Herren, kann es ja wohl nicht sein.<br />

Eine kleine parteipolitische Schlussbemerkung noch: Ich verstehe überhaupt nicht, wie<br />

Sie mit dem Finger auf die grüne Fraktion zeigen können oder wollen, weil wir eine<br />

Quotenregelung haben oder vielleicht sogar jetzt einmal eine Vorsitzende in der Partei.<br />

In vielen gesellschaftlichen Bereichen – und das zeigt eine hundertjährige statistische<br />

Erfassung – ist es zwingend notwendig, dass etwas weitergeht. Also insofern erkläre<br />

ich die grüne Fraktion für das Normale – und die anderen sollen einmal schauen, wo<br />

sie sich einordnen. (Beifall bei den Grünen.)<br />

19.38<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt nun der Herr Präsident des Rechnungshofes<br />

Dr. Moser. Ich erteile es ihm.


212 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Präsident des Rechnungshofes Dr. Josef Moser<br />

19.38<br />

Präsident des Rechnungshofes Dr. Josef Moser: Sehr geehrter Herr Präsident!<br />

Hohes Haus! Ich möchte mich zunächst sehr herzlich dafür bedanken, dass dieser<br />

Bericht hier auf so positiven Boden gefallen ist.<br />

Bezug nehmend auf den Redebeitrag des Abgeordneten Kogler möchte ich darauf<br />

hinweisen, dass dieser Bericht in einem hervorragenden Zusammenwirken zwischen<br />

dem Rechnungshof und der Statistik Austria erstellt wurde. (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)<br />

Ich möchte es daher nicht verabsäumen, hier den Mitarbeitern der Statistik Austria<br />

besonders zu danken, und da vor allem Herrn Mag. Bauer, der wirklich mit großem<br />

Engagement diese statistischen Daten aufbereitet hat. (Abg. Grosz: Berger auch!)<br />

Ich kann Ihnen versichern, dass wir den Weg, den wir gegangen sind, nämlich diesen<br />

Bericht noch lesefreundlicher und aussagekräftiger zu machen, auch in Zukunft<br />

weitergehen werden, damit Sie tatsächlich ein Werk haben, das es Ihnen ermöglicht,<br />

Ihre Politik darauf aufzubauen.<br />

Ich danke für die Aufmerksamkeit und für das Lob – und noch einmal der Statistik<br />

Austria. Danke sehr! (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)<br />

19.39<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist hiezu niemand mehr gemeldet. Ich<br />

schließe daher die Debatte.<br />

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.<br />

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Rechnungshofausschusses,<br />

den vorliegenden Bericht III-13 und Zu III-13 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.<br />

Ich bitte jene Damen und Herren, die für dessen Kenntnisnahme eintreten, um ein<br />

Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.<br />

25. Punkt<br />

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser, Kolleginnen<br />

und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem NS-Unrechtsurteile aufgehoben<br />

werden (NS-Aufhebungsgesetz) (374/A)<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zum 25. Punkt der Tagesordnung.<br />

Wir gehen in die Debatte ein.<br />

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser.<br />

Gewünschte Redezeit: 4 Minuten. Ich erteile ihm das Wort.<br />

19.40<br />

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren!<br />

Die erste Lesung zu unserem Initiativantrag betreffend NS-Aufhebungsgesetz ist uns<br />

ein ganz besonderes Anliegen. Es ist uns wichtig, dieses Thema jenseits der<br />

Parteipolitik über die Parteigrenzen hinweg zu diskutieren und gemeinsam in Angriff zu<br />

nehmen.<br />

Inhaltlich geht es um die Aufhebung von NS-Unrechtsurteilen. Der Initiativantrag, der<br />

Ihnen vorliegt und sehr umfassend ist, ist, wie Sie unschwer erkennen können, von<br />

einem Experten verfasst worden, und zwar von Universitätsprofessor Moos. Wir<br />

möchten uns da gar nicht mit fremden Federn schmücken, sondern uns bei ihm dafür<br />

bedanken.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 213<br />

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser<br />

Ich möchte anerkennen, dass es hier im Parlament schon öfters Initiativen, Gesetzesinitiativen,<br />

gegeben hat, das Problem Unrechtsurteile der NS-Zeit aufzuarbeiten, in den<br />

letzten Jahren hat es aber auch Anfragebeantwortungen aus dem Justizministerium<br />

gegeben, aus denen wieder klar ersichtlich wurde, dass es immer noch Lücken bei der<br />

Aufhebung von NS-Unrechtsurteilen gibt. Im Kern geht es einerseits um die Opfer der<br />

NS-Militärjustiz und andererseits um die Opfer der Entscheidungen hinsichtlich<br />

Zwangssterilisation.<br />

In der NS-Zeit sind in Österreich rund 6 000 Zwangssterilisationen vorgenommen worden.<br />

Es hat schon genügt, dass man eine vermeintliche Krankheit wie – das wurde<br />

damals so genannt – Schwachsinn, Schizophrenie, manisch-depressives Irresein, aber<br />

auch Epilepsie, Chorea Huntington, Blindheit, Taubheit, körperliche Missbildungen<br />

oder Alkoholismus hatte, um vom NS-Regime verfolgt zu werden und dann auch eine<br />

Entscheidung auf Zwangssterilisation zu bekommen.<br />

Ich möchte aus einer Entscheidung zitieren, weil diese, so glaube ich, sehr gut zeigt,<br />

wie diese Fälle damals ausgesehen haben. Es geht um die damals 21-jährige Hermine<br />

B. – das war 1941. Damals hat das Erbgesundheitsobergericht Folgendes entschieden:<br />

Bei der Beantragten handelt es sich um einen Schwachsinn, der sich hauptsächlich auf<br />

moralischem Gebiet auswirkt. Die Schulleistungen der Betroffenen waren unter dem<br />

Durchschnitt, die Lebensbewährung sagt, vollkommen. Wenn sie nicht unter strenger<br />

Aufsicht stand, führte sie einen liederlichen Lebenswandel. – Zitatende.<br />

Das hat in der NS-Zeit genügt, um zwangssterilisiert zu werden.<br />

Ich glaube, ich kann davon ausgehen, es gibt Konsens dahin gehend, dass derartige<br />

Urteile durch den Gesetzgeber beseitigt werden müssen. Diesen Schritt müssen wir<br />

setzen, denn rein formal-juristisch sind diese NS-Unrechtsurteile nach wie vor aufrecht,<br />

in Geltung. Ich denke, wir sind es den Opfern des NS-Regimes schuldig, dass wir<br />

diese Urteile auch formal beseitigen.<br />

Es ist schade, dass sich niemand von der ÖVP zu diesem Tagesordnungspunkt zu<br />

Wort gemeldet hat, meine Einladung geht nämlich auch ausdrücklich an die ÖVP,<br />

gemeinsam mit uns diese Sache wirklich in Angriff zu nehmen. Ich möchte auch mit<br />

Justizministerin Bandion-Ortner reden und hoffe, da auch das Justizministerium als<br />

Bündnispartner zu gewinnen.<br />

Die Regierung hat der Opposition immer wieder versprochen, dass seriöse Initiativanträge<br />

gerne aufgegriffen und umgesetzt werden. Ich glaube, das ist genau solch ein<br />

Anliegen, wo wir gemeinsam jenseits der Parteipolitik einen wichtigen inhaltlichen und<br />

symbolischen Schritt setzen können.<br />

In diesem Sinne hoffe ich, dass das der Beginn ist, die Lücken bei der Rehabilitierung<br />

der NS-Justizopfer endgültig zu beseitigen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen<br />

sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)<br />

19.44<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter<br />

Pendl. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.<br />

19.44<br />

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und<br />

Herren! Hohes Haus! (Abg. Mag. Stadler: Wann werden Sie Klubobmann? – Heiterkeit<br />

des Redners.) Kollege Steinhauser, es ist das ein umfangreicher Antrag, aber auch ich<br />

bin der Meinung, dass man die Fälle, die wir auch aus den Medien kennen, endlich<br />

einer Behandlung und der Gerechtigkeit zuführen sollte.


214 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Otto Pendl<br />

Ich bin sicher, dass wir im Ausschuss darüber eine ausgiebige Diskussion führen<br />

werden, darf aber auch einladen und bitte, zu versuchen, dieses Thema mit der notwendigen<br />

Ernsthaftigkeit, unter Aufwendung der erforderlichen Zeit und einer ordentlichen<br />

Termingestaltung zu lösen – und nicht immer wieder gerade dann, wenn jemand<br />

in den Medien einen Bericht gehört hat darüber, was in der furchtbaren Zeit passiert ist,<br />

das also nicht immer anlassbezogen zu debattieren, sondern das gehört aufgearbeitet<br />

und erledigt. Ich lade Sie zu einer interessanten Diskussion im Ausschuss ein. –<br />

Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)<br />

19.45<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter<br />

Mag. Stefan. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.<br />

19.46<br />

Abgeordneter Mag. Harald Stefan (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte<br />

Damen und Herren! Es wird hier der Eindruck erweckt, dass es in diesem Zusammenhang<br />

keine entsprechenden Gesetze gibt. Tatsächlich gibt es aber das Aufhebungsgesetz<br />

aus 2005, das auf das Aufhebungs- und Einstellungsgesetz 1945 und das<br />

Befreiungsamnestie-Gesetz 1946 verweist. Ich habe den Eindruck, dass man da<br />

wieder einmal ein bisschen aufpassen muss, dass zwar einerseits sicherlich richtige<br />

Ansätze zu finden sind, andererseits aber die Ex-post-Betrachtung, also die Betrachtung<br />

der Geschichte mit der Brille der Gegenwart hier auch Probleme schafft.<br />

Ich möchte zwei Dinge aufzeigen, die ich in diesem Antrag gefunden habe und als<br />

problematisch erachte. Das eine ist das Befreiungsamnestie-Gesetz aus dem Jahr<br />

1946.<br />

Ich möchte Ihnen nur kurz zur Kenntnis bringen, was das besagt, nämlich:<br />

„Wegen strafbarer Handlungen ..., die zwischen dem Tag der Befreiung“ – das heißt,<br />

jeweils nach dem Bundesland unterschiedlich, 1945, so die Diktion – „... und dem<br />

25. November 1945 vorwiegend zu dem Zwecke gesetzt worden sind, die Einrichtung<br />

der Republik Österreich als demokratischen Staat zu sichern, nationalsozialistisches<br />

Vermögen öffentlichen Interessen dienstbar zu machen oder Opfern der nationalsozialistischen<br />

Herrschaft moralische oder materielle Genugtuung zu verschaffen, ist<br />

kein Strafverfahren einzuleiten, sofern die Strafdrohung nicht über zehn Jahre beträgt.“<br />

Das heißt, sechs Monate lang waren Raub, Vergewaltigung, Diebstahl, Körperverletzung,<br />

Nötigung, wenn sie im Zusammenhang mit der Wiederherstellung der Republik<br />

stattfanden, straffrei. Es ist das aus der damaligen Sicht ein sicherlich verständliches<br />

Gesetz, aber wenn ich an die heutige Rechtsordnung und Rechtslage denke und an<br />

die Einstellung zu derartigen Dingen, dann hätte ich mir erwartet, dass die Grünen so<br />

nach dem Motto „Niemals vergessen!“, aber auch nach der Ansicht: Wir betrachten das<br />

jetzt mit dem Blick der heutigen Zeit!, eher für die Aufhebung eines solchen Gesetztes<br />

eingetreten wären. Das ist allerdings nicht der Fall.<br />

Der zweite Punkt, der sehr problematisch ist in diesem Gesetzesantrag der Grünen,<br />

betrifft die sogenannten Mischverfahren, Mischverurteilungen. Es gab ja Verurteilungen,<br />

die einerseits aufgrund politischer Gesetze stattgefunden haben und andererseits<br />

aufgrund der normalen strafbaren Handlungen, der normalen Strafgesetze. Ein typisches<br />

Beispiel dafür ist die Desertion und in Verbindung damit ein Mord. Diese Mischverurteilungen<br />

sind in späterer Folge so gehandhabt worden, dass das politische Urteil<br />

aufgehoben war und über das strafrechtliche Urteil ein neues Verfahren eingeleitet<br />

wurde.<br />

Richtigerweise wird festgestellt, dass natürlich 64 Jahre nach dem Krieg – das ist eben<br />

jetzt, da dieser Antrag hier eingebracht wurde – all die Straftaten verjährt sind, nicht


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 215<br />

Abgeordneter Mag. Harald Stefan<br />

jedoch Mord. Es wird dann ausdrücklich festgehalten, dass diese Gesetzesbestimmung<br />

in diesem Fall eine spezielle Verfolgungsverjährung für Mord bringen würde. –<br />

Ich sehe nicht ein, warum Deserteure, die zu Mördern geworden sind, anders behandelt<br />

werden sollten als andere Bürger. Allein aus diesem Grund werden wir dem<br />

Gesetzesantrag in dieser Form nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)<br />

19.49<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter<br />

Petzner. Eingestellte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.<br />

19.49<br />

Abgeordneter Stefan Petzner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren!<br />

Liebe Kollegen von den Grünen! Sie haben insofern recht – und im wahrsten Sinne des<br />

Wortes „recht“ –, wenn Sie sagen, dass Unrecht niemals Recht werden darf. Unrecht<br />

darf niemals Recht werden, und insofern ist der Antrag, den Sie hier eingebracht<br />

haben, genau anzuschauen, genau zu prüfen, im Ausschuss genau zu bearbeiten.<br />

Ihr Problem aber, meine Damen und Herren von den Grünen, ist, dass Sie Unterscheidungen<br />

bei den Opfern und den Tätern treffen. Für Sie sind linke Täter, wie wir<br />

sie heute auf der Besuchergalerie erlebt haben, kein Problem. Das ist legitim, das ist<br />

alles in Ordnung, das beklatschen Sie noch. Wenn aber die andere Seite betroffen ist,<br />

dann schreien Sie laut „Skandal!“, dann machen Sie einen Riesenwirbel und fordern<br />

Konsequenzen.<br />

Das heißt, dieses Messen mit zweierlei Maß, das Sie ständig betreiben, ist das<br />

Problem, das Sie haben. Da müssen Sie einmal Ihre Einstellung zum Rechtsstaat, Ihre<br />

Einstellung zur Demokratie hinterfragen. (Beifall beim BZÖ.) Jedes Opfer ist ein Opfer<br />

zu viel, egal, von welcher Seite es kommt, meine Damen und Herren von den Grünen!<br />

Ich bringe Ihnen noch ein aktuelles Beispiel aus Kärnten, das man auch betrachten<br />

muss. Es ist vor Kurzem im slowenischen Laško ein Massengrab gefunden worden.<br />

Und die „Kronen Zeitung“ schreibt auf einer Doppelseite: „Die vergessenen Opfer aus<br />

Kärnten“. – Genau das meine ich, meine Damen und Herren von den Grünen: die<br />

vergessenen Opfer. Es soll nicht sein, dass Opfer, egal von welcher Seite, vergessen<br />

werden! (Abg. Mag. Lunacek: Was hat das mit dem NS-Aufhebungsgesetz zu tun?)<br />

Im Mai 1945 sind auf österreichischer Seite insgesamt 420 Personen von den Tito-<br />

Partisanen und der Tito-Justiz verschleppt worden. 96 Frauen und Männer aus Kärnten<br />

sind getötet worden. Menschen, Kärntnerinnen und Kärntner befinden sich in diesem<br />

Massengrab in Laško. Davon reden Sie nicht, diese Opfer sind Ihnen egal, diese Opfer<br />

vergessen Sie. Die sind Ihnen wurscht – im wahrsten Sinne des Wortes. (Beifall bei<br />

BZÖ und FPÖ.)<br />

Wir fordern auch für diese Opfer Gerechtigkeit, wir fordern, dass vonseiten der österreichischen<br />

Republik damit aufgehört wird, dass die Täter, die Tito-Partisanen Geld<br />

bekommen, Denkmäler haben, Ehrungen und Ehrenmedaillen der Republik Österreich<br />

erhalten. Das ist auch ein Kapitel unserer Geschichte, ein Kapitel dieses Landes, ein<br />

Kapitel der Geschichte Europas, das aufgearbeitet werden muss, das man sich genau<br />

anschauen muss, denn man darf auf kein Opfer vergessen. (Beifall beim BZÖ sowie<br />

bei Abgeordneten der FPÖ.)<br />

Man darf auch nicht auf die Opfer auf unserer Seite, auf die Kriegsgefangenen, die in<br />

Russland zu Tode gekommen sind, vergessen und nicht mehr zu ihren Familien,<br />

Frauen und Kindern nach Österreich zurückgekehrt sind. Die sind Ihnen von den<br />

Grünen auch egal, ich weiß das.<br />

Wenn wir von fragwürdigen Verbindungen der Justiz hin zu Machthabern sprechen,<br />

dann komme ich abschließend noch einmal auf die Causa Mensdorff-Pouilly zu


216 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Stefan Petzner<br />

sprechen, denn das ist die wahre Problematik, wenn sich die Justiz, der Rechtsstaat<br />

mit den politischen Machthabern, in dem Fall von der ÖVP, verhabert ...<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Kollege Petzner, ich darf Sie daran erinnern –<br />

das war auch schon während meiner Vorsitzzeit am Vormittag so –, dass Sie einen<br />

Zusammenhang zur Sache herstellen müssen. (Abg. Petzner: Da ist ein Zusammenhang!)<br />

Ich glaube, dass dieser Fall zu dieser ersten Lesung keinen sachlichen<br />

Zusammenhang hat. Ich bitte Sie daher, einen sachlichen Zusammenhang herzustellen.<br />

Abgeordneter Stefan Petzner (fortsetzend): Herr Präsident! Da muss ich Ihnen, bei<br />

allem Respekt, vehement widersprechen. Ich sehe hier den Zusammenhang sehr wohl<br />

gegeben. (Ironische Heiterkeit bei den Grünen. – Abg. Silhavy: Villacher Fasching!)<br />

Wenn amtierende Richter, wie Frau Cattina Leitner, Richterin des Landes ...<br />

19.53<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Herr Kollege Petzner, das Mikrophon ist jetzt bei mir!<br />

Sie überstrapazieren auch meine Geduld. Am Ende ist es die Entscheidung des Präsidenten,<br />

einen sachlichen Zusammenhang festzustellen.<br />

(Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der FPÖ für den das Rednerpult verlassenden<br />

Abg. Petzner.)<br />

Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.<br />

Ich weise den Antrag 374/A dem Justizausschuss zu.<br />

26. Punkt<br />

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Gerhard Kurzmann, Kolleginnen und<br />

Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zum Schutz<br />

und Erhalt der deutschen Sprache geschaffen wird (404/A)<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zum 26. Punkt der Tagesordnung.<br />

Wir gehen in die Debatte ein.<br />

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann. Gewünschte<br />

Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.<br />

19.55<br />

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen<br />

und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf orientiert sich an einem französischen<br />

Vorbild. Wir nehmen da also nicht die Urheberschaft für uns in Anspruch.<br />

Es gibt in zahlreichen europäischen Ländern ähnliche Sprachschutzgesetze, wie zum<br />

Beispiel in Polen und in Lettland. Das Ziel ist überall dasselbe, nämlich die Maßnahmen<br />

zu verstärken, den Schutz der jeweiligen Landessprache zu verstärken, denn<br />

die Sprache ist nicht nur das wichtigste Verständigungsmittel, das uns zur Verfügung<br />

steht, sondern sie ist auch der wichtigste Träger der Kultur.<br />

Wir haben in den vergangenen Jahren mehrfach Fehlentwicklungen feststellen müssen.<br />

Bei vielen Jugendlichen zum Beispiel, die vor allem die neuen Medien nutzen,<br />

Stichwort „Internet“, verkümmert die sprachliche Ausdrucksfähigkeit nachweislich.<br />

(Abg. Bucher: „Internet“ ist auch nicht Deutsch!) Ein Teil der Werbewirtschaft und auch<br />

viele Halbgebildete, die wir aus den „Seitenblicken“ im ORF kennen, wollen oder<br />

können sich nicht mehr klar und deutlich in der eigenen Muttersprache ausdrücken.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 217<br />

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann<br />

Weiters: Deutsch als Wissenschaftssprache ist ebenfalls seit den zwanziger Jahren<br />

des vorigen Jahrhunderts auf dem Rückzug.<br />

Immer mehr Lehrveranstaltungen, nicht nur im Bereich der Informatik werden in Englisch<br />

abgehalten, aber eines muss man natürlich in diesem Zusammenhang klar festhalten:<br />

Wenn man wirklich die Auffassung vertritt, dass Wichtiges in Zukunft nur mehr<br />

auf Englisch gesagt werden muss, dann wertet man seine eigene Sprache und auch<br />

seine eigene Forschung im Bereich der Wissenschaft ab. (Beifall bei der FPÖ.)<br />

Dass es sich bei unserem Anliegen nicht um ein ideologisch begründetes, sondern<br />

durchaus um ein kulturpolitisches handelt, beweist, dass sich Politiker verschiedenster<br />

weltanschaulicher Richtungen dafür eingesetzt haben, etwa der frühere deutsche<br />

Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, genauso wie Johannes Rau von der SPD,<br />

Abgeordnete der PDS, aber auch Abgeordnete der Liberalen Freidemokraten in der<br />

Bundesrepublik Deutschland.<br />

Damit komme ich zum Schluss. Der große deutsche Humanist Victor von Bülow, vielen<br />

vielleicht besser bekannt als Loriot, hat festgestellt:<br />

„Die Anglisierung unserer Sprache steigert sich allmählich in eine monströse Lächerlichkeit.“<br />

Dem ist nichts hinzuzufügen. Ich glaube, dass dieser Gesetzentwurf überreif ist – und<br />

ich bitte um Zustimmung. (Beifall bei der FPÖ.)<br />

19.57<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete<br />

Mag. Muttonen. Ebenfalls 2 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.<br />

19.57<br />

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und<br />

Herren! Wir stehen der Grundintention dieses Antrags, die deutsche Sprache zu schützen,<br />

natürlich sehr positiv gegenüber. Sie ist ja auch in unserer Bundesverfassung als<br />

Staatssprache festgelegt. Und auch in anderen Gesetzen wie im Schulunterrichtsgesetz<br />

ist Deutsch als Unterrichtssprache verankert.<br />

Wir haben sogar einem gemeinsamen Entschließungsantrag zugestimmt, dass<br />

Deutsch als Arbeitssprache der EU weiter gefördert werden soll, denn Amtssprache ist<br />

es ja bereits. Insgesamt scheint mir also doch ein ausreichender Schutz der deutschen<br />

Sprache vorzuliegen.<br />

Ob nun ein Bundesgesetz, wie hier im Antrag vorgeschlagen, ein geeignetes Instrument<br />

zur Förderung der deutschen Sprache darstellt, ist eine andere Frage. Da habe<br />

ich schon meine Vorbehalte. Aber wir werden sicher im Kulturausschuss noch<br />

ausreichend darüber diskutieren können.<br />

Mehrsprachigkeit, meine Damen und Herren, ist von enormer Bedeutung in unserer<br />

globalen Welt. Ich denke da an den Tourismus, ist denke an die internationalen<br />

Organisationen, an den Export und dergleichen. Hier scheint mir Ihr Antrag viel zu<br />

undurchdacht und restriktiv zu sein – etwa das Gebot, Aufschriften im öffentlichen<br />

Raum in deutscher Sprache zu verfassen. Heißt das, dass wir jetzt am Flughafen alle<br />

fremdsprachigen Namen abmontieren sollen?<br />

Ein Hinweis noch, der mir sehr wichtig ist, meine Damen und Herren. Auch wenn<br />

Deutsch als Staatssprache festgeschrieben ist, so besteht aber genauso die Pflicht, die<br />

Sprache und Kultur der autochthonen Volksgruppen zu fördern und zu sichern. Und<br />

sehr interessant finde ich in diesem Zusammenhang wissenschaftliche Untersuchungen,<br />

wonach eine Fremdsprache oder eine Zweitsprache besser gelernt wird, wenn<br />

man in der Muttersprache fit ist. Das sollten wir bedenken.


218 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordnete Mag. Christine Muttonen<br />

Im Antrag selbst wird in der Begründung auf das französische Sprachschutzgesetz<br />

hingewiesen, das, soviel ich weiß, in der Übersetzung heißt: Gesetz über die Verwendung<br />

der französischen Sprache. Ich bin auch schon neugierig, wie Sie damit umgehen<br />

würden. Wie wollen Sie zum Beispiel, wenn Sie jetzt alles auf Deutsch haben wollen,<br />

„Pommes frites“ und „Ketchup“ übersetzen? Wie wollen Sie das Wort „Airbag“ übersetzen?<br />

Vielleicht mit „Luftsack“?<br />

Außerdem: Schauen Sie sich einmal die Lehnwörter im Deutschen an, dann werden<br />

Sie Augen machen und aus dem Staunen nicht mehr herauskommen, denn Sprache<br />

ist auch etwas Lebendiges. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)<br />

20.00<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete<br />

Mag. Unterreiner. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.<br />

20.00<br />

Abgeordnete Mag. Heidemarie Unterreiner (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident!<br />

Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Muttonen, ein Sprachgesetz ist notwendig,<br />

denn das Bewahren unserer Identität ist das Gewissensthema unserer<br />

Epoche. Keine kulturelle Errungenschaft der Menschen ist in ähnlicher Weise identitätsstiftend<br />

wie die Muttersprache. Sprache ist nicht nur ein Verständigungsmittel,<br />

sondern auch ein Hort der geistigen Überlieferung; ein geistiger und ein ideeller<br />

Schatz, der von Generation zu Generation weitergegeben wird – und deswegen eben<br />

etwas Lebendiges, da gebe ich Ihnen recht. (Beifall bei der FPÖ.)<br />

Deswegen ist aber auch jede Generation verantwortlich für die Lebenskraft der<br />

Sprache. Die Sprache ist, wie mein Kollege Kurzmann schon sagte, die Trägerin des<br />

kulturellen Ausdrucks. Und die Sprache ist es, in der man denkt, in der man fühlt, in der<br />

man träumt. (Abg. Scheibner: O je!) – Nicht „o je!“ So ist das eben. Bewahren der<br />

Sprache, Schutz der Sprache ist daher für uns Freiheitliche ein ganz zentrales<br />

Anliegen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Petzner: Beherrschen Sie sie auch?)<br />

Deswegen soll der Sprache in allen Bildungseinrichtungen – angefangen vom Elternhaus,<br />

das unserer Meinung nach auch eine Bildungseinrichtung ist, über den Kindergarten<br />

bis hin zur Universität – eine herausragende Rolle zukommen. (Abg. Huber: Sie<br />

kontrollieren das?!)<br />

Ich komme noch kurz auf die Themen Märchen, Mythen und Volkslieder zu sprechen,<br />

und ganz wichtig ist auch: Erzählen, Vorlesen, Singen sollte schon in frühester Kindheit<br />

von Bedeutung sein. Der Zugang auch zu unseren Dichtern, zu unseren Denkern ist<br />

wichtig. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.) – Herr Kollege Scheibner, ich bin überzeugt<br />

davon, dass auch du Volkslieder singst, vielleicht manchmal unter den Linden,<br />

am Abend. Ich nehme es halt an. (Heiterkeit bei der FPÖ.)<br />

Ich glaube, dass auch das Erlernen von Gedichten wichtig ist. Das ist nämlich der<br />

sinnliche und der emotionale Zugang zur Sprache, etwas, das auch sehr wichtig ist.<br />

Auch die Beschäftigung mit der klassischen Literatur ist wichtig. (Abg. Petzner: Sie<br />

beherrschen die deutsche Sprache nicht!) Da bin ich überzeugt davon, dass auch Sie<br />

vielleicht einmal Schiller und Goethe lesen, Herr Petzner, und dass Sie Freude daran<br />

haben; das hoffe ich halt. (Abg. Strache: Das glaube ich!)<br />

Wir sind gegen eine Verluderung der deutschen Sprache und deswegen gegen<br />

Anglizismen. Ich finde es einfach lächerlich – Kollege Kurzmann hat das bereits<br />

angesprochen –, was sich diesbezüglich abspielt im ORF: „Prime Time“ heißt es da<br />

beispielsweise nur mehr und so weiter. Das ist ja nicht mehr auszuhalten. (Zwischenruf<br />

des Abg. Grosz.) – Ja, aber das muss man zulassen. (Heiterkeit bei BZÖ und SPÖ.)


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 219<br />

Abgeordnete Mag. Heidemarie Unterreiner<br />

Ich spreche jetzt vom ORF als Kulturträger – es ist wichtig, was dort geschieht – und<br />

fordere, dass dort der Kulturauftrag erfüllt wird und dass auch Werke aus der „Burg“<br />

und Oper wieder Eingang in das ORF-Programm finden. Es ist doch eine Schande,<br />

dass man davon im ORF nichts mehr hört und sieht. (Abg. Petzner: Frau Kollegin!<br />

Können Sie mir sagen, was das „Zwischennetz“ in der FPÖ ist?)<br />

Die Mundart soll gepflegt und geschützt werden; das wäre sozusagen die Weiterentwicklung<br />

der Sprache. Das Beherrschen der deutschen Sprache muss natürlich,<br />

das sagen wir immer wieder, die Voraussetzung für Einbürgerungen sein. (Abg.<br />

Petzner: Ihre Leute sagen zum Internet „Zwischennetz“!) – „Zwischennetz“ habe ich<br />

nie gesagt; da haben Sie mich missverstanden.<br />

Zum Schluss kommend: Die Sprache ist ein Teil unserer geistigen Heimat. Sie ist<br />

daher zu achten und zu wahren. (Beifall bei der FPÖ sowie demonstrativer Beifall bei<br />

Abgeordneten des BZÖ.)<br />

20.04<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Stadler.<br />

Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.<br />

20.04<br />

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Kollegin<br />

Muttonen, das Wort „Pommes frites“ würde der Kollege Weinzinger mit „Bratkartoffelstäbchen“<br />

übersetzen (Heiterkeit beim BZÖ) – und das Wort „Ketchup“, das kann ich<br />

Ihnen auch gleich sagen, sicherlich mit „Tomatenmost“, nein mit „Tomatenausquetschmost“;<br />

das ist noch präziser. Haben Sie es jetzt? (Abg. Mag. Muttonen: Ja, danke!) –<br />

Sehen Sie, so geht das. (Beifall beim BZÖ.)<br />

Meine Damen und Herren, noch nie habe ich hier so etwas gesehen wie das, noch nie<br />

habe ich einen Antrag gefunden, der so sehr seine eigene Berechtigung bewiesen hat<br />

wie eben dieser. Das muss man wirklich sagen. Ich habe mir diesen Antrag übrigens<br />

aus dem Internet herausgeholt – oh Gott, „Internet“ sagte ich; „Zwischennetz“ muss<br />

das natürlich heißen – und habe mir die Genesis, zu deutsch: die Entstehungsgeschichte,<br />

dieses Antrages angeschaut.<br />

Da gab es einen Entschließungsantrag vom 17. Oktober 2007; Zahl 445/A(E). Ich habe<br />

mir diesen Antrag angeschaut und mir gedacht: Das muss doch jetzt wirklich der Hort<br />

des Deutschtums sein. Aber schauen Sie, was ich gefunden habe (der Redner hält<br />

einen Antrag in die Höhe): Insgesamt habe ich vier schwere und den Sinn entstellende<br />

Fehler entdeckt, neun Rechtschreib- und zwei Interpunktionsfehler. (Oh-Rufe beim<br />

BZÖ.) Ja, ich war auch ganz entsetzt – und ich möchte Ihnen jetzt ein paar Kostproben<br />

aus diesem Antrag darbieten:<br />

„Ein weiterer, sehr bedrohliches Gefahrenmoment“ (Heiterkeit) „ist das zum Teil<br />

mäßige Niveau des Deutsch-Unterrichts an unseren Schulen – verursacht vor allem<br />

durch den hohen Ausländeranteilen in Schulklassen.“ – Zitatende. (Heiterkeit.)<br />

Ja, ja, meine Damen und Herren, da hätte ich beinahe gesagt: Daitsches Sprache<br />

schweres Sprache! (Heiterkeit und Beifall beim BZÖ.)<br />

Ich habe mir gedacht, ich schaue mir halt andere Anträge an – und da habe ich einen<br />

weiteren Antrag im „Zwischennetz“ gefunden, und zwar einen Antrag der Abgeordneten<br />

Strache, Rosenkranz, Kickl zum Thema „Erstellung eines jährlichen österreichischen<br />

Islamisierungsberichtes“. In diesem Antrag bin ich gleich auf 35 Fehler<br />

gestoßen: auf 22 Rechtschreibfehler, einen Trennungsfehler, fünf Interpunktionsfehler<br />

und sieben schwere Sinnfehler, meine Damen und Herren. (Heiterkeit und Beifall beim<br />

BZÖ sowie Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)


220 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler<br />

Dann hatte ich die Hoffnung, dass es bei diesem Gesetzesantrag, den Kollege Kurzmann<br />

jetzt stellt, besser wird. Aber leider: Auch dieser ist voller Rechtschreibfehler; ich<br />

habe diese gar nicht gezählt. Aber jetzt komme ich zum Sinn dieses Antrages – und<br />

das muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen.<br />

Kollege Kurzmann schlägt einen „Sprachbeirat“ vor und schreibt dazu Folgendes – ich<br />

zitiere –:<br />

„§ 5 (3) Als Mitglieder des Sprachbeirats“ – da hat er ein „e“ vergessen –„ sind<br />

geeignete Personen heranzuziehen.“ – Na epochal kann man nur sagen!<br />

Kollege Kurzmann will auch einen „Sprachbericht“ – und ich zitiere wieder aus diesem<br />

seinem Antrag:<br />

„§ 6 (1) Der Bundesminister für Unterricht, Kunst und Kultur hat jährlich einen Bericht<br />

zur Lage der deutschen Sprache zu erstellen und dem Nationalrat vorzulegen.<br />

(2) Der Bericht zur Lage der deutschen Sprache hat folgende Punkte zu enthalten:<br />

1.) Lage der deutschen Sprache.“ (Heiterkeit und Beifall beim BZÖ.)<br />

Ich habe gar nicht gewusst, meine Damen und Herren, dass die deutsche Sprache<br />

überhaupt eine Lage hat; aber bei diesem Antrag habe ich schon bemerkt, dass sie<br />

offensichtlich eine Schieflage hat.<br />

Ich zitiere weiter aus diesem Antrag 404/A, was der Bericht „zur Lage der deutschen<br />

Sprache“ noch beinhalten soll:<br />

„2.) Statistik über Verletzungen der deutschen Sprache ...“ – Jetzt weiß ich, dass die<br />

deutsche Sprache ein Sanitätsproblem hat; auch das ist für mich ganz erhellend<br />

gewesen. (Heiterkeit.)<br />

Ich habe mir das aber gestern schon gedacht, als ich mir einiges im Internet – im<br />

„Zwischennetz“ natürlich – betreffend die Firma des Kollegen Roman Haider angeschaut<br />

habe. Aber ich will jetzt darauf gar nicht eingehen, denn auf dieser Homepage<br />

hat es nur so gestrotzt vor Anglizismen. Englisch ist ja diese „böse“ Sprache, die man<br />

nach Ansicht des Kollegen Kurzmann nicht verwenden soll, und das macht ja die FPÖ<br />

sicher nirgends.<br />

Und siehe da, da entdecke ich auch noch ein Plakat der FPÖ, also der „Heimatpartei<br />

FPÖ“, und zwar mit dem Konterfei des HC Strache – und darunter steht bitte: „Du bist<br />

unser Held! We love you.“ – Huch! (Heiterkeit.)<br />

Meine Damen und Herren, das kann doch nicht von einem Anhänger der FPÖ sein!<br />

Nein, das glaube ich nicht! (Heiterkeit und Beifall beim BZÖ.)<br />

Wenn Strache das Wort „Anhänger“ verwendet, dann meint er – wie der Vorsitzende<br />

der FPÖ einmal im Fernsehen gesagt hat – immer „beide Geschlechtsteile“. (Neuerliche<br />

Heiterkeit und Beifall beim BZÖ.)<br />

Meine Damen und Herren, dieses „We love you“, das kann doch nur ein böser Anschlag<br />

auf einem FPÖ-Plakat sein, und zwar von ganz perfiden, hinterhältigen<br />

marxistisch-leninistischen Feministinnen! (Heiterkeit.) – Ich will das aber jetzt nicht<br />

übersetzen, denn das würde wirklich zu weit führen.<br />

Dann habe ich ein anderes FPÖ-Plakat entdeckt und mir gedacht: Na das ist aber jetzt<br />

wirklich deutsch, heißt es doch auf diesem: „Asylbetrug heisst Heimatflug“ – und war<br />

natürlich nicht mit „ß“ geschrieben, sondern mit „ss“.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 221<br />

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler<br />

Ich habe mir gedacht, das passt irgendwie. Das kommt der Sache schon sehr viel<br />

näher. Mit dem Genetiv stehen Sie auf anderen Plakaten auch auf Kriegsfuß.<br />

(Abg. Strache: Der Herr Sektierer!)<br />

Daher war ich bemüht, wirklich ein Elaborat, einen geistigen Erguss zu finden, wo<br />

wirklich einmal deutsch drinnen ist, wo auch „deutsch“ draufsteht.<br />

Siehe da, ich habe einen Artikel des Kollegen Vilimsky – das ist der mit diesem urdeutschen,<br />

urgermanischen Namen Vilimsky – zur Lage der Deutschen in Chile entdeckt.<br />

(Zwischenruf des Abg. Vilimsky.) Der endet mit einem glorreichen Satz. Also wirklich,<br />

das ist ein Meilenstein in der Weltliteratur!<br />

Ich zitiere – ich bin ganz ergriffen davon (der Redner deklamiert in lautem Tonfall) –:<br />

„Erheben wir die Häupter, um die Sonne des Deutschtums in altem hellen Licht wieder<br />

erstrahlen zu lassen.“ – Harald Vilimsky. (Heiterkeit.) Das ist jener, der seinen Stammbau<br />

auf Roger von der Wotanseiche zurückführt, meine Damen und Herren. (Beifall<br />

beim BZÖ.)<br />

Niemals hätte ich mir gedacht, dass ich einmal einen Antrag ad hoc in erster Lesung<br />

dermaßen zur Behandlung anempfehlen muss, dass die Antragsteller mir den Beweis<br />

dafür geliefert haben, wie dringlich die Behandlung dieses Antrages ist. (Zwischenruf<br />

des Abg. Mag. Stefan.)<br />

Herr Präsident, vielleicht ist es möglich, da es sich um deine eigene Fraktion handelt,<br />

dass wir diesen Antrag in einer öffentlichen Ausschusssitzung behandeln können. – Ich<br />

danke. (Beifall bei BZÖ und ÖVP.)<br />

20.09<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter<br />

Dr. Zinggl. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.<br />

20.10<br />

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Was sollen wir mit<br />

diesem Antrag jetzt tun? Ernst nehmen können wir ihn ja wirklich nicht! Ich glaube,<br />

Herr Kollege Stadler, Sie nehmen das viel zu ernst. In Wirklichkeit ist das ein ganz<br />

listiger Trick der FPÖ – und wenn Sie denen auf den Leim gehen, dann sind Sie selber<br />

schuld! Ich gehe denen nicht auf den Leim. Die hätten jetzt ganz gern, dass wir da<br />

irgendwie die Kiste auspacken: Deutschtümelei, Kulturhygiene, Gleichschritt, Uniformierung<br />

und so weiter. Das machen wir sicherlich nicht. Das ist einfach zu blöd!<br />

(Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.)<br />

In Wirklichkeit ist das eine sehr lächerliche Sache, und das ist das Problem: Sie<br />

machen nämlich mit einem solchen Antrag das Parlament lächerlich. Das ist Ihre<br />

eigentliche Absicht, und das stört uns. Ich kann Ihnen auch sagen, warum. Kollege<br />

Stadler hat es schon angedeutet: In diesem Antrag sind allein gezählte 21 Fremdwörter.<br />

Das bedeutet, dass ihr euch ja selbst nicht ernst nehmt; Beziehungsweise wollt<br />

ihr von uns, dass wir euch ernst nehmen, aber ihr seid die Spaßfraktion in der ganzen<br />

Geschichte.<br />

Zweitens: Wenn jeder Abgeordnete, der heute und gestern oder in der letzten Sitzung<br />

für jedes Fremdwort, das er in seiner Rede verwendet hat, einen Euro eingezahlt hätte,<br />

dann wäre wahrscheinlich schon das ganze Bildungsbudget saniert oder „wiederhergestellt“,<br />

wie es natürlich bei euch heißen würde.<br />

Drittens, Herr Kollege Strache, haben Sie wahrscheinlich den Antrag nicht gelesen.<br />

Das kann nicht sein, denn sonst könnten Sie mit Ihrem Strache-Rap schon aufhören.<br />

„Rap“ ist nämlich eindeutig ein Wort, das Sie nicht brauchen können – und im Wiener<br />

Wahlkampf können Sie auch nicht in die „coole Disco“ gehen, sondern bestenfalls in


222 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl<br />

irgendeinen „lauwarmen Tanzschuppen“, und davon gibt es nicht allzu viele in Wien.<br />

Da werden Sie also wahrscheinlich nicht groß punkten!<br />

Ihre Begleitband, die John Otti-Band, müsste dann ja „Hans Otti-Musikbegleitgruppe“<br />

oder so ähnlich heißen. Ob das beim Jungvolk wirklich so fährt, weiß ich nicht!<br />

(Abg. Strache: Man kann alles, wie Sie und Herr Stadler, ins Absurde ziehen!) Bestenfalls<br />

könnten Sie dann noch bei irgendwelchen Verbindungsbrüdern einkehren, aber<br />

die haben auch komische Wörter, zum Beispiel „Mensuren“, „Chargen“, „Kommerse“<br />

und so weiter. All das sind Fremdwörter, das können Sie vergessen!<br />

Ich kann Ihnen einen Tipp oder „Rat“ – wie ihr sagen würdet – geben: Bleibt, wo ihr<br />

seid! Werdet nicht überlustig! Es ist schon okay, dass ihr eine kleine möchtegerngroßdeutsche<br />

Partei sein wollt. Würden eure eigenartigen Ideen aber Wirklichkeit werden,<br />

dann würdet ihr nicht nur die gesamte Bevölkerung kriminalisieren, sondern auch<br />

euch selbst, und das wollt ihr nicht.<br />

Daher sage ich: Let it be! (Beifall bei den Grünen.)<br />

20.12<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort ist hiezu niemand mehr gemeldet.<br />

Die Debatte ist geschlossen.<br />

Ich weise den Antrag 404/A dem Kulturausschuss zu.<br />

27. Punkt<br />

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und<br />

Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die<br />

Ordnung von Unterricht und Erziehung in den im Schulorganisationsgesetz<br />

geregelten Schulen (Schulunterrichtsgesetz – SchUG) geändert wird (432/A)<br />

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Wir gelangen zum 27. Punkt der Tagesordnung.<br />

Wir gehen in die Debatte ein.<br />

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Dr. Rosenkranz. Eingestellte<br />

Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.<br />

20.13<br />

Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Zu<br />

Kollegem Stadler: Ich darf dir mit Jesaja, 41 Vers 24, zurufen: „Siehe, ihr seid nichts,<br />

euer Tun ist nichts, und euch zu wählen ist ein Gräuel.“ (Beifall bei der FPÖ. – Rufe<br />

und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von FPÖ und ÖVP.)<br />

Dieser Antrag in erster Lesung ist ein ganz pragmatischer. Wir wissen von allen<br />

Erziehungswissenschaftern und anderen, dass die Sprache der wichtigste Bestandteil<br />

einer sinnvollen Integration ist. Deutsch ist die Unterrichtssprache an österreichischen<br />

Schulen, und wir denken uns, dass es auch genügend Freiräume in den Schulgebäuden<br />

gibt. Es wäre notwendig, ein entsprechendes Zeichen zu setzen, dass alle<br />

auch in den Pausen und in ähnlichen Situationen angehalten sind, sich in der<br />

deutschen Sprache zu verständigen. So kann es zu einer besseren Kommunikation<br />

und daher auch Integration kommen.<br />

Daher glauben wir, dass dieser Antrag wichtig und richtig ist. Ich freue mich auf Ihre<br />

Debattenbeiträge, auf die Behandlung im Ausschuss und auf eine gelungene Integrationspolitik!<br />

(Beifall bei der FPÖ.)<br />

20.14


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 223<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer (den Vorsitz übernehmend): Nächste Rednerin:<br />

Frau Abgeordnete Mag. Lohfeyer. 2 Minuten. – Bitte.<br />

20.15<br />

Abgeordnete Mag. Rosa Lohfeyer (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen<br />

und Herren! Herr Rosenkranz, wir haben da einen ganz anderen Zugang. In der<br />

Begründung Ihres Antrags steht unter anderem, dass, wenn Schüler aus verschiedenen<br />

Sprach- und Kulturkreisen in verschiedenen, Schülern und Lehrern nicht<br />

verständlichen Sprachen sprechen, soziale Konflikte vorprogrammiert seien. Weiter<br />

heißt es, dass die Ordnung und Disziplin in Schulen dann nur mehr schwer aufrechtzuerhalten<br />

seien.<br />

Ich glaube, soziale Konflikte in Schulen lassen sich sicherlich nicht durch derartige<br />

Verordnungen verhindern, sondern vielmehr dadurch, dass wir Voraussetzungen zur<br />

besseren Verständigung verschiedener Kulturen auf sprachlicher und auch sozialer<br />

Ebene schaffen.<br />

Natürlich soll es eine Verbesserung der Sprachkenntnisse geben, aber auch gemeinsame<br />

Projekte in Schulen, Jugendzentren und an anderen Orten, in denen Kinder und<br />

Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund, aus verschiedenen Kulturen und<br />

Ethnien, einander wertschätzend begegnen, voneinander lernen und sich gegenseitig<br />

unterstützen.<br />

Wir Sozialdemokraten stehen für das Fordern von und Ermutigen zu sozialer Vielfalt –<br />

und nicht für Kontrolle und Verbot. Schließlich ist es Bildung, die Zukunft schafft. Wir<br />

sind für Startchancen für alle Kinder und Jugendlichen, wie zum Beispiel durch mehr<br />

vorschulische Bildung, Ausbau der Deutschkurse, mehr LehrerInnen mit Migrationshintergrund,<br />

muttersprachlichen Unterricht, weil die Alphabetisierung in der Muttersprache<br />

auch wichtig ist für den Erwerb einer zweiten Sprache. Wir sind für Schulpartnerschaften,<br />

die einen Beitrag zur Integration leisten.<br />

Natürlich sind gute Deutschkenntnisse von großer Bedeutung. Ich glaube aber nicht,<br />

dass sich dies mit einer Verpflichtung zum Deutschsprechen herbeizwingen lässt. Das<br />

löst die wirklichen sozialen Probleme sicher nicht! (Beifall bei der SPÖ.)<br />

20.17<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Amon gelangt nun zu Wort.<br />

2 Minuten. – Bitte.<br />

20.17<br />

Abgeordneter Werner Amon, MBA (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich weiß<br />

nicht, wie ernst der Antrag wirklich gemeint ist. Man hätte sich dem ernsthaft nähern<br />

können, wenn Sie zum Beispiel einen Antrag gestellt hätten, gemäß welchem die<br />

Frage der Unterrichtssprache in irgendeiner Art und Weise mit der Schulreife verquickt<br />

wird. Dann hätte man sich ernsthaft damit auseinandersetzen können.<br />

Das war im Übrigen schon bei der Einführung der Schulpflicht ein Thema. Bereits unter<br />

Maria Theresia hat man sich die Frage gestellt, ob die Unterrichtssprache nicht<br />

Bestandteil der Schulreife werden soll. Man hat das damals aber sehr bewusst nicht<br />

getan, denn dann hätte man wahrscheinlich manche Kinder nie ins Bildungssystem<br />

bekommen. Und genau das ist auch der Grund, warum man sich für ein ausdrückliches<br />

Bekenntnis zur Unterrichtssprache Deutsch entschieden hat, die nicht Bestandteil der<br />

Schulreife ist, um festzustellen, wann die Schulpflicht beginnt. Das ist ein sehr interessanter<br />

Punkt.<br />

Jetzt hier eine Schulsprache einzuführen und die Kinder gleichsam dazu anzuhalten,<br />

diese zu sprechen, wenn sie aus unterschiedlichen Kulturkreisen zu uns kommen und


224 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Werner Amon, MBA<br />

sich in der Pause möglicherweise in ihrer Muttersprache unterhalten, halte ich für einen<br />

sehr eigenartigen Vorschlag. Wie stellen Sie sich denn das vor? Stellen Sie sich vor,<br />

dass dann in der Pause Sprachpolizisten durch die Gänge der Schule gehen, um zu<br />

überprüfen, ob die Kinder wohl miteinander Deutsch sprechen?<br />

Ich glaube, das ist eine ziemlich absurde Vorstellung. Daher ist, wie ich glaube, dieser<br />

Antrag nicht weiter zu kommentieren. (Beifall bei der ÖVP.)<br />

20.19<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Mag. Unterreiner<br />

zu Wort. 2 Minuten. – Bitte.<br />

20.19<br />

Abgeordnete Mag. Heidemarie Unterreiner (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin!<br />

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich komme noch einmal auf den Kurzmann’schen<br />

Antrag zurück. (Abg. Mag. Kogler: Shortman!) Man hat sich hier darüber sehr lustig<br />

gemacht. Komischerweise haben in Europa mehrere Länder ähnliche Anträge gestellt,<br />

weil es in dieser globalisierten Welt nun einmal notwendig ist, dass man die Sprache<br />

schützt. (Beifall bei der FPÖ.)<br />

Zu Ihrem Beitrag, Herr Kollege Stadler: Ich finde, da ist hier im Haus eine Steigerung<br />

möglich: Man kann eine Sache seriös debattieren, man kann sie unseriös debattieren<br />

oder wie Stadler. Das ist die Steigerungsstufe. (Beifall bei der FPÖ.)<br />

Ich komme jetzt auf den Rosenkranz-Antrag zurück, den ich natürlich auch für sehr<br />

wichtig erachte. Wir haben auch schon mehrmals darüber gesprochen, dass auch<br />

musische Fächer vermehrt an Schulen eingeführt werden sollen. Mein Kollege<br />

Rosenkranz hat heute darüber gesprochen, dass diese Fächer für die Integration von<br />

Kindern von Zuwanderern eine große Bedeutung haben und viel dazu beitragen<br />

können. – Die Vorstellung, dass man gemeinsam musiziert, gemeinsam singt und<br />

gemeinsam Theater spielt, ist eine sehr gute Idee, denn das Zusammengehörigkeitsgefühl<br />

und das Gefühl, hier in der neuen Heimat eingebettet zu sein, sind sehr wichtig.<br />

Deswegen meine ich, dass es eine sehr gute Idee ist, einen solchen Antrag zu stellen.<br />

(Beifall bei der FPÖ.)<br />

20.20<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter<br />

Dr. Walser. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.<br />

20.21<br />

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Ich richte<br />

einen speziellen Gruß an die Retter der deutschen Sprache! – Es ist auch schon<br />

mehrfach betont worden, dass wohl nicht alles ganz so ernst zu nehmen ist, was sie<br />

hier von sich geben.<br />

Allerdings möchte ich das Thema sehr wohl ernsthaft behandelt wissen. Man kann<br />

natürlich darüber reden, was Schulsprache sein soll und ob es so etwas geben soll. Es<br />

gibt auch wirklich ernsthafte Versuche dazu in Deutschland, etwa in Berlin an der<br />

Herbert Hoover-Realschule, die einen MigrantInnenanteil von über 90 Prozent hat.<br />

(Abg. Scheibner: Da brauchen Sie nicht so weit gehen!) Dort wurde Deutsch als<br />

Schulsprache eingeführt, aber auf freiwilliger Basis. Das ist ein wesentlicher Punkt, und<br />

das unterscheidet sich natürlich sehr deutlich von dem, was Sie wollen. Und vor allem<br />

widerspricht es dem Geist, der bei Ihnen zu spüren ist.<br />

Kollege Stadler hat, glaube ich, eine sehr interessante Analyse des Textes geliefert. Im<br />

Gegensatz zu dem, was er gestern von sich gegeben hat, habe ich heute die<br />

Vermutung, dass er als Lehrer an einer Schule doch brauchbar wäre. Ich werde mich


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 225<br />

Abgeordneter Dr. Harald Walser<br />

nachher noch mit ihm unterhalten. Er hat in Ihrem Text gezählte vier Fehler mehr<br />

gefunden als ich. Es würde mich interessieren, welche das im Detail gewesen sind.<br />

(Abg. Strache: Neue Freunde!)<br />

Auf einen Aspekt möchte ich in der Genese Ihres Textes noch besonders hinweisen:<br />

Sie schreiben in Frage 61 in Ihrer Anfrage vor zwei Jahren: „Wie viele Schulklassen<br />

der verschiedenen Schultypen in Österreich haben einen Anteil an Schülern nichtdeutscher<br />

Muttersprache und ausländischen Schülern von über 100 Prozent?“<br />

(Heiterkeit bei den Grünen.)<br />

Ich kann es Ihnen sagen: Es gibt keine Schule in Österreich, die einen derartigen Anteil<br />

haben kann! Ich kann Ihnen aber einen Rat mit auf den Weg geben, den der berühmte<br />

Österreicher – für einige von Ihnen ist er vielleicht kein Österreicher, für uns ist er ein<br />

ganz großer Österreicher – Karl Kraus Ihrer Vorgängerpartei in den dreißiger Jahren<br />

mit auf den Weg gegeben hat.<br />

Karl Kraus hat gemeint – Zitat –: Bevor Sie Deutsch denken wollen, sollten Sie zuerst<br />

einmal Deutsch schreiben lernen. – Zitatende.<br />

Ich glaube, dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen, obwohl es von Karl Kraus<br />

noch ein zweites schönes Zitat gegeben hat:<br />

„Es ist eben eine alte Erfahrung: Deutsch denken und Deutsch können ist zweierlei.“ –<br />

Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)<br />

20.24<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt nun Herr Abgeordneter<br />

Dr. Graf, Dritter Präsident, mit 5 Minuten gewünschter Redezeit zu Wort. – Bitte.<br />

20.24<br />

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr<br />

geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Schule und Unterricht gehören natürlich<br />

zusammen und sind untrennbar zu diskutieren, und ich bin froh, dass wir in den<br />

Ausschüssen die beiden Anträge, die wir gestellt haben, diskutieren können.<br />

An die Adresse des Herrn „Oberlehrers“, der tatsächlich hier versucht, uns aufs Glatteis<br />

zu führen und wiederum vom Rednerpult aus Zusammenhänge herzustellen, die<br />

nicht existieren: Wir werden uns darüber im Ausschuss mit etwas mehr Redezeit noch<br />

unterhalten, keine Frage!<br />

Ich habe heute etwas zur Kenntnis genommen: ... (Abg. Dr. Moser: Wie geht das mit<br />

über 100 Prozent?) – Herr Lehrer, Sie werden es wissen: Es gibt keine dummen<br />

Fragen, sondern nur dumme Antworten. Ich nehme an, dass der Apparat der Frau<br />

Bundesminister die Frage richtig beantwortet hat. Das war eine Intelligenzfrage!<br />

(Heiterkeit bei der FPÖ.) Hören wir uns die Antwort an, oder lesen wir sie!<br />

Ich musste am heutigen späten Abend zur Kenntnis nehmen, dass es Wetteiferer –<br />

wobei die Betonung auf „Eiferer“ liegt – in Fragen der deutschen Sprache und der<br />

Hochhaltung dieser Kultur et cetera gibt, nämlich das BZÖ, vertreten durch Ewald<br />

Stadler, und die Grünen, vertreten durch Herrn Zinggl. Das sind die Wetteiferer in<br />

dieser Angelegenheit, wobei die Betonung auf Eiferer liegt. (Beifall bei der FPÖ. –<br />

Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.)<br />

Diskutieren wir das ohne großartige Polemik aus, weil es durchaus auch im europäischen<br />

Zusammenhang nottut, eine Lobby, wie ich einmal sagen möchte – und<br />

Fremdwörter sind kein Widerspruch zur deutschen Sprache, das wissen Sie auch –, für<br />

die deutsche Sprache zu finden. Wir wollen in der deutschen Sprache endlich


226 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf<br />

anerkannt und gleichberechtigt mit Englisch, Französisch und anderen Sprachen sein.<br />

Da sind wir noch ein Stück hintennach. Im Deutschen Bundestag ist man sich dessen<br />

schon bewusst, aber hier im Hohen Haus wird diese Frage noch von Eiferern verulkt,<br />

die um die Wette streiten. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)<br />

20.26<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die<br />

Debatte ist geschlossen.<br />

Ich weise den Antrag 432/A dem Unterrichtsausschuss zu.<br />

28.Punkt<br />

Bericht des Geschäftsordnungsausschusses über den Antrag 487/A der Abgeordneten<br />

Mag. Barbara Prammer, Fritz Neugebauer, Mag. Dr. Martin Graf, Herbert<br />

Scheibner, Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend<br />

ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert,<br />

und ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung<br />

des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wird (94 d. B.)<br />

(Dritte Lesung)<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir kommen zum 28. Punkt der Tagesordnung.<br />

Da der vorliegende Gesetzentwurf bereits in zweiter Lesung angenommen wurde,<br />

kommen wir zur dritten Lesung.<br />

Gemäß § 108 des Geschäftsordnungsgesetzes findet die dritte Lesung frühestens<br />

24 Stunden nach Abschluss der zweiten Lesung statt.<br />

Die zweite Lesung wurde gestern, am 11. März 2009, um 19.35 Uhr abgeschlossen.<br />

Somit ist die 24-stündige Frist erfüllt.<br />

Ich lasse nun abstimmen über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 94 der<br />

Beilagen.<br />

Der vorliegende Gesetzesentwurf kann gemäß § 82 Abs. 2 und Z 1 und 2 der Geschäftsordnung<br />

nur bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit<br />

einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden.<br />

Somit stelle ich zunächst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig<br />

vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.<br />

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf in dritter<br />

Lesung ihre Zustimmung erteilen – das ist somit auch geschehen –, um ein entsprechendes<br />

Zeichen. – Der vorliegende Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung<br />

einstimmig angenommen.<br />

Die Tagesordnung ist erschöpft.<br />

*****<br />

Einlauf<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen<br />

Sitzung die Selbständigen Anträge 531/A(E) bis 569/A eingebracht wurden.


Nationalrat, XXIV. GP 12. März 2009 17. Sitzung / 227<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer<br />

Ferner sind die Anfragen 1287/J bis 1334/J eingelangt.<br />

*****<br />

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die für Dienstag, den 21. April 2009, 9 Uhr in<br />

Aussicht genommen ist, wird auf schriftlichem Wege einberufen werden.<br />

Meine Damen und Herren! Zunächst mache ich darauf aufmerksam, dass wir im<br />

Anschluss an diese Sitzung noch die Generalversammlung der Interparlamentarischen<br />

Union durchzuführen haben, die zwei Abstimmungen beinhaltet.<br />

Dankesworte an Klubdirektor Dkfm. Dr. Werner Zögernitz<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bevor ich die Sitzung schließe, darf ich noch ein<br />

paar persönliche – aber ich glaube, nicht nur persönliche – Bemerkungen machen, die,<br />

wie ich meine, angebracht sind im Hinblick darauf, dass eine Person dieses Hauses,<br />

nämlich der Klubdirektor der Österreichischen Volkspartei, Herr Professor<br />

Dkfm. Dr. Werner Zögernitz, heute seine letzte Plenarsitzung als Klubdirektor<br />

bestritten hat. Herr Dr. Zögernitz wird mit 31. März aus der Parlamentsdirektion<br />

ausscheiden, aber – und das möchte ich ganz besonders hervorheben – weiterhin mit<br />

seinem Know-how auch dem Haus, vor allen Dingen der Österreichischen Volkspartei,<br />

zur Verfügung stehen.<br />

Ich möchte als Präsidentin des Nationalrates und damit natürlich auch als jene Person,<br />

die die Diensthoheit über dieses Haus hat, Herrn Dr. Zögernitz sehr, sehr herzlich<br />

danken für seine lang-, langjährige Arbeit hier im Haus – die ja fortgesetzt wird. Für all<br />

jene, die kürzer hier sind als er: Dr. Zögernitz ist 1970 in den ÖVP-Parlamentsklub<br />

eingetreten, 1980 in die Parlamentsdirektion, und seit 1989, also mittlerweile seit<br />

20 Jahren, ist er Klubdirektor der ÖVP.<br />

Ich glaube nicht, dass es jemanden im Saal gibt, der dieses Buch noch nie in Händen<br />

gehalten hat, nämlich die kommentierte Nationalrats-Geschäftsordnung (diese in die<br />

Höhe haltend), die uns schon so oft weitergeholfen hat, wenn schwierige geschäftsordnungsmäßige<br />

Fragen anstehen. Wir beziehen uns gar nicht so selten nicht auf den<br />

ursprünglichen Gesetzestext, sondern auf die Kommentare, die zwischen den<br />

Paragraphen stehen. Dass das ein wesentliches Werk von Dr. Zögernitz ist, wissen wir<br />

alle, und ich glaube, dafür gebührt ihm Dank und Anerkennung.<br />

Ich wünsche Ihnen, Herr Dr. Zögernitz, alles Gute und freue mich darauf, dass Ihr<br />

Know-how auch in Zukunft – der Parlamentsdirektion weniger, aber dafür der ÖVP,<br />

und damit indirekt auch wieder uns – zur Verfügung steht. – Ich wünsche alles Gute!<br />

(Präsidentin Mag. Prammer reicht Klubdirektor Dr. Zögernitz die Hand und übergibt<br />

ihm einen Blumenstrauß. – Auch Parlamentsdirektor Dr. Posch reicht Klubobmann<br />

Dr. Zögernitz die Hand. – Anhaltender, stehend dargebrachter allgemeiner Beifall.)<br />

Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Klubobmann Kopf zu Wort gemeldet. – Bitte,<br />

Herr Klubobmann.<br />

20.32<br />

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Frau Präsidentin!<br />

„Zur Geschäftsbehandlung“ klingt etwas förmlich. Ich bedanke mich zunächst bei<br />

Ihnen, Frau Präsidentin, dass Sie diesen Anlass aufgegriffen und die Gelegenheit jetzt<br />

am Ende der Sitzung auch dazu genutzt haben, unserem Klubdirektor Professor<br />

Zögernitz in diesem Rahmen zu danken.


228 / 17. Sitzung 12. März 2009 Nationalrat, XXIV. GP<br />

Abgeordneter Karlheinz Kopf<br />

Es ist in der Tat so, meine Damen und Herren, dass Werner Zögernitz mit Ende dieses<br />

Monats seine Funktion als Klubdirektor zurücklegen und in den Ruhestand treten<br />

wird – und doch nicht, denn es ist uns gelungen, Werner Zögernitz für eine beratende<br />

Funktion im ÖVP-Klub zu gewinnen. Dr. Zögernitz wird also weiterhin in unserem<br />

Auftrag zum Beispiel dem Geschäftsordnungskomitee angehören. Ich glaube, davon<br />

können wir alle profitieren. Und Werner Zögernitz realisiert – oder wir realisieren das<br />

gemeinsam – einen großen Wunsch, den er immer schon hatte: Wir haben kürzlich ein<br />

Institut für Parlamentarismus und Demokratiefragen gegründet. Das heißt, Werner<br />

Zögernitz wird sich künftig noch intensiver, aber befreit von den alltäglichen Sorgen<br />

und Aufgaben eines Klubdirektors, diesen Fragen des Parlamentarismus und der<br />

Demokratie widmen, und wir alle werden davon auch weiterhin profitieren können.<br />

Ich möchte mich im Namen des ÖVP-Klubs ganz herzlich bei dir, lieber Werner, für<br />

deine langjährige Tätigkeit bei uns im Klub, aber auch für das ganze Haus bedanken.<br />

Es wird noch am 31. März – die Einladung wird ergehen –, an deinem tatsächlich<br />

letzten offiziellen Arbeitstag in dieser Funktion, Gelegenheit sein, dich zu verabschieden<br />

und gleichzeitig hinüberzubegleiten in diese neue Aufgabe. Und dort wird<br />

auch die Gelegenheit sein, dein Werk hier in diesem Haus entsprechend zu würdigen.<br />

Aber eines sei schon gesagt: Was wäre dieses Hohe Haus ohne „den Zögernitz“:<br />

diesen (auf Dr. Zögernitz weisend) und „den Zögernitz“, den Kommentar, den Sie<br />

vorher in der Hand hielten, Frau Präsidentin? – Wir werden aber von beiden weiterhin<br />

profitieren können.<br />

Lieber Werner! Alles Gute! (Allgemeiner Beifall. – Die Abgeordneten Kopf, Bucher,<br />

Dr. Graf, Strache, Dr. Cap, Krainer und Dr. Van der Bellen begeben sich zu<br />

Dr. Zögernitz und reichen diesem die Hand.)<br />

20.34<br />

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Damit ist die Sitzung geschlossen.<br />

Schluss der Sitzung: 20.35 Uhr<br />

Impressum:<br />

Parlamentsdirektion<br />

1017 Wien

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