Bund Naturschutz in Bayern fordert:
Stoppt das Pumpspeicherwerk bei Jochenstein!

08.07.2017 | Stand 02.08.2023, 8:09 Uhr
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Der österreichische Betreiber soll die Planungen für das Pumpspeicherwerk Riedl (Gemeinde Untergriesbach) sofort einstellen. Der Bund Naturschutz will ein dezentrales Energiekonzept für Bayern und die frei fließende Donau bei Passau schützen.

PASSAU „Wir fordern die österreichische Verbund AG auf, die Planung zum Pumpspeicherkraftwerk Riedl bei Jochenstein, Nähe Passau einzustellen! Akzeptanz und Verträglichkeit aus Sicht von Natur- und Landschaftsschutz sind nicht gegeben. Die energiepolitische Notwendigkeit ist fraglich. Die Rentabilität von neuen Pumpspeicherwerken ohne Subventionen bei einer Energiewende mit zunehmender Stromerzeugung aus Sonne und Wind wird von den Energiekonzernen selbst in Deutschland wie in Österreich in Frage gestellt. Die dezentrale Energiewende benötigt keine Pumpspeicherwerke wie das Vorhaben Riedl. Wir fordern Ehrlichkeit von der Verbund AG und das Einstellen des Verfahrens“, so Richard Mergner, Landesbeauftragter des Bund Naturschutz in Bayern. An die für Energie zuständige Staatsministerin Ilse Aigner, den für die Landesplanung zuständigen „Heimatminister“ Markus Söder und die Regierung von Niederbayern appelliert Mergner, die positive landesplanerische Beurteilung für das Pumpspeicherkraftwerk der Realität anzupassen und zurückzunehmen.

„Die Donau ist durch das Kraftwerk Jochenstein bereits enorm belastet. Weitere Eingriffe in den Fluss sind nicht akzeptabel. Ein Pumpspeicherkraftwerk würde zusätzlich zu all den anderen Vorbelastungen wiederum auf das Wasser der Donau zugreifen. Der Betrieb des Pumpspeicherkraftwerkes würde erhebliche Wasserstandschwankungen hervorrufen – schädlich für das Leben im Fluss und an den Flussufern. Es macht doch keinen Sinn, einerseits Geld in Artenschutzmaßnahmen für den Sterlett, einen Donau-Stör, zu stecken, hier vor allem und schwerpunktmäßig im Stauraum der Kraftwerke Jochenstein und Aschach. Und dann soll die Donau als Lebensraum des Sterletts durch ein Pumpspeicherkraftwerk weiterhin schwer geschädigt werden. Die Pläne zum Vorhaben Pumpspeicherkraftwerk Riedl müssen weg“, fordert Karl Haberzettl, Vorsitzender des BundNaturschutz in Passau.

„Dem Vorhaben Pumpspeicherkraftwerk Riedl fehlt in einer dezentralen Energiewende die Wirtschaftlichkeit und der Sinn. Wir sehen dies auch daran, dass das Planfeststellungsverfahren nicht vorankommt. Mangels Wirtschaftlichkeit sind die naturschutzrechtlichen Probleme kaum noch aus dem Weg zu räumen. Wird der brutale Eingriff in die Donau abgesegnet werden? Ungeklärt sind weiterhin rechtliche Fragen: Werden deutsche Behörden und Gerichte zu Gunsten eines österreichischen Staatsunternehmens deutsche Grundbesitzer enteignen – denn die Verbund AG gehört mit einer 50,1 prozentigen Mehrheit der Republik Österreich“, so Christian Schmid, Sprecher der RIGOJO Interessengemeinschaft gegen das Pumpspeicherkraftwerk Riedl.

Große Pumpspeicherkraftwerke waren Strukturen des Stromsystems von gestern. Atom- und Kohlekraftwerke sind auf den Grundlastbetrieb beschränkt, ein Nachteil, denn sie produzieren immer gleichmäßig Strom. Aber tags benötigten wir in Bayern doppelt so viel Strom wie nachts. Also gab es nachts zu viel Strom und tags zu wenig. Dies glichen Pumpspeicherkraftwerke früher aus: mit billigem Nachtstrom pumpten sie Wasser hoch vom Unter- in den Obersee, ließen das Wasser tags wieder durch die Turbinen nach unten rauschen und profitierten vom teuren Spitzenstrompreis in der Mittagszeit. Mit einer Speicherdauer von ca. 12 Stunden waren sie hierfür gut eingerichtet.

Heute, und zunehmend in der Zukunft, liefern Wind und Sonne günstigen Spitzenstrom, die Strompreise sinken, vor allem in der Mittagszeit. Ein großes Pumpspeicherkraftwerk wie das Vorhaben Riedl ist in Zukunft nicht mehr wirtschaftlich - diese Art von Speicher wird in einer Zukunft mit Erneuerbaren Energien nicht mehr benötigt. Mit einer Speicherdauer von zwölf Stunden, das ist ein halber Tag, sind Pumpspeicherkraftwerke als Energiespeicher nicht geeignet. Was wir in Zukunft benötigen, sind Speicher, die Sonnenstrom vom Sommer in den Winter speichern, die Windstrom aus einem windigen Herbst in einen kalten Winterfebruar übertragen. Wir benötigen Speicher mit einer Speicherdauer von mehreren Monaten, also über tausend Stunden. Diese wichtige Aufgabe können Pumpspeicherwerke nicht leisten, hierfür sind sie ungeeignet.

In Zukunft kommt Netzstabilität aus dezentralen virtuellen Ersatzkraftwerken auf Basis Kraftwärmekopplung. Technisch sind dies auf dem Lande Blockheizkraftwerke, die heute mit Biogas, und morgen mit Holzgas oder Windgas arbeiten, also heizen und zugleich Strom als elektrische Energie und als elektrische Leistung zur Verfügung stellen. Das ist bereits heute technisch machbar. Es ist Aufgabe des bayerischen Ministeriums für Wirtschaft und Energie, dies für Bayern zu koordinieren. Die technischen Möglichkeiten hierfür sind vorhanden.

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