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Porsche baut jetzt auch Küchen für echte Männer

Wirtschaftskorrespondent
Auch Sportwagen-Fahrer haben häusliche Seiten. Das meinen zumindest die beiden Luxusmarken Porsche und Poggenpohl. Dazu bringen die beiden exklusiven Hersteller das Küchenmodell P7340 auf den Markt. Es soll aus Autobahn-Rasern überzeugte Hausmänner machen.
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Im Frühjahr 2008 bringen sie die Küche für den Mann auf den Markt. P7340 heißt das schnittige Modell, mit dem insbesondere die Hobbyköche unter den Porsche-Fahrern angesprochen werden sollen. Immerhin gibt es heute nach Schätzung der Partner gut eine Million Porsche-Besitzer weltweit, die als Kunden infrage kämen. Und wer sich einen Sportwagen aus Zuffenhausen leisten kann, hat auch das Geld für die P7340. So lautet das einfache wirtschaftliche Kalkül. Denn der Einstiegspreis liegt bei stolzen 50.000 Euro.

Dafür bekommt der Kunde eine puristisch gehaltene Küche, die zugleich modern und funktional sein soll. Und weil die Farbwahl betont dunkel ist, kommen die für Porsche Design typischen Aluminium-Rahmen besser zur Geltung. Ein Flachbild-Fernseher und die allesamt von Miele hergestellten Elektrogeräte, also zum Beispiel Induktionsherd, Spülmaschine, Mikrowelle oder Espresso-Maschine, ergänzen die Edelausstattung.

Die Porsche-Küche ist für Poggenpohl ein Meilenstein

"Mit dieser Küche können wir uns weiter von Wettbewerbern differenzieren", sagt Elmar Duffner, seit fünf Jahren Geschäftsführer von Poggenpohl. Das Porsche-Projekt sei für seine Firma ein Meilenstein. Duffner sieht sein Unternehmen damit endgültig zum führenden Premiumanbieter im hart umkämpften Küchensektor aufsteigen. Schon jetzt dominieren deutsche Marken den weltweiten Luxusmarkt. Dazu gehören neben Poggenpohl auch SieMatic, Bulthaupt, Alno oder Leicht. Der Papst zum Beispiel ist SieMatic-Kunde, bei Poggenpohl zählen unter anderem Formel-1-Weltmeister Michael Schumacher oder auch der ehemalige US-Präsident Bill Clinton zu den Kunden.

Neu ist die Verknüpfung von Auto und Küche allerdings nicht. Schon 1991 arbeiteten der italienische Möbelhersteller Snaidero und das auch für Ferrari und Maserati tätige Designstudio Pinifarina zusammen. Gemeinsam entwickelten sie unter anderem eine runde Thekenküche in Ferrari-Rot und eine wellenförmige Küchenzeile in leuchtendem Blau, geformt wie das Cockpit eines Rennwagens. Gegenüber diesen Form- und Farbexperimenten übt sich das deutsche Team Porsche-Poggenpohl eher in Zurückhaltung. "Aber Luxus äußert sich auch nicht durch Opulenz und Dekor, sondern durch die Reduktion auf das Wesentliche", sagt Roland Heiler, einer von drei Geschäftsführern von Porsche Design.

Der Teufel sitzt im Detail

Über ein Jahr haben seine Designer mit den Konstrukteuren von Poggenpohl zusammen gesessen und entworfen. Erst dann konnte die Küche in Serie gehen. Ohnehin sitzt der Teufel im Detail. Schubladen und Schränke sind ohne Griffe und öffnen und schließen sich auf leichten Druck wie von selbst. In den Schränken stecken Lichtinstallationen. Überhaupt die Technik: Die Küche wird über Sensortasten bedient und verfügt über ein ausgeklügeltes Audio-Video-System. "Wir haben eine Küche entwickelt, die mit ihrer klaren und funktionalen Formensprache speziell auf Männer zugeschnitten ist", sagt Duffner. "Das Auto ist nicht mehr das einzige Lieblingsspielzeug des Mannes", hofft sein Porsche-Kollege Heiler. Bedenken, dass Porsche als "männliche" Marke durch den Ausflug auf das vermeintliche Frauen-Terrain Schaden nimmt, hatte er nie. "Aus solchen Rollen machen wir uns nicht viel. Und die altbekannten Klischees von Männer und Frauen stimmen doch ohnehin nicht mehr." Das erlebe Porsche täglich im Sportwagengeschäft. Die Zahl der weiblichen Porsche-Kunden habe in den letzten Jahren jedenfalls deutlich zugenommen.

Insbesondere vom arabischen und vom amerikanischen Markt versprechen sich die Projektpartner Porsche und Poggenpohl viel. Als die Küche kürzlich im Porsche-Kundenzentrum in Leipzig vorgestellt wurde, gab es schon die ersten Vorbestellungen. Aber auch in Deutschland dürfte das Modell P7340 eine Kundschaft finden.

Küchen sind in Deutschland Statussymbole

Denn Küchen sind hierzulande mittlerweile zum Statussymbol geworden, insbesondere für Singles und kinderlose Ehepaare. "Die Küche ist neben dem Wohnzimmer zum sozialen Zentrum der Wohnung aufgestiegen", sagt Dirk-Uwe Klaas, Geschäftsführer beim Verband der Deutschen Möbelindustrie (VDM). Der Trend gehe zur individuell gestalteten Wohnküche. Die klassische Küchenzeile mit zehn Quadratmetern habe ausgedient. Wer den Platz hat, macht die Küche zum Ort der Kommunikation. "Freunde werden nicht mehr nur zum Essen eingeladen, sondern zum Kochevent mit gemeinsamen Schnippeln", sagt Klaas.

Poggenpohl will von diesem Trend nicht nur durch die Porsche-Küche profitieren. Die Ostwestfalen haben gemeinsam mit dem Möbelhersteller Draenert erstmals einen Esstisch entwickelt. "Dining Desk" heißt das Modell. Es lässt sich in der Mitte auseinander fahren, so dass Servierwagen dazwischen passen, die ansonsten in den Bodenschränken der Küche verschwinden. Alternativ können in die Tischmitte auch Tabletts, Schneidebrettchen oder ein flacher Grill eingelassen werden.

Edel-Küchen können locker 100.000 Euro kosten

Derlei Schnickschnack hat natürlich seinen Preis. Edel-Küchen können heute locker 100.000 Euro und mehr kosten. Der Verbraucher scheint aber bereit, solche Summen zu bezahlen. Denn war in den vergangenen Jahren stets der Preis das Entscheidungskriterium beim Möbelkauf, hat die Mehrheit der Deutschen laut einer aktuellen Allensbach-Studie die lange Zeit vorherrschende Spar-Mentalität abgelegt. "Die Ansprüche der Verbraucher an die Ausstattung ihrer Wohnung und damit auch die Bereitschaft, in Qualität zu investieren, wachsen", heißt es. Denn gerade mal 58 Prozent seien mit ihrer derzeitigen Einrichtung noch zufrieden. Entsprechend groß seien derzeit die Anschaffungspläne. Und der Preis rangiere weit hinter Kaufkriterien wie Qualität und Design erst auf Platz fünf.

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Kaum verwunderlich also, dass nun auch Markenmöbelhersteller wie Hülsta über ein eigenes Küchenprogramm nachdenken. Zumal Küchen zu den wachstumsstärksten Bereichen der deutschen Möbelindustrie gehören. 2006 stieg der Umsatz um elf Prozent auf 3,9 Mrd. Euro. Und im ersten Halbjahr 2007 gab es auch bereits ein Plus von acht Prozent auf knapp zwei Mrd. Euro. "Langfristig wird es auch Küchen von Hülsta geben, sei es als Eigenentwicklung, als Lizenzprodukt oder auch durch eine Übernahme", kündigt der Geschäftsführer des größten deutschen Möbelherstellers, Bernd Göbel, an.

Poggenpohl kann dies wenig schocken. Die Traditionsfirma hat an der Kooperation mit Porsche Gefallen gefunden, wenngleich der Partner mit dem großen Namen bei jedem Verkauf kräftig mitverdient. Über die Höhe der Lizenzgebühren will sich Küchen-Manager Duffner allerdings nicht äußern. Er stellt vielmehr die Vorteile der Kooperation heraus. "Wir haben viele Lösungen erarbeitet, die einem Partner allein wohl nicht eingefallen wären." Daher denken die Herforder nun auch über weitere Kooperationen nach. Mit Airbus zum Beispiel soll in Kürze eine Küche für Flugzeuge entwickelt werden. "Es gibt im A380 ja auch eigene Schlafzimmer. Warum also nicht auch Küchen?", fragt Duffner.

Und Erfahrung mit fliegenden Küchen hat Poggenpohl bereits. Schließlich haben die Ostwestfalen 1970 zusammen mit Designer Luigi Colani die Kugelküche für den Weltraum entwickelt. Es blieb freilich nur bei einem Entwurf.

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