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Lifestyle 30 Jahre Tigerente

Ein schräger Vogel wird zum Verkaufsschlager

Sie ist stark und zugleich niedlich: Janoschs Tigerente. Vor 30 Jahren hatte sie ihren ersten Auftritt in einer Fernsehsendung, seitdem rollt sie von einem kommerziellen Erfolg zum nächsten. Und was denkt der Schöpfer Janosch? Er würde am liebsten für schwarz-gelbe Bahnpfosten Lizenzgebühr kassieren.

„Wenn bloß meine Tigerente nicht nass wird“, sagte der kleine Tiger, „dann fürchte ich mich vor nichts“. Eine kleine, schwarz-gelb gestreifte Ente aus Holz rollt auf vier Rädern durch die Welt und erobert die Herzen im Sturm. Zum ersten Mal tauchte die Tigerente vor drei Jahrzehnten als Nebenfigur in Janoschs preisgekröntem Kinderbuch „Oh, wie schön ist Panama“ auf - heute ist sie neben dem kleinen Bär und dem kleinen Tiger die unbestritten berühmteste Figur aus der Feder des Schriftstellers und Illustrators. Am Samstag feiert die Tigerente ihren 30. Geburtstag.

Zur Erfindung der Tigerente hat Janosch lange Zeit erklärt, er habe sie bei dem Zeichner F.K. Waechter geklaut - inzwischen räumte er aber ein, diese Geschichte erfunden zu haben. „Die Verantwortung für das Vieh muss ich schon selbst übernehmen“, sagte er einmal in einem Interview. Im Jahr 2006 schrieb er zur Entstehung der Figur: „Ich ging in den Münchner Zoo, Elefanten zu zeichnen. Nun stand dort neben den Elefanten eine Tigerente und befand sich beim Zeichnen des danebenstehenden Elefanten automatisch auf dem Blatt.“

Wie auch immer sie genau entstand: Nach ihrem ersten Auftritt tauchte die Tigerente auf ihren Rollen in vielen weiteren Janosch-Büchern auf - unter anderem in „Komm, wir finden einen Schatz“, „Post für den Tiger“ und „Ich mach dich gesund, sagte der Bär“. Sonderlich aktiv ist das hölzerne Federvieh freilich nicht: Meist wird es vom kleinen Tiger an einer Schnur durch seine Abenteuer gezogen. Dass die Tigerente dennoch so beliebt ist, wird im Internet-Lexikon Wikipedia damit erklärt, dass sie „für Heranwachsende jeden Alters“ eine starke Identifikation biete. Sie sei „süß“, „schutzbedürftig“ (weil flugunfähig) und – symbolisiert durch die Tigerstreifen - dennoch „stark“.

Marke und Kultfigur

Längst ist die Tigerente zum Liebling der Janosch-Fans avanciert und hat sich zu einer eigenen Marke entwickelt. „Das Design der Tigerente ist von einer so großen Schlichtheit und Eigenständigkeit, dass sie auch ein ideales Marken-Emblem darstellt“, erklärt die Janosch Film & Medien AG. „Die Tigerente ist Marke und Kultfigur zugleich.“

So zieren die bekannten Streifen inzwischen mehr als 1.500 Merchandising-Produkte, die nicht nur bei jüngeren Käufern begehrt sind: Kinder und Erwachsene - darunter nach einem gängigen Klischee viele Pädagogik-Studentinnen - verzieren Taschen und Rücksäcke mit Tigerentenfiguren. Auch Zahnputzbecher und Seifendosen, Poster, Postkarten, Wärmflaschen und Stofftiere sind zu haben. Mit dem „Tigerentenclub“ hat das Kult-Spielzeug das Fernsehen erobert. Und im Jubiläumsjahr wurde die Tigerente überdies vom Deutschen Kinderhilfswerk zur Botschafterin für das Recht auf Spiel gekürt.

Der Erfinder der rollenden Ente, Janosch, ist einer der bekanntesten deutschen Kinderbuchautoren. Insgesamt schrieb er mehr als 100 Kinderbücher, die in 27 Sprachen übersetzt wurden. Die geschätzte Gesamtauflage seiner Bücher soll bei rund fünf Millionen Exemplaren liegen. Für seine Werke erhielt der heute auf Teneriffa lebende Janosch zahlreiche Auszeichnungen - darunter der Deutsche Jugendliteraturpreis, der Prix Jeunesse und der in den Niederlanden verliehene Silberne Griffel. Das Land Panama verlieh ihm den Orden „Manuel Amador Guerrero“ - als Dank dafür, dass er mit „Oh, wie schön ist Panama“, in dem die Tigerente erstmals auftrat, den Namen des Landes in die Literatur eingeschrieben habe. Von dem Buch werden laut dem Verlag Beltz & Gelberg noch heute zwischen 10.000 und 20.000 Exemplare im Jahr verkauft.

Glühendster Verehrer ist Günter Kastenfrosch

Zum 30. Geburtstag der Tigerente hat der Verlag einige Bücher-Klassiker mit der Tigerente als Sonderedition im Streifen-Look herausgebracht. Zusammen mit Partnern schickt er vom 31. März bis zum 5. Juli eine Theatergruppe mit einer „Oh, wie schön ist Panama“-Tournee durch mehr als 120 Buchhandlungen in Deutschland. Im September soll laut Janosch Film & Medien AG eine große Geburtstagsparty im Filmpark Babelsberg bei Berlin steigen. Die Tigerente wird sicher auch nach ihrem runden Geburtstag noch viele Generationen von Streifen-Fans begeistern. Ihr glühendster Verehrer dürfte aber Janoschs Figur Günter Kastenfrosch bleiben. „Was findest Du herrliches Wesen von einem Frosch bloß an dieser erbärmlichen Ente aus Holz?“ wird er in Janoschs Buch „Ich liebe eine Tigerente“ gefragt. Diese sei schließlich aus Holz, „kann nicht singen und springen und ist auch nicht reich“. Doch der verliebte Frosch erzählt begeistert von seiner Liebe: „Der Blitz schlägt ein und alles flimmert und glimmert in der Seele wie Lametta.“

Immerhin sieht Günter Kastenfrosch die kleine Tigerente damit romantischer als ihr gemeinsamer Erfinder Janosch. Der wurde im Interview der „Süddeutschen“ gefragt, ob auch er jenen automatischen „Janosch-Reflex“ beim Auftauchen gelbschwarzer Dinge kenne. Den kenne er sehr wohl, antwortete der Autor scherzhaft: „Zum Beispiel beim Bahnfahren. Da stehen immer so gelbschwarze Pfosten an der Strecke, und da denke ich: Zahlen die eigentlich Lizenzgebühr? Im Grunde fehlen doch nur der Kopf und die Räder.“

AP

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