Nicht nur auf der anderen Seite des grossen Teichs werden Spiele produziert. Auch die hiesige Branche wächst langsam aber stetig. Anders als in den USA wird in der Schweiz aber auf kleiner Flamme gekocht. Grosse Studios wie Ubisoft («Assassin’s Creed»), Bethesda («Fallout») oder Blizzard («Diablo») gibt es bei uns nicht. Mit wenigen Ausnahmen wie Giants Software («Landwirtschafts Simulator») besinnen sich die meisten Schweizer Entwickler deshalb auf günstigere Mobile-Games.
Ein brandneues Projekt in der Pipeline hat Gbanga. Das Zürcher Unternehmen hat bereits einige Erfahrung mit Mobile-Games gesammelt. Zuletzt arbeitete das Studio an «Bumble Bee», einem Spiel, in dem man als Biene durch einen Park navigiert. Der kommende Titel «Famiglia Rise and Fall» ist die Fortsetzung von «Gbanga Famiglia» aus dem Jahre 2010.
«Ab dem Zeitpunkt als ‹Gbanga Famiglia› 2010 fertig war, studierte ich daran herum, was man noch alles verbessern könnte», sagt Firmengründer Matthias Sala. Die Idee zu einem zweiten Teil schwirrte daher schon länger in seinem Kopf herum. Im vergangenen Sommer hat sich die kleine Game-Schmiede schliesslich entschieden, Nägel mit Köpfen zu machen.
Im geobasierten Multiplayer-Spiel (ähnlich wie «Zombies, Run!» oder «Ingress») versucht man als Mafioso seinen Einflussbereich mit Autorennen, Überfällen und strategischer Planung auszuweiten. Durch die Kontrolle von Bars, Restaurants oder Banken gewinnt man an Einfluss. Das finale Spiel kann auf der ganzen Welt gespielt werden. Es soll weitläufige Rennen geben von Paris nach Dakar oder von New York nach San Francisco, je nachdem, wo man sich gerade physisch befindet. Wer in absehbarer Zeit keinen Transatlantikflug plant, kauft sich die Reise einfach mit Spielgeld und checkt mal eben im Empire State Building ein.
Nun steht Gbanga an einem Wendepunkt. Über die Crowfunding-Plattform Indiegogo versucht man innerhalb von 36 Tagen, genug Geld aufzubringen, um das Spiel ohne den Einfluss eines Publishers produzieren zu können. 60’000 US-Dollar ist das Mindestziel. Seit Freitag läuft die Aktion. Für den Fall, dass mehr Geld gespendet wird, hat man verschiedene sogenannte Strech Goals aufgestellt. Für 80’000 Dollar gibt es fünf zusätzliche Mini-Spiele und bei 400’000 Dollar wird die webbasierte Programmierschnittstelle (API) öffentlich gestellt, damit Spieler selbstständig neue Quests oder Figuren programmieren können.
Ich konnte das Spiel bereits kurz antesten. Game-Designer Robin ist derzeit mit der Steuerung beschäftigt. «Wir testen verschiedene Eingabemethoden, um herauszufinden, welche am besten für unser Spiel geeignet ist.» In einer ersten Demo schlenderte ich in der Rolle eines grossköpfigen Gangsters durch Zürich – bevor sich das Spiel aufhängte. «Den Fehler kenne ich, daran arbeiten wir noch», versichert Robin mit einem Grinsen.
Auf die Frage, wieso gerade jetzt, antwortet Matthias: «Wir wollten nicht immer die ersten sein und jetzt scheint uns ein guter Zeitpunkt.» Bereits vor iPhone-Zeiten hat Gbanga erste Mobile-Games programmiert. Allerdings wurde man damals noch belächelt. «Es gab noch keinen App Store, kein Ökosystem. Spielemagazine reagierten ablehnend mit der Begründung: ‹Das ist doch kein richtiges Spiel›», sagt Matthias. Daher sprang man auch nicht sofort auf den Kickstarter-Zug auf und liess erst andere als Versuchskaninchen vor.
Als Gründer des Schweizerischen Gamerverbands (SGDA) möchte Matthias die lokale Branche vorantreiben. Mit seinem Projekt erhofft er sich eine Signalwirkung zu erzielen. «Wir wollen beweisen, dass wir es schaffen können und andere dazu inspirieren, dass man auch in der Schweiz erfolgreich Games produzieren kann», sagt der junge Firmenchef. «Wir wollen die Sicht auf die Schweizer Spielebranche verändern», denn die Unterhaltungsindustrie habe hierzulande etwas anrüchiges, findet Matthias. Damit soll endlich Schluss sein.
Zur Indiegogo-Seite des Spiels geht's hier.