Sieht die Gynäkologin, ob man sich selbst befriedigt?

Sieht die Gynäkologin, ob man sich selbst befriedigt? Fachärztin klärt auf

Der Besuch beim Frauenarzt ist nach wie vor mit vielen Tabus und einem Haufen Scham behaftet. Zu Unrecht, denn für seinen Körper muss sich niemand schämen. Wir haben einer Frauenärztin 5 Fragen gestellt, die sich kaum einer zu stellen wagt. Die Antworten lesen Sie jetzt! 

Anna Stamm ist Gynäkologin aus Berlin. Ihre Schwerpunkte liegen auf der allgemeinen Gynäkologie sowie auf der Schwangerschaftsvorsorge. Auf humorvolle Art und Weise klärt "frau_gyn" auf Instagram über Mythen und Vorurteile rund um das Thema Gynäkologie auf. So finden Sie auf dem Social-Media-Kanal der Frauenärztin verschiedene Videos und Posts, etwa rund ums Thema Verhütungsring, PCO-Syndrom oder "Dinge, die ich als Gyn niemals tun würde".

Für uns hat die Fachärztin 5 Fragen beantwortet, die sich sonst kaum jemand zu stellen traut.

5 Fragen an eine Frauenärztin, die sich niemand traut zu stellen

vital.de: Gibt es etwas, was Sie während einer Untersuchung eklig finden? 

Anna Stamm: Normalerweise finde ich die Untersuchung nicht eklig. Geruch und Ausfluss sind normal und gehören dazu, ich wäre wohl nicht Frauenärztin geworden, wenn ich mich vor Vulva und Vagina ekeln würde. Es gibt aber natürlich trotzdem einige Situationen, die nicht so schön sind. Wenn ich einen vergessenen Tampon finde oder eine Person sehr ungepflegt ist zum Beispiel. Aber das kommt zum Glück nur sehr selten vor. 

vital.de: Stören Sie Haare im Intimbereich bei der Untersuchung? 

Anna Stamm: Überhaupt nicht! Haare an der Vulva sind etwas ganz Natürliches und haben ja auch eine Schutzfunktion für die empfindliche Haut dort. Rasieren ist aus medizinischer Sicht eher ungünstig, da es die Haut reizt und häufiger Probleme, wie eingewachsene Haare, auftreten. Es ist letztlich aber reine Geschmackssache, mir persönlich ist die Intimfrisur meiner Patientinnen völlig egal. 

vital.de: Können Sie erkennen, wenn Ihre Patientin kurz vor dem Termin Sex hatte? 

Anna Stamm: Nein, das kann man der Vagina nicht ansehen. Allerdings kann man unter dem Mikroskop bei einem Abstrich manchmal Spermien sehen. Diese stören dort aber nicht die Auswertung.

vital.de: Verändert sich die Vagina einer Frau, wenn Sie längere Zeit keinen Geschlechtsverkehr hatte? 

Anna Stamm: Die Vagina ist ein extrem flexibler Muskelschlauch. Sie wird durch viel Geschlechtsverkehr nicht ausgeleiert und schrumpft auch nicht ein in weniger aktiven Phasen. Nach den Wechseljahren kann es durch den Hormonmangel zu einer Verengung der Vagina kommen, dies lässt sich mit Östrogensalben jedoch meist sehr gut behandeln.

vital.de: Können Sie als Gynäkologin erkennen, ob sich jemand häufig selbst befriedigt?

Anna Stamm: Nein, das ist nicht zu erkennen. Masturbation ist aber ja auch etwas ganz Natürliches und bringt einige Vorteile mit sich. Vor allem hilft es dabei, den eigenen Körper und die sexuellen Vorlieben kennenzulernen, was auch für den partnerschaftlichen Sex sehr hilfreich ist. Außerdem hilft es, Stress abzubauen, kann das Einschlafen erleichtern, lindert Schmerzen und sorgt insgesamt für Wohlbefinden. Ich ermutige meine Patientinnen also sogar zum Solo Sex.

Anna Stamm im Podcast

In puncto Frauenmedizin gibt es noch erheblichen Nachholbedarf, Stichwort "Geschlechtermedizin". Über dieses Thema spricht Anna Stamm im VITAL Gesundheits-Expertentalk mit Gesundheitsexpertin Charlotte Karlinder. Jetzt reinhören und mehr erfahren!

 

Zahlen und Fakten zur Selbstbefriedigung von Frauen

Forschende befragten für eine Studie von 2019 insgesamt 425 Frauen in Deutschland über ihre Masturbarionsverhalten und -motivationen. Alle Studienteilnehmerinnen waren in festen Partnerschaften. Die Forschenden wollten herausfinden, wie, ob und warum Frauen in Beziehungen masturbierten. 

Die Ergebnisse sind eindeutig: 

  • 94,5 Prozent der Frauen haben mindestens einmal im Leben masturbiert.
  • Im Durchschnitt befriedigten sich Frauen das erste Mal selbst im Alter von 14 Jahren.
  • 26,8 Prozent der befragten Frauen masturbierten zwei- bis dreimal wöchentlich.
  • 26,3 Prozent befriedigten sich einmal pro Woche.
  • 91,5 Prozent der Frauen masturbierten auch in festen Beziehungen regelmäßig.

Als Gründe oder Motivation für regelmäßige Selbstbefriedigung gaben die Frauen an, dass Masturbation Entspannung bringen würde, Stress abbaute oder spontane Lust befriedigte