Fall Mörgeli: Von Affen und Doktoren

SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli drohte der «Rundschau» des Schweizer Fernsehens mit rechtlichen Schritten. Er hat 20 Tage Zeit, bei der Ombudsstelle Beschwerde einzureichen.

Severin Schwendener
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Christoph Mörgeli (Bild: ky/Alessandro Della Bella)

Christoph Mörgeli (Bild: ky/Alessandro Della Bella)

ZÜRICH. Eine Weile war es ruhig um Christoph Mörgeli, der nach Turbulenzen am Medizinhistorischen Institut der Universität Zürich im letzten Jahr freigestellt worden ist. Dann schlug die Sendung «Rundschau» am vergangenen Mittwoch das nächste Kapitel in der Affäre um den polarisierenden SVP-Politiker auf. In einem Beitrag wurde Mörgeli vorgeworfen, medizinische Dissertationen von zweifelhafter Qualität durchgewunken zu haben. Rund ein Dutzend von Mörgeli betreute Dissertationen bestanden zu überwiegenden Teilen aus Transkriptionen historischer Texte: handschriftliche Dokumente waren in modernes Hochdeutsch transkribiert worden; selbständige Arbeit in Form von Einleitung, Vergleich und Diskussion gab es nur wenig.

«Vom Aff bisse»

Christoph Mörgeli nahm in der Sendung – anders als alle anderen Beteiligten – persönlich Stellung zu den Vorwürfen. Er verteidigte die eingereichten Arbeiten als einen wissenschaftlichen Beitrag zum Erhalt und zur Verbreitung dieser Texte; der enorme Aufwand, der für die Transkription altdeutscher Handschriften notwendig sei, rechtfertige die Verleihung eines Doktortitels. Allerdings verlor der Titularprofessor angesichts der happigen Vorwürfe seine Nonchalance und lieferte einen Satz für die nächsten Jahresrückblicke, als er auf die Frage nach einem Rücktritt mit dem Ausspruch reagierte: «Sind Sie eigentlich vom Aff bisse?»

Nach der Sendung kündigte Mörgeli umgehend rechtliche Schritte gegen die «Rundschau» und deren «tendenziöse» Berichterstattung an. Auch erwäge er, die Berichterstattung der SRG vor den Presserat und den Ombudsmann zu bringen.

Noch keine Beschwerde

Allerdings weist der Presserat Beschwerden, die gleichzeitig beim Ombudsmann eingereicht werden, zurück. Nach einer Sendung haben Beschwerdeführer 20 Tage Zeit, bei der Ombudsstelle eine Beschwerde einzureichen. Diese muss dann innerhalb von 40 Tagen einen Schlussbericht dazu veröffentlichen. Wiederum innerhalb von 30 Tagen kann man das Verfahren an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen, UBI, weiterziehen. «Bisher ist zur Rundschausendung mit Christoph Mörgeli keine Beschwerde eingegangen», sagt Ombudsmann Achille Casanova auf Anfrage. Die «Rundschau» selbst ist immer wieder Gegenstand von Beschwerden bei der Ombudsstelle, die entsprechenden Schlussberichte werden auf der Homepage veröffentlicht. Abgesehen von einer gutgeheissenen Beschwerde Anfang Jahr waren die letzten Beschwerden zur «Rundschau» aus Sicht des Ombudsmannes aber nicht begründet, das letzte Verfahren bei der UBI stammt aus dem Jahr 2008.

Aufarbeitung dauert

Unabhängig davon, ob sich der Ombudsmann oder Gerichte mit der «Rundschau» beschäftigen werden: eine umfangreiche Aufarbeitung der Causa Mörgeli ist längst in Gang gekommen. Die Universität hüllt sich jedoch in Schweigen und will die Vorwürfe abklären, wahrscheinlich werden sämtliche von Mörgeli betreuten Dissertationen überprüft, vielleicht kommt es auch zur Aberkennung von Titeln. UBI-Präsident Roger Blum jedenfalls meinte auf Twitter bereits, gegen die Affäre Mörgeli sei «der Fall Schavan ein Klacks».