Freipass #80
«Ich wäre eine grässliche Gärtnerin»: Die Werdenberger Autorin und Verlegerin Alice Gabathuler im Fragebogen

Jede Woche spielen wir Ostschweizer Kulturschaffenden den Ball zu und fragen: Was lernen Sie gerade neu? Worauf freuen Sie sich? Heute mit der Werdenberger Autorin und Verlegerin Alice Gabathuler, die gerne Rocksängerin geworden wäre. Stattdessen schreibt sie Jugendbücher und hat 2016 den Verlag da bux gegründet.

Bettina Kugler
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Alice Gabathuler, geboren 1961, verdankt dem Videoportal Youtube viele spannende Einsichten – in ihr Leben und das anderer Menschen. Auch als Autorin experimentiert sie mit den Möglichkeiten des Kanals.

Alice Gabathuler, geboren 1961, verdankt dem Videoportal Youtube viele spannende Einsichten – in ihr Leben und das anderer Menschen. Auch als Autorin experimentiert sie mit den Möglichkeiten des Kanals.

Bild: Ana Kontoulis

Die Werdenbergerin Alice Gabathuler ist Autorin und Verlegerin. Ihr erstes Buch «Blackout» erschien 2007 und wurde schnell zur Klassenlektüre für Jugendliche ab 13 Jahren. Es folgten weitere Bücher, unzählige Lesungen an Schulen und 2014 die Auszeichnung in der Sparte «Bester deutschsprachiger Jugendkrimi» für ihr Buch «#no_way_out». 2016 gründete Alice Gabathuler zusammen mit Stephan Sigg und Tom Zai den da bux Verlag mit Sitz in Buchs.

Da bux hat sich spezialisiert auf leicht lesbare, thematisch aktuelle und brisante Geschichten für die Oberstufe. Im Herbst 2022 veröffentlichte Alice Gabathuler die Erzählung «Marla rockt» über die Nöte einer Jugendlichen, die nach der Schule ihre kranke Mutter pflegt und deren Aufgaben übernehmen muss.

Was lernen Sie gerade neu?

Alice Gabathuler: Das Trampelpfadgehen. Eine begeisterte Wanderin bin ich ja schon lange, aber letztes Jahr fiel in einem YouTube-Video der Satz: Gewohnheiten sind Trampelpfade. Ich sass da und lachte schallend, denn ich erkannte die Gewohnheits-Trampelpfade in meinem Leben, die zum Teil eher Autobahnen glichen. Ich wollte einige dieser Pfade verlassen, neue Pfade gehen, auch mal etwas abseits vom Gewohnten laufen und Neuland betreten. Dabei lerne ich auch mich neu kennen. Das ist ungeheuer spannend, wunderbar befriedigend und nicht zuletzt sehr befreiend.

Was haben Sie zuletzt für sich entdeckt?

Youtube. Das hat mit dem Trampelpfadgehen und meiner Lust auf Neues zu tun, denn auf diesem Internetportal erzählen viele Menschen von und aus ihrem Leben, oft unterlegt mit ruhigen, schönen Aufnahmen. Was mich dabei besonders fasziniert: Ich kann diese Menschen auf ihren Lebensreisen begleiten. Den Aussteiger, der in den italienischen Bergen zwei Steinhütten umbaut. Die Londoner Innendesignerin, die sich ein kleines Haus im schwedischen Nirgendwo gekauft hat und das langsam und stetig ausbaut. Beiden schaue ich jetzt seit mehr als einem Jahr zu. Ich sehe, wie sie ihre Trampelpfade gehen, woran sie wachsen, woran sie scheitern. Ich habe Youtube auch als ein Medium entdeckt, auf dem man fast alles lernen kann – ich habe dort zum Beispiel gelernt, wie man Knopflöcher näht und Trockenmauern baut. Auch als Autorin experimentiere ich gerade ziemlich wild und begeistert auf Youtube herum. (Webseite: https://www.youtube.com/@AliceGabathuler)

Auf Youtube beantwortet Alice Gabathuler Fragen, die ihr auch oft bei Lesungen gestellt werden: zum Beispiel, ob man vom Schreiben leben kann.

Video: Youtube

Was hat Sie in den letzten Monaten am meisten beschäftigt?

Die Instabilität der Welt. Das Grausame des Krieges. Die Ungeheuerlichkeit der iranischen Herrscher, die ihre Kinder und Jugendlichen töten lassen. Unsere Machtlosigkeit all dem gegenüber. Der Klimawandel, dem wir zu wenig entschieden begegnen. Aber auch die Politik in unserem Land, die zu langsam und zu zögerlich auf diese Herausforderungen reagiert.

Vervollständigen Sie den Satz: Wenn ich nicht Schriftstellerin geworden wäre, wäre ich heute ...

Alice Gabathulers aktuelles Buch «Marla rockt» zum Thema Young Carers.

Alice Gabathulers aktuelles Buch «Marla rockt» zum Thema Young Carers.

Bild: da bux Verlag

Ich bin spät Autorin geworden. Gelernt habe ich Lehrerin. Aber wenn ich wählen könnte: Gärtnerin. Zumindest ist das mein Stossseufzer in Richtung Himmel, wann immer es in meinem Autorinnenleben klemmt. Die Wahrheit ist, dass ich eine grässliche Gärtnerin wäre, weil ich – unbeabsichtigt – die meisten meiner Pflanzen umbringe. Was auch spannend wäre: alte Häuser zu restaurieren. Oder irgendwo in der Wildnis zu leben, weit weg von der Zivilisation. Wie man damit Geld verdienen könnte, weiss ich nicht, also zählt das wohl nicht als Berufswunsch. Last but not least wäre mein Traumberuf Rocksängerin, was jedoch an meinem absolut nicht vorhandenen Musiktalent scheitert. Aber ich habe jetzt ja eine «Buchband», den Verlag da bux. Das ist genauso toll.

Alice Gabathuler mit ihrer «Buchband», den da bux-Co-Verlegern Stephan Sigg (links) und Tom Zai (Mitte).

Alice Gabathuler mit ihrer «Buchband», den da bux-Co-Verlegern Stephan Sigg (links) und Tom Zai (Mitte).

Bild: Ana Kontoulis

Mit wem würden Sie gerne einmal zusammenarbeiten und warum?

Diesen Wunsch habe ich mir bereits erfüllt. Ich führe mit zwei tollen Weggefährten den da bux Verlag: mit Stephan Sigg und Tom Zai. Ich schreibe gerade zum ersten Mal ein Buch zusammen mit meiner (Autoren-)Freundin Jutta Wilke. Und ich kann jedes Jahr mit neuen Autorinnen und Autoren von da bux arbeiten

Worauf freuen Sie sich?

Auf Zeit mit meiner Familie. Auf weitere Buchprojekte. Auf die neue Verlagsedition. Auf viele Wanderungen, draussen in der Natur und auf meinen persönlichen und beruflichen Trampelpfaden. Auf das Leben.

Hinweis

Zuletzt erschien von Alice Gabathuler die Erzählung «Marla rockt», da bux Verlag, 60 Seiten, Fr. 9.90 (Ab 13 Jahren)

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