Mundartsänger
Gölä und Trauffer spannen zusammen: «Man hat uns immer schlecht gemacht und uns ausgelacht»

Gölä und Trauffer, die erfolgreichsten Mundartsänger, machen gemeinsame Sache. Dazu haben sie eine Aktiengesellschaft gegründet und nennen sich Büetzer Buebe. Wir haben sie in ihrem Truck besucht und uns über das Business unterhalten.

Stefan Künzli
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«Viele können davon profitieren»: Gölä und Trauffer, ein eingespieltes Duo.
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Gölä und Trauffer

«Viele können davon profitieren»: Gölä und Trauffer, ein eingespieltes Duo.

Claudio Thoma

Es regnet nicht nur, es «sträzt». Wir treffen uns auf der Abfallannahmestelle Debag Zürich. Die Bagger tanzen im Hintergrund und verarbeiten den Müll. Auf diesem Gelände haben die Mundartsänger Gölä und Trauffer ihren Büetzer-Buebe-Truck geparkt, den sie umgebaut und mit Bar, Bierzapfhahn und Terrasse für ihre Bedürfnisse eingerichtet haben. Sogar ein kleiner Bagger ist dabei, auf dem sich Besucher versuchen können.

Wieso sind wir hier?

Gölä: Die Redaktionsstuben und Radiostudios haben wir genug gesehen. Für die Promotour unseres Albums haben wir uns deshalb etwas Besonderes einfallen lassen und sind mit dem Truck unterwegs. Zu diesem Zweck haben wir sogar die Lastwagenprüfung abgeschlossen und kurven selber durch die Gegend.

Und wieso auf der Abfallannahmestelle?

Trauffer: Die gehört zur Firma Spross, und die ist Mitglied im Büetzer Club, einem Netzwerk von Firmen und Persönlichkeiten, die unser Projekt unterstützen. Statt wenige grosse Sponsoren haben wir viele kleine und mittelgrosse, die unsere Sache unterstützen. KMU, das ist unsere Welt. Wir wollen zu den Leuten und möchten erreichen, dass alle Büezer stolz sind auf das, was sie täglich leisten.

Sie spannen jetzt zusammen. Gölä, was schätzen Sie an Trauffer?

Gölä: Bis jetzt alles. Ich darf sein Auto fahren, das schätze ich. Mit meiner Karriere geht es bergab. Deshalb muss ich ihn jetzt herumkutschieren. Eigentlich bin ich ja sein Chauffeur.

Gölä, 51-jährig

Gölä, eigentlich Marco Pfeuti, ist am 7. Juni 1968 in Thun geboren. Sein erstes Album «Uf u dervo» von 1998 ist mit über 250 000 verkauften Exemplaren das erfolgreichste Schweizer Mundartalbum. Seine englischen Songs sind nicht annähernd so erfolgreich wie die Mundartlieder. Besser ist dagegen das Projekt «Urchig» von 2017 mit Schweizer Jodelchören angekommen. Gölä ist seit sieben Jahren mit Heidi verheiratet und hat mit ihr zwei Töchter. Aus früheren Beziehungen hat der Sänger zwei Söhne. (sk)

Und Trauffer, was schätzen Sie an Gölä?

Trauffer: Er ist der beste Chauffeur. Nein quatsch, das passt einfach. Das Projekt ist uns ja quasi vor die Füsse gefallen. Angefangen hat es mit diesem Song für das eidgenössische Schwingfest in Zug. Ich hatte eine Zusammenarbeit mit dem SRF, Gölä mit dem OK des Eidgenössischen. Da fragten wir uns: Zwei Songs für einen Anlass? Das bringt’s nicht.

Gölä: Wir haben uns getroffen und sofort verstanden. Eigentlich wollten wir ja eine Pause machen. Doch dann gab eins das andere. Wir hatten wie immer mehr Ideen. Höhepunkt sind die zwei Konzerte im Letzigrund im nächsten Jahr. Aber ich kann Sie beruhigen, es bleibt eine einmalige Sache. Es gibt keine Tour, keine weitere Platte.

Trauffer, 40-jährig

Trauffer, eigentlich Marc A. Trauffer, ist am 4. Juni 1979 in Brienz geboren. Er war Sänger der Band Airbäg und startete 2008 seine Solokarriere. Mit dem Album «Alpentainer» von 2014 war er über drei Jahre in der Hitparade, und auch die beiden Nachfolger «Heiterefahne» (2016) und «Schnupf, Schnaps + Edelwyss» (2018) erreichten absolute Spitzenwerte. Vor zehn Jahren übernahm er die Holzspielwarenfabrik seiner Eltern und führt sie als Inhaber. Trauffer ist liiert, mit seiner Ex-Frau hat er eine Tochter und einen Sohn. (sk)

Was sind Ihre Gemeinsamkeiten?

Gölä: Wir sind zielstrebig. Wenn wir uns zu etwas entschieden haben, geben wir Gas. Wir stehen am Morgen früh auf, und auf uns ist Verlass. Dazu nennen wir uns nicht Künstler, wir sind überzeugte Hobbymusiker.

Trauffer: Wir haben eine ähnliche Geschichte und wahrscheinlich immer das gleiche Menü gegessen. Wir sind Berner Oberländer, die eine Karriere als Musiker gemacht haben, die uns niemand zugetraut hat. Man hat uns immer schlechtgemacht und uns ausgelacht. Wir hatten mit denselben Problemen zu kämpfen. Das verbindet und schweisst zusammen.

Wie sind denn die Berner Oberländer?

Gölä: Gmögig und gsellig. Aber manchmal auch stur «wie ne Mohre». Aber man kann nicht verallgemeinern. Es hat aber überall gute und schlechte Leute.

Aber Sie zelebrieren in Ihren Songs schon das Landleben und heben es über dasjenige in der Stadt.

Trauffer: Die Stadt ist nicht generell schlecht. Schliesslich sind wir hier in Zürich. Aber ich bin einfach gern dort zu Hause, wo ich zu Hause bin. Ich bin so und lebe so. Journalisten unterstellen mir immer wieder, dass das eine Masche sei. Felder, Berge, Kühe und Seen. Das ist meine Heimat, meine Realität. Ich glaube, wenn man in einem urbanen Umfeld im kulturellen Bereich arbeitet, kann man nicht nachvollziehen, was ich mache. Das verstehe ich.

Was unterscheidet denn den Land- vom Stadtbuben?

Trauffer: Die Umgebung, in der du aufgewachsen bist, prägt dich. Du brauchst ein Töffli, wenn du als Landbueb ans Grümpelturnier ins benachbarte Dorf willst. Es ist das Angebot, das uns verschieden macht. In der Stadt hast du viel mehr Möglichkeiten. Wenn ich Landei ein, zwei Tage in einer Stadt bin, halte ich es nicht mehr aus. Ich muss heim. Die städtische Hektik macht mich viel zu nervös. Ich geniesse die Ruhe, die Landschaft bei uns. Deshalb kommen ja die Städter zu uns zum Wandern.

Gölä: Ich gehe nicht nach Zürich, wenn ich nicht unbedingt muss. Ich finde die Stadt furchtbar. Alles sieht genau gleich aus, und ich finde mich überhaupt nicht zurecht. Ich fühle mich wie in einem Labyrinth, aus dem ich nicht herausfinde. Ohne Trauffer wäre ich hier verloren.

Büetzer-Buebe

Gölä und Trauffer singen zwar meist zusammen und haben ihre Bands durchmischt. Doch einen eigenen, neuen Büetzer-Sound haben die beiden nicht wirklich entwickelt. Richtige Büetzer Buebe machen keine Kompromisse. Vielmehr werden in den 13 Songs des Albums Gölä- und Trauffer-Fans gleichermassen bedient. Hier mit dem Rockig-melodischen von Gölä, da mit dem Lüpfig-folkloristischen von Trauffer. Auf einen Flop des Albums dürfte niemand wetten. Der Erfolg scheint garantiert. (sk)

Wie haben Sie die Songs für Ihr Album komponiert?

Gölä: So wie gäng. Ich mit meinem Team, und Trauffer mit seinem. Also getrennt, und jetzt entwickeln wir uns zu eineiigen Zwillingen.

Trauffer: Jeder hat für sich sieben Songs komponiert. Wir sind dann zusammengekommen und haben die Songs zusammen weiterentwickelt. Wir sind extreme Alphatiere, weshalb es auch zu Reibereien kam.

Gölä: Ich lasse mir nicht gern reinreden. Insofern musste ich mich schon umgewöhnen. Aber ich habe mich bei seinen Songs auch gerächt.

Jeder von Ihnen hat eine feste Band. Wie haben Sie die Band zusammengestellt?

Trauffer: Wir haben sie gemischt. Wir Sänger mussten uns ja auch anpassen und auf den anderen zugehen. Deshalb haben wir auch die Bands konsequent aufgebrochen. Walter Keiser spielte zum Beispiel nie mit seinem Bruder Peter. Christian Kyburz nie mit Patrick Meier.

Der Song «Äs isch guet so wie’s isch» handelt vom Älterwerden. Sie sind aber erst 51 und 40 Jahre alt. Spüren Sie das Alter schon?

Gölä: Ich bin schon alt, er wird älter. Nein, es ist nicht schlimm. Beim Pinkeln hab ich etwas länger, bis es fertig getröpfelt hat. Aber das geht jedem in diesem Alter so. Sonst merke ich noch nichts.

Trauffer: Ich merke es an meinen Kindern, dass ich älter geworden bin. Und an Gölä. Er hat eine kindliche Unbeschwertheit bewahrt und ist ein ewiger Lausbub. Irgendwie bewundere ich das. Ich bin dagegen schon viel vernünftiger geworden. Aber wirklich alt sind wir beide noch nicht.

Angefangen hat das Projekt der Büetzer Buebe mit dem Schwinger-Song. Wie ist denn Ihre Beziehung zum Schwingen?

Trauffer: Ich komme aus derselben Gemeinde wie der aktuelle Schwingerkönig Mathias Glarner. Ich habe ihn schon gekannt, als er noch ein Bub war. Ich selber habe zwar nie geschwungen, ich bin viel zu klein und schmächtig, aber bei uns gehört Schwingen einfach dazu. Ich bin ein Schwing-Fan und war schon bei den letzten Eidgenössischen aktiv beteiligt.

Mein Lieblingswort beim Schwingen ist der «Schlungg». Wissen Sie, was das ist?

Gölä: Das ist ein Schwing-Schwung. Mein Lieblingswort ist aber der «Wyberhaagge», weil man da noch «Wyb» sagen darf.

Geht’s Ihnen eigentlich wieder gut?

Gölä: Wieso fragen Sie? Das war doch nur ein kleines Sonnenbrändli.

Aber Sie mussten doch ins Spital eingeliefert werden?

Gölä: Aber das war wegen der Augen, nicht dem Sonnenbrand. Jetzt seh ich aber wieder wie ein Adler.

Trauffer: Das war ziemlich dumm. Das müssen wir schon zugeben. Und ausgerechnet uns Berglern passiert so was.

Das Humorfestival Arosa hat Sie, Gölä, für den Schneemann des Jahres nominiert. Zusammen mit Bundesrat Ignazio Cassis.

Gölä: Was? Davon habe ich noch nie gehört. Was ist das?

Da wird jährlich eine Person geehrt, die mit unfreiwilliger Komik für Lacher sorgt. Würden Sie zur Preisvergabe nach Arosa reisen?

Gölä: Nein, sicher nicht. Ich hasse Schnee.

Ich frage mich nur, weshalb nur Gölä nominiert wurde?

Trauffer: Genau. So übergangen zu werden, das geht nicht. Das ist eine absolute Frechheit. Wenn ich Frank Baumann das nächste Mal sehe, wird er von mir etwas zu hören kriegen. Vielleicht bin ich ihm zu wenig Kultur.

Was entgegnen Sie Leuten, die sagen, dass Sie gar keine richtigen Büezer sind? Dass das alles nur eine Masche ist und ein Etikettenschwindel?

Gölä: Mir hat das noch niemand gesagt.

Na dann sag ich es Ihnen. Sie sind keine Büezer. Sie sind Geschäftsleute und Unternehmer.

Gölä: Sind denn Geschäftsleute und Unternehmer keine Büezer?

Nein, aus meiner Sicht nicht. Bei allem Respekt: Als Unternehmer sind Sie das Gegenteil eines Büezers.

Trauffer: Das können Sie so sehen. Ich sehe es anders. Ich habe Maurer gelernt. Ich weiss, was es bedeutet, im Winter morgens um sechs Uhr im Freien zu arbeiten. Aber ich habe mich emporgearbeitet und bin heute Geschäftsmann. Man muss sich bewusst sein, dass wir mit den Letzigrund-Konzerten auch grosse Risiken eingehen. Ich mache zwar meine Hände nicht mehr schmutzig wie früher. Aber als Unternehmer habe ich Angestellte, die von mir einen Lohn erwarten. Und deshalb muss ich jeden Morgen aufstehen und in meinem Job mein Bestes geben. Wenn ich meinen Job nicht mache, haben meine Leute keinen Lohn. Für mich sind auch Dentalhygienikerinnen oder Versicherungsangestellte Büezer. Leute, die ihren Job gut erledigen.

Journalisten auch?

Trauffer: Ja, sogar Journalisten. Wohl vielleicht nicht die besten (lacht), aber klar: Jeder muss seine Büez machen.

Als Geschäftsleute haben Sie meinen Respekt. Das Büetzer-Buebe-Projekt ist ja auch eine gute Geschäftsidee.

Trauffer: Genau, und sie schafft Büez. Viele können davon profitieren.

Das eine Konzert im Letzigrund ist schon ausverkauft. Am Montag startet der Vorverkauf für das zweite. Wenn Sie es ebenfalls voll bringen, schätze ich mit Einnahmen von 8 Millionen. Liege ich richtig?

Trauffer: Das kann ich Ihnen nicht sagen. Ich weiss aber, dass die Kosten für die Konzerte immens sind. Es gibt ja keine Bühne im Stadion. Die müssen wir extra bauen, samt Bühnenbild. Wenn wir heute abschliessen müssten, also nur das erste Konzert, dann würden wir rote Zahlen schreiben. Es wäre wohl profitabler, wenn wir zweimal im Hallenstadion spie- len würden. Ja, wir sind Geschäftsmänner. Und als solche gehen wir Risiken ein. Wenn wir im zweiten Konzert nur 20 000 Tickets verkaufen, dann haben wir ein Problem.

Im Handelsregistereintrag Ihrer Büetzer Buebe AG steht als Zweck: «Erwerb von Wald und der Handel mit Holzrechten sowie die Herstellung und der Verkauf von Baumaschinen.» Können Sie mir das erklären? Wollen Sie ernsthaft mit Holzrechten handeln und Baumaschinen herstellen?

Gölä: Es ist vom Gesetz vorgeschrieben, dass man einen Zweck angibt. Neben der Organisation und der Durchführung von Konzerten haben wir einfach noch weitere Zwecke angegeben.

Einfach so? Als Witz?

Trauffer: Als Zweck kann man ja angeben, was man will. Wir haben beim Gründungsfest noch gesagt, dass es sicher Journalisten gibt, die da anbeissen. Und prompt. Aber Sie müssen keine Angst haben, wir werden nicht mit Baumaschinen handeln.

Einer der Songs heisst ja noch «John Deere». Wie viel hat die berühmte Traktorfirma dafür bezahlt?

Gölä: Schön wär’s. Die wollten nichts von uns wissen.