Axpo

Block 1 des Atomkraftwerks Beznau, der mit 47 Jahren älteste kommerziell genutzte Kernreaktor der Welt, ist seit März des vergangenen Jahres vom Netz. Jetzt hat die Betreiberin Axpo die Ursache für die Unregelmäßigkeiten im Material des Reaktordruckbehälters untersuchen lassen und nach eigenen Angaben nachgewiesen: Die Materialfehler im Kernreaktor Beznau 1 sind 1965 bei der Herstellung entstanden und stammen nicht vom Betrieb. Dafür hat die Axpo einen Testkörper nachbauen lassen.

Im Sommer 2015 wurden am Reaktordruckbehälter von Beznau I rund 925 Materialfehler entdeckt. Es handelte sich um fehlerhafte Materialstellen mit einer Größe von fünf bis sechs Millimetern. Diese Aluminiumoxid-Einschlüsse lagen fast ausschließlich im oberen Kernring des Reaktordruckbehälters. Dieser Kernring ist der größten Neutronenbestrahlung ausgesetzt. Für die Axpo war schnell klar, dass es sich um Materialfehler handelte, die nach der Herstellung 1965 zwar bekannt, aber als akzeptabel eingestuft worden waren, schreibt die Betreiberin in einer Pressemitteilung.

Im Frühjahr 2016 hatte Axpo nach eigener Aussage nachgewiesen, dass es sich bei den Einschlüssen im Reaktordruckbehälter (RDB) des Kernkraftwerks Beznau 1 (KKB 1) um Aluminiumoxid handelt. Die Materialuntersuchungen an einem nachgebildeten Testkörper, einer Replik des Rings C, bestätigen laut Axpo diese Erkenntnisse und die These, dass die Unregelmäßigkeiten herstellungsbedingt und nicht im Betrieb entstanden sind. Der Sicherheitsnachweis, der sogenannte Safety Case, soll im Herbst beim Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) eingereicht werden.

Im Rahmen der in den vergangenen Monaten durchgeführten Untersuchungen zeigte sich laut Betreiberin, dass das bereits im vergangenen Jahr identifizierte Testmaterial nur teilweise geeignet war, um den hohen Qualitätsansprüchen für das Erbringen des Integritätsnachweises zu genügen. Deshalb ließ Axpo den Ring C des RDB – das ist der Ring mit den meisten Unregelmäßigkeiten – in einer international tätigen, renommierten Schmiede in England gemäß den in den 1960er Jahren geltenden, dokumentierten Herstellungsbedingungen in der ursprünglichen Schmiede von Le Creusot nachbilden. Das Ensi wurde über das Vorgehen informiert und war laut Axpo-Pressemitteilung bei den darauf folgenden Materialuntersuchungen präsent.

Heute steht laut Axpo Folgendes fest: Der Nachbau ist repräsentativ. Er weist praktisch identische chemische und mechanische Eigenschaften auf, wie der Ring C vom RDB Block 1. Erste Ultraschallmessungen haben bestätigt, dass sich während des Herstellungsprozesses der Replik Einschlüsse gebildet haben, die denjenigen in Ring C nahezu 1:1 gleichen. Die Replik bildet eine solide Grundlage dafür, das vorgesehene Programm zum Nachweis der Integrität des RDB vollumfänglich – auch mit zerstörenden Prüfungen – durchführen zu können.

In den nächsten Monaten stehen noch umfangreiche Untersuchungen und Bewertungen auf dem Programm. Den Sicherheitsnachweis wird Axpo erbracht haben, wenn alle Prüfungen und Analysen entlang der vom Ensi akzeptierten Roadmap mit positiven Ergebnissen abgeschlossen sind, der werkstoffspezifische Einfluss der Unregelmäßigkeiten auf die Eigenschaften des Grundmaterials geklärt ist, die Bruchzähigkeit des Materials belegt werden kann und die Frage der vorhandenen Sicherheitsreserven beantwortet ist.

"Bis heute liegen weiterhin keine sicherheitstechnischen Vorbehalte für den sicheren Weiterbetrieb des KKB 1 vor", so die Axpo. Sie ist überzeugt, die geforderten Nachweise und den Safety Case für das Wiederanfahren der Anlage erbringen zu können. Axpo will den Nachweis im Laufe des Herbstes einreichen. Anschließend wird das Ensi den Sicherheitsnachweis prüfen und über die Bewilligung zum Wiederanfahren entscheiden.

Das sagt Greenpeace

Die Umweltorganisation Greenpeace Schweiz fordert weiter ein öffentliches Hearing mit atomkritischen Experten. Letztlich könne die Entscheidung, ob das Atomkraftwerk Beznau den Betrieb wieder aufnimmt, nicht in der Hand einiger weniger Spezialisten sein, sondern bedürfe der politischen Klärung. Es gehe um die Risiken, welche die Gesellschaft bereit sei einzugehen.