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Blutsauger, Biss und Borreliose Achtung, Zecken-Alarm: Wie gefährlich sind die kleinen Biester wirklich?

Eine Zecke wandert über Haut
Über Zecken kursieren zahlreiche Mythen. Wer die Wahrheit kennt, kann sich besser vor den lästigen Blutsaugern schützen.
© Pridannikov / Getty Images
Ein milder Winter, ein warmes Frühjahr und ein langer Sommer: 2019 verspricht ein Zeckenjahr zu werden. Rund um die Blutsauger gibt es einige Gerüchte. Wir nehmen fünf Mythen unter die Lupe.

Mythos Nr. 1: Zecken lauern auf Bäumen und stürzen sich von oben herab auf ihre Opfer

Ab Frühjahr über eine Wiese spazieren, im Garten toben? Kein Problem, da droht ja keine Zeckengefahr, oder? Doch, sie droht. Die Vorstellung, dass Zecken auf hohen Bäumen lauern und sich heimtückisch von oben auf ihre Opfer fallen lassen, ist falsch. Zwar leben Zecken bevorzugt - aber nicht ausschließlich! - im Wald oder in Waldnähe. Aber gerade in den Baumwipfeln findet man sie dort eher nicht.

Die Gefahr droht mindestens eine Etage tiefer: Die meisten Zecken lauern auf Sträuchern, Büschen oder Gräsern auf ihre Opfer. Höchstens 1,5 Meter über dem Boden sucht sich der Gemeine Holzbock, die für Menschen gefährlichste Zeckenart, einen unauffälligen Platz im Grünen. Viel größer ist nämlich kaum ein Säugetier, von dem er sich eine leckere Blutmahlzeit erhoffen kann.

Erkennt die hungrige Zecke in ihrer Umgebung Säugetier-Schweiß oder nimmt sie Vibrationen und Lichtveränderungen wahr, ahnt sie: Nahrung im Anmarsch! In Lauerstellung wartet sie darauf, dass das nahende Lebewesen den Grashalm oder das Blatt streift, auf dem die Zecke sitzt. Auch wenn die Berührung nur einen Sekundenbruchteil dauert: Zeit genug für den Blutsauger, sich an seinen neuen Wirt zu heften. Und auf ihm in aller Ruhe auf die Suche nach der besten Futterstelle zu gehen. Die sollte möglichst warm sein, und je dünner die Haut ist, desto lieber sticht die Zecke mit ihrem Saugrüssel zu - zum Beispiel in den Armbeugen, Achseln, Kniekehlen oder im Schritt.

Mythos Nr. 2: Zeckenstiche sind nur in Süddeutschland gefährlich

Der Grund für diese Annahme ist die gefürchtete, von Zecken übertragene Krankheit Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). Die Viren der zunächst grippeartigen Krankheit, die sich zu einer gefährlichen Hirnentzündung weiterentwickeln kann, werden vor allem von Zecken in Bayern und Baden-Württemberg übertragen. Aber auch im übrigen Deutschland kommt es gelegentlich zu FSME-Infektionen durch Zeckenstiche. Eine Karte der besonders stark betroffenen Landkreise veröffentlicht regelmäßig das Robert-Koch-Institut. Das Tückische an FSME: In etwa 70 Prozent der Fälle kommt es zu einem schweren Verlauf mit einer Gehirn-, Hirnhaut- oder Rückenmarksentzündung. Ein Heilmittel gibt es nicht, 10 bis 50 Prozent der schwer Erkrankten erholen sich nie wieder vollständig. Allerdings trägt auch in den Risikogebieten längst nicht jede Zecke das Virus in sich: Je nach Region sind bis zu fünf Prozent betroffen.

Auch wenn Zecken vor allem in Süddeutschland FSME-Viren übertragen können, haben auch Norddeutsche keinen Grund, sorglos mit Zeckenstichen umzugehen. Denn Zecken können neben FSME auch die so genannte Lyme-Borreliose, häufig nur Borreliose genannt, übertragen - und die kommt in ganz Deutschland vor, wenn auch etwas häufiger im Süden und im Osten. Unerkannt und unbehandelt kann die Infektion mit dem Bakterium Borrelia burgdorferi zu schweren chronischen Nervenschäden oder Gelenkerkrankungen führen. Aber gegen Zeckenstiche gibt es doch eine Impfung, oder?

Mythos Nr. 3: Gegen "Zeckenkrankheiten" gibt es Impfungen

Weder ganz richtig, noch ganz falsch. Gegen die gefürchtete Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) gibt es zwar kein Heilmittel, einen Impfstoff aber schon. Das Robert-Koch-Institut empfiehlt die Impfung vor allem Menschen, die in Hochrisikogebieten leben oder sich häufig dort aufhalten. Auch Arbeiter in der Forst- oder Landwirtschaft sollten sich impfen lassen. Je früher die Impfung beginnt, desto besser: Um einen 99-prozentigen Schutz zu erreichen, sind drei Impfungen nötig, die sich über mehr als ein Jahr hinziehen. Wichtig ist auch, die Impfung in regelmäßigen Abständen auffrischen zu lassen.

Gegen Borreliose gibt es, anders als bei FSME, keine Impfung. Deshalb ist es umso wichtiger, die Krankheit schnell zu erkennen und zu behandeln. Es gilt: Je früher die Behandlung mit Antibiotika beginnt, desto besser sind die Heilungschancen. Unbehandelt können sich aus einer Borreliose-Infektion noch Monate oder sogar Jahre nach dem Zeckenstich schwere Nerven- oder Gelenkschäden entwickeln.

Leider ist es in vielen Fällen gar nicht so einfach, eine Borreliose zu erkennen: Der sicherste Hinweis auf eine Infektion ist die so genannte "Wanderröte", ein roter Fleck oder Kreis um die Einstichstelle, der sich langsam ausweitet. Die Wanderröte tritt allerdings nicht immer auf. Oder sie fällt niemandem auf, weil die Zecke an einer schwer einsehbaren Körperstelle zugestochen hat. Auch ein Labortest liefert keine eindeutige Antwort, ob sich jemand akut mit Borreliose infiziert hat: Er kann zwar Borrelien-Antikörper im Blut nachweisen, aber die können auch von einer früheren und längst geheilten Borreliose stammen.

Fazit: Anders als bei FSME gibt es keine ganz sichere Methode, um einer Borreliose vorzubeugen. Deshalb gilt: Körper nach jedem Aufenthalt im Freien gründlich absuchen, Zecken so schnell wie möglich entfernen und im Zweifelsfall zum Arzt gehen.

Mythos Nr. 4: Zeckenentfernung mit Öl im Uhrzeigersinn

Bei aller Vorsicht und trotz der richtigen Kleidungswahl: Nicht immer lässt sich verhindern, dass ein hungriger Blutsauger zusticht und entfernt werden muss. Wie das am besten geht, ist der Inhalt zahlreicher abenteuerlicher Ratschläge und "Geheimtipps". Das Problem: Der Saugrüssel der Zecke ist mit vielen kleinen Widerhaken ausgestattet, die ihn fest in der Haut halten. Zusätzlich enthält der Zeckenspeichel eine Art Klebstoff, der Wirt und Zecke zusammenhalten soll.

So groß Ekel oder Wut auf den Blutsauger auch sein sollten, im Idealfall sollte die Zecke nach dem Entfernen noch leben. Ringt sie mit dem Tod, während ihr Mundwerkzeug noch in der Haut steckt, steigt die Gefahr, dass sie im letzten Moment noch Borreliose-Erreger aus ihrem Darm in den Wirt abgibt. Von Versuchen, die Zecke mit Öl, Klebstoff oder Benzin zu töten und anschließend zu entfernen, ist daher abzuraten. Auch das häufig empfohlene "Drehen im Uhrzeigersinn" führt nicht zum Ziel: Schließlich ist der Saugrüssel nicht mit einem Schraubgewinde ausgestattet.

Wie also wird man eine Zecke wieder los? Am besten mit einer Zeckenzange oder einer spitz zulaufenden Pinzette. So geht's: Die Zecke mit Zange oder Pinzette möglichst weit vorn, also direkt an der Einstichstelle, greifen. Sanft ein bisschen ziehen, ohne die Zecke zu zerquetschen. Und warten. Irgendwann wird es nämlich der Zecke zu unbequem, deshalb lässt sie freiwillig los. Hat sie sich sehr festgebissen, kann es helfen, die Widerhaken zu lösen, indem man vorsichtig ein wenig hin- und herdreht - allerdings höchstens eine Vierteldrehung. Ganz und gar verboten sind alle ruckartigen Bewegungen!

Wichtig: Wer sich nicht zutraut, eine Zecke selbst zu entfernen, sollte zum Arzt gehen - und zwar möglichst schnell. Ehe nämlich Borreliose-Erreger von der Zecke auf den Menschen übertragen werden, saugt diese erst einmal mehrere Stunden lang Blut. Wer also schnell den Blutsauger wieder entfernt, bleibt möglicherweise verschont, selbst wenn die Zecke den Erreger in sich trägt. Auf alle Fälle gilt: Beobachten Sie die Einstichstelle noch einige Tage lang. Rötet sie sich oder sieht sie auffällig aus, ist ein Besuch beim Arzt angesagt.

Mythos Nr. 5: Zecken sind nur im Sommer aktiv

Auch dieser Mythos hat einen wahren Kern: In der wärmeren Jahreshälfte sind Zecken besonders aktiv. Das geht allerdings schon im Frühling los und kann bis in den späten Herbst andauern. Entscheidend ist nicht das Datum, sondern die Wetterlage. Am liebsten haben es Zecken warm und feucht. Fallen die Temperaturen, ziehen sie sich zwischen schützende Blätter zurück. Wird es ihnen im Hochsommer zu trocken, suchen sie sich lieber eine gemütlich-feuchte Ecke, zum Beispiel im Laub am Waldboden. Gar keine Zeckenpause gibt es in Jahren mit besonders milden Wintern. Dann sinkt die Zahl der Zeckenstiche zwar erheblich, erwischen kann es Spaziergänger an schönen Wintertagen aber trotzdem.

Übrigens: Geschlossene Kleidung macht es den kleinen Blutsaugern zwar schwerer, eine geeignete Körperstelle für ihren Stich zu finden, bietet aber keine hundertprozentige Sicherheit. Zur Not arbeiten sich kleine, hungrige Zecken auch durch mehrere Kleidungsschichten vor, bis nur noch möglichst zarte, nackte Haut zwischen ihnen und der leckeren Blutmahlzeit liegt.

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Arzt will Zecke mit abgesägter Spritze entfernen - und scheitert

01:00 min
Von Alexandra Mankarios; aktualisiert: Ilona Kriesl
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