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Zecken Achtung, Mini-Vampir!

Zecken können sich so vollsaugen, dass sie drei Zentimeter groß werden
Zecken können sich so vollsaugen, dass sie drei Zentimeter groß werden
© Colourbox
Im Laub und Gebüsch lauern die kleinen Blutsauger, die nicht nur lästig sind, sondern auch gefährliche Krankheitskeime übertragen können. Wer seine Kinder schützt, kann sie in der Natur toben lassen.

Barfuß über eine Wiese laufen, unter einem Baum picknicken, durch das Unterholz jagen - für Kinder sind Feld und Wald wunderbare Spielplätze. Leider beherbergt die Natur auch kleine Tiere, die vom Blut anderer leben: zum Beispiel Zecken. Das allein wäre nicht dramatisch, der Blutverlust schadet nicht. Aber die Milbentiere können Viren und Bakterien übertragen.

Kommt Ihr Nachwuchs mit einer Zecke nach Hause, sollten Sie ruhig bleiben, den Blutsauger aber schnell entfernen. Denn schon im Moment des Bisses können gefährliche Viren in die Haut gelangen. Um schädliche Bakterien zu übertragen, braucht der Blutsauger etwas länger. Meist dauert es mehrere Stunden, bis sie aus seinem Darm über die Speicheldrüsen in die Wunde gelangen. Quetschen oder mit irgendetwas beträufeln sollten Sie die Zecke nicht, sonst speiht sie ihre schädliche Keimlast erst recht in den Körper Ihres Kindes.

Das FSME-Virus kann Hirn und Hirnhaut entzünden

Zwischen Frühjahr und Herbst müssen Sie besonders in Süddeutschland aufpassen. In bestimmten Gebieten sind bis zu fünf Prozent der Zecken mit dem so genannten FSME-Virus infiziert. FSME ist die Abkürzung für Frühsommer-Meningo-Enzephalitis, eine Entzündung des Gehirns und der Hirnhaut. Im schlimmsten Fall kann die Krankheit zu geistiger Behinderung und zum Tod führen.

In den vergangenen Jahren stieg in diesen Risikogebieten die Zahl der Entzündungen durch Zeckenbisse immer weiter an. Warum, wissen Forscher nicht genau: Vielleicht verbringen immer mehr Menschen ihre Freizeit an der frischen Luft. Vielleicht haben sich durch den Klimawandel viele Nagetiere stark vermehrt. Denn es sind vor allem Mäuse, die das FSME-Virus in sich tragen und die gleichzeitig besonders oft von den Blutsaugern befallen werden.

Im Darm der Zecken leben schädliche Bakterien

Häufiger als FSME-Viren finden sich in den Milbentieren Borrelien. Diese Bakterien können beim Menschen die so genannte Lyme-Borreliose auslösen, die nach dem Ort Lyme im US-amerikanischen Bundesstaat Conneticut benannt sind. Dort wurde die Krankheit in den 70er Jahren zum ersten Mal nachgewiesen. Im schlimmsten Fall führt sie zu Herzproblemen und bleibenden Lähmungen.

Mit Borrelien sind Zecken in ganz Deutschland verseucht: Zehn bis fünfzehn Prozent der Tiere tragen den Erreger in sich. Aber nicht jede infizierte Zecke steckt mit ihrem Biss auch den Menschen an. Nur bei rund sechs Prozent der Gebissenen dringen die Bakterien in den Körper ein. Und nur bis zu 1,4 Prozent bekommen tatsächlich eine Borreliose. Wird die Krankheit rechtzeitig erkannt, kann sie mit Antibiotika gut behandelt werden. Diese Medikamente zerstören die Borrelien.

Die kleinen Vampire verbreiten Ehrlichien

Eher selten übertragen Zecken so genannte Ehrlichien. Das sind Bakterien, die schwere Krankheiten auslösen können. Wenige Tagen bis vier Wochen nach dem Biss treten Symptome wie bei einer Grippe auf: Fieber, Schüttelfrost, Übelkeit, Durchfall, Husten, Kopf- und Gliederschmerzen. In seltenen Fällen können die Ehrlichien auch das Gehirn, die Hirnhaut oder den Herzmuskel entzünden. Das kann im schlimmsten Fall zu bleibenden geistigen und körperlichen Schäden führen.

Die Diagnose ist bei Ehrlichien nicht so einfach, dafür aber die Behandlung: Ärzte verschreiben in diesem Fall Medikamente, die die Bakterien vernichten können, so genannte Antibiotika.

FSME

FSME steht für Frühsommer-Meningo-Enzephalitis. Übertragen wird das FSME-Virus hauptsächlich durch einen Zeckenbiss. Das heißt aber nicht, dass Ihr Kind zwangsläufig erkrankt, wenn es von einem der Blutsauger angefallen wird. Etwa 70 Prozent der Kinder und Erwachsenen werden nicht krank, auch wenn das Milbentier das Virus in sich trug. Denn der Erreger kann schnell von der körpereigenen Abwehr vernichtet werden.

Kommt das Immunsystem Ihres Kindes mit dem FSME-Virus nicht sofort zurecht, können sich nach etwa ein bis zwei Wochen Symptome wie bei einer Grippe einstellen: Die Gebissenen haben Fieber, Kopfschmerzen und Gliederschmerzen, vielleicht tut auch der Rücken weh. Kleinkindern kann sogar der Bauchschmerzen. Nach drei bis sieben Tagen sind die meisten Betroffenen über den Berg - ohne tatsächlich eine Gehirnentzündung oder Hirnhautentzündung bekommen zu haben. Dann hat die Körperabwehr es geschafft und die Erreger besiegt.

Nur bei rund zehn Prozent der Virus-Opfer folgt nach etwa ein bis zwei Wochen ohne Fieber die zweite Krankheitsphase: Die Temperatur steigt plötzlich, die Kranken erbrechen sich, die Hirnhaut entzündet sich. Im schlimmsten Fall können die Betroffenen - vorübergehend - nicht richtig sprechen. Bei sieben Prozent der Kranken bleiben manche Schäden dauerhaft. Ein Prozent der Patienten stirbt.

So schwer erkranken jedoch meist nur Erwachsene. Kinder stecken die Viren-Attacke oft viel besser weg und entwickeln nur selten eine Gehirn- oder Hirnhautentzündung. Auch bleibende Schäden kommen kaum vor.

Keime schwimmen zehn Tage nach dem Biss im Blut

Meistens wird ein Zeckenbiss gar nicht bemerkt. Deshalb ist es für Ärzte so schwierig herauszufinden, warum sich das Gehirn- und Hirnhaut entzündet haben. Schließlich können Kopfschmerzen, Fieber oder Rückenschmerzen auch Symptome anderer Krankheiten sein. Nur eine Blutuntersuchung gibt Sicherheit. Allerdings können die Erreger erst sieben bis zehn Tage nach dem Biss nachgewiesen werden.

Wurde Ihr Kind nur wenige Wochen vor dem Zeckenbiss gegen FSME geimpft, haben Sie eventuell ein weiteres Problem: Dann kann die Ärztin kaum sagen, ob sich im Blut Ihres Kindes spezielle Immunelemente - Antikörper - finden, weil Ihr Kind von den Viren angesteckt wurde oder weil sein Körper die Impfung angenommen hat. Daher ist es wichtig, dass Sie Ihr Kind auf Zecken absuchen, wenn es in der Natur gespielt hat. Nur so haben Sie einen Anhaltspunkt, was geschehen sein könnte.

Gegen das heimtückische Virus gibt es kein Heilmittel

Bisher gibt es kein Medikament, das gegen das FSME-Virus hilft. Vor 2003 impften Ärzte die Kranken mit Antikörpern. Diese Therapie hatte jedoch so schwere Nebenwirkungen, dass die Impfstoffe vom Markt genommen wurden.

Die Ärztin kann nur die Symptome bekämpfen: Gegen die Kopfschmerzen helfen zum Beispiel Tabletten mit dem Wirkstoff Paracetamol. Hat Ihr Kind eine Hirnhautentzündung, sollte es zur Beobachtung ins Krankenhaus. In den meisten Fällen heilt die Entzündung komplett aus, ohne dass Schäden zurück bleiben.

Schutz per Pieks: Impfen gegen den Übeltäter hilft

Gegen das FSME-Virus können Sie sich und Ihr Kind mit einer normalen Impfung schützen. Dieser Impfstoff besteht nicht aus Antikörpern, sondern aus abgeschwächten Viren - das ist bei Impfungen so üblich. Der Pieks lohnt sich, wenn Sie in einem Risikogebiet wohnen und Ihre Familie oft im Grünen umherstreift.

Als Risikogebiet bezeichnen Fachleute diejenigen Regionen, in denen besonders viele Zecken das FSME-Virus in sich tragen. In Deutschland sind das Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und Thüringen. Auch wenn Sie vorhaben, während der Zecken-Hochzeit von Frühjahr bis Herbst in einer dieser Regionen Urlaub zu machen, kann eine Impfung nicht schaden.

Wichtig ist, sich rechtzeitig impfen zu lassen. Denn das Immunsystem braucht Zeit, um sich gegen die Viren zu wappnen. Bei einer normalen Impfung dauert das mindestens acht Wochen. Auffrischungen sind je nach Impfstoff nach drei bis fünf Jahren nötig. Ältere Kinder vertragen die Impfung meist gut, 15 Prozent der Ein- bis Zweijährigen reagieren aber mit hohem Fieber. Deshalb sollten Sie Ihre Kleinkinder nur impfen lassen, wenn wirklich ein Risiko für einen Zeckenbiss besteht.

Ihre Familie ist geimpft, aber Sie haben es versäumt, den Schutz auffrischen zu lassen? Macht nichts: Das können Sie jederzeit nachholen. Nach einer Zecken-Attacke sollte das aber schnell passieren – innerhalb von 24 Stunden nach dem Biss.

Borreliose

Zecken tragen viel Unrat mit sich herum. In ihrem Darm hausen oft Borrelien: Bakterien, die der Blutsauger bei einem Biss überträgt. Am menschlichen Immunsystem vorbeigekommen, können sie Nerven, Gelenke, Hirn und Herz befallen. Im schlimmsten Fall droht eine körperliche Behinderung.

Ob Ihr Kind sich nach einem Zeckenbiss mit Borrelien angesteckt hat, können Sie an der Einstichstelle sehen: Dann bildet sich dort ein großer roter Kreis, Fachleute sprechen auch von Wanderröte. Denn der Ring kann sich ausdehen, bis zu 15 Zentimeter groß werden. Bei dieser Größe ist die Haut in der Mitte meist blass.

Bis sich an der Bisswunde etwas zeigt, können Tage oder auch drei Wochen vergehen. Allerdings entwickeln nicht alle Angesteckten einen großen, geröteten Fleck. Bei etwa zehn Prozent der Gebissenen bleibt die rote Stelle normal groß, etwa zwei Zentimeter im Durchmesser - obwohl die Bakterien übertragen wurden.

Borrelien gehen an Herz, Hirn und Gelenke

Wird die Infektion mit den Borrelien nicht behandelt, passiert erst mal gar nichts. Die Wanderröte verschwindet mit der Zeit wieder. Erst Wochen oder gar Monate später befallen die Mikroben Nerven, Gelenke, das Gehirn oder das Herz. Dort nisten sie sich ein. Das kann zu einer Hirnhautentzündung führen, zu gelähmten Gesichtsmuskeln, zu einer Herzentzündung oder Herzrhythmus-Störungen.

Im Spätstadium – nach Monaten oder Jahren – lösen die Bazillen schwere und schmerzende Gelenkprobleme aus, die so genannte Lyme-Arthritis: Am häufigsten sind die Knie in Mitleidenschaft gezogen, aber auch Ellenbogen, Sprung-, Finger- oder Kiefergelenke. Im schlimmsten Fall können Teile des Körpers gelähmt bleiben. Oft erkrankt auch die Haut: Sie wird sehr dünn und färbt sich grau-blau.

Roter Ring um Bisswunde: unverzichtbar für die Diagnose

Bemerken Sie bei Ihrem Kind an der Bisswunde einen roten Ring, sollten Sie sofort zum Arzt gehen: Die Wanderröte ist ein eindeutiges Zeichen, dass sich Ihr Kind mit Borrelien angesteckt hat.

Schwierig wird die Diagnose, wenn Sie oder Ihr Kind den Zeckenbiss gar nicht bemerkt haben oder wenn die Wanderröte ausbleibt: Die später auftretenden Symptome wie Fieber, Kopfschmerzen oder geschwollene Lymphknoten sind nicht sehr eindeutig. Die Ärztin kann aber das Blut untersuchen, vielleicht hat das Immunsystem Ihres Kindes schon Abwehrkörper gegen die Bakterien gebildet. Ganz verlässlich ist der Bluttest allerdings nicht: Verschiedene Methoden können zu unterschiedlichen Ergebnissen führen.

Nur spezielle Gifte können die Borrelien zerstören

Je weniger Zeit die Bakterien haben, sich im Körper auszubreiten, desto eher wird Ihr Kind gesund bleiben. Deshalb sollten Sie Ihren Nachwuchs recht schnell behandeln lassen. Gegen die Borrelien verschreibt der Arzt spezielle Tabletten mit einem Antibiotikum, das die Mikroben zerstört.

Ist die Borreliose schon weiter fortgeschritten, verschreibt der Arzt andere Medikamente als bei einer Therapie im Frühstadium. Diese Antibiotika müssen in die Vene gespritzt werden.

Schutz vor Zecken

Die größte Lüge über Zecken: Sie lassen sich von weit oben auf ihre Opfer fallen. Richtig ist: Sie lassen sich von uns mitnehmen, wir streifen sie ab, wenn wir durchs Gras oder Laub gehen. Wir bemerken den Fahrgast aber nicht und spüren auch nichts, wenn er zubeißt. Denn sein Speichel betäubt die Haut.

Zecken suchen sich eine Stelle am Körper, wo die Haut besonders zart ist. Das kann im Genitalbereich sein, in der Leistengegend, in der Kniekehle oder Achselhöhle. Werden die Tiere durch Kleidung daran gehindert, in diese Bereiche zu krabbeln, nehmen sie auch mit dem Bauch oder dem Kopf vorlieb.

So können Sie Ihr Kind schützen:

  • Auch wenn es heiß ist: Ziehen Sie Ihrem Kind beim Spielen in Wald und Flur immer Kleidung mit langen Ärmeln und Hosenbeinen an. Eine Kopfbedeckung, Socken und feste Schuhe schützen Ihr Kind auch: So kommen die blutrünstigen Krabbler erst gar nicht an ihr Ziel.
  • Helle Kleidung ist besser als dunkle. So können Sie die schwarzen Biester leichter sehen und direkt abzupfen.
  • Kommt Ihr Kind nach einem Wald- und Wiesentag nach Hause, ziehen Sie es ganz aus und suchen Sie seinen Körper gründlich ab. Denn Zecken krabbeln oft stundenlang herum, bevor sie zubeißen.
  • Finger weg von Anti-Zecken-Sprays: Keines der zurzeit angebotenen Produkte hält, was es verspricht. Einige wirken gar nicht, andere bei weitem nicht so lange wie vom Hersteller angegeben.

Und lassen Sie Ihr Kind ruhig klettern: Auf hohen Bäumen ist Ihr Kind sicher, Zecken halten sich nur bis zu einer Höhe von anderthalb Metern auf.

Zecken entfernen

Der Blutsauger muss auf alle Fälle raus. Dafür brauchen Sie eine Pinzette oder eine spezielle Zeckenzange. Zur Not tun’s auch Ihre Fingernägel oder ein dünner Faden. Greifen Sie das Biest direkt oberhalb der Hautoberfläche - also zwischen der Haut Ihres Kindes und dem Kopf der Zecke. Haben Sie nur einen Faden als Werkzeug, legen Sie ihn um das Tier herum. Mit einer Lupe können Sie besser sehen, ob sie die Zecke wirklich im Griff haben.

Dann ziehen Sie den Blutsauger einfach geradeaus heraus - mit ganz leichtem Drehen oder Rütteln geht’s manchmal einfacher. Ganz wichtig ist, dass der Leib auf keinen Fall gedrückt oder gar zerquetscht wird: Sonst gelangen noch mehr Erreger in die Wunde.

Quälen Sie das Biest nicht, sonst spuckt es

Beträufeln Sie die Zecke niemals mit Öl, Alkohol, Nagellack, Klebstoff oder sonst einem Mittel: Kurz vor seinem Tod spuckt der Übeltäter seine Keimfracht erst recht in den Körper Ihres Kindes. Zudem lässt sich die Zecke ohne diese Hilfsmittel viel besser entfernen.

Schauen Sie genau nach, ob Sie das Milbentier vollständig entfernt haben - am besten mit einer Lupe. Entdecken Sie Reste, kann sich die Wunde entzünden. Die Gefahr einer Ansteckung mit FSME oder Borrelien wird dadurch aber nicht erhöht. Desinfizieren Sie die Bissstelle, nachdem Sie die Zecke entfernt haben, zum Beispiel mit Chlorhexidin oder Jod.

Antje Helms
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