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Cosplayer: Leichtgeschürzte Blutelfen und grüne Orks

Foto: Stephan Freundorfer

Spielemesse Blizzcon Wuchtige Waffen und viel nackte Haut

Elfen in Bikinis, Orks und Untote: Die Messe des amerikanischen Herstellers Blizzard lockt 26.000 Fans aus aller Welt ins kalifornische Anaheim. Höhepunkt ist das Schaulaufen der sogenannten Cosplayer - sie präsentieren sich in den Kostümen ihrer Computerspiel-Helden.

Schulterplatten zieren den löchrigen, weinroten Umhang und aus der Kapuze ragen spitze Ohren: Seit dem frühen Morgen ist die 25-jährige Laura Birnbaum keine Kommunikationsdesignerin mehr, sondern Dark Lady Sylvanas Windrunner - Königin der Untoten und eine der beliebtesten Figuren aus dem Online-Rollenspiel "World of Warcraft". Allerdings ist die junge Kölnerin nicht die einzige Sylvanas im Kongresszentrum von Anaheim in Kalifornien, der Heimat des ersten Disneylands: Ein halbes Dutzend weitere Dark Ladys haben sich auf der diesjährigen Blizzcon eingefunden.

Denn die Hausmesse von Blizzard ist nicht nur Fan-Fest und Produkt-Show, sondern auch eine Bühne für zahllose Cosplayer, die als Gestalten aus den Fantasy- und Science-Fiction-Universen des amerikanischen Spieleherstellers vor den Kameras der faszinierten Besucher posieren. Zwei Tage dauert das bunte Treiben in dem schmucklosen Zweckbau, zum sechsten Mal versammeln sich in Anaheim Blizzard-Fans aus aller Welt, um ihre Leidenschaft für die Titel der kalifornischen Kult-Entwickler offen auszuleben.

Mit nur drei Marken ist das Unternehmen, das gerade seinen 20. Geburtstag feiert, seit Jahren einer der führenden Hersteller von PC-Spielen: "Diablo", ein Action-Rollenspiel, von dem Anfang 2012 ein lang erwarteter dritter Teil erscheinen wird. "Starcraft", einem Science-Fiction-Strategiespiel, das die Zockerszene im E-Sport-verrückten Südkorea dominiert und dessen zweiter Teil seit Mitte 2010 rund fünf Millionen Mal verkauft wurde. Und natürlich "World of Warcraft", dem erfolgsverwöhnten Online-Rollenspiel, dessen virtuelle Reiche sieben Jahre nach ihrer Genesis immer noch von Millionen monatlich zahlender Spieler bevölkert sind.

Teures Treffen treuer Fans

26.000 Spieler besuchen an diesem Wochenende die Blizzcon, zu einem Eintrittspreis von 175 Dollar dürfen sie die neuesten Versionen kommender Blizzard-Titel ausprobieren, die Menschen hinter ihren Lieblingsspielen treffen, Fan-Artikel einkaufen, sich und ihre Leidenschaft feiern. Mit die leidenschaftlichsten sind zweifellos die etwa zweihundert Cosplayer: Junge Leute wie Laura Birnbaum, die sich wie Figuren aus dem Blizzard-Universum kleiden und sich erst vor den Messehallen, später dann beim traditionellen Kostümwettbewerb präsentieren.

Dank Blizzards Fokus auf Spiele mit üppigen Geschichten und ausgefeilten Charakteren ist die Auswahl möglicher Motive groß. Und wegen der Ernsthaftigkeit, mit der die meisten Cosplayer an die Interpretation ihrer virtuellen Vorbilder gehen, ist der Aufwand oft enorm und das Ergebnis erstaunlich. Aus Leder, Pelz und Kunststoff werden die Pixel-Outfits von Dämonen und Druiden Realität, schwer gepanzerte Warcraft-Bösewichte schwingen gewaltige Schwerter, hellblaue Trolle und grüne Orks beweisen mit Hauer-bewehrten Plastikgebissen Mut zur Hässlichkeit, leichtgeschürzte Blutelfen präsentieren sich dagegen lieber sexy und verführerisch.

Aufwand gegen Anerkennung

So unterschiedlich die Kostüme sind, so sehr gleichen sich die Motive der Cosplayer auf der Blizzcon: gesehen und bewundert werden - und vielleicht sogar beim Kostümwettbewerb einen der ersten drei, mit 1000 bis 3000 Dollar dotierten Plätze machen. Für Birnbaum ist der Fokus auf die Selbstdarstellung aber eher eine Eigenart der US-Szene: "Bei den deutschen Cosplayern geht es primär um das Schaffen der Kostüme, das möglichst akkurate Nachbilden von Figuren und das Tüfteln an Methoden, wie man ohne allzu großen Aufwand ein möglichst realistisches Ergebnis erzielt."

Aber natürlich genießt auch sie die Anerkennung der Blizzcon-Besucher - im Gegensatz zu deutschen Cosplay-Conventions ist hier die lautstark geäußerte Bewunderung ein ständiger Begleiter, für Hunderte Fotos zeigt sie die aus "World of Warcraft" bekannten Posen Sylvanas' und schwingt ihren Bogen. Der stammt aus dem Spielzeuggeschäft - ein Kinderbogen, kunstvoll mit Bauschaum versehen und entsprechend seinem digitalen Gegenstück akkurat verziert und bemalt.

Gerade mal hundert Euro Materialkosten stecken in dem Kostüm Birnbaums, die mittlerweile ihre handwerkliche Erfahrung nicht nur im Eigengebrauch unter Beweis stellt, sondern für Live-Rollenspieler Auftragsarbeiten näht, modelliert und bastelt. Beim abendlichen Kostümwettbewerb - dem Höhepunkt des ersten der beiden Blizzcon-Tage - muss sich die deutsche Sylvanas trotz schmucken Kostüms und perfekter Schminke ebenso geschlagen geben wie ihre drei deutschen Kolleginnen und Kollegen, die die einzigen Ausländer unter den hundert Teilnehmern sind.

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Cosplay: Brettharte Frisuren

Foto: SPIEGEL ONLINE

Die dreiköpfige Jury des Veranstalters wählt die Kalifornierin Avery Faith verdient zur Siegerin - statt mit nackter Haut und wuchtigen Waffen beeindruckt sie im Cyborg-Outfit aus "Starcraft 2". Und das ist so kreativ und aufwendig, dass auch Dämonenjäger, Barbaren und untote Königinnen nur noch anerkennend Beifall klatschen können.

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