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Igel-Leistungen Darauf sollten Patientinnen beim Frauenarzt achten

Ultraschalluntersuchung, Krebsvorsorge, Test auf sexuell übertragbare Krankheiten: Über viele Zusatzleistungen müssen Patientinnen beim Gynäkologen selbst entscheiden. Dabei sollten sie Nutzen und Risiken abwägen.
Erklärungen sind wichtig: Bei Selbstzahlerleistungen sollten sich Frauen neben dem Nutzen vor allem über Risiken informieren

Erklärungen sind wichtig: Bei Selbstzahlerleistungen sollten sich Frauen neben dem Nutzen vor allem über Risiken informieren

Foto: TMN/ Monique Wüstenhagen

Bei Selbstzahlerleistungen zählen Gynäkologen zu den geschäftstüchtigsten Ärzten. Kaum in der Praxis angekommen, bekommen viele Patientinnen eine Liste mit möglichen Extrauntersuchungen in die Hand gedrückt, praktisch zum Ankreuzen. Diese individuellen Gesundheitsleistungen, kurz Igel, müssen die Patientinnen nicht nur selbst bezahlen - sie müssen auch entscheiden, ob und welche sie in Anspruch nehmen wollen.

Damit das funktioniert, sollten sich Patientinnen am besten vorab informieren, was der Arzt bei den Untersuchungen genau macht und welchen Nutzen diese haben können, rät Elisabeth Buchinger von der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD). Die Vorteile sollten sie mit den möglichen Risiken abwägen.

Auch wie gut die Methoden geprüft sind und welche Folgen sich aus dem Ergebnis ergeben könnten, sollten Frauen laut Buchinger in ihre Entscheidung mit einbeziehen. Bei der Ultraschalluntersuchung zum Beispiel, der am häufigsten nachgefragten Igel-Leistung, kommt es zu vielen Befunden, die eigentlich harmlos sind. Das kann verunsichern und weitere Untersuchungen nach sich ziehen.

Wer keine Zeit hatte, sich schon vor dem Arztbesuch zu informieren, sollte sich nicht zu einer Untersuchung überreden lassen, sondern Bedenkzeit einfordern. "Es ist immer möglich, eine zweite Meinung von einem anderen Arzt einzuholen", sagt Buchinger. Dringend sind Igel-Leistungen nie.

Der dritte Punkt, den es zu beachten gilt, ist das Vertragliche: Patientinnen sollten vor der Behandlung nach den Kosten fragen und einen schriftlichen Behandlungsvertrag mit dem Arzt schließen, empfiehlt Buchinger. Die Kosten werden nach der Gebührenordnung für Ärzte berechnet, schwanken aber von Arzt zu Arzt.

Hilfe bei der Suche nach Informationen bietet unter anderem der Igel-Monitor  vom Medizinischen Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS). Dort werden Schaden und Nutzen der Selbstzahlerleistungen auf der Grundlage wissenschaftlicher Studien bewertet. Verschiedene Ergebnisse im Überblick:

Ultraschalluntersuchung der Eierstöcke: Frauen haben keinen Nutzen davon, wenn sie ihre Eierstöcke ohne konkreten Verdacht per Ultraschall untersuchen lassen, wie Christian Weymayr, Projektleiter des Igel-Monitors, sagt. Dagegen kann der Schaden massiv sein: Manche Frauen werden durch die Untersuchung fälschlicherweise als Krebspatientinnen eingestuft, zum Teil werden sogar gesunde Eierstöcke entfernt. Laut einer Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, der Deutschen Krebsgesellschaft und der Deutschen Krebshilfe sollten auch Frauen mit erhöhtem Risiko keine Untersuchungen zur Früherkennung von Eierstockkrebs durchführen.

Ultraschalluntersuchung der Brust: Für Frauen mit hoher Gewebedichte ist es nach Angaben von Christian Albring, Präsident des Berufsverbands der Frauenärzte (BVF), sinnvoll, zusätzlich zur Mammografie eine Ultraschalluntersuchung machen zu lassen. Für Frauen mit durchschnittlicher Gewebedichte kommt der Igel-Monitor zu einem unklaren Ergebnis. Bei der Ultraschalluntersuchung würden zwar mehr Tumore gefunden, ein Teil davon müsste aber nie behandelt werden, sagt Weymayr.

ThinPrep-Test (Dünnschichtzytologie): Bei diesem Test entnimmt der Arzt zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs Zellmaterial am Gebärmutterhals. Anschließend werden die Zellen - im Unterschied zum konventionellen Pap-Test - vor der Betrachtung unterm Mikroskop besonders gereinigt. Der Berufsverband der Frauenärzte empfehle den Test nicht, da er keine besseren Resultate zeige als die konventionelle Untersuchung, sagt Albring. Auch Weymayr bewertet Nutzen und Schaden der beiden Untersuchungen gleich. Den Pap-Test bezahlt allerdings die Krankenkassen.

HPV-Test: Humane Papillomviren (HPV) werden sexuell übertragen, einige ihrer Virentypen können zur Entstehung von Gebärmutterhalskrebs beitragen. Der Test auf die Viren habe jedoch für Frauen ohne auffälligen Krebsabstrich keinerlei Aussagekraft, sagt Albring. Zum einen könne durch einen negativen HPV-Test eine Erkrankung des Gebärmutterhalses nicht ausgeschlossen werden. Zum anderen würden mehr als 90 Prozent der Infektionen folgenlos ausheilen. Ein positiver Test könne aber etwas Fatales bewirken, sagt Albring: "Die Frau denkt, sie ist hochgradig krank."

Chlamydien-Test: Für Frauen ab 25 Jahren ist der Urin-Test eine Igel-Leistung. Ihnen empfiehlt Albring den Chlamydien-Test, wenn sie wechselnde Sexualpartner haben. Da die Infektion keine Symptome auslöst, werde sie sonst in der Regel nicht entdeckt.

Test auf sexuell übertragbare Infektionen: Tests auf HIV, Syphilis und Gonorrhoe (Tripper) seien ohne Krankheitssymptome außerhalb der Schwangerschaft nur dann sinnvoll, wenn ein Anlass anzunehmen ist, sagt Albring.

Hormonanalysen wie Menopausen-Test und Hormonstatus: Hat die Patientin keine Beschwerden und mit keinen Veränderungen des Körpers wie Müdigkeit und sexueller Unlust zu kämpfen, sei ein Hormontest sinnlos, sagt Albring. Die Probleme, die durch einen solchen Test gefunden werden, seien nur behandlungsbedürftig, wenn die Patientin unter Beschwerden wie Blutungsstörungen und Hitzewallungen leidet.

Von Mareike Witte, dpa