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„Ihr seid innere Konflikte auf zwei Beinen“ – Alice Gabathuler

Evelyn Pesentheiner
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undefined „Ich mag euch Jugendliche.“ – Schriftstellerin Alice Gabathuler kam bei den Teenagern gut an.
undefined Allice Gabathuler las aus „NO_WAY_OUT“: Würde sie gezwungen, sich zu entscheiden, wäre dies wohl ihr Liebling unter den eigenen Büchern.

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Evelyn Pesentheiner

Sie mag Spannung im doppelten Sinn des Wortes. Für Alice Gabathuler sind pubertierende Teenager eine Quelle der Inspiration. „Ich finde euch spannend.“ – Eine Aussage, die die Schülerinnen und Schüler der 8. und 9. Klasse der Jugendkrimiautorin anlässlich ihres Besuches im Menzo-Schulhaus sichtlich abnahmen.

Das Exemplar der Schülerbibliothek ist bereits entlehnt, aber „NO_WAY_OUT“ liesse sich noch gefühlte zehn weitere Male verleihen am Tag nach Alices Gabathulers Besuch an der Oberstufe Menziken. Alle wollen wissen, wie die Geschichte von Mick und Smiley weitergeht. – Wenn die Schriftstellerin vor den Klassen steht, kommt sie schnell in Fahrt und nimmt die Jugendlichen mit in die Welt ihrer Figuren. Die Lesung ist viel mehr als nur Lesen. Alice Gabathuler steigt mit einer Fragerunde ein, berichtet über ihr Schreiben und gibt den Schülerinnen und Schülern Einblick in ihr Leben und ihre Arbeitsweise. Den bereitgestellten Stuhl braucht sie nicht, der Tisch ist kreuz und quer mit ihren Büchern übersät.

Tote Helden – aufgeweckte Jugendliche
Sie gehöre zur Chaotenfraktion, erklärt die Autorin den Klassen, und meint damit nicht nur den Tisch hinter ihr. Es gibt Schriftsteller, die bereits bei der Planung eines Buches genau sagen können, was in Kapitel acht passieren wird. Nicht so Alice Gabathuler. Bei ihr stehen die Charaktere am Anfang, oft spielt auch ein Song eine zentrale Rolle. „Das Schönste am Schreiben ist das Entwickeln der Figuren.“ Die Frage nach dem persönlichen Liebling unter ihren Büchern mag sie nicht. „Du fragst Eltern ja auch nicht, welches ihr Lieblingskind ist.“ Wäre sie aber gezwungen, sich zu entscheiden, würde sie wohl „NO_WAY_OUT“ wählen, das Buch, das in der Entstehungsphase noch „Tote Helden“ hiess. Mick und Smiley, die Protagonisten des Thrillers, sind ihr offensichtlich ans Herz gewachsen. Alice Gabathuler schreibt nie eins zu eins über Menschen, die sie kennt, aber sie lässt sich inspirieren. Jugendliche Charaktere findet sie interessant. Zum Schreiben braucht es Konflikte, sonst entstehen keine spannenden Geschichten. „Ich mag euch Jugendliche. Ihr seid innere Konflikte auf zwei Beinen“, sagt sie auf die Frage, warum sie Jugendbücher schreibe.

Stefanie gehört ins Pferdebuch
Eigentlich habe sie nur Lehrerin werden wollen. Alles andere, zum Beispiel die Arbeit als Radiomoderatorin, habe sich ergeben, antwortet die Schriftstellerin auf die Frage nach ihren früheren Berufen. „Wenn ihr die Chance habt, probiert im Leben Verschiedenes aus“, ermuntert sie die Schüler. Zum Schreiben kam Alice Gabathuler über ein Internetforum, in dem sie jeden Monat eine Kurzgeschichte schreiben musste. Irgendwann habe sie gemerkt, dass Kurzgeschichten nicht ihr Ding seien. Dies war die Geburtsstunde ihres ersten Thrillers „Blackout“. – Sind die Namen der Figuren erfunden? „Nein, die sind geklaut“, schmunzelt Alice Gabathuler und erzählt von ihrem Notizbuch, in dem sich eintragen kann, wer seinen Namen gerne einmal in einem ihrer Bücher wiederfinden möchte. Die Rollen können allerdings nicht gewählt werden. Darüber entscheidet die Autorin ganz alleine. „Mo wollte unbedingt in ein Buch. Ob er mit seiner Figur glücklich ist, weiss ich nicht. Schliesslich ist Mo bei mir der Typ, der einen an der Waffel hat.“ Und dann gibt es noch Namen, die für einen Krimi einfach nicht geeignet sind. „Stephanie, zum Beispiel – die gehört doch in ein Pferdebuch.“ Das Risiko, enttäuscht zu werden, erscheint den Schülern wohl nicht allzu gross und eifrig setzen sie nach der Lesung ihre Namen auf die Liste.

„Literatur aus erster Hand“ – das vom Kanton Aargau unterstützte Leseförderprojekt und der zusätzliche finanzielle Beitrag durch den Verein Ehemaliger der Bezirksschule Menziken haben den Oberstufenschülern einmal mehr eine beeindruckende literarische Begegnung ermöglicht.