SN.AT / Leben

Warum man immer in der Freizeit krank wird

Betroffen sind vor allem Menschen, die unter Dauerstress stehen und Arbeit von Freizeit nicht klar trennen können. Wie beugt man konkret vor, um nicht im Urlaub krank zu werden?

Freizeitkrankheit „Leisure Sickness“
Freizeitkrankheit „Leisure Sickness“

Endlich Urlaub und dann das: Da freut man sich das ganze Jahr über auf die Ferien und dann geht es einem plötzlich schlecht. Kopfschmerzen, Magenbeschwerden, und mit ein bisschen Pech kommt auch noch eine handfeste Infektion dazu. Wem das öfter passiert, der leidet vielleicht unter der sogenannten Freizeitkrankheit, die immer dann zuschlägt, wenn sich Körper und Geist eigentlich erholen sollten.

Dauerstress mobilisiert die letzten Reserven

Leisure Sickness (engl. für Freizeitkrankheit) nennt Ad Vingerhoets das seltsame Phänomen, unter dem er lang selbst litt. "Wenn ich krank wurde, dann am Wochenende oder zu Weihnachten", erinnert sich der klinische Psychologe der Universität Tilburg. Überzeugt davon, nicht allein mit diesem Problem zu sein, führte er eine Untersuchung zum Thema durch, bei der 1894 Niederländer repräsentativ befragt wurden. "Die am häufigsten genannten Symptome waren Kopfschmerz bzw. Migräne, Erschöpfung, Muskelschmerzen und Übelkeit", resümiert Vingerhoets die Ergebnisse der Studie, "aber auch von viralen Infektionen wurde oft berichtet, wie etwa von Erkältungen oder Grippe."

Ursachen

Aber warum leiden manche Menschen unter der Freizeitkrankheit und andere nicht? Was sind die Ursachen für Leisure Sickness? Auch auf diese Frage hat die niederländische Studie Antworten gefunden. "Der Lebensstil oder bestimmte Freizeitaktivitäten scheinen keine große Rolle zu spielen", meint Vingerhoets. "Vielmehr berichteten die Betroffenen davon, dass sie gestresst bzw. überarbeitet waren und vor allem Schwierigkeiten damit hatten, nach der Arbeit abzuschalten, also Job und Freizeit klar voneinander zu trennen."

Wer ist betroffen?

Das bestätigen auch andere Experten, die sich ebenfalls intensiv mit der Thematik auseinandergesetzt und eigene Studien angestellt haben. Betroffen von Leisure Sickness sind demnach vor allem Workaholics, die unter Dauerstress stehen, also Menschen mit einem hohen Arbeitspensum, die sich stark mit ihrer Arbeit identifizieren, die pflichtbewusst sind bzw. ein großes Verantwortungsgefühl haben. Dabei sind keineswegs nur Führungskräfte besonders gefährdet, wie man lang annahm, sondern auch Selbstständige, Freiberufler und Schichtarbeiter, eigentlich jeder, der nach dem Job nicht abschalten kann.

Poststress-Symptome

Genau das ist nämlich wichtig, um die bei der Arbeit verbrauchten Ressourcen wieder aufzufüllen. "In langen Stressperioden wird permanent Noradrenalin ausgeschüttet", erklärt der Neuropsychologe und Stressforscher Dirk Hellhammer aus Trier. "Ist die Stressperiode vorbei, wie am Feierabend oder im Urlaub, ist die normale Versorgung mit dem Botenstoff nicht mehr sichergestellt, weil die Ressourcen verbraucht sind und nicht genügend neues Noradrenalin produziert werden konnte."

Der Dauerstress mobilisiert also die letzten Reserven, um die geforderte Leistung zu bringen, und verbraucht dabei die Ressourcen, die später dann für die Erholung fehlen. Die Betroffenen werden anfällig für Krankheiten. Und die Poststress-Symptome zeigen sich ausgerechnet dann, wenn der Stress nachlässt, also am Feierabend oder im Urlaub.

Vorbeugung

Was bleibt, ist die Frage der Vorbeugung. Wie kann man dem Ganzen entgehen? Die Mediziner raten den Betroffenen, die eigenen Ansprüche an sich herunterzuschrauben und vor allem im Urlaub das Smartphone auszuschalten, um so der ständigen Erreichbarkeit zu entgehen. Oft ist der Stress in den Ferien aber auch hausgemacht, dann nämlich, wenn jeder freie Tag von morgens bis abends durchgeplant und mit Aktivitäten vollgestopft wird.

So kann eine Auszeit von Job und Alltagsstress natürlich nicht funktionieren. Wichtig ist, auch im Alltag entspannen zu lernen. Regelmäßige Pausen, ausgedehnte Spaziergänge, aber auch Yoga und autogenes Training können dabei helfen. Wer es schafft, sich eine Auszeit vom Stress zu nehmen, ohne krank zu werden, der braucht den nächsten Urlaub nicht zu fürchten.