08.10.2020

Von Wirz zu Schroten

«Wir erzählen Geschichten in allen Farben und Formen»

Was ist in der Selbstständigkeit besser als beim «Koloss» Wirz? Die beiden Text-Profis Michèle Roten und Adrian Schräder über das Schreiben mit verschiedenen Hüten und ihre Sympathien für Pandas.
Von Wirz zu Schroten: «Wir erzählen Geschichten in allen Farben und Formen»
Sie haben bei Wirz die Content-Abteilung Storyline gegründet: Nun haben Michèle Roten und Adrian Schräder das Content-Duo Schroten gegründet. (Bild: zVg.)

Herr Schräder, Frau Roten, warum haben Sie Wirz verlassen?
Adrian Schräder: Viele Werber würden hier ganz kurz antworten: Weil es an der Zeit war. Wir sind aber Journalisten, und deshalb gebe ich Ihnen eine längere Antwort: Livio Dainese hat mir vor viereinhalb Jahren die Möglichkeit gegeben, mich beruflich neu zu erfinden. Dafür bin ich ihm sehr dankbar. Ich habe in der Zeit bei Wirz mit einigen hochkompetenten Menschen zusammengearbeitet und nochmals viel über Kommunikation und Projektarbeit gelernt. Ich habe aber auch erkannt, dass ich ganz gerne direkt mit den Kunden zu tun habe und mir immer die Projekte am meisten Spass gemacht haben, die beim Koloss Wirz durch die Maschen fielen. Ausserdem glaube ich, dass das Thema Content immer noch stiefmütterlich behandelt wird – und ich versuche jeden Tag, ein guter Vater zu sein.

Michèle Roten: Ich bin der Überzeugung, dass man alles, was geschrieben werden muss, auch so schreiben kann, dass man es lesen will, dass es Spass macht, es zu lesen. Damit setzen wir beide uns jetzt schon seit über zwanzig Jahren auseinander, und deshalb pochen wir da auch ein bisschen auf unsere Expertise. Bei Wirz kam es leider häufiger vor, dass Leute, die keine Ahnung von Texten, aber mehr Macht haben – meistens von Kundenseite –, unsere Meinung ignoriert haben. Das fand ich frustrierend. Schliesslich ist doch genau das unser Job. Wir möchten jetzt nur noch mit Kunden zusammenarbeiten, die sich aktiv für unseren Service entscheiden. 

Was haben Sie vor?
Schräder: Geschichten identifizieren, die zur jeweiligen Marke, zum jeweiligen Menschen passen und diese so erzählen, dass man sich gut unterhalten fühlt. Also nichts Neues – und zugleich doch. 

Was heisst «doch»?
Schräder: Na ja, viele denken bei Content noch immer an eine journalistisch aufgemachte Story auf ihrer Website, die man dann auf Facebook teilt. Ich glaube, wir haben mit unseren Cases bewiesen, dass es da um viel, viel mehr gehen kann – der Last Sweater als neues Symbol für den Kampf gegen den Klimawandel, die Engagement-Kampagne für die SZKB rund um Finanzthemen oder der Nachtleben-Film für Zürich Tourismus. Und wir sind noch lange nicht am Ziel. 

Roten: Wir machen gerne Dinge zum ersten Mal und glauben, dass wir ziemlich jede Textform meistern. Ich würd auch gern mal eine Speisekarte schreiben. Oder eine Produktverpackung. Oder halt eine Netflix-Serie, wenn’s denn unbedingt sein muss.

Wie heisst Ihre Firma?
Roten: Wie wär's mit Shredder? Oder noch besser: Schroten!

Schräder: Cool, die Domain reservier' ich mal. Jetzt im Ernst: Wir haben uns da extra etwas Zeit gelassen und herumexperimentiert. Wir sympathisieren sehr stark mit den Pandas und Pinguinen der gleichnamigen GmbH. Andrea Bleicher war eine der Ersten, die sich bei uns meldete, nachdem wir bei Wirz gekündigt hatten – und seither teilen wir uns im Zürcher Seefeld ein Büro und machen immer wieder gemeinsame Sache. Das fühlt sich sehr gut an. Wir kommen alle aus unterschiedlichen Bereichen des Journalismus und haben alle in den letzten Jahren Erfahrungen im Bereich der Kommunikation gesammelt, die weit darüber hinausgehen.

Was sind Schrotens wichtigsten Dienstleistungen?
Schräder: Wir erzählen Geschichten in allen Farben und Formen. Aber die wichtigste Dienstleistung ist eigentlich der Abgleich: Was wird kommuniziert, was sollte kommuniziert werden? Welche Geschichte ist diejenige, die man hören will? Hat man die gefunden und richtig erzählt, ergibt sich vieles fast von alleine. Zum Beispiel das mit der Medienaufmerksamkeit. 

Welche Kunden haben Sie?
Schräder: Sowohl Agenturen wie auch Unternehmen. Für Wirz betreue ich nach wie vor zwei Engagement-Kampagnen. Daneben haben wir in den letzten vier Monaten unter anderem intensiv für Jelmoli gearbeitet und für «The Swiss Edition» spannende  Unternehmen im ganzen Land besucht. Ausserdem haben wir für Coop ein Heft über Tatendrang umgesetzt und dem WWF bei der Abstimmung zum Jagdgesetz geholfen (persoenlich.com berichtete). Dazu texten wir regelmässig für den Kinderkleiderhersteller Namuk. Und auch mit meinem alten Mannschaftskollegen vom SV Höngg, Simon Rehsche von Heimat, verfolgen wir aktuell ein Projekt.

Werden Sie daneben auch weiterhin journalistisch tätig sein?
Roten: In meinem Kopf teilt sich das Schreiben nicht zwischen Texten für Unternehmen und Texten für Medien auf. Es gibt für mich einfach Themen und Gefässe und Aufträge, die mich ansprechen. So kam es auch, dass ich wieder eine Kolumne angenommen habe, den «Helpdesk» im Züritipp.

Schräder: Sehe ich auch so. Beim mir kommt noch die Leidenschaft für die Musik dazu. Ich bin ja seit Jahren Musikkritiker. Das führe ich im kleinen Rahmen fort. Ausserdem fallen mir im Stadtleben immer wieder Dinge auf, von denen ich denke, dass sie vielleicht einen Artikel wert wären. Und aus manchen dieser Beobachtungen werden dann tatsächlich auch Texte.

Das Interview wurde schriftlich geführt. 


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