Schweres Geschütz gegen Medizinhistoriker Christoph Mörgeli

Ein unpublizierter Akademischer Bericht sorgt für Wirbel. Er kritisiert Fehler am Medizingeschichtlichen Institut und Museum der Universität Zürich, die das berufliche Aufgabenfeld von SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli betreffen.

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Christoph Mörgeli muss sich Kritik gefallen lassen.

Christoph Mörgeli muss sich Kritik gefallen lassen.

(wbt.)

Rechtzeitig zum Sessionsbeginn in Bern ist ein Teil der Zürcher SVP-Prominenz unvorteilhaft in den Fokus der Medien geraten. Der Ärger des von der Partei bei der Managed-Care-Vorlage im Stich gelassenen Toni Bortoluzzi liegt schon etwas zurück, und Bruno Zuppiger hat sich mit seinem am Montag vollzogenen Rücktritt aus dem Nationalrat selber ins Rampenlicht gerückt. Dafür, dass es auch den als Titularprofessor und Museumskonservator am Medizinhistorischen Institut der Universität Zürich (MHIZ) tätigen Christoph Mörgeli erwischt hat, hat am Dienstag der «Tages-Anzeiger» gesorgt. Er zitiert drei Stellen aus einem 30-seitigen Akademischen Bericht des MHIZ zum Jahr 2011, die den SVP-Nationalrat und Kolumnenschreiber zwar nicht erwähnen, aber Fehler und Unterlassungen aus seinem Aufgabenbereich scharf kritisieren.

«Die in den 1980er Jahren kuratierte Dauerausstellung ist heute teilweise fehlerhaft, unzweifelhaft veraltet und museologisch überholt», heisst es darin. Das Museum stelle für die wissenschaftliche Medizingeschichte in Zürich eine grosse Belastung dar. Auch der umfangreichen Objektsammlung gehe es nicht gut. Die ungenügende, ethisch fragwürdige Aufbewahrung stelle das Institut vor schwierige Entscheide. Und schliesslich wird erwähnt, dass Mörgelis Lehrveranstaltung zu Medizinischer Museologie 2011 wie schon in früheren Jahren zwar angekündigt, aber mangels Interesse nicht durchgeführt wurde.

Die Crux am MHIZ-Bericht ist, dass er im Unterschied zu den Vorjahresausgaben noch gar nicht für die Öffentlichkeit bestimmt ist. Es fehlt noch immer die Freigabe durch die Leitung der Universität, obwohl er offenbar 2011 fristgemäss abgeliefert wurde. Seither liegt er auf dem Tisch der Universitätsleitung. Inhaltlich könne er sich erst dazu äussern, wenn diese den Bericht freigegeben habe, sagt Universitätssprecher Beat Müller auf Anfrage.

Verfasser des Berichts ist der neue, seit Februar 2011 amtierende Leiter des MHIZ, Professor Flurin Condrau. Offensichtlich hat dieser mit dem Amtsantritt eine Analyse des Zustands seines Instituts verknüpft, deren Ergebnis mindestens für Mörgelis Aufgabenbereich ungenügend ausgefallen ist. Wieweit dieser für die Mängel verantwortlich ist, muss offenbleiben. Im kommenden Jahr muss seine Lehrbefugnis verlängert werden. Der Bericht war seit Mai intern einem gewissen Kreis von Universitätsangehörigen zugänglich. Von dort scheint er an den «Tages-Anzeiger» gelangt zu sein.

Condrau verwies Journalisten am Dienstag an die Medienstelle der Universität und wollte wie andere Universitätsvertreter nicht Stellung nehmen. Dass er im Unterschied zu 2011 im laufenden Jahr keine gemeinsamen Lehrveranstaltungen mit Mörgeli durchführe, habe andere – administrative – Gründe. Reinhard Wegelin, Sekretär der Zürcher SVP, bezeichnete die Geschichte als «Kampagnenjournalismus». Es ehre seine Partei aber, dass sie nach wie vor das öffentliche Interesse wecke. Was die Partei jetzt unternehme, wollte er nicht sagen.

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