Aufstieg und Fall des Christoph Mörgeli

Wie aus Christoph Blochers ehemaligem Chefstrategen ein Aussenseiter wurde.

Christina Neuhaus
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Wie aus Christoph Blochers ehemaligem Chefstrategen ein Aussenseiter wurde. (Bild: Simon Tanner / NZZ)

Wie aus Christoph Blochers ehemaligem Chefstrategen ein Aussenseiter wurde. (Bild: Simon Tanner / NZZ)

Christoph Mörgelis Aufstieg beginnt 1997. Er rückt in den Zürcher Kantonsrat nach und macht danach schnell Karriere in der Partei. Bald leitet er die Programmkommission der SVP des Kantons Zürich und beliefert Parteipräsident Christoph Blocher mit wissenschaftlichen Fakten und Einschätzungen über die Rolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg. 1999 schafft er den Sprung in den Nationalrat.

Der Aufstieg

Mörgeli ist damals 39 Jahre alt und hat sich mit seiner schnellen Auffassung und seiner scharfen Zunge bereits einen Namen in der Partei gemacht. Er gilt als kluger Stratege und geniesst wegen seiner Nähe zu Christoph Blocher einen Ruf als graue Eminenz. Am Sonderparteitag vom 4. März 2000 – der als «Züri-Putsch» in die Partei-Annalen eingehen soll – wird Mörgeli in den erweiterten leitenden Ausschuss der Partei gewählt. Die SVP Schweiz wird nun auf den scharfen Zürcher Kurs getrimmt und betreibt fortan Dauerwahlkampf. Mörgeli ist jetzt ein fester Wert in der Partei. Er entwickelt die Doppelt-oder-nichts-Strategie, mit der Blocher 2003 die Wahl in den Bundesrat schafft. Er bedankt sich bei seinem Strategen mit den Worten: «Dein Konzept ist aufgegangen.» Die SVP erringt national einen historischen Sieg und kommt auf einen Wähleranteil von 26,7 Prozent und wird damit zur stärksten politischen Kraft im Land.

Der Abstieg

Doch im Dezember 2007 wird Christoph Blocher überraschend aus dem Bundesrat abgewählt. Mörgeli reagiert schockiert und kündigt den Rückzug seiner Partei in die Opposition an. Mit Blochers Abwahl scheint auch Mörgelis politischer Einfluss zu schwinden. Mit seinen verletzend scharfen, exzellent geschriebenen Artikeln in der «Weltwoche» und seinen öffentlichen Auftritten erreicht er zwar mehr Publikum als die meisten anderen Nationalräte, doch im eidgenössischen Parlament ist sein Gewicht verhältnismässig gering. Der nun 48-Jährige steht vor allem mit privaten Schicksalsschlägen oder Streitereien in der Öffentlichkeit: 2008 verunfallt Mörgeli mit seinem Rover und trägt schwere Verletzungen davon. 2009 muss er sich wegen Verstosses gegen das Kommissions-Geheimnis verantworten, weil er den geschmacklosen Couchepin-«Versprecher» Mörgele statt Mengele an die Öffentlichkeit getragen hatte. 2011 erleidet der mittlerweile zum Programmchef der SVP Schweiz Avancierte zudem eine politische Niederlage: Seine Partei verfehlt ihr Ziel von 30 Prozent Wähleranteil klar und verliert bei den Nationalratswahlen schmerzhafte 3,6 Prozentpunkte.

Der Fall

2011 wird Mörgeli noch als Drittbester auf der Zürcher SVP-Liste gewählt, doch dann beginnt sein Fall. Der «Tages-Anzeiger» macht interne Kritik am Zustand des von Mörgeli geführten Medizinhistorischen Instituts der Universität Zürich öffentlich, worauf die Geschichte schnell Fahrt aufnimmt. Eine Sonntagszeitung schreibt – offensichtlich gut informiert – über seine bevorstehende Entlassung, worauf Mörgeli beginnt, sich wie ein in die Enge getriebener Boxer zu wehren: Er überzieht Gegner und Kritiker mit Klagen und gibt misslungene Interviews («Sind Sie eigentlich vom Aff bisse!»). Schliesslich spricht er öffentlich von Mobbing und einem politischen Komplott, das von der ehemaligen Zürcher SP-Regierungsrätin Regine Aeppli und ihren Parteigenossen angezettelt worden sei. Obwohl die Zürcher Staatsanwaltschaft in einer späteren Untersuchung nicht ausschliessen kann, dass das Leck «innerhalb der damaligen Führung der Bildungsdirektion vermutet werden kann», gelingt es Mörgeli nicht, die öffentliche Meinung zu seinen Gunsten zu kehren oder wenigstens positiv zu beeinflussen. Seine jahrelangen Provokationen verhindern, dass man ihn als Opfer eines eskalierten Arbeitskonflikts wahrnimmt.

Politisch gibt Christoph Mörgeli weiter den strammen Rechtsaussen, aber seine Auftritte überzeugen nur noch selten. Als er in einer deutschen Diskussionssendung zur Masseneinwanderungsinitiative spricht, überschlagen sich die abfälligen Kommentare. Mörgeli wird zunehmend isoliert – auch in der eigenen Partei. Davon, wie sehr er ins Abseits geraten ist, zeugt sein Wahlresultat vom Sonntag. Er, der viermal mit Topresultaten gewählt wurde, ist nun von der eigenen Wählerschaft von Listenplatz 2 auf Rang 20 durchgereicht worden. Der neue Star der SVP heisst Roger Köppel.

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