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Ski oder Snowboard: Womit beginnen die Kleinen am besten?

Wintersport eignet sich schon für Kinder ab drei Jahren. Eine
Anleitung, mit welchem Gerät sie einfacher starten.

Ursina Haller 5 min
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Erste Übungen: Snowboarden ist anfangs betreuungs­intensiv, weil es Kleinkinder nicht in der Gruppe lernen können.

Erste Übungen: Snowboarden ist anfangs betreuungs­intensiv, weil es Kleinkinder nicht in der Gruppe lernen können.

snowboarding-proboarder.eu

Alles fährt Ski - das gilt in der Schweiz ganz besonders für die Kleinsten. Die Meinung, Kinder müssten Ski fahren, bevor sie zum ersten Mal auf das Snowboard steigen, ist verbreitet. Das liegt auch daran, dass die Snowboardbranche sich lange nicht um die Entwicklung kindergerechter Ausrüstung kümmerte. Inzwischen gibt es jedoch geeignete Angebote, und man kann wählen, ob man dem Kind lieber ein Brett oder Ski unter die Füsse schnallt.

Tobias Imhof ist Ski- und Snowboardlehrer auf der Bettmeralp im Wallis, seit zwölf Jahren begleitet er Kinder bei den ersten Fahrversuchen auf dem Schnee. Er sagt: «Sobald Kinder richtig gut laufen, können sie ebenso gut mit dem Snowboarden beginnen wie mit dem Skifahren. Das Wichtigste ist, dass sie Lust auf das jeweilige Gerät haben.»

Ideal sei, wenn Kinder beides ausprobieren dürfen. So können sie selbst herausfinden, was ihnen gefällt und haben die Grundlagen auf beiden Geräten intus, falls sie später umsteigen möchten. Sportgeschäfte haben Mietangebote, bei denen man die Ausrüstung im Laufe des Winters immer wieder austauschen kann.

Snowboarden: Spielerisch, aber betreuungsintensiv

Wer brettbegeisterten Nachwuchs hat, wird beim Branchenleader Burton fündig. Dieser führt Kinderboards mit hochgebogenen Kanten im Sortiment, die für Stabilität und Brettkontrolle sorgen. Ausserdem hat Burton eine Zugvorrichtung entwickelt, mit der Eltern das Kind hinter sich herziehen können. Auf flachem Gelände bekommen so bereits Dreijährige ein Gefühl für das Brett.

Sobald das Kind im Flachen die Balance hält, kann man an einem leicht geneigten, auslaufenden Übungshang erste Fahrversuche wagen. Imhof rät: «Es hilft, wenn ein Erwachsener vorausläuft oder dem Kind einen Punkt nennt, den es unten am Hang mit den Augen fixieren soll. So schaut das Kind in Fahrtrichtung und findet automatisch eine stabile Position auf dem Brett.»

Dabei ist es gut, die Kinder in beide Richtungen fahren zu lassen. Das trainiert die Koordination und sorgt später für Spass und Abwechslung auf der Piste. Bis ein Kind Kurven fahren und selbständig bremsen kann, dauert es eine Weile. Imhof hält seine Schülerinnen und Schüler an den Händen fest, läuft mit und hilft, das Brett auf dem Schnee zu drehen, bis sie es selber können.

Weil Kinder zudem Hilfe beim Öffnen und Schliessen der Bindung brauchen, eignet sich Gruppenunterricht für die Kleinsten nicht. Für die Eltern ist Snowboarden deshalb etwas aufwendiger als Skifahren; sie müssen das Kind eng begleiten oder Privatstunden buchen. Dennoch ist Snowboarden nicht unpraktischer als Skifahren. Weil keine harten Skischuhe nötig sind, lässt es sich spielerisch in einen Winterausflug integrieren.

«Solange sie noch keine Kurven fahren, brauchen kleine Kinder keine Snowboardschuhe. Man kann sie problemlos in stabilen Winterschuhen in die Bindung schnallen», sagt Imhof. So kann man etwa auf einen Winterspaziergang Snowboard und Helm einpacken und das Kind immer einmal wieder hinter sich herziehen oder einen kleinen Hang befahren lassen.

Skifahren: Im Kinderland in der Gruppe lernen

Wenn das Kind Ski fahren will, rät Imhof, es gleich mit richtigen Ski auszurüsten und auf die kantenlosen «Rutscherli» zu verzichten. Auf richtigen Ski halten Kinder die Balance besser und finden so in der Regel schneller Freude am Skifahren. Von Stöcken ist abzuraten, bis das Kind Kurven fahren kann.

Wie beim Snowboarden kann man an einem flachen Übungshang erste Versuche wagen. Damit das Kind nicht nach hinten kippt, sollte es mit den Händen an die Knie greifen. Um das Bremsen zu lernen, hält Imhof seine kleinsten Schülerinnen und Schüler von hinten mit einer Poolnudel fest und weist sie an, die Ski in V-Position zu halten, in Kindersprache: Pizza.

Der Vorteil am Skifahren: Kinder sind relativ rasch selbständig. Sie lernen das Bremsen einigermassen schnell und lassen sich mit dem Zauberteppich den Hang hochbefördern. In den meisten Wintersportgebieten wird Gruppenunterricht angeboten, bei dem bereits Dreijährige das Skifahren gemeinsam lernen.

Imhof rät, die Kinder ausschliesslich im Kinderland fahren zu lassen, bis sie problemlos bremsen und Kurven fahren können. Er sagt: «Eltern wollen tendenziell zu schnell auf die Piste mit den Kindern und halten sie dann etwa an einem Haltegurt fest. Gerade wenn es viele Leute auf der Piste hat, kann das aber gefährlich sein.»


Übungen für daheim, die den Start erleichtern

Wie schnell Kinder das Skifahren oder Snowboarden lernen, entscheidet sich nicht zuletzt abseits der Piste. Ein gutes Körpergefühl und ein geschultes Gleichgewicht erleichtern die ersten Fahrversuche. Vier Trockenübungen, die Kindern den Einstieg in den Wintersport erleichtern:

Balancieren auf labilem Untergrund: Beim Snowboarden und Skifahren wird die Beinmuskulatur stark beansprucht. Dabei hilft es, wenn das Stabilisieren von Füssen und Knien etwas eingeübt ist. Mit einem Kissenparcours lässt sich das spielerisch machen: Mit dem Kind von Kissen zu Kissen gehen oder hüpfen, immer wieder die Balance auf einem Bein halten und versuchen, den stabilen Stand lange aufrechtzuerhalten.

Lernen mit Spass auf dem Trampolin.

Lernen mit Spass auf dem Trampolin.

Getty Images

Mutig werden auf dem Trampolin: Stehen, wippen oder springen auf dem Minitrampolin macht Spass und schult die Körperkoordination. Kinder können das Gewicht von einem Bein auf das andere verlagern, einbeinig wippen oder versuchen, sich zu zweit gleichzeitig zu bewegen. Eine gute, den Mut fördernde Übung ist ausserdem, die Höhe der Sprünge zu variieren oder beidseitige Drehungen um die eigene Körperachse zu versuchen.

Stürzen lernen: Stürzen gehört zum Wintersport, und es ist hilfreich, die Angst davor im Voraus zu überwinden und sich an das Fallen zu gewöhnen. Kinder können das auf dem Trampolin oder auch auf einer weichen Matratze üben und so merken, dass Stürze nicht wehtun. Zum Beispiel den Körperschwerpunkt vom Stand nach unten bringen und sich auf den Po oder den Rücken fallen lassen. Oder sich kniend nach vorne auf die angewinkelten Arme fallen lassen.

Skateboard und Inlineskates: Ob ein Kind lieber snowboarden oder Ski fahren will, entscheidet sich nicht zuletzt daran, welche Sommersportarten es toll findet. Wer gerne Skateboard fährt, dürfte sich eher fürs Snowboarden begeistern, kleine Inlineskaterinnen hingegen sind bestens fürs Skifahren vorbereitet. Beides bietet eine gute Möglichkeit, Gleichgewichtsgrenzen zu erfahren und ein Gefühl für Geschwindigkeit zu entwickeln. Weil Asphalt noch härter ist als Schnee: Nie ohne Schoner!

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