Interview

«Wenn es Krieg gibt, können Sie nicht mit direkter Demokratie und Föderalismus den Gegenangriff organisieren»

Als Politiker war Pascal Couchepin so dominant, dass ihn seine Gegner «Sonnenkönig» nannten. Im Gespräch mit der NZZ erklärt der Altbundesrat, wie Corona die Schweiz verändert, woran der Freisinn krankt – und weshalb das Rahmenabkommen mit der EU noch längst nicht tot ist.

Marc Tribelhorn, Christina Neuhaus 65 Kommentare
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Pascal Couchepin ist ein guter Gastgeber. Den Besuch aus Zürich chauffiert er wie selbstverständlich vom Bahnhof Martigny zum Patrizierhaus, in dem er geboren wurde und heute noch lebt. Den Apfelkuchen, den er serviert, hat er selbst gebacken. Der Kaffee kommt in Porzellantässchen mit Motiven der Fabeln La Fontaines. Couchepin, einer der prägendsten Schweizer Politiker der letzten Dekaden, freut sich auf die Diskussion, gerade in diesen Zeiten, in denen der Liberalismus einen schweren Stand hat. Der freisinnige Altbundesrat ist ein «animal politique» geblieben – pointiert, provokativ und belesen.

«Es ist ein bisschen wie beim Glücksspiel, hoffen wir auf gute Karten»: Altbundesrat Pascal Couchepin in seinem Haus in Martigny.

«Es ist ein bisschen wie beim Glücksspiel, hoffen wir auf gute Karten»: Altbundesrat Pascal Couchepin in seinem Haus in Martigny.

Christoph Ruckstuhl / NZZ

Monsieur Couchepin, wie geht ein Stoiker wie Sie mit dieser Pandemie um?

Pascal Couchepin: Insgesamt gelassen, aber ich bin auch sehr privilegiert. Ich kann Bücher lesen, kochen und essen, habe einen Garten und keine materiellen Sorgen. Wenn die Sonne scheint und ich mit Journalisten debattieren kann, ist der Tag noch etwas heller. Aber natürlich ist die Situation umso belastender, je länger sie dauert. Viele fragen sich, ob es ihren Arbeitsplatz noch geben wird. Familien haben Opfer zu beklagen. Das ist schlimm.

Als Gesundheitsminister liessen Sie einst Notfallpläne wegen Sars und der Vogelgrippe ausarbeiten. Wie hat nun Corona Ihren Blick auf die Welt verändert?

Ich gehöre noch zu einer Generation, die um die Spanische Grippe und den Krieg wusste. Das lehrt einen eine gewisse Demut. Ich bin selbstverständlich vorsichtiger geworden, wenn ich aus dem Haus gehe. Aber seien wir ehrlich: Es ist ein bisschen wie beim Glücksspiel, hoffen wir auf gute Karten! Auffällig ist, dass die gesellschaftliche Solidarität in der ersten Welle viel grösser war als in der zweiten. Es wurde miteinander telefoniert, es wurde Rücksicht genommen, es gab Applaus für das Gesundheitspersonal. Nun schauen die Leute stärker für sich selbst. Das bereitet mir Sorgen.

Mit 78 Jahren sind Sie plötzlich Teil der «Hochrisikogruppe» geworden. Was macht das mit einem?

Das hat mich nicht besonders beunruhigt. Klar, man denkt mehr über den eigenen Tod nach. Aber wenn man bald 80 ist, soll man auch damit rechnen, dass es einmal vorbei ist. Ein Freund fragte mich vor einigen Tagen: «Weshalb schreibst du nicht deine Memoiren?» Ich antwortete ihm: «Dafür ist es viel zu früh.» Der Tod gehört zum Leben eines Menschen. Er ist eine intensive Erfahrung. Also warte ich mit dem Schreiben, bis ich tot bin (lacht).

Inzwischen sterben in der Schweiz proportional so viele Menschen am Coronavirus wie fast nirgends in Europa. Seit Beginn der Pandemie sind es fast 5000 Tote.

Sie müssen nur die Todesanzeigen in den Zeitungen studieren. Es ist eine Tragödie! Dennoch würde ich hinter diese hohe Zahl ein Fragezeichen setzen. War dieses Virus immer die alleinige Todesursache? Mein Herzspezialist ist Franzose und lebt sehr gerne im Wallis. Er sagte mir, wenn er hier jemanden nach dem Tod des Vaters oder der Mutter frage, höre er meistens als Antwort: «Das Alter.» Das ist der normale Lauf der Dinge, aber wegen Corona sterben viele ein bisschen früher.

Hätte der Bundesrat die Wissenschaft stärker einbinden müssen?

Es ist nicht sehr stilvoll, über seine Nachfolger in der Regierung zu sprechen. Mais bon. Der Austausch mit der Wissenschaft hätte zu Beginn der Pandemie sicher besser sein können. Ständige Schlagzeilen bringen Unruhe und verhärten die Fronten. Wie Sie wissen, trug ich als Bundesrat auch den einen oder anderen Kampf über die Medien aus. Aber bei so schwierigen Geschäften darf es das nicht geben. In einer Krise ist die Informationspolitik entscheidend. Sie muss Chefsache sein, also Aufgabe der Bundespräsidentin und – im Fall von Corona – des Gesundheitsministers.

Sie plädieren für eine verschworene Gemeinschaft in der Krise?

Ich plädiere für Professionalität. Anatole France, der antiklerikale französische Literaturnobelpreisträger, schrieb einmal über Mönche im Kloster: «Sie treffen sich, ohne sich zu suchen. Sie leben, ohne sich zu lieben. Sie sterben, ohne sich zu bedauern.» Im Bundesrat ist es ähnlich. Es gibt kollegiale Beziehungen, es gibt Streit und Angriff. Aber am Schluss steht die Staatsräson, das Wohl des Landes. Ein Mitarbeiter von mir sagte bei meinem Rücktritt: «Sie haben oft zugebissen, aber nie einen Knochen zermalmt.»

Wie erreicht der Bundesrat die Bevölkerung wieder besser?

Er wird nie alle erreichen. Ich habe in meiner politischen Karriere früh realisiert: In einer Gesellschaft gibt es immer 20 Prozent, die noch härtere Massnahmen des Staats fordern. Weitere 20 Prozent sind libertär und wollen sich vom Staat gar nichts vorschreiben lassen. Die restlichen 60 Prozent sind nüchterne Leute, mit denen man arbeiten kann. Auf sie muss sich die Politik primär fokussieren, nicht auf die Extremisten auf beiden Seiten.

In den letzten Monaten wurde viel über Schutzmasken, den Zustand unseres Gesundheitswesens und den Föderalismus gestritten. Hat es etwas gebracht?

Die Debatten waren mir zu emotional. Halten wir doch sachlich fest: In der Maskenfrage agierte der Bund zunächst ungeschickt. Dafür konnte er dank der erfolgreichen bürgerlichen Finanzpolitik sehr grosszügig und schnell Hilfspakete schnüren. Auch das Gesundheitssystem hat sich bewährt in der Krise. Die Entwicklung der letzten Jahrzehnte hin zu mehr Autonomie für die Spitäler war kein Fehler, im Gegenteil. Schauen Sie nach Frankreich, dort sind die Spitäler staatlich, und die Versorgung funktioniert nicht besser.

Und der Föderalismus?

Die meisten Schweizerinnen und Schweizer wollen ihn. Ich natürlich auch. Aber viele kantonale Regierungen waren es nicht gewohnt, plötzlich so wichtige und unangenehme Entscheide zu fällen. Das anschliessende Schwarzpeterspiel zwischen den Kantonen und dem Bund war unsäglich. Föderalismus ist nur möglich, wenn alle ihre Verantwortung tragen und gegenseitig Verständnis zeigen. Man muss zusammenarbeiten. Es kann doch nicht sein, dass sich etwa die Genfer öffentlich beklagen, dass die Waadtländer die Läden nicht geschlossen hätten. Man könnte ja auch einfach den Telefonhörer in die Hand nehmen und das ausdiskutieren.

Nach fast einem Jahr Pandemie lässt sich also bilanzieren: Der Föderalismus ist gescheitert?

Nein, er funktioniert sicher nicht schlechter als die Alternative. Der Föderalismus ermöglicht noch immer Lösungen, die näher bei den Bürgerinnen und Bürgern sind als in einem Zentralstaat. Damit er besser funktioniert, braucht es mehr Verantwortungsbewusstsein und Verständnis. Vor allem müssen die billigen Angriffe auf die jeweils andere Staatsebene aufhören.

Eine grosse Tendenz der Krise ist, dass der Bund mehr Macht bekommen hat. Als Liberaler muss Sie das schmerzen.

Wenn es Krieg gibt, können Sie nicht mit direkter Demokratie und Föderalismus den Gegenangriff organisieren. Es muss schnell gehen. Ich erinnere mich, als mir Thomas Zeltner, damals Chef des Bundesamts für Gesundheit, einen Entwurf des heutigen Epidemiengesetzes vorlegte. Er fragte, ob bei einer Pandemie die Macht beim Zentralstaat liegen solle. Eine solche Regelung würde sicher zu politischen Kontroversen führen. Ich sagte ihm: «Das ist mir egal, wir machen das so!» Als das Epidemiengesetz später im Parlament beraten wurde, gab es überhaupt keine Opposition. Es ist so logisch, dass der Staat in einer schweren Krise die Macht bündeln muss.

Die Frage ist vielmehr, ob der Staat die Macht auch wieder abgeben wird.

Nach dem Zweiten Weltkrieg blieb das Vollmachtenregime noch während Jahren bestehen. Man muss also genau hinschauen, was nach der Bewältigung von Corona passiert. Einzelne politische Kräfte haben ja bereits Forderungen gestellt, wie der Bundesrat mit Verweis auf die ausserordentliche Lage mit riesigen Schritten die Schweiz umbauen könnte – etwa im Bereich der Klimapolitik. In einer Demokratie ist das inakzeptabel, wir haben Gesetzgebungsverfahren, die eingehalten werden müssen. Ich warne davor, unter dem Banner des Moralismus die freiwillige Knechtschaft zu akzeptieren.

Das Klimaproblem ist drängend.

Ich finde die Sorge um die Umwelt auch richtig. Aber man kann das Klimaproblem nicht Knall auf Fall lösen. Vor allem wird die kleine Schweiz nicht die Welt retten. Ja, es geht sehr langsam vorwärts. Doch etwas mehr Bescheidenheit würde der politischen Debatte zuweilen guttun.

Pascal Couchepin war ab 1979 FDP-Nationalrat, später auch Fraktionschef und von 1998 bis 2009 Bundesrat.

Pascal Couchepin war ab 1979 FDP-Nationalrat, später auch Fraktionschef und von 1998 bis 2009 Bundesrat.

Christoph Ruckstuhl / NZZ

Die Grünen legen überall an Wählerstimmen zu.

Das stimmt, mit wenigen Ausnahmen. Aber es ist wie bei den Bundesratswahlen: Die ersten 30 Stimmen hat man schnell zusammen, viel schwieriger ist es, die letzten 30 Stimmen auch noch zu holen. Die Grünen sind für mich ein grosses Fragezeichen. Ich habe genug Parteien aufsteigen und abstürzen sehen. Werden die Grünen – wie einst die SVP – jahrelang die Schweizer Politik mit radikalen Forderungen vor sich hertreiben? Entwickeln sie sich wie die Grünen in Deutschland, eher konservativ? Gegen Ökoliberale hätte ich nichts!

Ihre Partei, die FDP, schwenkte kurz vor den letzten Nationalratswahlen noch auf einen Umweltkurs um. War das sinnvoll?

Dass es kurzfristig etwas gebracht hat, bezweifle ich. Aber es war richtig. Ich habe schon vor 30 Jahren als Stadtpräsident von Martigny gesagt, wir müssten ökologisch handeln, um zu vermeiden, dass Fanatiker mit Umweltthemen punkten könnten. Wir haben ein Fernwärmenetz aufgebaut. Wir haben damals auch bereits die öffentlichen Gebäude der Stadt energetisch saniert. Kurzum: Es gibt eine ökologische Tradition im Freisinn, aber die Partei hätte das Thema früher ernst nehmen sollen. Dann gäbe es heute auch keine Grünliberalen.

Die einst staatstragende FDP ist weit entfernt von der alten Stärke.

Die letzten Wahlen in den Kantonen waren wenig ermutigend. Das grösste Problem der Partei ist ihr Personal. Wenn wir gute Leute haben, dann können wir auch gewinnen. Es braucht mehr kluge Köpfe und mehr Engagement vor Ort, um die Nöte der Bevölkerung zu kennen. Das war früher normal im Freisinn. Als ich 26-jährig war und als Rechtsanwalt in mein erstes politisches Amt gewählt wurde, engagierte ich mich freiwillig in der Vormundschaftsbehörde. Später war ich fast 20 Jahre lang bei Pro Infirmis aktiv. Ich wollte auch diese Realität kennen.

Apropos Sorgen der Bevölkerung. Vom Freisinn war während der Pandemie wenig zu hören. Nehmen wir die Frage der Geschäftsmieten. Da kamen nur Vorschläge von den Linken.

Die Pandemie ist primär eine medizinische Angelegenheit, die wirtschaftliche und politische Konsequenzen hat. Die Parteipolitik kommt also erst später zum Zug. Und bei Ihrem Beispiel der Geschäftsmieten braucht es doch keine staatliche Einheitslösung! Ich besitze zwei Geschäftsliegenschaften. Als Liberaler lasse ich die tüchtigen Mieter nicht einfach im Stich. Also haben wir uns auf die Hälfte des monatlichen Mietzinses geeinigt, vorübergehend und ganz ohne staatliche Intervention. Das ist Eigenverantwortung, wie ich sie verstehe.

Das Problem sind auch nicht die Privaten, sondern die grossen Immobilienfirmen.

Die bleiben knallhart und begründen ihre Haltung damit, dass in den Immobilien Pensionskassengelder angelegt seien. So kann man natürlich argumentieren. Aber es braucht in dieser aussergewöhnlichen Lage halt auch Kulanz, um als Gesellschaft zu funktionieren. Liberalismus kann nicht existieren ohne eine Allgemeinmoral.

In der Pandemie sehnen sich viele nach einem allumsorgenden Staat. Die Linken versuchen das mit populistischen Forderungen zu nutzen.

Bis jetzt profitiert aber die SP nicht von der Krise. Das hat auch damit zu tun, dass die meisten Linken in den kantonalen Regierungen einen gemässigten Kurs fahren. Das Verständnis ist vielleicht etwas aus der Mode gekommen, aber es ist in der Schweiz einfach so: Wer Regierungsverantwortung hat, kann nicht alles nur zugunsten seiner Wähler entscheiden. Es müssen am Schluss gute Lösungen für die Gesamtgesellschaft gefunden werden, für das Gemeinwohl.

Das klingt schon fast nach der CVP, der «Mitte», wie die Partei ja neu heissen wird.

Ich kann Sie beruhigen, ein Parteiwechsel ist ausgeschlossen, der Freisinn gehört seit 150 Jahren zur DNA meiner Familie. Aber wenn ich für die CVP politisieren würde, hätte ich längst den Begriff des Gemeinwohls stark gemacht. In der Debatte um die Zukunft der Partei geht es ja nur noch um die «Mitte». Was heisst das schon?

Sie trauern dem C im Namen Ihres politischen Gegners nach?

Sogar die Liberalen sind historisch gesehen Erben des Christentums. Viele Werte des Liberalismus haben einen Ursprung in den frühchristlichen Debatten: Was ist ein Individuum? Was ist Freiheit? Es ist also sicher keine Schande, ein C im Parteinamen zu haben. Aber offenbar hat die Partei Angst vor dem eigenen Schatten. Ein Freund von mir, ein ehemaliger CVP-Nationalrat, hat es einmal auf den Punkt gebracht. Er fragte mich: «Hast du schon einmal Leute gesehen, die an ein Fussballspiel gehen, um dem Schiedsrichter zuzujubeln?»

Was ist neben Corona und dem Klimawandel die grösste politische Herausforderung für die Schweiz?

Unser Verhältnis zu Europa. Wir werden keine Lösung finden, solange wir nicht endlich über den Begriff Souveränität sprechen. Er wird – ähnlich wie die Neutralität – bei uns gebraucht wie das Amen in der Kirche. Aber niemand weiss, wofür er genau steht. Für mich ist es ziemlich simpel: Wenn ich Eigentümer einer Wohnung bin, kann ich sie selber bewohnen oder sie vermieten. Wenn ich sie vermiete, habe ich teilweise die Souveränität darüber verloren. Aber ich bekomme Geld dafür.

Das ist Ihr Beispiel für den Rahmenvertrag mit der EU?

Bien sûr. Was gewinnen wir, was verlieren wir? Wir verlieren damit an Souveränität. Aber ohne Rahmenvertrag verlieren wir noch mehr Souveränität, weil unser Wohlstand abnehmen wird, der die Leute befreit von materiellen Sorgen. Was die SVP und mein Kollege Blocher in der Europafrage wieder einmal veranstalten, ist nicht ehrlich. Es ärgert mich, dass die Gegner des Rahmenvertrags nie sagen, wie denn die Zukunft der Schweiz aussehen könnte.

Immerhin haben sie es geschafft, dass das institutionelle Abkommen nun klinisch tot ist.

Ach, ich beobachte die Politik schon sehr lange, besonders auch meine lieben Deutschschweizer Politiker, die sich gerne so hart geben: «Nein, das geht nicht! Nein, das machen wir sicher nicht!» Am Schluss sind die Probleme so gross, dass sie dann doch nachgeben, wie beim Bankgeheimnis. Dann heisst es plötzlich: «Es ist jetzt Zeit, eine Lösung zu finden! Etwas mehr Pragmatismus, bitte!»

Sie glauben also noch an den Rahmenvertrag?

An eine Art Rahmenvertrag. Die Schweiz soll hart nachverhandeln. Aber die grundsätzliche Abneigung der SVP und ihrer Verbündeten verstehe ich nicht. Nehmen wir das umstrittene Schiedsgericht: Weshalb sollte die EU im gemeinsamen Binnenmarkt zwei unterschiedliche Rechtsprechungen akzeptieren? Wir haben ja auch kein Problem mit Urteilen des EGMR oder der WTO. Und erinnern Sie sich an die Grössenordnungen: Das BIP der EU beträgt ungefähr 16 000 Milliarden, dasjenige der Schweiz 800 Milliarden. Die EU ist mit rund 50 Prozent unser wichtigster Absatzmarkt. Umgekehrt macht das Geschäft mit der Schweiz für die EU etwa 10 Prozent ihres Handelsvolumens aus. Wer braucht den anderen mehr?

Ein gravierendes Problem ist aber die Unionsbürgerrichtlinie, die unsere Sozialwerke betreffen würde.

Das sehe ich genauso. Aber was spräche gegen einen Kompromiss in dieser Frage? Zum Beispiel eine zeitlich verzögerte Einführung der Unionsbürgerrichtlinie, erst nach 20 Jahren? Und während dieser Übergangsphase könnten wir endlich Massnahmen ergreifen, um unsere Sozialwerke langfristig zu sichern. Ich bin zuversichtlich, dass wir eine gute Lösung mit der EU finden werden.

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Arnold Ganz

Die Abneigung von Alt-Bundesrat Couchepin gegen die SVP ist offensichtlich unverrückbar eingraviert. Der wirtschaftliche und gesellschaftliche Erfolg der Schweiz ausserhalb der EU wird von der FDP und selbstverständlich auch von Herrn Couchepin einfach nicht wahrgenommen. Es zählen immer noch allein die alten Schablonen der FDP, wonach eine bürgerliche Zusammenenarbeit mit einer Partei wie der SVP unmöglich ist. Die Gründe liegen in der zunehmenden Bedeutungslosigkeit einer FDP, welche die Veränderungen seit dem Ende des zweiten Weltkrieges offenbar bis heute nicht verstanden hat. Statt bedingungslos an die eigene Leistungsfähigkeit zu glauben, setzt man auf kurzfristige Erfolge innerhalb einer EU, einer supranationalen Organisation, welche sich bis auf ihre grossartigen Absichtserklärungen und den stetig stark steigenden Schulden, ungebremst auf dem absteigenden Ast befindet. Wenn sich die FDP nicht bald auf ihren ursprünglichen, freiheitlich bürgerlichen Kurs zurückbesinnt, segelt sie auf dem gleichen Kurs wie die CVP der politischen Bedeutungslosigkeit entgegen. Was die SP und die Grünen anstreben, ist während der Corona-Pandemie noch deutlicher geworden. Die Unions-Politiker CDU und CSU in Deutschland, führen in aller Deutlichkeit und Sturheit vor, wohin die Reise mit einer scheinbar unvermeidlichen Cooperation mit den Linken und Grünen geht.  

Werner Moser

Wirklich interessant und informativ, dieses Interview. Mit einer starken Persönlichkeit, welche in seiner Schnörkellosigkeit und Direktheit immer wieder von neuem besticht. Nicht nur in der FDP, sondern auch in der Schweizer Politik mangelt es an solchen intelligenten, erfahrenen und kantigen Persönlichkeiten. Denen es immer wieder gelingt, dass man sich selbst infrage stellen muss, wenn man ihnen zuhört- und/oder, wie hier, mitliest. Gratulation für dieses gute und sehr gelungene Interview!