Mörgeli tritt ab – Sesselrücken bei der SVP

Christoph Mörgeli, einer der Gründerväter der modernen SVP, gibt sein Amt als Programmchef der SVP ab. Wird ihm Christoph Blocher folgen?

Christina Neuhaus
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Christoph Mörgeli. (Bild: Simon Tanner / NZZ)

Christoph Mörgeli. (Bild: Simon Tanner / NZZ)

Christoph Mörgelis Name fällt heute fast nur noch im Zusammenhang mit einem hässlichen Arbeitskonflikt an der Universität Zürich. Seit seiner Abwahl als Nationalrat im Jahr 2015 spielt er politisch kaum mehr eine Rolle. Nun wird er, wie er gegenüber dem «Sonntags-Blick» bestätigte, sein Amt als Programmchef der SVP Schweiz offiziell abgeben. Silvia Bär, die stellvertretende Generalsekretärin der SVP, bestätigte die Personalie auf Anfrage. Ob es bei den parteiinternen Gesamterneuerungswahlen vom 23. und 24. März zu weiteren Rochaden kommt, wollte sie nicht kommentieren.

Mit Blick auf die personelle Besetzung der Parteileitung stellt sich die Frage, ob die SVP die Wahlen für eine Verjüngung der Parteileitung nutzt und die Nachfolge des Chefstrategen Christoph Blocher aufgleist. Im Parteileitungsausschuss, der die laufenden Geschäfte der Partei führt und für die Kampagnen zuständig ist, sitzt neben dem 77-jährigen Blocher auch noch der Zürcher Altnationalrat Walter Frey. Der 74 Jahre alte Unternehmer wollte eigentlich schon vor Jahren zurücktreten, blieb aber aus Loyalität. Auch Blocher, der vor zwei Jahren als Vizepräsident der Partei zurücktrat, liebäugelt dem Vernehmen nach seit längerem mit einem Rückzug aus dem Gremium.

Rückt jetzt Martullo-Blocher nach?

Präsidiert wird das Gremium vom Parteipräsidenten Albert Rösti. Neben Blocher und Frey gehören ihm weiter der Fraktionschef Thomas Aeschi, Thomas Matter, Céline Amaudruz und Oskar Freysinger an. Letzterer ist seit seiner Abwahl aus der Walliser Kantonsregierung politisch allerdings in der Versenkung verschwunden.

Mögliche Kandidatinnen und Kandidaten für Führungsposten innerhalb der SVP wären der Alt-Parteipräsident Toni Brunner, Blochers älteste Tochter, die Nationalrätin und Unternehmerin Magdalena Martullo-Blocher, der Nationalrat und «Weltwoche»-Verleger Roger Köppel oder der ehemalige Fraktionschef Adrian Amstutz.

Martullo und Köppel sind bereits in der Parteileitung, wenn auch nicht im Ausschuss. Martullo verantwortet den Politikbereich Wirtschaft, Köppel die Europapolitik. Toni Brunner hatte sich nach seinem Rücktritt aus dem Parteipräsidium kurzfristig aus der Politik zurückgezogen, tritt seit ein paar Monaten aber wieder aktiver in Erscheinung. Er gilt intern als einer der wenigen, die den Platz des charismatischen Chefstrategen einnehmen könnten.

Mit Mörgeli verliert die Partei einen der Gründerväter der modernen SVP. Er war ein kluger Stratege und genoss wegen seiner Nähe zu Christoph Blocher einen Ruf als graue Eminenz. Am Sonderparteitag vom 4. März 2000 – der als «Züri-Putsch» in die Partei-Annalen eingehen sollte – wurde Mörgeli in den erweiterten leitenden Ausschuss der Partei gewählt. Die SVP Schweiz wurde von nun an auf den scharfen Zürcher Kurs getrimmt und betrieb fortan einen Dauerwahlkampf nach US-amerikanischem Vorbild.

Mit Mörgelis Strategie in den Bundesrat

Es war Christoph Mörgeli, der die Doppelt-oder-nichts-Strategie entwickelte, mit der Blocher 2003 die Wahl in den Bundesrat schaffte. Dieser bedankt sich bei seinem Strategen mit den Worten: «Dein Konzept ist aufgegangen.» Wenig später errang die SVP bei den nationalen Wahlen einen historischen Sieg und kam auf einen Wähleranteil von 26,7 Prozent. Seither ist sie die stärkste politische Kraft im Land. Erst 2011 erlitt der mittlerweile zum Programmchef der SVP Schweiz avancierte Mörgeli seine erste politische Niederlage: Seine Partei verfehlte ihr Ziel von 30 Prozent Wähleranteil klar und verlor bei den Nationalratswahlen schmerzhafte 2,3 Prozentpunkte.

Vier Jahre später sollte die SVP ihr bisher bestes Wahlresultat erreichen. Mörgeli konnte davon nicht mehr profitieren. Er wurde von der eignen Wählerschaft als Nationalrat abgewählt: Vom zweiten Platz der Zürcher SVP-Nationalratsliste gestartet, landete er auf Platz 20. Seine Zeit war vorbei.