Uni will Mörgeli zum Schweigen zwingen

Die Universität Zürich hat SVP-Nationalrat Mörgeli verboten, sich zu seinem Fall zu äussern. Sein Berufsverband drängt ihn zum Austritt.

René Donzé
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Nationalrat Christoph Mörgeli (svp., Zürich). (Bild: Reuters)

Nationalrat Christoph Mörgeli (svp., Zürich). (Bild: Reuters)

In der Regel lässt er sich von niemandem den Mund verbieten. Doch seit Freitag ist SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli auffallend still. Er dürfe sich nicht weiter zum Konflikt zwischen ihm und seinem Vorgesetzten an der Universität Zürich, Professor Flurin Condrau, äussern, sagt er. In einer anderen Zeitung lässt er kurzfristig bereits gemachte Aussagen streichen. Universitätssprecher Beat Müller bestätigt, dass man Mörgeli zum Schweigen angehalten hat: «Für alle Mitarbeitenden der Universität gilt eine arbeitsrechtliche Loyalitätspflicht, gemäss der öffentliche Angriffe gegenüber Mitarbeitenden und Vorgesetzten zu unterlassen sind.»

Was ist passiert? Am Montag hat der «Tages-Anzeiger» massive Kritik an Mörgeli als Konservator des Medizinhistorischen Museums und Professor publik gemacht. Die Zeitung zitierte aus dem Jahresbericht 2011 von Mörgelis neuem Vorgesetzten, Professor Flurin Condrau. Das Museum sei veraltet, die Objektsammlung werde seit Jahren nicht professionell betreut. Und er warnt vor «ethischem, rechtlichem und wissenschaftlichem Schaden» für die Uni. Kritisiert wird auch die Lehrtätigkeit des Titularprofessors mit einem Jahresgehalt von 105 000 Franken: Die Vorlesungen zur Medizinischen Museologie würden mangels Studierender nicht gehalten. Der Bericht wird von der Universität zurückgehalten, weil er laut Medienmitteilung vom Mittwoch «Passagen enthält, welche die Persönlichkeitsrechte tangieren».

Klage angedroht

Mörgeli sieht sich als Mobbingopfer. «Teile des Instituts und die Medien» würden eine Kampagne führen, sagte er noch am Donnerstag. Er erwarte, dass die Universität ein Disziplinarverfahren gegen Condrau wegen Persönlichkeitsverletzung anstrenge, sonst fasse er selber eine Klage ins Auge. Schützenhilfe erhält er vom Zürcher FDP-Kantonsrat Hans-Peter Portmann, Präsident der Aufsichtskommission Bildung und Gesundheit, die auch die Oberaufsicht über die Universität hat. Die Kommission werde zwar nicht einschreiten, doch müsse «man sich die Frage stellen, ob hier die Persönlichkeitsrechte verletzt wurden».

Am Freitag teilt die Universität dennoch mit, sie habe «keinen Anlass, gegen Professor Condrau irgendein Verfahren einzuleiten». Hingegen sei seit November 2011 «eine ausserordentliche Leistungsbeurteilung der Tätigkeit von Professor Mörgeli im Gange». Das Verfahren dürfte bis Oktober abgeschlossen sein, dann will die Universität auch den Akademischen Bericht veröffentlichen. Ob Mörgeli die angekündigte Klage gegen seinen Vorgesetzten einreichen wird, darf er aufgrund des verordneten Redeverbotes nicht sagen. In der Zwischenzeit gehen auch Berufskollegen auf Distanz. Sie wollen Mörgeli an der nächsten Generalversammlung aus der Schweizerischen Gesellschaft für Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften (SGGMN) ausschliessen, sollte er nicht von sich aus austreten. Hintergrund ist ein Schlagabtausch zwischen den Professoren Hubert Steinke (Bern), Vincent Barras (Lausanne) und Mörgeli. Steinke und Barras sagten, Mörgeli sei in den wissenschaftlichen Debatten nicht präsent und «kein aktives Mitglied unseres Fachs». Daraufhin stellte Mörgeli seine Kollegen indirekt in die linke politische Ecke, indem er sagte: «Ich bin kein Sozialhistoriker, das ist eine linksgerichtete Schule.» Barras, Steinke und SGGMN-Präsident Hans-Konrad Schmutz werfen Mörgeli nun eine «üble Vermischung von wissenschaftlichen Standards und politischen Interessen» vor.

Neues Konzept in Arbeit

So brisant die Vorwürfe im jüngsten akademischen Bericht sind, neu ist die kritische Situation von Museum und Sammlung nicht. Bereits in früheren Berichten wurde auf die «prekäre Situation» (2006) hingewiesen. 2008 erging die «dringende Empfehlung, eine Archivfachperson einzustellen». Immer wieder wurde beklagt, Mörgelis Institut werde zu wenig Geld und Personal zur Verfügung gestellt. Schon letztes Jahr hat Condrau einen externen Museumsberater damit beauftragt, die Situation zu analysieren und Lösungen vorzuschlagen.

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