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Erkältungswelle in Deutschland Warum derzeit so viele Menschen krank sind

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Deutschland schnieft, niest und hustet - gefühlt sind gerade alle krank.

Deutschland schnieft, niest und hustet - gefühlt sind gerade alle krank.

(Foto: picture alliance / dpa Themendienst)

Halsschmerzen, Husten, Schnupfen: Die Erkältungswelle hat Deutschland fest im Griff. Sieben Millionen Menschen plagen sich aktuell mit einer Atemwegserkrankung herum - deutlich mehr als vergangenes Jahr zu dieser Zeit. Woran das liegt, erklärt ein Mediziner.

Ob in der S-Bahn, an der Supermarktkasse oder in der Arztpraxis, überall wird geschnieft und gehustet. Zugleich sind viele Büros wie leer gefegt - so hoch ist der Krankenstand aktuell. Und wenn man nicht gerade selbst mit einer Erkältung flachliegt, so mit Sicherheit jemand aus dem nahen Umfeld.

Dass dies nicht nur subjektives Empfinden ist, belegen Zahlen des aktuellen ARE-Wochenberichts des Robert-Koch-Instituts (RKI). Demnach hatten in der letzten Oktoberwoche mehr als sieben Millionen Menschen typische Erkältungssymptome wie Husten, Schnupfen, Fieber und Halsschmerzen. Das entspricht 8500 Atemwegserkrankungen pro 100.000 Einwohner. Für diesen Zeitraum ist das der höchste Wert seit Beginn der Datenreihe im Jahr 2011.

In Proben, die von Ärzten zu Laboren geschickt wurden, fanden sich dem RKI zufolge vor allem Coronaviren und Rhinoviren - letztere sind klassische Erkältungserreger. Erstmals in diesem Jahr haben Coronaviren die Rhinoviren als Hauptverursacher von Atemwegserkrankungen abgelöst. Fast ein Viertel der Infekte geht auf Sars-CoV-2 zurück. Die Grippe verbreitet sich laut den Daten dagegen noch nicht in Deutschland.

Der "Rebound-Effekt" ist schuld

Die ungewöhnlich hohen Zahlen sind Dr. Christoph Specht zufolge unter anderem auf den sogenannten "Rebound-Effekt" zurückzuführen: Kontaktbeschränkungen und Hygienemaßen hätten in der Pandemie viele Infektionen verhindert, sagt der Allgemeinmediziner und Medizinjournalist ntv. Das Immunsystem sei dadurch auf Sparflamme gelaufen. "Normalerweise haben wir jedes Jahr Kontakt mit den unterschiedlichsten Viren", so der Experte. "Wir infizieren uns und unser Immunsystem bekämpft sie für uns - und dann sind wir erst einmal wieder 'geboostert', sprich immun." Dieser Effekt sei in den Corona-Jahren ausgeblieben.

Das müsse aber nicht die einzige Ursache für die starke Infektionswelle sein, sagt Specht. Neben der aktuellen wirtschaftlichen Lage, die statistisch zu mehr Krankmeldungen führe, könnte es auch an einer geschärften Wahrnehmung in Bezug auf Krankheiten liegen. "Wir sind heute, nach der Corona-Pandemie, viel feinfühliger und aufmerksamer, hören eher und früher auf unseren Körper", erklärt der Mediziner. Was er damit meint: Wer früher mit laufender Nase zur Arbeit gegangen ist, meldet sich heute vielleicht eher krank.

Keine Panik, aber Vorsicht

Wie sich die Infektionswelle in den nächsten Wochen und Monaten entwickelt, ist nur schwer vorauszusagen. Dem RKI zufolge hängt das davon ab, ob und wann weitere Erreger wie das Atemwegsvirus RSV oder auch Grippeviren dazu kommen - und ob die bisher zirkulierenden Viren dann bleiben oder eher abgelöst werden.

Panik vor einer dramatischen Krankheitswelle sollte trotz aktuell hoher Zahlen nicht aufkommen, beruhigt Specht. "Ich sehe hier überhaupt keinen Grund zur Sorge - und das RKI auch nicht." Wer die Zahlen des RKI genauer betrachtet, der erkenne, dass es im vergangenen Jahr gegen Jahresende eine deutlich höhere Inzidenz gegeben habe, erklärt der Mediziner. Es könne gut sein, dass diese Welle, die im vergangenen Jahr später begann, diesmal einfach früher einsetzt.

Dennoch raten Experten, sich vor den Viren zu schützen und vor allem schwere Krankheitsverläufe zu vermeiden. "Egal, über welches Virus wir reden, ein Mund-Nasen-Schutz hilft gegen alle Nasen-Rachen-Viren gleichzeitig", sagt Ulf Dittmer, Direktor des Instituts für Virologie an der Universitätsmedizin Essen, der "Frankfurter Rundschau". Zudem sollten sich Menschen über 60 Jahre gegen Corona und Grippe impfen lassen.

Quelle: ntv.de

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