Fußball

Letztes K.-o.-Spiel war 2006 Der WM-Horror hält Italien im Klammergriff

Abpfiff. WM-Quali (vorerst) verspielt.

Abpfiff. WM-Quali (vorerst) verspielt.

(Foto: dpa)

Strahlender Europameister, Rekord-Nichtverlierer - und möglicher Zuschauer bei der Fußball-WM in Katar. Das alles ist Italien. Die Squadra Azzurra versemmelt im letzten Moment die bereits sicher geglaubte Qualifikation, muss nun in den Playoffs ran. Eine ganze Nation hat ein furchtbares Déjà-vu.

Es ist kein halbes Jahr her, da zeigte Italien ganz Europa, wie man erfolgreich Fußball spielt. Nicht erst bei der Europameisterschaft, sondern schon auf dem Weg dorthin. Vorn beständig treffen, hinten einfach keine Tore mehr kassieren. Das Team von Nationaltrainer Roberto Mancini zog es durch, die Squadra Azzurra begeisterte mit ihrer Zielstrebigkeit, mit ihrem absoluten Siegeswillen. Sie trug sie bis zum EM-Titel. Am Abend des 11. Juli konnte Giorgio Chiellini den Pokal in den Londoner Himmel recken. Nach einem nervenaufreibenden Elfmeterschießen gegen den Gastgeber England, in dem Keeper Gianluigi Donnarumma zum Helden des EM-Finals avancierte.

Die Euphorie hielt an. Zumindest einige Monate, einige erfolgreiche Monate. Doch plötzlich das bittere Erwachen. "Wembley ist eine ferne Erinnerung", heißt es bei der "Gazzetta dello Sport". Die Teilnahme an der Weltmeisterschaft ist in akuter Gefahr, das nächste Mal nach 2018. Die direkte Qualifikation verpasst. Weil es gegen Nordirland im letzten Spiel der Gruppe C nur zu einem 0:0 reicht - und die Schweiz im Parallelspiel mit 4:0 gegen Bulgarien siegt und damit an Italien vorbeizieht.

Die Sensation hatte sich angedeutet. Italien hatte nachgelassen, nach vielen Monaten des Surfens auf der Erfolgswelle. Am 26. Juni, im EM-Achtelfinale gegen Österreich, war die Bastion gefallen. Nach 1168 Minuten hatte Donnarumma wieder einen Gegentreffer hinnehmen müssen. Am Erfolg änderte das nichts. Am 5. September war es dann sogar so weit: Weltrekord. 36 Spiele in Folge ungeschlagen. Das hatte noch keine Nation geschafft. Ein 0:0 gegen die Schweiz reichte den Italienern. Es folgte ein 37. Spiel mit einem satten 5:0 gegen Litauen - doch dann riss die Serie. Im Halbfinale der Nations League siegte Spanien mit 2:1.

Zwar reichte es zu Platz drei in dem ungeliebten Turnier, doch Italien hatte irgendwo zwischen EM, WM-Qualifikation und Nations League offenbar das Siegergen, den Schwung verloren. In den letzten fünf WM-Qualifikations-Partien gab es vier Remis und nur einen Sieg. Vor allem die zwei Unentschieden gegen die Schweiz wiegen schwer. Jeweils hatte "Europas Fußballer des Jahres", Jorginho, einen Elfmeter verschossen. Nun feiert die Schweiz.

"Jetzt stecken wir in diesem Schlamassel"

Und Italien? Ist völlig konsterniert. "Jetzt stecken wir in diesem Schlamassel, weil wir eine Gruppe weggeworfen haben, die wir eigentlich schon sicher hatten", sagte Mancini. Innenverteidiger Leonardo Bonucci urteilte: "Nach der Europameisterschaft hat sich etwas verklemmt, wir müssen diesen Geist wiederfinden." Und gab seinem Team zugleich Aufgaben auf: "Wir müssen unsere Batterien für den März wieder aufladen. Wir müssen das Gleichgewicht, die Entschlossenheit und vor allem die Unbekümmertheit der Europameisterschaft wiederfinden."

Die Zeitung "Tuttosport" titelt: "Was für eine Enttäuschung!" Und im ganzen Leid denkt die "Gazzetta dello Sport" schon weiter: "Zwischen uns und Doha liegt der Albtraum CR7." Die Sorgen sind berechtigt, denn der Umweg über die Playoffs, die im März ausgespielt werden, wird definitiv kein leichter. Es ist das Sammelbecken illustrer Nationen und noch glamouröserer Starspieler. Neben Cristiano Ronaldo und seinem Portugal, die nach der Last-Minute-Pleite gegen Serbien dabei sind, mischen auch Polen mit Weltfußballer Robert Lewandowski und Zlatan Ibrahimovic mit Schweden mit. Nur drei Teams buchen am Ende noch das Ticket nach Katar. "Wenn wir uns qualifizieren wollen, gibt es jetzt zwei Spiele", schreibt die "Gazzetta dello Sport" weiter. "Und die Aussicht auf ein Endspiel gegen CR7s Portugal oder Ibras Schweden in Lissabon und Stockholm, bei dem es um alles oder nichts geht. Das kann passieren, ja."

Italien steht wieder da, wo es 2017 bereits steckengeblieben war. In den vermasselten Playoffs. Schweden hatte nach Hin- und Rückspiel mit 1:0 gewonnen, durfte nach Russland fahren, während Italien nach dem WM-Titel 2006, und den beiden Vorrunden-Aus 2010 sowie 2014, 2018 erst gar nicht dabei war. Das letzte K.-o.-Spiel der Italiener bei einer Weltmeisterschaft ist damit tatsächlich das WM-Finale von 2006, mehr als 15 Jahre her. Für eine so große Fußball-Nation wie Italien ist das eine mächtige Schlappe. Erst recht, sollte diese Serie noch länger anhalten.

Als Trainer hat Mancini selbstredend die Aufgabe, die Motivation hochzuhalten. "Wir müssen ruhig bleiben. Wir haben immer noch die Chance, es zu schaffen. Das ist das Wichtigste." Er behauptete trotz des drohenden Déjà-vus, er sei "zutiefst zuversichtlich". Und ging sogar noch weiter: "Wir werden zur Weltmeisterschaft fahren und sie vielleicht sogar gewinnen." Diese Aussage hat er ohne Absprache mit Ronaldo, Ibrahimovic und Lewandowski getätigt.

Quelle: ntv.de

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