Leben

Schamgefühl bei jungen Mädchen Erster Frauenarzt-Besuch muss keine Angst machen

Gynäkologischer Stuhl in einer Frauenarztpraxis: Sich dort zwecks Untersuchung raufzusetzen, macht manchen ein mulmiges Gefühl.

Gynäkologischer Stuhl in einer Frauenarztpraxis: Sich dort zwecks Untersuchung raufzusetzen, macht manchen ein mulmiges Gefühl.

(Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild)

Der erste Besuch in einer Frauenarztpraxis ist vielen jungen Mädchen unangenehm. Schließlich geht es hier um den Intimbereich und um Dinge wie Sexualität und Liebesleben. Sich vor Fremden ausziehen - auch das ist nicht für alle leicht. Was sollten Eltern und Töchter vorher wissen?

Diese Nachricht dürfte viele junge Mädchen aufatmen lassen: "Meistens kommt es beim ersten Besuch bei der Frauenärztin noch zu keiner Untersuchung auf dem Stuhl", sagt die Gynäkologin Doris Scharrel. "Die jungen Frauen lernen die Frauenärztin und das Behandlungszimmer kennen, stellen Fragen zur Empfängnisverhütung oder lassen sich die Pille verschreiben."

Dieser erste Kontakt findet häufig in einer speziellen Teenager-Sprechstunde statt. Und er ist wichtig, da er die Ärztin oder den Arzt und die Praxis greifbar macht - und somit die Ängste etwas kleiner werden lässt. Denn viele junge Frauen haben Ängste. Oder zumindest ein mulmiges Gefühl. Tut die Untersuchung auf dem Stuhl weh? Muss ich Details über mein Liebesleben offenlegen? "Den Mädchen schon im Vorfeld der Erstuntersuchung die Angst zu nehmen, ist sehr wichtig", sagt auch Astrid Meßmer (Name von der Redaktion geändert*). Sie bietet Onlineberatungen für die Bundeskonferenz für Erziehungsberatung (BKE) an.

Darunter gibt es auch den "Themenchat mit Dr. Gyn", bei dem Teilnehmerinnen all ihre Fragen einer Frauenärztin stellen können. "Das hilft, Berührungsängste abzubauen und den Jugendlichen zu zeigen, dass Frauenärztinnen offen und zugänglich, aber gleichsam diskret sind", sagt Meßmer. Solche Angebote können also auch helfen, Ängste abzubauen. Und das, bevor überhaupt der erste Termin bei der Frauenärztin ausgemacht ist.

Zeitpunkt ist selbstbestimmt

In einer gynäkologischen Praxis geht es auch um Krebsvorsorge, zum Beispiel gegen Brustkrebs.

In einer gynäkologischen Praxis geht es auch um Krebsvorsorge, zum Beispiel gegen Brustkrebs.

(Foto: Monique Wüstenhagen/dpa-tmn)

Apropos Termin: Den Zeitpunkt des ersten Besuchs bei der Gynäkologin bestimmen junge Frauen selbst. Zumindest, wenn es keine akuten Beschwerden gibt, die einen Frauenarztbesuch notwendig machen. Viele kümmern sich um einen Termin, wenn sie zum ersten Mal einen Freund oder eine Freundin haben.

"Die allermeisten jungen Frauen kommen alleine oder mit einer Freundin in die Praxis", sagt Gynäkologin Doris Scharrel. "Und das ist auch okay und völlig normal so." Eltern sollten das daher akzeptieren. "Sexualität ist ein Thema, das man in diesem Alter eher mit einer Freundin bespricht."

Rezept für die Pille: unter 14 nur mit Erlaubnis

Ebenfalls gut zu wissen für junge Frauen: Ihre Daten und Befunde werden vertraulich behandelt und nicht ohne Zustimmung weitergegeben. Bei der Verordnung der Pille brauchen Unter-14-Jährige allerdings in aller Regel die Zustimmung der Eltern.

Mädchen zwischen 14 und 16 Jahren können sich Verhütungsmittel auch ohne Einwilligung der Eltern verschreiben lassen. Zumindest, wenn die Frauenärztin sich sicher ist, dass die Patientin die Aufklärung verstanden hat und sich der Bedeutung und Tragweite der Entscheidung bewusst ist. Ist das nach Einschätzung der Ärztin nicht der Fall, braucht es weiterhin die Einwilligung der Eltern.

Sex zu verbieten, bringt nichts

Der erste Besuch bei der Gynäkologin ist aber nicht nur für die jungen Frauen ein Thema. Sondern oft auch für ihre Eltern. Dass Eltern ihren Töchtern Sex verbieten, ist laut Frauenärztin Scharrel allerdings nicht hilfreich. Nur allein durch die Verschreibung der Pille würden junge Frauen nicht eher Sex haben.

"Als hilfreich erachte ich es immer, wenn Eltern den Fragen ihrer Kinder gegenüber offen reagieren, mit ihnen sprechen, wenn die Töchter das möchten, aber sich auch zurückziehen, wenn das Gegenteil der Fall ist", sagt Astrid Meßmer von der BKE-Jugendberatung. Das gilt auch, wenn Kinder beispielsweise beim Thema Verhütung eine Entscheidung treffen, die man als Elternteil nicht unterstützt.

Sensibilität bei Missbrauchserfahrungen

Besonders viel Sensibilität ist - auch von Seiten der Eltern - in einem Fall gefragt. "Für Mädchen und junge Frauen mit sexueller Missbrauchserfahrung stellt der Besuch bei der Gynäkologin noch einmal eine ganz andere Hürde dar", so die Jugendberaterin Meßmer.

"Sie haben oft große Vorbehalte, sich anfassen zu lassen und berichten, dass es ihnen sehr hilft, wenn bei einem ersten Termin nur ein Gespräch geführt wird." Hier zählt also eines: den Druck rausnehmen.

Was bei der ersten Untersuchung passiert

Doch was passiert überhaupt bei der ersten gynäkologischen Untersuchung, die meistens innerhalb eines Jahres nach dem ersten Besuch in der Praxis ansteht? Dabei werden zum Beispiel zur Krebsfrüherkennung die Brüste abgetastet. Auch ein Vaginalabstrich ist Teil der Untersuchung. So kann der Gynäkologe oder die Gynäkologin zum Beispiel feststellen, ob eine Pilzinfektion vorliegt.

Ab einem Alter von 20 Jahren haben junge Frauen einen Anspruch auf einen jährlichen Pap-Test zur Krebsvorsorge. Das ist ein Abstrich des Gebärmutterhalses und des Muttermundes, der klären kann, ob sich Zellen dort auffällig verändert haben.

Etwas Langes anzuziehen, kann helfen

Ein Tipp, um sich beim Weg auf den Stuhl dann weniger nackt zu fühlen: ein langes Oberteil oder Kleid anziehen.

Mehr zum Thema

Wenn junge Frauen ihre Periode bereits haben, werden sie nach deren Eintreten und nach dem Beginn der letzten Regelblutung gefragt. Außerdem nach Beschwerden bei der Blutung sowie nach Länge und Regelmäßigkeit des Zyklus. Auch das Thema HPV-Impfung kommt zur Sprache. Sie schützt vor Humanen Papillomviren (HPV), die verschiedene Krebsformen und seine Vorstufen im Körper verursachen können.

*Der Name der BKE-Onlineberaterin wurde auf eigenen Wunsch hin geändert. Ihr richtiger Name liegt der dpa-Redaktion vor.

Quelle: ntv.de, Lorena Simmel, dpa

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