Analyse zum Hinterschlund
Stadt Luzern misst bei Zwischennutzungen mit ungleichen Ellen

Im Inseli gibt’s Geld, beim Hinterschlund wird einkassiert – eigentlich müsste es genau umgekehrt sein.

Simon Mathis
Simon Mathis
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Das Areal Hinterschlund in der Nähe des Pilatusmarktes Kriens liegt seit Jahren brach. In jüngster Zeit sind hier mehrere Projektideen gescheitert: Das angedachte kantonale Asylzentrum ist vom Tisch, und ein Carparking hat das Krienser Parlament versenkt. Anfang Jahr schliesslich hat die Stadt Luzern eine Zwischennutzung ausgeschrieben. Diese ist nun aber überraschend ebenfalls gescheitert, da offenbar keines der beiden vorgeschlagenen Projekte überzeugt hat.

Die unmittelbare Zukunft des Areals Hinterschlund ist so ungewiss wie eh und je.

Die unmittelbare Zukunft des Areals Hinterschlund ist so ungewiss wie eh und je.

Bild: Jakob Ineichen (Kriens, 25. 8. 2022)

Eines der beiden Dossiers wurde von den Bewohnerinnen und Bewohnern eingereicht, die seit 2021 in Bauwagen auf dem Areal leben. Ihnen schwebte folgendes vor: ein jährliches Musikfestival etwa, eine kleine Bar oder Imbissbude, ein Abenteuerspielplatz oder eine Plattform zur Tier- und Naturbeobachtung.

Solche Ideen hätten zwar das Potenzial, die Brache zu beleben. Doch die Stadt hätte sich angreifbar gemacht, wenn sie das Projekt einer Gruppe bewilligt hätte, die sich ursprünglich illegal auf dem Areal niedergelassen hat und die auch heute lediglich geduldet wird.

Dass jetzt jegliche Zwischennutzung gescheitert ist, liegt aber auch an den abenteuerlichen Vorgaben, die im Vorfeld formuliert wurden. Diese sehen nämlich einen Ausschluss jener Bewerber vor, die der Stadt nicht eine jährliche «Entschädigung» von mindestens 50’000 Franken zahlen können. Auf diesem peripheren Gebiet ohne vorhandene Infrastruktur kann allerdings nur mit erheblichen Investitionen ein Gewinn erwirtschaftet werden. Noch nicht einmal Strom- und Wasseranschluss gibt es hier.

Die Zwischennutzung auf dem Inseli erhält finanzielle Unterstützung von der Stadt Luzern.

Die Zwischennutzung auf dem Inseli erhält finanzielle Unterstützung von der Stadt Luzern.

Bild: Urs Flüeler/Keystone (Luzern, 1. 7. 2023)

Bei der kürzlich eröffneten Zwischennutzung Inseli ist die Situation gerade andersherum: Dort fordert die Stadt Luzern von den Betreibern nicht nur keine Entschädigung ein, sondern gibt ihnen sogar 80’000 Franken – und das an einem Ort, der ungleich zentraler und einfacher zu bespielen ist. Logisch betrachtet müsste es eher umgekehrt sein. Wieso wird ein hoch frequentierter und wirtschaftlich attraktiver Ort subventioniert, während man für eine Zwischennutzung am Stadtrand sogar noch Geld drauflegen muss? Es ist wohl kein Zufall, dass für das Inseli sieben Projekte eingingen und für den Hinterschlund nur zwei.

Die Stadt schreibt, sie sei dazu verpflichtet, das öffentliche Eigentum «möglichst sicher, ertragbringend und realisierbar» anzulegen. Doch das finanzielle Risiko, das sie mit einer Zwischennutzung eingegangen wäre, wäre gering gewesen. Hinzu kommt, dass die Stadt bisher so gut wie gar keinen Ertrag aus dem Areal erzielt hat.

Offenbar hat der Hinterschlund für die Stadt Luzern keine besonders hohe Priorität. Jedenfalls hat sie das Areal in der Vergangenheit stiefmütterlich behandelt. Das ist insofern zu erklären, als sich das Grundstück auf Krienser Boden befindet. Eine Aufwertung dieses Areals mit Geld von Stadtluzerner Steuerzahlenden scheint politisch nicht gerade opportun. Ein Verkauf des Grundstücks ist ebenfalls nicht möglich – die angenommene Bodeninitiative verbietet dies.

Langfristig ist geplant, im Hinterschlund Wohnungen und Arbeitsplätze zu schaffen. Die Zwischennutzung hätte «Impulse in diese Richtung» liefern sollen, wie die Stadt auf Anfrage schreibt. Das ist eine seltsame und unklare Vorgabe. Eine Zwischennutzung ist schliesslich kein Vorprojekt für eine spätere Überbauung. So verdichtet sich der Eindruck, dass die Stadt Luzern auf einem Stück Land sitzen geblieben ist, von dem sie offenbar nicht so recht weiss, was sie damit anfangen soll.