Scheidungskrieg
«Noch 10 bis 15 Jahre»: Silvio Berlusconi gesteht seine Endlichkeit

Der niemals alternde Latin Lover Berlusconi muss sein Image korrigieren - des Geldes wegen. Denn seine Lebenserwartung ist massgeblich für die Abfindung für seine Ex-Gattin Veronica Lario.

Dominik Straub, Rom
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Je tiefer die Lebenserwartung, desto weniger Alimente muss Berlusconi seiner Ex-Frau Veronica Lario zahlen.

Je tiefer die Lebenserwartung, desto weniger Alimente muss Berlusconi seiner Ex-Frau Veronica Lario zahlen.

Keystone

Es ist wohl, wie die Turiner Zeitung «La Stampa» schreibt, «der schwerste Schlag, den Veronica ihrem Ex-Gatten Silvio je versetzt hat». Denn Silvio Berlusconi sieht sich in seinem Scheidungsprozess plötzlich gezwungen, von seinem Traum der ewigen Jugend Abschied zu nehmen.

Der 78-jährige Ex-Premier, erklärten seine Anwälte im Namen ihres Mandanten diese Woche vor der Scheidungsrichterin Anna Maria Di Oreste, befinde sich im Herbst seines Lebens. Dem mehrfachen früheren italienischen Regierungschef seien hienieden mit etwas Glück noch 10, vielleicht 15 Jahre vergönnt.

Unsterblichkeit wäre sehr teuer

Ein solches Eingeständnis ist hart für einen Mann, der ein Leben lang sein Image als niemals alternder Latin Lover gepflegt, der grosse Summen für Schönheitsoperationen und Haartransplantationen ausgegeben und dem sein Leibarzt noch vor wenigen Jahren attestiert hatte, «technisch gesehen beinahe unsterblich zu sein».

Aber Berlusconi blieb nichts anderes übrig, als dem Gericht und sich selber seine Endlichkeit einzugestehen: In dem mit allen Mitteln geführten Scheidungskrieg zwischen ihm und seiner Ex-Gattin Veronica Lario geht es inzwischen auch um die Lebenserwartung.

Und je tiefer diese ist, desto besser für ihn – zumindest finanziell gesehen.

Das liegt daran, dass die beiden Ex-Ehepartner anstelle des von Berlusconi bisher an Lario bezahlten monatlichen Unterhalts von 1,4 Millionen Euro (46000 Euro pro Tag) nun eine Einmal-Abfindung anstreben. Dies würde für beide Seiten mehr Planungssicherheit bedeuten, und auch die künftige Aufteilung des Erbes an die fünf Kinder, von denen drei Berlusconis zweiter Ehe mit Veronica entstammen, würde einfacher. Zudem ist auch noch die neue Verlobte des Ex-Cavaliere, die 49 Jahre jüngere Francesca Pasquale, zu berücksichtigen: Sie will dereinst ebenfalls versorgt sein.

Halbe oder Viertelmilliarde?

Die zentrale Frage bei der Alles-auf-einmal-Lösung besteht darin, wessen Lebenserwartung für die Berechnung herangezogen wird. Die 59-jährige Veronica vertritt den Standpunkt, dass sie ein Recht darauf habe, ihren bisherigen Lebensstil bis an ihr Lebensende weiterzuführen, also statistisch gesehen noch während etwa 30 Jahren.

Multipliziert mit dem aktuellen Monatsunterhalt ergäbe dies summa summarum eine halbe Milliarde Euro. Berlusconi findet dies überzogen und verlangt, das Gericht möge von seiner eigenen, wesentlich tieferen Lebenserwartung ausgehen. Bei einer Rest-Lebensdauer von 10 bis 15 Jahren käme man auf einen Betrag von 170 bis 250 Millionen Euro.

Der Scheidungskrieg zwischen Berlusconi und seiner Ex-Gattin hatte im Frühsommer 2009 begonnen. Nach dem Auffliegen der sogenannten Noemi-Affäre hatte Veronica den damaligen Premier vor die Türe gesetzt mit der Begründung, sie könne «nicht mit einem Mann zusammenbleiben, der mit Minderjährigen verkehrt».

Im Februar 2014 wurde das Paar geschieden, nun müssen noch die finanziellen Belange einer definitiven Lösung zugeführt werden.

Das Problem: Für die angestrebte Einmal-Abfindung kennt die italienische Gesetzgebung keine Regelung. Dem Gericht steht nun ein heikler Entscheid bevor: Bei der Festlegung eines zukünftigen Todeszeitpunkts lässt es sich leicht abergläubisch werden.