Italien
Berlusconi: «Elf Mädchen standen Schlange, ich schaffte nur acht»

Neue Enthüllungen über Berlusconis Sexleben haben einen Chor von Rücktrittsforderungen ausgelöst. Nur für den Premier selbst scheint das Mass immer noch nicht voll zu sein.

Dominik Straub, Rom
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«Du bringst deine, ich meine, dann tauschen wir», erklärte Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi in einem abgehörten Telefongespräch mit seinem früheren Mädchenbeschaffer Gianpaolo Tarantini. Gemeint hatte der Premier junge Frauen.

Das Protokoll hatten die italienischen Medien dem angewiderten Publikum am Wochenende serviert – neben unzähligen anderen. Allein der «Corriere della Sera» publizierte vier volle Seiten – mit dem Hinweis, dass die vulgärsten Textstellen gestrichen worden seien.

«In der Freizeit Ministerpräsident»

Es reichte auch so. In einem weiteren Gespräch erzählte Berlusconi Tarantini, dass am Abend zuvor «elf Mädchen vor meinem Schlafzimmer Schlange standen. Acht habe ich geschafft, mehr war nicht möglich.» Dem Showsternchen Marysthell Polanco, das sich bei ihm darüber beschwerte, dass er in letzter Zeit so wenig Zeit für sie habe, erklärte Berlusconi, dass er eben «in meiner Freizeit auch noch den Ministerpräsidenten gebe».

Die Abhörprotokolle wurden garniert mit der Bestätigung, dass Berlusconi seine Callgirls mit Regierungsjets fliegen liess, sowie mit den Aussagen einiger Mädchen, dass der Presidente auch gern zwei oder drei Mädchen gleichzeitig in seinem Bett gehabt habe.

Die neuen Enthüllungen haben in den Reihen der Opposition einen Aufschrei der Empörung und ein Stakkato von Rücktrittsforderungen ausgelöst. «Was hier vorgeht, ist eine Erniedrigung ganz Italiens», erklärte Pierluigi Bersani, Chef des Partito Democratico und damit der grössten Oppositionskraft.

Berlusconi ist «unwürdig»

Der Sprecher der Partei Italien der Werte, Leoluca Orlando, bezeichnet Berlusconi als «unwürdig» und betonte, dass sich das Land in der aktuellen Krise keinen «Freizeit-Premier» leisten könne. Andere Oppositionspolitiker sprachen von «Porno-Politik» und fragten sich, wie tief Berlusconi eigentlich noch sinken wolle, bis er den Hut nehme.

Die neuen Abhörprotokolle stammen aus dem Verfahren wegen Zuhälterei gegen Tarantini, der Berlusconi für dessen Privatpartys im Jahr 2009 Dutzende von jungen Frauen, TV-Sternchen und Callgirls bereitgestellt hatte. Wirklich neu ist die Affäre also nicht, auch nicht der grosse sexuelle Appetit des knapp 75-jährigen Berlusconi auf junge Frauen: Seine ehemalige Frau Veronica Lario hatte ihren Ex-Gatten schon als «krank» bezeichnet, nachdem im Mai 2009 dessen Beziehung zur knapp 18-jährigen Schülerin Noemi publik wurde.

Neu ist dagegen die dramatische wirtschaftliche Situation Italiens, das im Sommer ins Visier der Finanzmärkte geraten ist. Die Regierung musste auf Druck der EU in aller Eile zwei milliardenschwere Sanierungspakete verabschieden – während der Premier offenbar von einer Erpressung Tarantinis und eines weiteren dubiosen Geschäftsmanns abgelenkt wird.

Der «Corriere della Sera» schrieb von einem «dramatischen Epilog einer Ära». Denn letztlich glaubt in Rom nur noch einer daran, dass diese Regierung das Ende der Legislatur im Frühling 2013 erreichen wird: Silvio Berlusconi. Der Premier liess gestern durch seinen treuesten Vasallen, PDL-Sekretär Angelino Alfano, verlauten, dass er «nicht daran denke, zurückzutreten».