Vollgesaugt fast bis zum Platzen: zwei ursprünglich gleich große Blutegel vor und nach der Blutaufnahme.

Foto: Sarah Lemke

Greifswald – Blutegel können extrem lange ohne Nahrungsaufnahme auskommen – kein Wunder, in der Natur bietet sich nicht ständig die Gelegenheit, ein Wirtstier zu erwischen. Deshalb saugen sie sich bis zum Anschlag voll, speichern das Blut in ihrem Körper und können davon bis zu ein Jahr lang zehren.

Zur Blutabnahme bitte

Forscher der Universität Greifswald wollten wissen, ob sich Egel ganz auf einen derart langen Nahrungszyklus eingestellt haben oder ob sie auch schneller wieder "einsatzbereit" wären. Das betrifft primär die Substanzen im Speichel, die die Egel in die Bisswunde abgeben und die die Schmerzempfindung beim Wirtstier herabsetzen und die Blutgerinnung verhindern – was ein langes Saugen erlaubt. Im Verlauf einer Stunde kann ein Egel so, wenn unentdeckt, bis zum Fünffachen seiner Masse an Blut aufnehmen.

Diese Substanzen im Speichel werden in einzelligen Drüsen des Blutegels hergestellt und in Vorratsbehältern der Drüsenzellen gespeichert, die dann während des Saugaktes vollständig entleert werden. Es war bisher unbekannt, ob der Egel mit der Neusynthese dieser Speichelproteine wartet, bis sein gespeicherter Wirtsblutvorrat nahezu erschöpft ist oder ob er für den Fall der Fälle sofort nach der Entleerung der Drüsenzellen neue Proteine produziert.

Raschestmöglich wieder in Lauerstellung

Um diese Frage zu klären, haben Sarah Lemke, Christian Müller und Jan-Peter Hildebrandt von der Uni Greifswald den Füllungszustand der Drüsenzellen von Mediterranen Medizinischen Blutegeln (Hirudo verbana) vor, unmittelbar nach und bis zu drei Wochen nach der Nahrungsaufnahme mithilfe histologischer, proteinbiochemischer und molekularbiologischer Techniken bestimmt. Sie fanden heraus, dass die vor der Nahrungsaufnahme noch prall gefüllten Vorratsbehälter der Drüsenzellen unmittelbar nach der Fütterung des Blutegels quasi kollabieren.

Schon innerhalb etwa einer Woche nach der Nahrungsaufnahme sind sie jedoch wieder vollständig gefüllt. Proteinuntersuchungen in Extrakten aus dem Drüsengewebe und Untersuchungen der mRNA-Gehalte einer der Blutgerinnungssubstanzen, des Hirudins, bestätigten, dass die Synthese der Speicheldrüsenproteine und die Wiederbefüllung der Vorratsbehälter der Drüsenzellen so schnell wie möglich abgeschlossen werden.

Die Resultate dieser Arbeit zeigen, dass Blutegel als opportunistische Parasiten biologisch sehr gut darauf vorbereitet sind, sich keine Gelegenheit zur Aufnahme von Wirtsblut entgehen zu lassen, resümieren die Forscher. (red, 8. 5. 2016)