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Zoff vor dem BundeshausWie die Klimajugend mit Ansage Bern überrumpelt

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Geplant sind diverse Workshops, Yogastunden und Demos.
Im Plenum beraten die Klimaaktivisten, wie es in den nächsten Tagen weitergehen soll.
Droht bald die Räumung? Die Klimabewegung besetzt unter dem Motto «Rise Up For Change» den Bundesplatz.

Übernachtet haben sie in der Grossen Halle der Reitschule, um 4.30 Uhr ging es dann auf den Bundesplatz, wo sie direkt vor dem Bundeshaus ihr Basislager errichtet haben. Seither besetzen die mehreren Hundert Klimajugendlichen mit Zelten und Transparenten den symbolträchtigen Ort der Bundesstadt und mischen die nationale und lokale Politik gehörig auf. Es war ein Aufruhr mit Ansage. Denn schon in den letzten Wochen haben die jungen Aktivisten für die gesamte Woche zivilen Ungehorsam angekündigt. Dieser steht unter dem Motto «Rise Up for Change».

So fand das Zeltlager auf dem Bundesplatz ohne behördliche Bewilligung statt. Dabei doppelt brisant: Im Bundeshaus tagen zurzeit National- und Ständerat. Und während Sessionen sind Kundgebungen vor dem Parlamentsgebäude verboten. So will es die Stadt Bern bereits seit Jahrzehnten.

Zelte und Schaukel anstatt Autos und Busse: Die Zufahrt zum Bundesplatz bleibt am Montagmorgen gesperrt.

Doch die Klimajugend will bleiben. Damit sorgen die Jugendlichen bereits zum Wochenanfang für reichlich Betrieb in der Bundesstadt. Der öffentliche Verkehr bleibt vorübergehend stehen. Die Aufforderung der Stadtbehörden, den Platz zu räumen, wird ignoriert; der Vorschlag, bewilligt auf der Schützenmatte zu campieren, abgelehnt. Die Präsidenten von National- und Ständerat, Isabelle Moret (FDP) und Hans Stöckli (SP), protestieren vehement bei den Regierungen von Kanton und Stadt Bern, die Marktfahrer, die am Dienstagmorgen auf dem Bundesplatz ihre Ware verkaufen wollen, drohen mit einer Klage.

Markt kann stattfinden

Immerhin: Am Dienstagmorgen früh wollen die Jugendlichen gemäss einer Abmachung mit der Stadt den Bundesplatz für den wöchentlichen Markt frei machen – zumindest mehrheitlich und temporär. Man wolle mit der Aktion keineswegs die Märit-Leute bestrafen. «Nach dem Markt werden wir alles wieder aufstellen. Wir bleiben», sagt Mediensprecherin Meret Schefer. Und zwar «wenn möglich bis Ende Woche».

Dass der Markt morgen stattfinden kann, bestätigt auch Walter Stettler, Präsident des Vereins Berner Märit. Bis auf zwei Zelte solle der Bundesplatz geräumt werden, heisst es in einer Mitteilung an die Marktfahrer. «Das ist eine Lösung», sagt Stettler, der aber trotzdem befürchtet, dass wegen der Kundgebung weniger Leute auf den Markt kommen werden. Auf die am Montagnachmittag angekündigte Schadenersatzforderung wolle man aber verzichten, insofern die Aktivisten Wort halten.

Von Graffenried unter Druck, Nause auf Botengang

Doch was, wenn die Aktivisten sich nicht an die Abmachung halten werden? Nachdem die Verhandlungen mit der Klimademo am Nachmittag gescheitert sind, erneuert die Stadt Bern am Abend in einer Medienmitteilung nach der Extra-Sitzung des Gemeinderats ihr Angebot, eine bewilligte Kundgebung zuzulassen, diesmal auf dem Waisenhausplatz. Doch verbunden mit einem Ultimatum bis Dienstagmittag. Sicherheitsdirektor Reto Nause (CVP) wird noch in der Nacht auf Dienstag mit den Aktivisten darüber sprechen. Was passiert, falls die Demonstrierenden den Bundesplatz nicht verlassen, ist allerdings unklar. Die Stadtregierung lässt dies in der Mitteilung offen. Auf eine Räumung werde vorerst verzichtet.

Weniger offen war derweil die Kritik, die die Stadtregierung insbesondere von bürgerlichen Politikern einstecken musste. Lokale Freisinnige oder SVP-Politiker schimpften ebenso wie die Nationalräte, die über oder in diesem Fall um den Bundesplatz marschieren mussten, um ins Bundeshaus zu gelangen. Der Berner FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen forderte bereits früh, die «schnellstmögliche» Räumung. Auch die Klimaprotestierenden müssten sich an das geltende Recht halten, lautete das Hauptargument. «Wir sind in einem Rechtsstaat und keine Bananenrepublik.»

Stadtpräsident Alec von Graffenried (GFL), der sich vor Ort selbst ein Bild machte, räumte zwar ein, dass die Stadt von der Aktionswoche gewusst habe. Doch man sei «vom Ausmass überrascht» worden. Je länger die Kundgebung am Nachmittag von den eintreffenden Parlamentariern zur Kenntnis genommen wurde, desto stärker wurde die Kritik. «Was du machst, ist, dein Amt zu missbrauchen für deine ideologische Überzeugung», sagte etwa der Zürcher FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann dem Stadtpräsidenten.

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Support gab es derweil von den Grünen, in der Stadt etwa vom Grünen Bündnis. Doch auch der Präsident der Grünen Schweiz, der Zürcher Nationalrat Balthasar Glättli, stellte sich hinter den Protest. «Ja, es braucht diese Aktion», sagt er in einem auf Twitter veröffentlichten Video.

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Dass sowohl der National- wie auch der Ständerat eine Auflösung der Demonstration fordert, dürfte den Aktivisten nicht gefallen. «Wir wollen in dieser Woche einen Dialog mit den Politikern, aber auch mit der Bevölkerung aufbauen», sagt Thomas Ravessoud, der aus Lausanne angereist ist und vorhat, die ganze Woche zu bleiben.

Thomas Ravessoud ist aus Lausanne angereist.

Es sei der richtige Moment für eine solche Woche: Nun gehe es darum, im Rahmen der Corona-Krise jene Unternehmen zu fördern, die sich für eine grüne Wirtschaft einsetzen. Jeden Tag würden nun Sitzungen abgehalten, über die dringlichsten Probleme diskutiert. Essen gebe es dreimal täglich – gratis.

Gekocht wird ausschliesslich vegan und bio, sagt Tony aus Zürich. «Wir haben auch an der Anti-WEF-Demo gekocht», sagt Tony. Ob er nun die ganze Woche hier schlafe? Tony zuckt mit den Schultern. Wie es diese Woche weitergehe, wisse er noch nicht. Dies hänge davon ab, ob die Stadt die Aktivisten gewähren lasse.

Die Aktionswoche soll bis zum 25. September dauern. Geplant sind diverse Workshops, Yogastunden, Speeddating und Demos.

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