Zwischennutzung
Lysbüchel-Areal blüht jetzt schon auf – aber nur bis das Stimmvolk entscheidet

Noch ist man sich in der Politik uneinig darüber, wie die Fläche des Lysbüchel-Areals genau aufgeteilt werden soll. Die Zwischennutzungen sind jedoch schon in vollem Gange.

Helena Krauser
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Transformation Lysbüchel
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Kletterwand

Transformation Lysbüchel

Kenneth Nars

Das Lysbüchel-Areal ist zurzeit eines der wichtigsten Umnutzungsareale der Stadt. Hier soll ab 2020 ein vielfältiges neues Quartier mit dem Namen «Volta Nord» entstehen. In der Politik ist man sich noch uneinig darüber, wie viel der Fläche dem Gewerbe und wie viel dem Wohnen zukommen soll. Der Basler Gewerbeverband hat mit weiteren Bürgerlichen das Referendum gegen die aktuellen Pläne eingereicht. Noch ist der Abstimmungskampf nicht eröffnet, politisch herrscht die Ruhe vor dem Sturm. Auf dem Areal selbst allerdings blühen die Zwischennutzer mittlerweile auf.

Zwischen Schutt und Asche

Denn bis Ende 2019 hier die grossen Bagger auffahren und alles abreissen, wirkt hier der Verein «Unterdessen». Dessen Mitglieder sind spezialisiert auf Zwischennutzungen, sie vermieten teils ganze Gebäude auf dem Areal vorübergehend an Handwerker, Künstler und Gewerbetreibende. Das Areal, das «Unterdessen» als Mieter des Kantons weitervermietet, liegt mitten auf dem ehemaligen Industriegebiet. Die Abrissarbeiten auf dem Rest des Lysbüchels haben schon begonnen. Der Weg zu den Zwischennutzern führt deshalb vorbei an einer grossen Baustelle. Ausser Schutt und Baumaschinen ist hier nicht mehr viel zu sehen. «Früher stand hier mal die grosse Coop-Distributionshalle», sagt Claude Baltensperger. Er arbeitet neben seinem Studium bei «Unterdessen», ist verantwortlich für das Lysbüchel-Areal und Vermittler zwischen den Mietern und der Eigentümerin Immobilien Basel-Stadt.

Das Herz der Zwischennutzung: Um einen geteerten Platz herum reihen sich Werkstätten, Architekturbüros und Ateliers. Baltensperger öffnet ein grosses Schiebetor: Es gibt den Blick frei in die Padel-Halle. Die Sportart, eine Art Tennis, die hauptsächlich in Spanien und Südamerika gespielt wird, ist bereits seit Anfang fester Bestandteil der Zwischennutzung.

Neben dem Spielfeld ist eine Kletterwand eingerichtet, weiter vorne ein Architekturbüro und eine Schneiderei. «Die Liegestühle um das Feld herum wurden in einer der Werkstätten hier auf dem Areal gezimmert», erzählt Baltensperger. Der Padel-Verein und «Unterdessen» veranstalten hier auch grössere Anlässe: Während der Fussball-WM stellten sie Stühle und Bänke vor die Halle und zeigten die Spiele. An den Nachmittagen besprayen Mieter der Garagen auf dem Platz ihre Autos, andere schrauben an ihren Motorrädern, abends dann treffen sich hier alle: Die Padel-Spieler aus der Halle, die Künstler und Handwerker aus den Ateliers, die Kampfsportler aus dem ersten Stock und die Architekten aus den Büros. Sie sitzen zusammen, feiern Geburtstage und schmieden Pläne. Sagt Baltensperger.

Schaffensoase auf Zeit

Es muss idyllisch sein, hier einen lauen Frühsommerabend zu verbringen. An diesem Julimorgen mitten in der Ferienzeit bleiben Baltenspergers Erzählungen aber sehr theoretisch. Das bunte Treiben und harmonische Beisammensein lässt sich nur erahnen. Die Türen der Ateliers sind geschlossen, die Liegestühle in der Padel-Halle unbenutzt. «Es sind eben zurzeit alle in den Ferien», sagt Baltensperger.

Zwei Mitarbeiter der Industriellen Werke Basel (IWB) hantieren auf dem Platz an der Fernwärmeröhre. Auch für den reibungslosen Ablauf zwischen den Mietern, der IWB und Immobilien Basel-Stadt, ist der Verein «Unterdessen» verantwortlich. «Auch wenn die Bauarbeiter beim Abriss den Schutt irgendwo abladen, wo er unseren Mietern in die Quere kommt, ist es unsere Aufgabe, das zu regeln», sagt Baltensperger. Wirklich anstrengend sei diese Vermittlerrolle nicht: «Mühsam wird es nur dann, wenn man es mühsam macht.»

Etwas abseits des zentralen Platzes finden sich ein paar Spuren von vergangenen Feiern. Vor dem Eingang zur offenen Werkstatt «Freiwerk» stehen ein paar Stühle und Sessel, daneben ein Korb, gefüllt mit leeren Bierflaschen. «Wir sassen hier gestern noch bis halb drei und haben überlegt, was wir alles aus dem Atelier machen könnten», erzählt Juan Ladmann, der gerade mit dem Velo ankommt. Ladmann verkauft argentinische Empanadas. Auf dem Lysbüchel hat er seine Speisekammer und hier zimmert er auch seine Foodstände. Trotz aller Pläne, das Ende bleibt vor Augen: Allen ist klar, dass ihr Werk nur vorübergehend Bestand haben wird: «Selbst wenn wir noch eine Verlängerung bekommen würden: Dieses Gebäude wird früher oder später abgerissen. Das ist sicher», sagt Baltensperger.