Rätselhafte Zeichen: Was Sie noch nicht über Kornkreise wussten

Experte beantwortet die wichtigsten Fragen in BILD 

Luftaufnahme einer Kornkreis-Formation nahe Barbury Castle in der Grafschaft Wiltshire

Luftaufnahme einer Kornkreis-Formation nahe Barbury Castle in der Grafschaft Wiltshire (1991)

Foto: Science Photo Library/Getty Images
Von: ALEX HEINEN

Sie entstehen aus scheinbar heiterem Himmel, sind rund um den Erdball zu finden und geben nach wie vor Rätsel auf: KORNKREISE!

Die mysteriösen Zeichen tauchen meistens in Getreidefeldern auf, auch auf Grasland wurden sie schon gesichtet, mitunter sollen die seltsamen Zeichen schon auf Eisflächen entdeckt worden sein.

Formation in einem Feld in Wiltshire (England)

Formation in einem Feld in Wiltshire (England)

Foto: robertharding/Getty Images

BILD fragte Andreas Müller (41), Kornkreisforscher, Sachbuchautor und Herausgeber von „Grenzwissenschaft-Aktuell“, einem Online-Portal, das sich mit „Nachrichten aus der Welt des Paranormalen, Anomalistik und Grenzwissenschaften“ befasst.

Müller untersucht seit 1994 das Kornkreis-Phänomen und hat seitdem Hunderte von Kornkreisen persönlich in Augenschein genommen.

Wann wurde das Phänomen Kornkreis erstmals beobachtet?

Die ersten „offiziellen“ Berichte zu Kornkreisen reichen zurück bis ins 16. Jahrhundert. Andreas Müller: „Die erste schriftliche Erwähnung dessen, was wir heute wohl Kornkreise nennen würden, stammt aus den Aufzeichnungen zu einem Hexenprozess in Lothringen anno 1590. Darin wird ein von Hexen und Teufeln niedergetanzter Kreis in einem Feld beschrieben.“

Ein weiterer historischer Beleg findet sich in einer englischen Flugschrift mit dem Titel „The Mowing Devil“ („Der Mähende Teufel“). Die im Original vierseitige Broschüre aus dem Jahr 1678 zeigt eine Abbildung und beschreibt das seltsame Erlebnis eines Farmers, der von einem Tag auf den nächsten sein Haferfeld „so ordentlich gemäht (..)“ vorfand, „wie es keinem sterblichen Menschen möglich wäre (..).“

Kornkreisforscher Müller: „Mit Ausnahme des mähenden Teufelchens beschreiben Text und Bild das, was wir heute Kornkreise nennen würden.“ Laut Müller gibt es sogar noch „ältere Kornkreis-Beschreibungen“. Diese fänden sich in „Märchen und Legenden rund um den Globus“. 

Wie eine Stickerei mutet dieser Kreis in Wiltshire an. Die Grafschaft im Südwesten von England gilt als Hotspot für Kornkreise

Wie eine Stickerei mutet dieser Kreis in Wiltshire an. Die Grafschaft im Südwesten von England gilt als Hotspot für Kornkreise

Foto: robertharding/Getty Images

► In moderner Zeit existiert das Phänomen seit Beginn der 1980er Jahre. „Damals wurde der Begriff „Crop Circles“ (Kornkreise) erstmals auch in den Medien verwendet und hat sich seither durchgesetzt“, so Müller.

Gibt es Orte, an denen Kornkreise besonders häufig entdeckt werden?

Laut Müller werden jedes Jahr bis zu 150, „in 'guten' Jahren bis zu 300 Kornkreise weltweit dokumentiert“. Die Zahl der unentdeckten Kornkreise schätzt er sogar noch höher ein. Die Kornkreis-Saison geht „mit der Wachstumsphase der jeweiligen Vegetation einher. Also von Mitte April bis zur Erntezeit im August.“

►„Der weltweite Hotspot der entdeckten, gemeldeten und dokumentierten Kornkreise liegt eindeutig im südwestlichen England, in den Grafschaften Hampshire und Wiltshire“, sagt Müller.

Wieso ausgerechnet im Südwesten von England?

Einige Forscher führen geologische Gründe an, andere verweisen auf die vielen Kultstätten in Englands Südwesten, insbesondere den Steinkreis von Stonehenge. Müller: „Man darf aber auch nicht vergessen, dass es in Südengland auch die meisten gefälschten Kornkreise gibt.“ 

Allerdings gebe es auch Länder, in denen keine Kornkreisforschung stattfindet. Der Experte: „Es könnte sein, dass an anderen Orten sogar mehr Kornkreise auftreten, aber wir nichts davon erfahren.“

►In Deutschland würden seit Beginn der 2000er in den Bundesländern Hessen und Bayern die meisten Kornkreise gesichtet. „Wobei hier deutlich weniger Kornkreise gefunden werden als in England“, so Müller.

Stern und Kreis – dieses Exemplar entstand in Feldmoching (Bayern)

Stern und Kreis – dieses Exemplar entstand in Feldmoching (Bayern)

Foto: Corbis/Getty Images

Woran erkennt man „echte“ Kornkreise?

Wenn sich Menschen an Kornkreisen versuchen, dann weise ein Feld typische Schäden auf, die etwa von „mechanischen Hilfsmitteln und Werkzeugen“ herrühren würden, weiß Müller.

Doch es gibt auch Merkmale, die Rätsel aufgeben…

Dieser Kornkreis aus dem Sommer 1996 entstand unmittelbar gegenüber von Stonehenge. Laut Müller gibt es Aussagen von Augenzeugen, denen zufolge die Formation am Tag und innerhalb weniger Minuten entstanden sein soll

Dieser Kornkreis aus dem Sommer 1996 entstand unmittelbar gegenüber von Stonehenge. Laut Müller gibt es Aussagen von Augenzeugen, denen zufolge die Formation am Tag und innerhalb weniger Minuten entstanden sein soll

Foto: DigitalVision/Getty Images

Dazu gehören laut Müller „Veränderungen an Pflanzen und Böden, die so noch nie in nachweislich von Menschen angelegten Kornkreisen entdeckt wurden“. Diese seien „in zahlreichen und umfangreichen Laboruntersuchungen festgestellt“ und mit „natürlichen Wachstumsveränderungen“ nicht zu erklären.

Dieser Sonnenring wurde 1998 ebenfalls in Wiltshire entdeckt

Dieser Sonnenring wurde 1998 ebenfalls in Wiltshire entdeckt

Foto: Hulton Archive/Getty Images

Müller: „An den Pflanzen finden sich Veränderungen auf Zellebene, auch an den Halmen selbst lassen sich Veränderungen – geplatzte Wachstumsknoten und unnatürliche Biegungen – aufzeigen, die so nicht durch Menschenwerk entstehen und auch keine bekannten natürlichen Wachstumsveränderungen darstellen.“

Problem: Um diese Merkmale von natürlichen Prozessen unterscheiden zu können, muss eine Begutachtung in den ersten Stunden nach der Entstehung eines Kornkreises stattfinden. Vergeht zu viel Zeit, sei eine Unterscheidung nur noch schwer möglich, da sich anormale Veränderungen und natürliche Veränderungen zu sehr gleichen, sagt Müller.

Eiskristall? Weihnachtsschmuck? Die Muster im Getreide lassen Spielraum für zahlreiche Interpretationen

Eiskristall? Weihnachtsschmuck? Die Muster im Getreide lassen Spielraum für zahlreiche Interpretationen

Foto: DigitalVision/Getty Images

Ob die Mehrzahl der beobachteten Kornkreise „echt“ oder „Fälschungen“ sind, lässt sich laut Müller schwer einschätzen. Grund: Nur sehr wenige würden nach den gleichen Standards untersucht. „Ich selbst sehe derzeit deutlich mehr gefälschte Kornkreise als echte“, so Müller.

Wurde jemals die Entstehung eines „echten“ Kornkreises beobachtet?

Tatsächlich sollen sogar etliche Augenzeugen-Berichte dokumentiert sein. Laut Müller lassen sich diese in drei Gruppen unterteilen:

►Die erste beschreibt „eher meteorologische Phänomene, etwa kleine Wirbelwinde oder stehende Windwellen, die in wenigen Sekunden die Muster formen und dann wieder verschwinden“, so Müller.

Im August 1991 tauchte dieses herzige Gebilde nahe Cambridge (England) auf. Kornkreis-Experte Müller verweist auf die Ähnlichkeit mit einer mathematisch komplexen „Mandelbrot-Menge" aus dem Bereich der Chaos-Mathematik

Im August 1991 tauchte dieses herzige Gebilde nahe Cambridge (England) auf. Kornkreis-Experte Müller verweist auf die Ähnlichkeit mit einer mathematisch komplexen „Mandelbrot-Menge" aus dem Bereich der Chaos-Mathematik

Foto: Science Photo Library/Getty Images

►Die zweite berichtet von „kugelförmigen Lichterscheinungen – Balls of Light“, die während einer Kornkreis-Entstehung über dem Feld gesehen wurden. Der Kornkreisforscher: „Ob diese Lichter aber aktiv die Kornkreise machen oder nur selbst ein Randphänomen der wirkenden Kräfte sind, ist anhand der Zeugenberichte nur schwer zu sagen.“

►Die dritte Gruppe ist laut Müller die „deutlich kleinste“. Diese Augenzeugen berichteten von „klassischen Ufo-Erscheinungen“. Kornkreise seien demnach von „festen Flugobjekten regelrecht in die Felder 'gebeamt' worden“.

Allen gemeinsam sei, dass die beobachteten Kornkreis-Entstehungen, „egal wie klein oder groß, geometrisch einfach oder komplex“, innerhalb von wenigen Augenblicken entstanden seien, so Müller. Zudem seien die Zeugengruppen „absolut heterogen“ und bestünden nicht aus „Kornkreis-Enthusiasten“, sondern es handele sich um „ganz normale“ Leute, die das Ganze unvorbereitet und zufällig beobachtet“ hätten.

Augenzeuge Henning Lagies

Ein oft zitierter Zeuge ist Henning Lagies. Lagies wurde 1946 als 11-Jähriger Zeuge einer Kornkreis-Entstehung in Schleswig-Holstein.

Laut Lagies sei es ein „warmer Tag ohne eine Wolke am Himmel“ gewesen. In seinem Bericht schreibt Lagies: „Plötzlich bemerkte ich ein schwaches, pfeifendes Geräusch und ein leichtes Schwanken in den Büschen am Feldrand. Ungefähr 25 Meter zu meiner Linken sah ich dann eine drei Meter breite Luftsäule, welche gegen den Uhrzeigersinn rotierte und Staub und Pflanzenteile bis zu einer Höhe von ungefähr achtzehn Metern empor wirbelte.“ 

Liebeserklärung von Aliens an uns Erdlinge? Oder doch nur ein Studentenulk?

Liebeserklärung von Aliens an uns Erdlinge? Oder doch nur ein Studentenulk?

Foto: Corbis Documentary/Getty Images

Kurz darauf erblickt er weitere vier „Luftsäulen“, etwas kleiner, die sich um die mittlere herum erheben. Während einer der vier Säulen schnell in sich zusammenfällt, wuchsen die anderen „sehr schnell empor, bis sie die Höhe der mittleren Säule von ungefähr achtzehn Metern erreichten“, so Lagies weiter. Dann hätten die Luftsäulen begonnen „wild umher zu schwanken, bis sie sich zu einer einzigen turbulenten und sich ausdehnenden Säule vereinigten“, die eine Höhe von mindestens 80 Metern hatte, glaubt Lagies sich zu erinnern. 

Nachdem sich der Luftwirbel gelegt hatte, entdeckte Lagies in dem Feld „einen großen und drei kleinere scharf abgegrenzte Kreise aus umgelegtem Korn, die in ihren Durchmesser und Positionen den jeweiligen Staubwirbeln entsprachen“.

Kornkreis-Experte Müller sieht keinen Grund, an Lagies' Bericht zu zweifeln: „Darin steht nichts, was unglaubwürdig wäre und vieles, das sich mit den Aussagen anderer deckt. Sein Bericht passt in die lange Liste anderer Zeugen.“ Aber er fügt auch hinzu: „Wie bei vielen anderen gilt auch hier, es bleibt ein Augenzeugenbericht. Man kann das glauben oder auch nicht.“

Wurden Kornkreis-Fälscher schon mal auf frischer Tat ertappt?

Auch das passiert öfter, als man denkt. Fälscher haben laut Andreas Müller auch schon vor Kamerateams ihre Fähigkeiten demonstriert. Allerdings schränkt der Experte ein: „Das Ergebnis war bislang immer eindeutig und unterscheidet sich, wenn auch nicht immer auf den ersten Blick, vom 'echten' Phänomen.“

Dass Landwirte, in deren Feldern Kornkreise entdeckt wurden, entschädigt wurden, kam laut Müller bislang nur „in einigen wenigen Fällen“ vor. Wenn Fälscher ertappt wurden, seien die Strafen zudem „vergleichsweise niedrig“ ausgefallen.

Wurde schon versucht, die Botschaft der Kornkreise zu entschlüsseln?

An Versuchen mangelt es laut Müller nicht. Doch gibt es ein kaum zu lösendes Problem: „Niemand kann genau sagen, wer oder was uns da mit welcher Absicht und in welcher 'Sprache' etwas schreibt. Und niemand kann auch sagen, ob diese Muster überhaupt eine für uns verständliche und beabsichtigte Botschaft enthalten.“

Zwar gebe es Versuche von Deutungen – aber keine Beweise, dass diese Deutungen auch zutreffend sind. Kornkreis-Forscher Müller hält Behauptungen, dass es möglich sei, Kornkreise zu entschlüsseln, für schwierig: „Ich kenne kein Beispiel, das wirklich eindeutig und nachvollziehbar wäre.“

Was soll es bedeuten? Kornkreis-Experte Müller: „Niemand kann sagen, wer oder was uns da mit welcher Absicht und in welcher 'Sprache' etwas schreibt“

Was soll es bedeuten? Kornkreis-Experte Müller: „Niemand kann sagen, wer oder was uns da mit welcher Absicht und in welcher 'Sprache' etwas schreibt“

Foto: Corbis Documentary/Getty Images

Hat der Kornkreisforscher selbst eine Erklärung?

„Bislang noch nicht“, sagt Müller. „Ich bin lediglich davon überzeugt, dass es neben den zahlreichen Fälschungen und Beispielen für menschliche Landschaftskunst ein 'echtes' – also nicht von Menschen mechanisch erzeugtes – und weiterhin rätselhaftes Phänomen gibt. Was es aber ist, weiß bislang noch niemand.“

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