Wie der RBB den konstruktiven Journalismus entdeckt

Die neue Reportagereihe „Besser geht immer“ soll Geschichten des Gelingens finden.

RBB entdeckt konstruktiven Journalismus: Moderiert wird die Sendung „Besser geht immer“ von der Journalistin Astrid Frohloff. 
RBB entdeckt konstruktiven Journalismus: Moderiert wird die Sendung „Besser geht immer“ von der Journalistin Astrid Frohloff.imago/Sven Simon/Malte Ossowski

Berlin-Astrid Frohloff hat für den RBB zehn Jahre lang das Polit-Magazin „Kontraste“ moderiert, jetzt findet sie neue Gegensätze. Vor dem Bürgeramt in Oberschöneweide warten frühmorgens Berliner darauf, eine Wartenummer zu ergattern. In Wien dagegen muss der Bürger gar nicht mehr ins Amt: 300 Vorgänge können online erledigt werden. In Berlin, der „Hauptstadt der Wartenummern“, sind es laut RBB derzeit ganze drei. „Vieles läuft verkehrt. Aber klagen alleine hilft nicht“, erklärt Astrid Frohloff ihre neue Mission. „Wir sollten nach vorne schauen, Geschichten des Gelingens finden, neue Wege, kluge Ideen.“
Mit der Reportagereihe „Besser geht immer“ sieht sich der RBB als Vorreiter beim Thema „Konstruktiver Journalismus“.

Doch dieser Ansatz verbreitet sich schon seit einigen Jahren auch in den deutschen Medien – so sehr, dass er bereits persifliert wird, wie in der neuen ZDF-Show „Geht doch!“ mit Sebastian Pufpaff.

Seit Herbst 2017 zeigt das ZDF an jedem Sonnabend die Reihe „Plan B“. In den bisher mehr als 60 halbstündigen Filmen werden Beispiele für nachhaltiges Handeln vorgestellt, wie anderswo Probleme im Verkehr oder der Altenpflege angegangen werden. So wird in dieser Woche die Wiederbelebung traditioneller Handwerksberufe gewürdigt. Nicht nur „Sagen was ist“, sondern auch „Sagen wie es geht“ lautet das Motto der Mainzer, die mit dem Online-Magazin „Perspective Daily“ kooperieren.

Boxsäcke müssten eigentlich für die Wartenden aufgestellt werden

Hier erscheinen Texte, die die klassischen W-Fragen – Wer? Wie? Wo? Was? – mit der Frage „Wie geht es weiter? fortführen sollen. Selbst die „Tagesthemen“ der ARD präsentierten kürzlich die Serie „Lösungsfinder“ – die Beiträge waren allerdings nur drei Minuten lang.

Als Vordenker gilt der Däne Ulrik Haagerup, der früher Chefredakteur beim Dänischen Rundfunk war und in Interviews gern erklärt, wie sich der „konstruktiven Journalismus“ vom „positiven Journalismus“ absetzen muss.

Auch wenn der Journalismus weder von „Plan B“ noch von „Perspective Daily“ neu erfunden werden kann, so werfen die Blicke auf ausländische Sendeformate die Frage auf: Warum klappt das eigentlich bei uns zu Hause nicht? Astrid Frohloff stellt jedenfalls kreative Bürokraten in Wien vor, die so lässig arbeiten, als säßen sie in einem Berliner Start-up. 

Sogar Dartscheiben, Kickertische und ein Boxsack stehen für die Beamten zur Entspannung bereit – in Berlin müssten Boxsäcke eigentlich für die Wartenden aufgestellt werden. Pragmatismus, der sich mit 90 Prozent zufriedengibt, statt sture deutsche Pedanterie wird als Erfolgsrezept empfohlen, das Neugeborene kann gleich in der Wiener Klinik als neuer Bürger angemeldet werden. Beispiele für eine digitale Bürgerbeteiligung findet „Besser geht immer“ dann in Barcelona, wo einsame Menschen vom Amt ein Tablet geschenkt bekommen, damit sie neue Kontakte knüpfen können.

Reportagereihe „Besser geht immer“ soll im Herbst fortgesetzt werden

Wer dagegen in Berlin mal versucht hat, online eine Bürgeranfrage zu stellen, wird sogleich mit einem Wust von Anträgen zugeschüttet. Anflüge von Berliner Leichtigkeit hat Astrid Frohloff immerhin in Neukölln entdeckt, wo das Bauamt dem Dachklub „Klunkerkranich“ geholfen hat.

In Berlin gilt das immer noch als „unbürokratisch“, woanders womöglich als normal. Interessant ist auch, wie stark das Anregende auf die Reporterin abfärbt: Astrid Frohloff, die „Kontraste“ wie die meisten Kolleginnen der ARD-Polit-Magazine mit streng-kritischem Grimm moderiert hatte, wirkt hier locker und gelöst. In Herbst soll „Besser geht immer“ fortgesetzt werden.

Besser geht immer: Kreative Bürokraten Mo, 13.5., 21.00, RBB. 

Plan B – immer sonnabends um 17.35 im ZDF.