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Fasnacht gegen «woke»Winnetou ist Fasnächtler und der Waggis trägt Dreadlocks. Nämlig!

Eine Frauen-Gugge macht auf Wilden Westen: D Basler Amazone wollen sich nicht «canceln» lassen.

So manch ein woker Mensch dürfte dieses Jahr an der Basler Fasnacht ein gewisses Unwohlsein verspüren. Dieses Gefühl, das dazu geführt hat, dass letztes Jahr in einem Berner Lokal ein Konzert abgebrochen wurde. Und zwar, weil die Musiker auf der Bühne weiss waren und teilweise Dreadlocks trugen. Dies sei kulturelle Aneignung, lautete offenbar Kritik aus dem Publikum. Man fühle sich unwohl deswegen.

«Hugh» – an der Basler Fasnacht wollen viele nicht auf Winnetou und Co. verzichten. Hier die Laterne der Alten Garde der Wiehlmys von vorn ...

Auch die Verkleidung als amerikanischer Ureinwohner – der Ausdruck «Indianer» gilt ebenfalls als politisch inkorrekt – sorgt immer wieder für Kritik aus der Woke-Bewegung. Der Begriff «woke» an sich bedeutet übrigens nichts Schlimmes, im Gegenteil. Die Definition lautet: «in hohem Mass politisch wach und engagiert gegen (insbesondere rassistische, sexistische und soziale) Diskriminierung». Dass die «Woken» aber in den letzten Jahren angefangen haben, den anderen vorzuschreiben, wie diese ihren Schokokuss nennen sollen, dass sie ihre Gesichter nicht mehr schwarz anmalen, keinen Federschmuck und nun auch keine Rastas mehr tragen sollen, das kam bei vielen nicht gut an. 

… und hier von hinten.

Auch nicht bei den Basler Fasnächtlerinnen und Fasnächtlern, wie sich am Montag zeigte. Die Cliquen haben offenbar überhaupt keine Lust auf Einschränkungen und, so nennen es die entsetzten Anti-Woken, Cancel-Culture.

Jetzt erst recht! Dieses Gefühl verspürt man dieses Jahr gleich bei mehreren Cliquen. Da ziehen am Cortège Männer und Frauen in politisch unkorrekten Kostümen durch die Stadt und Vorzeigehäuptling Winnetou blickt ungerührt von der einen oder anderen Laterne aufs Basler Volk, als ob ihn der Streit um seine Person überhaupt nichts anginge.

Kritik an der inneren Zensur oder der «Schäär im Kopf»

Die Tambourmajorin der Basler Amazone schreitet stolz mit Federschmuck und Lederfransen ihrer Frauen-Gugge voran. Auch d Rhygwäggi pfeifen und trommeln mit dem Sujet «Hyschteryy in der Preery» gegen woke und ziehen dazu eine Laterne mit dem Konterfei von Karl May durch die Stadt. Der Autor feierte grosse Erfolge mit seinen Winnetou-Romanen, letztes Jahr tobte jedoch ein Shitstorm gegen einen Kinderfilm, der die Geschichte des jungen Häuptlings neu erzählt. Kritikerinnen und Kritiker fanden, es sei nicht mehr angebracht, «derartige Klischees über die amerikanischen Ureinwohner» zu verbreiten, und riefen zum Boykott auf.

Die Pfyfferclique d Duschuurli setzt für ein kleines bisschen Provokation trotzdem nicht auf Zankapfel Winnetou, sondern trägt stattdessen, wie auch andere Cliquen dieses Jahr, Dreadlocks. Auf ihrem Wägelchen findet sich der passende Kommentar dazu: «Isch scho aageignet.»

D Duschuurli im Rasta-Look.

Noch vor wenigen Jahren hätte wohl kaum jemand erkannt, dass das überhaupt eine Provokation sein soll. Dieses Jahr thematisieren aber gleich mehrere Cliquen die letztes Jahr laut gewordene Forderung, nur noch schwarze Menschen sollen ihre Haare als Dreadlocks tragen dürfen. Diese blieb übrigens nicht ohne Folgen: Nicht nur in Bern wurde ein Konzert wegen kultureller Aneignung abgebrochen, auch in Zürich lud man einen Künstler aus. Eine weitere Musikerin durfte wegen ihrer Frisur nicht an einer Demo von Fridays-for-Future-Aktivisten in Hannover auftreten.

Und, wen überrascht es? Aus Protest tragen dieses Jahr überraschend viele Waggis, ob lebendig auf den Wagen oder gemalt auf Laternen, ihre üppige Haarpracht im Rasta-Look. 

Aus Protest: Der Waggis von 2023 trägt statt seiner üblichen Wuschelfrisur neu Rastas.

Am Cortège vom Montag reagierte dennoch niemand mit hörbaren Boykottaufrufen. Das Spektakel wurde auch nicht abgebrochen, weil sich Menschen unwohl fühlten. Stattdessen liess man Federschmuck, Fransenhosen und Dreadlocks (zumindest äusserlich) ungerührt vorüberziehen. Vielleicht, weil die Fasnacht in den Augen vieler halt eben immer ein bisschen mehr darf. Weil sie gesellschaftliche Entwicklungen auf die Schippe nehmen soll und sich in dieser Funktion über fast alles lustig machen darf. 

Vielleicht aber, man erinnert sich an das als rassistisch eingeschätzte und mittlerweile erneuerte Logo der Negro-Rhygass, folgt der Shitstorm aber auch einfach etwas verspätet …

«Ohni blondi Rasta!» – viele Fasnächtlerinnen und Fasnächtler wehren sich gegen Vorwürfe der kulturellen Aneignung, die letztes Jahr gegen Musiker erhoben wurden.

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