Im AKW Beznau fehlte wichtiger Erdbebenschutz über Jahrzehnte

Publiziert

Atomkritiker empörtIm AKW Beznau fehlte wichtiger Erdbebenschutz über Jahrzehnte

Im Dezember 2020 stellten Mitarbeiter des Atomkraftwerks Beznau einen Montagefehler an den Notstrom-Aggregaten fest. Damit wären diese im Fall eines Erdbebens ungeschützt gewesen. Atomkritiker sind empört, die AKW-Betreiberin verteidigt sich.

Darum gehts

  • Im Dezember 2020 mussten die Reaktoren Beznau I und Beznau II für zwei Tage vom Strom.

  • Bei zwei Notstrom-Aggregaten waren wichtige Teile nicht verbaut, die das AKW erdbebensicher machen sollten.

  • Das AKW sei «ohne erdbebensichere Notstandsgeneratoren» am Netz gewesen, regen sich Kritiker auf.

Im Dezember 2020 musste das Atomkraftwerk Beznau für zwei Tage vom Netz. Mitarbeiter hatten einen Montagefehler an den Notstrom-Dieselaggregaten festgestellt. Diese stellen die Reaktorkühlung sicher, sollte die ordentliche Stromversorgung ausfallen. Das kann zum Beispiel bei einem schweren Erdbeben geschehen.

Wegen des Montagefehlers wären die Notstrom-Aggregate aber genau im Fall eines solchen Erdbebens selbst nicht geschützt gewesen. Das berichten die Zeitungen von Tamedia (Bezahlartikel). Denn die Schockabsorber, die bei einem Erdbeben die starken Schwingungen abfedern könnten, waren nicht eingebaut.

Die beiden betreffenden Notstrom-Aggregate wurden 1992 und 1993 nachgerüstet. In anderen Worten: Die beiden Geräte, die die Reaktoren des AKWs vor einem Erdbeben schützen sollten, waren selbst fast 30 Jahre lang nicht erdbebensicher.

«Weshalb die Schockabsorber nicht eingebaut wurden, ist aus heutiger Sicht unklar», sagt Antonio Sommavilla, Sprecher der Axpo, die das AKW betreibt. Die Aggregate seien ohne die Schockabsorber geliefert worden. «Der Fehler muss bei der Abnahme geschehen sein», so Sommavilla. Auch bei der letzten Totalüberholung 2009/10 wurde der Montagefehler nicht entdeckt.

Die Schweizerische Energie-Stiftung (SES) kritisiert das Fehlen der Schockabsorber. Sie schreibt in einer Mitteilung, dass bereits 2017 erkannt worden sei, dass vier von sechs Notstrom-Dieselaggregaten nicht einsatzfähig gewesen wären, im Fall eines Erdbebens. Damals verwies die Axpo auf die zwei zusätzlichen Notstrom-Aggregate aus den 1990ern – eben genau jene Aggregate, von denen nun bekannt wurde, dass sie bis vor kurzem auch nicht erdbebensicher waren.

«Sicherheit war jederzeit gewährleistet»

«Von 1969 bis 2017 gab es keinerlei Schutz gegen Erdbeben, wie sie Fukushima 2011 erlebt hat», so Simon Banholzer von der Schweizerischen Energie-Stiftung (SES). Da nun noch herausgekommen sei, dass die Schockabsorber seit jeher gefehlt hätten, folgert die SES: «48 Jahre ohne erdbebensichere Notstandsgeneratoren! Man erinnere sich: Erdbeben gehören in der Schweiz zu den Naturereignissen, die massgeblich zum Gesamtrisiko der AKW beitragen.»

Die AKW-Betreiberin Axpo widerspricht: «Die Sicherheit des Werks war durch redundante Notspeisesysteme jederzeit gewährleistet.» Es genüge ein Dieselaggregat, um die Anlage zu kühlen, sagt Sprecher Sommavilla. «Die 2015 eingebauten Notstromdiesel hätten zudem jederzeit manuell gestartet werden können», sagt er. Der Reaktor könne auch mit mobilen Aggregaten gekühlt werden.

Deine Meinung

71 Kommentare