Wenn Ärztinnen und Ärzte selbst krank werden

17 Januar, 2024 - 07:14
Bianca Freitag
Als Arzt krank und selbst Patient sein

Egal ob Schnupfen, ein gebrochenes Bein oder eine ernste Erkrankung – auch Ärztinnen und Ärzte können selbst krank werden. Doch wie sehen sie sich als Patientinnen oder Patienten? Werden sie anders behandelt oder bekommen schneller Termine? Diese und weitere Antworten liefert der aktuelle Medscape-Report.

Kranke Ärztinnen und Ärzte vertrauen dank ihres medizinischen Fachwissens eher sich selbst als anderen Kolleginnen und Kollegen. Wie die Ergebnisse des Medscape-Reports zeigen, behandeln sich 92 Prozent der Befragten selbst, auch wenn es um die Vorbeugung von Krankheiten geht. Sollten sie jedoch Hilfe von anderen Medizinerinnen oder Medizinern brauchen, nehmen sie diese ebenso an. Nur acht Prozent sagen, sich grundsätzlich nur von anderen Ärztinnen und Ärzten behandeln zu lassen. Im Fall externer Hilfe setzen 44 Prozent der Befragten lieber auf eine persönliche Ebene und konsultieren Freunde, Bekannte, Kolleginnen und Kollegen am Arbeitsplatz oder jemandem, mit dem sie studiert haben.

Mehr Misstrauen, aber frühere Termine

Gleichzeitig ist ihr eigenes medizinische Fachwissen ein negativer Einfluss. 47 Prozent der Befragten gaben an, dass ihr Fachwissen Ängste vor Therapien und Krankheiten verstärke. Bei einem Viertel habe es keinen Einfluss, 29 Prozent sagten, dass ihr Wissen sie eher beruhige als zusätzliche ängstige.

Grafik "Medizinisches Wissen beeinflusst Ängste" zum Download (jpg, 69 kB)

Außerdem sind Ärztinnen und Ärzte bei Therapieentscheidungen misstrauischer gegenüber ihren Kolleginnen und Kollegen. 57 Prozent denken, dass sie mehr Fragen stellen als medizinische Laien, 48 Prozent hinterfragen eine Pharmakotherapie kritisch und 78 Prozent haben ein genaues Auge auf Arzneimittelrisiken. Grundsätzlich haben zwei Drittel mindestens einmal eine Therapieentscheidung anderer Ärztinnen und Ärzte infrage gestellt. Jeder zweite Arzt oder Ärztin sagte außerdem, bei einer stationären Behandlung im Krankenhaus misstrauisch zu sein. Aber werden Medizinerinnen und Mediziner, wenn sie selbst zum Patienten werden, besser behandelt? Hier scheiden sich die Geister: 43 Prozent glauben, eine bessere Behandlung zu erhalten, 45 Prozent sind der Meinung, gleich behandelt zu werden. Zwölf Prozent gehen von einer schlechteren Behandlung aus. Von Vorteil ist der Arztberuf aber anscheinend bei der Terminvergabe. Denn 59 Prozent der Befragten gaben an, schneller einen Termin zu bekommen als medizinische Laien. Darüber hinaus seien Untersuchungen vor Ort besser geplant.

Grafik "Welche Behandlungen wurden Ihnen angeboten" zum Download (jpg, 59 kB)

Mehr Empathie durch Perspektivwechsel

Auch das Therapieangebot ist bei Ärztinnen und Ärzten, die selbst Patienten sind, anders. Die Umfrageteilnehmenden berichten, oft (14 %) oder gelegentlich (48 %) unübliche oder ausführlichere Therapieangebote erhalten zu haben, die andere Patientinnen und Patienten nicht bekommen hätten. Ein genauerer Blick auf diese Angebote zeigt: Dabei handelt es sich um teurere oder aufwendigere Behandlungen (64 %), neuere medizinische Methoden (53 %), andere Medikamente als üblich (37 %) oder experimentelle Behandlungen (16 %).  

Der Perspektivwechsel vom Arzt oder Ärztin hin zur Patientensicht hat darüber hinaus Auswirkungen auf die Arbeitsweise. Denn ein Großteil der Befragten gab an, dass eigene Krankheitserfahrungen ihre Sichtweise auf ihre Patientinnen und Patienten stark (27 %) oder etwas (43 %) beeinflussen. Knapp zwei Drittel sind der Meinung, dass sie bei der Patientenversorgung empathischer geworden sind. Auswirkungen auf die Karriere hatten eigene Erkrankungen bei 64 Prozent der Befragten nicht. 14 Prozent haben ihre Arbeitszeit verringert oder sind in Teilzeit gewechselt, bei 13 Prozent hat sich die gesamte Arbeitsleistung verringert. Acht Prozent mussten Urlaub nehmen und sieben Prozent behandeln weniger Patientinnen und Patienten als zuvor.

Zum Hintergrund

An der Umfrage beteiligten sich im Zeitraum von April bis Juli 2023 insgesamt 1.037 Ärztinnen und Ärzte aus Deutschland, davon 51 Prozent Männer und 49 Prozent Frauen. Die meisten von ihnen waren über 45 Jahre alt.

Quelle: Medscape-Report: Wie sich Ärzte als Patienten fühlen. Benachteiligt oder priviligiert?

 

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